Protocol of the Session on September 16, 2016

Der erste Fehler, Herr Dahm – Sie müssen es leider ertragen –: Der rot-grüne Stärkungspakt zwingt die Kommunen zu Steuererhöhungen. Das ist unbestritten.

(Beifall von der CDU)

Die Stufe 3 wird die Expansion des bundesweit schärfsten Steuererhöhungsprogramms werden; das sage ich Ihnen jetzt schon voraus. Die dritte Stufe macht NRW noch mehr zum kommunalen Hochsteuerland. Die Bürgerinnen und Bürger werden es bezahlen müssen. Aber sie werden es Ihnen dann auch entsprechend danken.

Zweiter Fehler: Die tatsächliche Situation vor Ort bleibt unberücksichtigt. Der Stärkungspakt nimmt den Empfängerkommunen – das haben diese deutlich in zig Statements und Zwischenberichten dokumentiert – jegliche Flexibilität. Letztlich hat man nur die Chance, Steuern zu erhöhen und Leistungen zu reduzieren. Das bewirkt den Niedergang vor Ort in einer beschleunigten Form.

Dritter Fehler: Sie bieten keinerlei Lösung der Altschuldenproblematik. Der Stärkungspakt senkt nämlich nicht die Altschulden. Die lassen Sie vor Ort zurück. Und trotz bester Konjunktur mit hohen Steuereinnahmen und geringen Zinsaufwendungen wachsen die Kassenkredite, wenn man den Zeitraum 2010 bis heute nimmt, weiter: um 9 % bei den Stufe1-Kommunen und um 27 % bei den Stufe-2-Kommunen.

Wenn Sie, Herr Minister, aktuelle Zahlen aus diesem Jahr zu Kassenkrediten nennen, dann sollten sie bitte dazusagen, dass die Kommunen eine andere Art der Finanzierung gefunden haben, die sich darunter nicht findet: Die sechs Stärkungspaktkommunen haben innerhalb von vier Jahren 1 Milliarde € als Schuldscheindarlehen aufgenommen. – Diese Summe haben Sie derzeit bei der Kassenkreditberechnung nicht berücksichtigt. Von daher ist das eine Milchmädchenrechnung, eine reine Nebelkerze.

Vierter Fehler: Die Auswahl der Kommunen ist zu stark begrenzt. Der potenzielle Teilnehmerkreis ist zu eng gezogen. Hier wiederhole ich gerne unsere Kritik zur zweiten Stufe: Nur fünf Kommunen erfüllen Ihre ausgeschriebenen Antragskriterien. Das stinkt aus unserer Sicht zum Himmel. Denn es gibt noch mindestens 40 weitere Kommunen, denen es ebenso schlecht geht und die sich mit einer ebenso hohen Pro-Kopf-Verschuldung in einer Notlage befinden. Aber die lassen Sie alle im Stich.

Herr Kollege, würden Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Hübner zulassen?

Am Ende gerne.

Fünfter Fehler: Sie haben eine unsichere Annahme in der Finanzierung Ihres Stärkungspakts. Und die kommunale Refinanzierung kritisieren wir auch. 40 % der geplanten Mittel der Stufe 3 sind Mittel von Kommunen, die Sie sich von anderen holen. Die Hilfen der Stufe 2 werden vollständig aus kommunalen Mitteln finanziert. Die dritte Stufe wollen Sie jetzt aus Hoffnungswerten finanzieren, also aus den freiwerdenden Planwerten der Stufe.

Da muss man sich auch wieder fragen: Sind alle Stärkungspaktkommunen im Plan, dass sie das Geld überhaupt haben? Ich habe dazu teilweise andere Nachrichten. Von daher bleibt die Frage offen. Es ist

also gar nicht klar, ob die Kommunen die Milliarden, die sie für die Finanzierung brauchen, auch haben.

Außerdem lehnen wir in diesem Zusammenhang nach wie vor den Kommunalsoli, den Sie ja so bejubeln, ab. An der Stelle muss man sagen: Nur sechs der Kommunen haben einen tatsächlich ausgeglichenen Haushalt. 19 der Zahlerkommunen sind selber in der Haushaltssicherung. Von daher ist Ihre Formulierung „Reich stützt arm“ an der Stelle falsch.

Aus all diesen Gründen – es gibt noch viel mehr mögliche Gründe – werden wir auch diesen Entwurf ablehnen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU)

Kollege, lassen Sie nun die Zwischenfrage zu?

Bitte schön.

Herr Kuper, schönen Dank, dass Sie mir am Ende Ihres Vortrags die Chance geben, doch noch eine Frage zu stellen.

Erstens. Ihr Vorschlag ist ja KomPAsS. Vielleicht können Sie mir den noch mal beschreiben und sagen, welche Alternative Sie vorschlagen.

Zweitens. Wie bewerten Sie, dass die kommunalen Spitzenverbände den Vorschlag, den wir heute vorgelegt haben, als alternativlos und als richtigen Schritt bezeichnen?

Bitte schön, Herr Kollege.

Zunächst einmal, lieber Kollege Hübner: Sie sind mittlerweile jahrelang in der Regierung und versuchen immer wieder mit irgendwelchen Fragen eine Replik auf Zeiten der Vorgängerregierung zu machen. An der Stelle werden sie mich nicht auf Ihrer Seite haben.

Hinsichtlich Ihrer Frage, was die kommunalen Spitzenverbände und weitere sagen, kann man auf die Anhörung, die im März dieses Jahres zum Stärkungspakt erfolgt ist, verweisen. Da hat es eine Vielzahl von Äußerungen gegeben, zum Beispiel von den kreisangehörigen Empfängerstädten. Deren Bürgermeister haben gesagt: Eine Lösung der Altschuldenproblematik liefert der Stärkungspakt nicht.

(Michael Hübner [SPD]: Der Anspruch war noch nie vorhanden!)

Die Gründe habe ich Ihnen eben alle genannt.

Oder: Am Stärkungspakt teilnehmende Kommunen sind gezwungen, auf der einen Seite die Steuern zu erhöhen und zeitgleich die Leistungen zu senken.

Der Bund der Steuerzahler hat Sie kritisiert.

Oder: Ich kann auch noch mal den SPD-Kämmerer Herrn Busch aus Bochum zitieren, der gesagt hat:

(Michael Hübner [SPD]: Der ist nicht in der SPD!)

Letztlich wurden notwendige Kassenkredite durch Stärkungspaktmittel und kommunale Kredite der Stärkungspaktkommunen durch Kreditaufnahmen anderer mitfinanzierender Kommunen ersetzt.

Wen wollen Sie noch? Von mir aus den Bund der Steuerzahler, der sagte, dass mit diesem Stärkungspakt nach vier Jahren ein wesentliches Ziel der nachhaltigen Etatsanierung nicht erfüllt wurde.

Meine Damen und Herren, ich könnte noch eine Stunde vorlesen; das erspare ich Ihnen. – Danke schön für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Kuper. – Für die Fraktion Die Grünen spricht Herr Kollege Krüger.

Meine Damen, meine Herren! Es ist schon richtig, Manfred Busch ist Mitglied der Grünen und nicht Mitglied der Sozialdemokraten.

(André Kuper [CDU]: Stimmt! Entschuldi- gung!)

Wenn man so ein Feindbild hat, Herr Kuper, kommt man schon mal durcheinander und kann nicht zwischen Rot und Grün unterscheiden.

(Beifall von Michael Hübner [SPD])

Ich wollte eigentlich etwas ganz anderes sagen – in Analogie zu dem, was gerade Herr Dahm ausgeführt hat –, trenne mich aber davon und gehe auf Ihren Beitrag ein.

Ich frage mich allen Ernstes: Herr Kuper, wo waren Sie die letzten fünf Jahre? Sie sprechen davon, der Stärkungspakt sei ein Steuererhöhungsprogramm. Es ist richtig, dass die Kommunen bezogen auf die Frage, wie sie ihre Haushaltssituation verändern, verbessern können, in Teilbereichen Mehreinnahmen durch eine Anhebung der Grund- und Gewerbesteuer von 28 bis 30 % erzielt haben. Die Größenordnung ist davon abhängig, wo man genau hinguckt.

Es ist aber auch richtig, dass wir 2010 gesagt haben: Dieser Stärkungspakt wird nur dann gelingen, wenn es – erstens – möglich ist, aus dem Landeshaushalt entsprechende Gelder bereitzustellen, wenn die

Kommunen – zweitens – bereit sind, ihre eigenen Haushaltsanstrengungen zu verbessern und wenn der Bund – drittens – seiner Aufgabe gerecht wird und die sozialen Aufwendungen der Kommunen, die stetig ansteigen, endlich entsprechend gegenfinanziert.

Wenn Sie sich vor Augen führen, dass zum Thema „Bundesteilhabegesetz – Eingliederungshilfen“ seinerzeit – das ist schon viele Jahre her – eine Kostenentlastung von 5 Milliarden € versprochen worden ist und bis heute noch nicht absehbar ist, wann diese 5 Milliarden kommen, dann werden Sie erkennen können, dass zumindest einer der Akteure, der in diesem Zusammenhang auch gefordert war, seine Hausaufgaben nicht oder nur in unzureichendem Maße gemacht hat.

Zum Zweiten sagen Sie: Die tatsächliche Situation bleibt unberücksichtigt. – Das heißt, Sie haben einen starren Rahmen, in dem sich Kommunalpolitik überhaupt nicht bewegen kann.

Ich empfehle Ihnen, sich mal die Haushaltrechnungen früherer Jahre – 2009, 2010, 2011 oder auch 2008 – zum Beispiel in Zusammenhang mit dem Thema „Investitionsquoten“ anzusehen. Sie werden dann eine ganze Reihe von Kommunen wahrnehmen können, die heute mit im Stärkungspakt sind, die für Investitionsmaßnahmen höhere Zuweisungen erhalten haben, als tatsächlich verausgabt wurde, oder die – anders formuliert – ihre pauschalen Zuwendungen letztlich nutzen müssen, indem sie ihre konsumtiven Aufwendungen entsprechend gegenfinanzieren. – Das war die Realität.

Heute haben sie erstmalig die Möglichkeit, hier entsprechend tätig zu werden. Wenn Sie sehen, wie in der Kommunalpolitik – ob im Duisburger Rathaus, in Leverkusen oder in Mönchengladbach – die Situation wahrgenommen wird: Das ist eine ganz andere als zu Ihrer Zeit.

Thema „Lösung der Altschuldenfrage“: Wissen Sie, wir haben das zum Thema gemacht. Und wir wissen, an wem das gescheitert ist. Wir haben einen auslaufenden Solidarpakt Ost. Es wäre möglich gewesen, die nicht eingesetzten Gelder für einen kommunalen Altschuldenfonds zu verwenden. Dazu war Ihre Bundespartei, Ihre Bundestagsfraktion aber nicht bereit.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Kommen wir nun zu den Zahlen – Sie sagen ja immer, der wirkt nicht –, ich habe ein paar herausgesucht. Man sollte auch immer gucken, wie die Haushaltsrechnungen sind, und nicht unbedingt, wie die Haushaltsplanungen aussehen. Ich nenne Beispiele.

Stadt Hagen: 2010 einen Aufwand von 580 Millionen €, ein Defizit von 126 Millionen €. Im Haushaltsjahr 2016 sprechen wir hier von einem Defizit von