Protocol of the Session on July 6, 2016

Was heißt das? Wir müssen Berufsorientierung nicht nur durch diese Träger und dieses Programm laufen lassen. Wir brauchen eine Berufsorientierung, die noch sehr viel mehr auch fest im Unterricht implementiert ist.

Ich komme aus seiner Schule, die sich sehr viel damit beschäftigt hat. Bei uns galt im Hinblick auf Zukunftsorientierung das Prinzip: Berufsorientierung muss eigentlich ab der 1. Klasse anfangen, ohne dass man sich mit Berufen auseinandersetzt. Es gibt viele Möglichkeiten, Berufsorientierung zu dem Prinzip einer Schule zu machen.

Der Antrag weist meiner Meinung nach dort Schwächen auf, wo er zum einen mehr Flexibilität fordert, zum anderen aber bemängelt, dass Schüler, nach Förderschwerpunkten separiert, unterschiedlichen Trägern zugeführt werden. Ich weiß jetzt nicht, was die Forderung der CDU-Fraktion ist.

Das habe ich nämlich komplett anders wahrgenommen oder ist mir auch anders mitgeteilt worden. Das Problem war eher umgekehrt. Die Träger sagen: Ich bekomme eine Gruppe von Schülern und weiß überhaupt nicht, wer von ihnen Förderbedarf hat. Das wird mir gar nicht mitgeteilt. Ich kann in dem Moment gar nicht auf den Schüler bzw. die Schülerin so eingehen, wie ich das gern täte. – Insofern finde ich es spannend, darüber noch einmal zu reden.

Im CDU-Antrag wird außerdem bemängelt, dass alle Schüler gleichzeitig in die Berufsorientierung gehen. Steht das denn nicht der Flexibilisierung entgegen, die Sie gleichzeitig fordern? Ich kann mir durchaus vorstellen, dass Schüler zu unterschiedlichen Zeiten in ein Praktikum gehen, nämlich genau dann, wenn sie so weit sind.

In der Potenzialanalyse geht es um das hamet-Testverfahren. Man muss feststellen, dass dieses hametVerfahren für schwache Schüler, für Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf, in Waiblingen am Berufsbildungswerk entwickelt worden ist. Insofern glaube ich schon, dass es auch für Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf geeignet ist.

Was ich nicht verstehe, ist Folgendes: Viele Schulen hatten früher dieses Testverfahren und haben es an der Schule durchgeführt. Jetzt verdienen die Träger ihr Geld damit. Vielleicht sollte man noch einmal darüber nachdenken, ob das wirklich Sinn macht.

Zu dem Test selbst stellt sich mir folgende Frage – ich habe mir dieses Testverfahren am Wochenende noch einmal angeguckt –: Es werden zu einem großen Teil handwerkliche Fähigkeiten und Fertigkeiten und ein bisschen Sozialkompetenz abgefragt. Ich frage mich, ob er noch zeitgemäß ist oder ob wir nicht auch überlegen müssen, ob es Veränderungsprozesse gibt, sodass man nachsteuern muss.

Ich finde die ganze Thematik hoch spannend und freue mich auf die Beratung im Ausschuss. – Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Pieper. – Für die Landesregierung spricht Frau Ministerin Löhrmann.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ja, Kein Abschluss ohne Anschluss ist ein von allen Mitgliedern des nordrhein-westfälischen Ausbildungskonsenses getragenes komplexes System für alle Schülerinnen und Schüler. Wir haben da alle Partner im Boot. Alle haben ein Interesse, dieses Vorhaben erfolgreich auszugestalten.

Ab dem kommenden Schuljahr nehmen alle öffentlichen Schulen ab der 8. Jahrgangsstufe an dem Programm Kein Abschluss ohne Anschluss teil. Das ist, anders als die CDU-Fraktion am Anfang ihres Antrags schreibt, etwas mehr als eine Erprobung. Wir sind in dem Fall schon in einer Gesamtumsetzung.

Das ist eine Erfolgsgeschichte. Ich freue mich auch über die vom Grundsatz her positive Würdigung durch alle Fraktionen. Wir sind – und das ist ein Unterschied zu Hamburg, wo es etwas Vergleichbares gibt – das erste Flächenland, das dies umfassend für alle Schülerinnen und Schüler anlegt.

Das war auch nicht unumstritten. Frau Pieper hat darauf hingewiesen. Am Anfang hieß es, für die Gymnasiastinnen und Gymnasiasten sei das nicht erforderlich. Dies war aber dem Handwerk wichtig. Uns war das auch wichtig, weil sich Jugendliche für alle möglichen Berufsfelder interessieren sollen. Wir sind auch der Meinung, dass Allgemeinbildung und berufliche Bildung gleichwertig sind.

Ich will noch einmal deutlich machen, was wir da investieren. Im Etat meines Hauses sind dafür im Moment 350 Lehrerstellen beinhaltet. Im Vollausbau wird das auf 500 Stellen aufwachsen. Im Etat des Ministers Schmeltzer sind rund 20 Millionen € dafür vorgesehen. Der Bund gibt etwa 16 Millionen €, und die Regionaldirektionen geben ungefähr 3 Millionen €. Das macht deutlich, dass der Hauptanteil der Finanzierung beim Land liegt.

Wichtig ist mir auch Folgendes – das merkt man insgesamt bei solchen großen Entwicklungsvorhaben –: Wir haben immer Vorreiter. Wir haben Schulen, die das schon machen. Sie nutzen natürlich manchmal gesonderte Programme. Jetzt haben wir aber das Ziel, das flächendeckend für alle einzuführen. In diesem Harmonisierungsprozess sind wir.

Die meisten Schulen haben Vorerfahrungen. Kaum eine Schule fängt ganz bei null an. Die meisten Schulen, kommunalen Koordinierungsstellen und Integrationsfachdienste verfügen – mehr oder weniger – schon über Erfahrungen und haben gute Kontakte zu Betrieben und/oder Institutionen aufgebaut. Das wird hier festgestellt.

Diese Kontakte – das ist mir wichtig – werden aber in keiner Weise eingeschränkt. Kein Abschluss ohne Anschluss beschreibt lediglich Mindestanforderungen. Ob darüber hinausgehende Angebote umgesetzt werden – und wenn ja, welche –, entscheiden die Schulen in eigener Verantwortung. Das gilt auch und insbesondere dann, wenn Konzepte für Schülerinnen und Schüler mit Einschränkungen im gemeinsamen Lernen oder in Förderschulen erforderlich sind.

Ich will das auch bezogen auf STAR noch einmal sagen. STAR stellt im Rahmen des Landesvorhabens sicher, dass ein großer Teil der jungen Menschen mit Behinderungen Zugang zu einer strukturierten und systematisch vertieften Berufsorientierung erhält. STAR bleibt in seiner bisherigen quantitativen wie qualitativen Ausprägung bestehen. Allein die Finanzierungsgrundlagen werden sich künftig ändern.

Ziel ist auch weiterhin, die Anzahl der Einmündungen in den allgemeinen Ausbildungs- und Arbeitsmarkt für die Jugendlichen zu steigern. Absprachen und individuelle Lösungswege sowie die Vernetzung zwischen den Akteuren vor Ort sind ausdrücklich möglich und erwünscht. Hier macht das Land keine Detailvorgaben, sondern es stellt, wie beschrieben, Mindestanforderungen.

Die von Ihnen angesprochene Budgetübertragung ist vor dem Hintergrund des landesweit einheitlichen Vorgehens und verbindlichen Verfahrens aus Sicht der Landesregierung nicht sinnvoll. Mit Kein Abschluss ohne Anschluss wird vermieden, dass die Qualität der Berufs- und Studienorientierung ausschließlich von der einzelnen Schule und den handelnden Personen abhängig ist. Uns ist auch mit Blick auf die Grundvergleichbarkeit des Ansatzes bei aller Verschiedenheit des Standpunktes im jeweiligen Fall ein gewisser Grad an Verbindlichkeit wichtig.

Die Zusammenarbeit mit den Eltern und deren Einbindung ist zentraler Bestandteil der Konzepte und findet prozessbegleitend statt. Auch das möchte ich feststellen.

Die Ausschreibung für die Träger, die Potenzialanalysen im Rahmen von Kein Abschluss ohne Anschluss und STAR durchführen, enthalten das Erfordernis, zielgruppengerechte Verfahren anzubieten. Das entspricht auch Ihrem Ansatz, Frau Birkhahn. Sie haben gesagt, Inklusion heiße nicht: Für jedes Kind das Gleiche. – Das möchte ich ausdrücklich unterstreichen.

Über alle gemachten Erfahrungen wird in den Gremien des Ausbildungskonsenses diskutiert. Es wird auch konsensual über mögliche Verbesserungspotenziale befunden. Dazu mögen auch die weiteren Beratungen in den Fachausschüssen beitragen.

Insofern freue ich mich darauf und sage: Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir sind damit am Schluss der Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 16/12345 an den Ausschuss für Schule und Weiterbildung – federführend – sowie an den Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales. Die abschließende Abstimmung soll im federführenden Ausschuss in öffentlicher Sitzung erfolgen. Wer dem seine Zustimmung geben kann, den bitte ich um das Handzeichen. – Kann jemand dem nicht zustimmen? – Wer enthält sich? – Damit ist die Überweisungsempfehlung einstimmig angenommen.

Ich rufe auf:

7 Viertes Gesetz zur Änderung des Polizeigeset

zes des Landes Nordrhein-Westfalen

Gesetzentwurf der Fraktion der SPD und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 16/12361

erste Lesung

Ich eröffne die Aussprache und erteile für die SPDFraktion dem Kollegen Ganzke das Wort.

Vielen Dank. – Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf unterstreichen die Koalitionsfraktionen im Rahmen einer Änderung des nordrhein-westfälischen Polizeigesetzes zwei für sie wichtige Punkte im Bereich der Sicherheit, und zwar gerade beim Verhältnis zwischen Bürger und Polizei.

Zum einen schlagen wir vor, durch die Einführung eines § 6a Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten die Möglichkeit einzuräumen, im Dienst ein Namensschild zu tragen – wobei zu diesem Bereich der Kollege Stotko, der gleich im zweiten Aufschlag für uns ans Mikrofon gehen wird, in seiner Rede inhaltliche Ausführungen machen wird.

Zum anderen – damit werde ich mich befassen – wird durch die Einführung eines neuen § 15c die rechtliche Grundlage für einen Pilotversuch betreffend die sogenannten Bodycams in Nordrhein-Westfalen geschaffen – einen Pilotversuch, der den Polizistinnen und Polizisten in ihrer täglichen Arbeit helfen wird,

gleichzeitig aber nach unserer Ansicht maßvoll und nicht überzogen ist.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich dazu auch anmerken, was uns seitens der Koalitionsfraktionen bewogen hat, dem Parlament gerade diesen Gesetzentwurf vorzulegen.

Zuallererst ist es der nicht hinnehmbare Anstieg von Gewalt gegen unsere Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten, auf den wirksam zu reagieren wir als Parlament in der Gesamtheit gefordert sind – dies aber nicht hysterisch und angstmachend, sondern überlegt und zielgerichtet.

Deshalb war es gerade uns als SPD-Fraktion wichtig, nicht nur wortreich auf Erfahrungen in anderen Bundesländern hinzuweisen und dabei möglicherweise Schnellschüsse zu fabrizieren, sondern uns auch in Gesprächen mit den Polizeibeamtinnen und -beamten vor Ort ein Bild über das Für und Wider von Bodycams zu machen.

So ist unter anderem unser Innenarbeitskreis Anfang des Jahres in Mainz gewesen, um sich vor Ort mit den rheinland-pfälzischen Kolleginnen und Kollegen und dort tätigen Polizistinnen und Polizisten über das dort seit Juli 2015 laufende Pilotprojekt auszutauschen.

Das ist auch der richtige Weg, liebe Kolleginnen und Kollegen – nämlich, sich intensiv mit schon laufenden Projekten auseinanderzusetzen und gerade daraus Schlussfolgerungen für sein eigenes Handeln zu ziehen.

Die Schlussfolgerungen, die wir daraus gezogen haben, legen wir Ihnen mit dem neuen § 15c vor. Wir sind der Ansicht, dass wir unsere Einsatzkräfte damit effektiv vor Gewalt schützen können.

Ob das so sein wird, wollen wir bis 2019 untersuchen und prüfen lassen.

Damit eine solche wissenschaftlich begleitete Untersuchung auch den Alltag des Polizeieinsatzes widerspiegelt, soll der Einsatz von Bodycams sich nicht nur auf sogenannte Brennpunkte im öffentlichen Raum beschränken, sondern gerade auch im alltäglichen Einsatz der Beamtinnen und Beamten untersucht werden.

Wir in Nordrhein-Westfalen werden damit bundesweit das erste Land sein, welches Bodycams mit Tonaufnahmen und zur Nutzung in Wohnräumen gesetzlich absichert.

Das ist unserer Ansicht nach deshalb dringend erforderlich, weil nahezu ein Viertel der Straftaten gegen die Polizei bei Einsätzen zur häuslichen Gewalt erfolgt. Gerade bei Einsätzen im Rahmen von Wohnungsverweisungen bei häuslicher Gewalt und Ruhestörungen im Wohnumfeld kam und kommt es zu gewalttätigen Übergriffen, sei es verbaler oder leider auch körperlicher Art.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, deshalb ist es erforderlich, zu untersuchen, ob es durch die Einführung von Bodycams zu einem tatsächlichen Rückgang der Gewalt gegen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte kommt und ob durch den Einsatz der Bodycams das Verhältnis zwischen Bürger und Polizei gestärkt wird.

Denn es ist der Sinn des vorgelegten Gesetzentwurfs, das bürgernahe Verhältnis zwischen der Polizei und den Bürgerinnen und Bürgern in NordrheinWestfalen weiter zu stärken.