Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die rot-grüne Landesregierung hat mit dem Beamtenrecht so ihre Erfahrungen. Nach dem Flop der verfassungswidrigen Nullrunde für Beamte des Landes wollten sich SPD und Grüne nun bei Verzicht auf die ursprünglich vorgesehene Kostenneutralität der Dienstrechtsreform, die noch im Koalitionsvertrag steht, durch etliche kleine Wahlgeschenke, die Herr Stotko hier alle aufgezählt hat, bei den Bediensteten kurz vor der Landtagswahl beliebt machen.
Eine tatsächliche Reform durch eine Modernisierung des Dienstrechts, die diesen Namen auch verdient hat, findet natürlich nicht statt. An die großen Zukunftsthemen, an die Innovationsthemen, wie man zum Beispiel die Durchlässigkeit zwischen dem Beamtenbereich und privaten Arbeitgebern erhöht, wie man flexiblere Wechselperspektiven zum Nutzen beider Seiten schafft, haben Sie sich gar nicht herangetraut.
Am problematischsten bei diesem Gesetzentwurf von Rot-Grün ist aber die verfassungswidrige neue rot-grüne Geschlechterdiskriminierung.
Selbstverständlich gehören auch sachgerechte Instrumente zur Förderung weiblicher Erwerbs- und Aufstiegsbiografien zu den Herausforderungen der
Frauenquotenregelungen verstoßen jedoch gegen elementare Verfassungsgrundsätze der Beförderung nach Eignung, Leistung und Befähigung sowie Europarecht und müssen daher aus diesem Gesetzentwurf beseitigt werden.
Beamtenrecht und Leistungsprinzip werden nämlich komplett auf den Kopf gestellt, wenn nach Ihrem neuen Gesetz zukünftig innerhalb einer Vergleichsgruppe die schlechter qualifizierte Frau grundsätzlich dem besser qualifizierten Mann vorgezogen wird.
Männlichen Beamten werden auf diese Art und Weise über Nacht ihre seit Jahren angesammelten Beförderungschancen entwertet, und sie werden auf Dauer von Ihnen in die Karrieresackgasse gesteckt. Das ist Ihnen unangenehm.
Herr Kollege, es gibt eine Zwischenfrage von Frau Jansen von der SPDFraktion. Würden Sie die beantworten?
Herzlichen Dank, Herr Kollege Witzel, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. – Sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass in dem Gesetzentwurf steht, dass bei im Wesentlichen gleicher Eignung Frauen bevorzugt eingestellt werden? Sind Sie weiter bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass in dem Papier-Gutachten steht, dass die Bestenauslese denselben Verfassungsrang hat wie die Frauenförderung?
Ich nehme gerne, Frau Kollegin, die Gutachten, die die Landesregierung in Auftrag gegeben hat, zur Kenntnis. Wir alle wissen: Da, wo zwei Juristen sind, gibt es drei Meinungen.
Sie können mit einem Gutachten unterschiedliche Dinge belegen. Sie wissen, es gibt auch sehr fundierte Rechtsauffassungen, die genau das Gegenteil darlegen.
Ich will die von Ihnen gerade angesprochene wichtige Frage beantworten: Was heißt „im Wesentlichen vergleichbar“? Der Kollege Abel hat ja gerade gesagt, wir sollten uns einmal die Finanzverwaltung anschauen. Im Wesentlichen vergleichbar, Frau Kollegin Jansen, heißt, dass sie die gleiche Hauptnote haben. Wenn bei wenig vorhandenen Beförderungsstellen diejenigen, die befördert werden wollen, die Hauptnote „sehr gut“ haben, dann repräsentiert das bei der Finanzverwaltung einen Bereich von 41 bis 44 Punkten. Es liegen oft mehrere Beurteilungszeiträume dazwischen, bis sie von 41 Punkten auf 44 Punkte steigen. Wenn nun alles in einen Topf geworfen wird und die Frau mit 41 Punkten,
die etliche Jahre weniger auf die Beförderung wartet und innerhalb diese Gruppe erkennbar schlechter bewertet worden ist, automatisch die Beförderung bekommt, weil der mit einem längeren Anspruch wartende und höher bepunktete Mann mit 44 Punkten den Zugang zu dieser Stelle nicht mehr hat
und der einzige Grund dafür, warum er keine Chance mehr hat, diese Position zu bekommen, sein Geschlecht ist, dann ist das Geschlecht für ihn die diskriminierende Variable.
Nein, sind wir nicht, Herr Kollege. Ich habe mich sehr gefreut, dass Kollege Lohn letzte Woche auch für die CDU erklärt hat,
dass er klare verfassungsrechtliche Bedenken hat, wie hier mit beamtenrechtlichen Grundsätzen und Verfassungsrecht umgegangen wird, dass er genauso wie wir auch eine Klagewelle befürchtet, die diesem Land bevorsteht und die Justiz belastet.
Deshalb, Herr Kollege Lohn: Wir als FDP-Landtagsfraktion wollen klagen, weil wir diese Bestimmung für verfassungswidrig halten. Wir laden Sie
herzlich zu Gesprächen ein, das gemeinsam zu tun. Wir allein können das aufgrund der Quoren nicht. Da müssen noch ein paar Abgeordnete aus anderen Fraktionen mitwirken. Dazu laden wir alle Kollegen aller Fraktionen ein.
Wenn Sie als Fraktion diese Einschätzung der großen verfassungsmäßigen Problematik auch haben, dann lassen Sie uns gemeinsam eine Klage auf den Weg bringen. Es ist allemal besser, dass wir das hier zentral im Landtag machen und nicht den Spaltpilz überall vor Ort in die einzelnen Dienststellen hineintragen, wo dann die nächsten Monate Beförderungsverfahren blockiert werden, weil überall Konkurrentenklagen eingereicht werden, die das ganze Verfahren zum Erliegen bringen, die massiv Rechtsunsicherheit schaffen und die insbesondere ein ganz entscheidender Nachteil für viele Frauen sind.
Es gibt nämlich viele gute, qualifizierte, leistungsorientierte Frauen, die auch ohne Frauenquote ihre Position bekommen. Genau denen drücken Sie einen völlig falschen Stempel auf. Diese Frauen kommen auch nicht so schnell zu ihrer Beförderung, wenn das gesamte Beförderungsverfahren vom Gericht angehalten wird, die Konkurrentenklagen eingereicht werden und das Konstrukt zusammenbricht.
und sehen an dieser Stelle Abwägungsentscheidungen vor. Es muss Möglichkeiten geben, unterschiedliche Profile sachgerecht zu gewichten. Man muss sich für ein Amt konkret anschauen: Hat ein Bewerber im Einzelfall die Eignung? Wie stellt sich die Erwerbsbiografie über mehrere Beurteilungszeiträume dar? Nur das letzte Urteil zu nehmen, große Vergleichsgruppen zu bilden und dann zu sagen: „Die schlechtere Qualifikation ziehen wir der besseren vor, solange das dann eine Frau begünstigt“, das ist nach unserer Auffassung nicht verfassungskonform.
Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuschauer! Das mit dem Gesetzentwurf verfolgte Ziel – die Dienstrechtsreform – ist zunächst ein völlig richtiges Vorhaben, das in unserem Land auch dringend nötig ist. Diese Reform ist aber eine, die den Namen nicht einmal ansatzweise verdient. Dass das scheitern musste, das war eigentlich von vornherein klar; dazu muss man sich nur mal anschauen, wie diese Reform angegangen wurde.
Wir sollten uns zunächst mal verdeutlichen, worüber wir hier reden. Dieses Gesetz soll eines Ihrer Kernstücke dieser Legislaturperiode sein? Wie viele Gesetzentwürfe hatten wir hier jetzt schon, die inklusive Änderungsanträgen und allem Pipapo ca. 600 Seiten stark waren? Wenn es überhaupt andere gab, dann waren es wenige – wenn wir die Haushaltsgesetze jetzt mal außen vor lassen.
Ein solches Vorhaben, ein solches Mammutprojekt, peitschen Sie hier aber innerhalb von sechs Monaten durch die Beratung, und das, obwohl Sie seit 2010 an der Regierung sind und seitdem Zeit hatten, und das, obwohl Sie noch zu Beginn dieser Legislaturperiode, nämlich bereits im September 2012 – nachzulesen übrigens in der Vorlage 16/161 –, noch ausdrücklich zugesichert hatten, dass 2013 ein Entwurf vorliegen sollte.