Protocol of the Session on April 21, 2016

Rot-Grün hat da keine Mehrheit mehr – und bei den Umfragen hier auch nicht. Da seht ihr, was euch blüht.

Heute hat Rot-Grün in dieser Debatte auch eines gezeigt: Unser Problem ist nicht nur null Wachstum; unser Problem ist auch null Idee; denn wir haben nichts gehört, um die Lage abzuwenden – nichts, null.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Es kommt Folgendes hinzu – das wollte ich noch ausführen, bevor ich mit Herrn Ott debattiert habe –: Das Problem ist doch, dass wir nicht nur Fehlentscheidungen hier in Nordrhein-Westfalen seit 2010 haben; seit Herbst 2013 kommen noch belastende Fehlentscheidungen der Großen Koalition für Mittelstand und Industrie dazu. Sigmar Gabriel hat bei der Vorstellung des Jahreswirtschaftsberichts gesagt, die deutsche Wirtschaft insgesamt – und hierzulande drückt es sich besonders stark aus – wachse weniger stark, als sie angesichts der Verfügbarkeit von Fachkräften, des niedrigen Ölpreises und der niedrigen Zinsen wachsen müsste.

Dass sie stärker wachsen müsste, stimmt. Aber der Grund dafür ist nicht, dass die Menschen sich ändern müssten, sondern, dass seit Herbst 2013 in Berlin auf die Fehlentscheidungen von Ihnen noch Mietpreisbremse, Dauersubventionen für Ökostrom, Einschränkungen bei Zeitarbeit, Werkverträge, die diskutiert werden, und Verschlechterungen bei der Erbschaftsteuer und so weiter obendrauf kommen.

(Beifall von der FDP)

Nicht die Menschen müssen sich ändern, sondern die Wirtschaftspolitik in Land und Bund muss sich ändern.

Reiner Priggen, Sie haben dazu aufgerufen, dass man sich ehrlich macht. Sie haben über die Energiewende gesprochen, die unser Land Nordrhein-Westfalen in besonderer Weise betrifft. Die Wahrheit ist doch: Es ist doch nicht ausschließlich ein Versagen der Unternehmen im Stahl- und Energiebereich, dass sie so schlecht dastehen. Vielmehr haben sich die politischen Rahmenbedingungen für diese Unternehmen verändert.

(Kai Schmalenbach [PIRATEN]: Absehbare Veränderungen!) )

Nachdem man ihnen über Jahr und Tag gesagt hat, dass wir die Braunkohle brauchen, heißt es dann plötzlich: Rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln. – Es ist im Jahr 2010 in Deutschland die Entscheidung getroffen worden, auf die Kernenergie nicht zu verzichten, sondern sie zu verlängern. Damals sind die deutschen Klimaschutzziele über den europäischen Standard hinaus erhöht worden.

(Michele Marsching [PIRATEN]: Großer Feh- ler! – Kai Schmalenbach [PIRATEN]: Fehler!)

Dann ist man doch aus der Kernenergie ausgestiegen. Aber die hohen Klimaschutzziele, die man mit Kernenergie erreichen wollte, sind nicht gesenkt,

sondern sogar noch weiter über den europäischen Standard hinaus erhöht worden.

(Beifall von der FDP – Zuruf von Britta Alten- kamp [SPD])

Und das führt zu einer Deindustrialisierung unseres Landes.

(Michael Hübner [SPD]: Welche Atomkraft- werke haben wir in Nordrhein-Westfalen? Zählen Sie sie doch einmal auf!)

Wenn wir Stahl und Energie erhalten wollten,

(Zuruf von Michael Hübner [SPD])

müsste sich Hannelore Kraft in Berlin dafür starkmachen, dass Deutschland, wenn es auf die Kernenergie verzichtet, wenigstens in der Frage der Klimaschutzziele nur noch den europäischen Standard erreichen will. Das ist ambitioniert genug. Das sagt sogar ihr Vorvorvorgänger Wolfgang Clement.

(Michele Marsching [PIRATEN]: Clement, ja!)

Orientieren Sie sich an dem.

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Lindner. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht der Kollege Priggen.

Herzlichen Dank, Herr Präsident. – Herzlichen Dank auch an Christian Lindner für das letzte Stichwort; denn ich würde das ganz gerne in einen etwas anderen Kontext stellen.

2010 – das ist richtig – hat die schwarz-gelbe Bundesregierung

(Zurufe von Christian Lindner [FDP] und Mi- chele Marsching [PIRATEN])

das Atomausstiegsgesetz von Schröder und Fischer gedreht.

(Jochen Ott [SPD]: Genau!)

Der wirkliche Hintergrund ist: Schröder und Fischer haben ein Atomausstiegsgesetz gemacht und mit den Unternehmen verhandelt. Es hatte viel längere Laufzeiten, als ich mir in der Vorbereitung dieser Verhandlungen vorgestellt habe. Aber im Konsens mit den Unternehmen sind die übertragbaren Restlaufzeiten ausgehandelt worden.

Dann hat RWE politisch darauf gesetzt, dass irgendwann Schwarz-Gelb im Bund drankommt – die Traumkonstellation –

(Jochen Ott [SPD]: So ist es! So sieht es aus! – Michele Marsching [PIRATEN]: So ist es! Ganz genau!)

und man das zurückdreht. Man hat darauf verzichtet, in erneuerbare Energien und alles das zu investieren.

Dann habt ihr gedacht, dass ihr an die Regierung kommt. Es gab aber zunächst eine Große Koalition. Die SPD hat am Atomausstieg festgehalten. Als dann endlich die schwarz-gelbe Traumkonstellation kam, habt ihr es zurückgedreht, um es wenige Monate später, nach Fukushima, wieder zu kippen.

(Jochen Ott [SPD]: So ist es!)

Das ist der Punkt.

(Beifall von der SPD, den GRÜNEN und den PIRATEN!)

Die Bundeskanzlerin hat nämlich richtig gesehen, dass die Atomkraft gesellschaftlich nicht mehr zu vermitteln war.

Aber die Kritik muss man doch bei den Unternehmen anlanden. Wer mehr als zehn Jahre eine Entwicklung in Richtung erneuerbare Energien und Energieeffizienz verpasst, der hat auf dem Markt heute genau die Probleme.

(Kai Schmalenbach [PIRATEN]: Der hat da gar nichts zu suchen!)

Der hat jetzt Schwierigkeiten, einen so geringen Anteil an erneuerbaren Energien zu haben, und muss das nachholen. Das ist der entscheidende Punkt.

(Beifall von den GRÜNEN)

Christian Lindner, es hat nur noch die Wiedereinführung der Studiengebühren gefehlt. Ich bitte darum, dass du diesen Punkt demnächst auch bringst, damit wir auch da mit klaren Patenten rausgehen.

(Michael Hübner [SPD]: Landesjagdgesetz!)

Und das Landesjagdgesetz.

(Zuruf von Christian Lindner [FDP] – Zuruf von Christof Rasche [FDP])

Ich würde gern noch zwei Punkte anbringen. Vom Kollegen Wüst ist die Frage der Infrastruktur angesprochen worden. Lesen Sie sich einmal das Interview von Prof. Döhrn im „Stadt-Anzeiger“ vom 1. April 2016 durch. Auf die Frage, was NRW machen müsse, sagt er, NRW müsse beim Bund mehr für die Verkehrsinfrastruktur – Zitat – herausschlagen.

Wer sich ein Stück weit diese Genese ansieht, der weiß, dass die langanhaltende Benachteiligung von Nordrhein-Westfalen …

(Armin Laschet [CDU]: Hör doch auf! – Zuruf von Ralf Witzel [FDP] – Weiterer Zuruf von Ar- min Laschet [CDU])

Über 20 Jahre erhielt NRW nur 15 % und nicht den Anteil gemäß Königsteiner Schlüssel. Jetzt hat Mike Groschek 19 % durchgesetzt. Das ist genau einer

der Infrastrukturpunkte, die angesprochen worden sind.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Zu- ruf von Christof Rasche [FDP])