Protocol of the Session on November 7, 2012

Damit kommen wir direkt zum Einnahmenproblem. Natürlich haben wir auch auf die Ausgaben zu schauen und zu überlegen, was wir überarbeiten müssen und wo wir effizienter handeln können. Das tun wir und haben es schon Schritt für Schritt in der mittelfristigen Finanzplanung angelegt.

Aber es bleibt dabei: Es gibt auf der Einnahmen- und auf der Ausgabenseite Defizite, an denen wir arbeiten müssen. Wer den Menschen vorgaukelt, man könne einfach die Ausgaben herunterschrauben und würde damit den Haushalt sanieren, der nährt das wirklich neoliberale Gefühl, dass der Staat eigentlich gar nichts machen muss, nichts auszugeben braucht, weil er dann keine Schulden macht. Sie tun so, als würde das bei den kleinen Leuten und den Menschen insgesamt im Land nicht hängen bleiben!

(Beifall von der SPD und Sigrid Beer [GRÜNE])

Wir haben einen Haushalt vorgelegt, der einschließlich der Belastung in Höhe von 1 Milliarde € für die WestLB 4,6 Milliarden € neue Kredite ansetzt. Wir haben gesagt: Zieht man den Betrag von 1 Milliarde € ab, der keine strukturellen Auswirkungen hat, geht es um 3,6 Milliarden €. Wir sind auf dem Weg, von 5,9 Milliarden €, die uns die alte Landesregierung im Jahr 2010 hinterlassen hat, auf 4,8 Milliarden € im Jahr 2011 über 3,6 Milliarden € plus 1 Milliarde € im Jahr 2012. Wir haben in der bisherigen mit diesem Haushalt verbundenen mittelfristigen Finanzplanung einen Zielwert von ungefähr 2 Milliarden € im Jahr 2017. Im Jahr 2015 werden es 2,6 Milliarden € sein, in denen allerdings ein hinter

lassener Betrag in Höhe von 900 Millionen € aus Phoenix enthalten ist, den wir abzuarbeiten haben, weil im Nachtragshaushalt 2010 die Vorsorge dafür nicht geschaffen werden durfte.

Das heißt, wir haben die bessere Einnahmensituation dafür genutzt, die Schulden Stück für Stück herunterzufahren. Da hier immer wieder gesagt wird, das sei doch kein Sparhaushalt, betone ich noch einmal: Es geht nicht um einen Sparhaushalt, sondern es geht um einen ausgeglichenen Leistungshaushalt. Schließlich hat das Land Leistungen zu erbringen, und das Sparen ist nicht die alleinige Devise. Vielmehr geht es darum, einen Haushalt auszugleichen, der die Aufgaben enthält, die das Land zu erfüllen hat und die für die Sicherung der Zukunft der Menschen in diesem Land wichtig sind. Genau so gehen wir vor, genau das machen wir, und genau das spiegelt dieser Haushalt wider.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Ich will jetzt nicht in aller Breite darauf eingehen, wie ein Wort von der schwarz-gelben Bundeskoalition in Misskredit gebracht worden ist. Ich meine das Wort „strukturell“. Sie behaupten, sie wollen 2014 einen strukturell ausgeglichenen Haushalt vorweisen. Das ist eine Mogelpackung. Denn sie ergreifen keinerlei Sparmaßnahmen, sondern greifen lediglich den Töchtern des Bundes, wie beispielsweise der KfW, dem Gesundheitsfonds und anderen, in die Tasche und rechnen sich so reich. Gleichzeitig ignorieren sie die Dinge, die sie zugunsten Europas leisten müssten, und kehren sie unter den Teppich. Und dann sagen sie: Schaut mal her! Wir haben den Haushalt ausgeglichen.

So will ich einen Haushalt nicht vorlegen. So werden wir den Haushalt nicht vorlegen. Wir werden ihn ehrlich konsolidieren, meine Damen und Herren. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister. – Ich möchte darauf hinweisen, dass die Landesregierung ihre Redezeit um 33 Sekunden überzogen hat.

(Zurufe: Oh!)

Insofern steht diese Redezeit auch den anderen Fraktionen zu.

Mir liegt nun eine Wortmeldung des Kollegen Optendrenk von der CDU-Fraktion vor.

(Stefan Zimkeit [SPD]: Jetzt kommt das Sah- nehäubchen!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Da der Minister in den letzten Minuten seiner Rede durchaus wieder eine sehr bemerkenswerte Mattenflucht in die Bundespolitik hinge

legt und nicht über den Haushalt des Landes Nordrhein-Westfalen gesprochen hat,

(Beifall von der CDU und der FDP)

möchte ich noch eine Bemerkung zu dem Aspekt „Phoenix“ und den Hinterlassenschaften – Herr Börschel und der Minister haben es angesprochen – machen.

Sie sind auf die Hinterlassenschaften eingegangen. Diese Hinterlassenschaften resultieren aber nicht aus der Garantie des Phoenix-Portfolios oder aus der EAA. Vielmehr sind diese Hinterlassenschaften mit der WestLB, den Namen Neuber, Schleußer und Rau und einer Staatswirtschaftspolitik der 80er- und 90er-Jahre verknüpft.

(Beifall von der CDU und der FDP – Wider- spruch von der SPD und den GRÜNEN)

Die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler dieses Landes bezahlen jetzt für die verfehlte Industriepolitik einer SPD-geführten Landesregierung, die meinte, das Land Nordrhein-Westfalen sei am besten versorgt, wenn es der SPD gehöre.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Insofern, Herr Minister, bitte ich doch herzlich darum, dass wir Geschichtsklitterung vermeiden.

(Beifall von der CDU und der FDP – Wider- spruch von der SPD und den GRÜNEN)

Die Abwicklung der WestLB ist beispielsweise die Folge eines Verfahrens in Brüssel, das mit der nicht auskömmlichen Verzinsung der Integration des Wfa-Vermögens in die WestLB im Jahre 1991 ihren wesentlichen Ausgang gefunden hat. Da haben Sie – Sie waren damals durchaus an verantwortlicher Stelle mit dabei, zumindest was die Informationspolitik anbelangt – eine Verzinsung von 0,6 % angesetzt, die nicht marktkonform war. Das ist nachher korrigiert worden. Das ganze Desaster, das wir heute haben und das der Steuerzahler ausbadet, ist die Folge der Politik – ich wiederhole die Namen – von Neuber, Schleußer und Rau in den 80er- und 90er-Jahren.

(Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

Herzlichen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP – Martin Börschel [SPD]: Sagen sie doch was zu Schwarz-Gelb!)

Vielen Dank, Herr Kollege Optendrenk. – Für die FDP-Fraktion hat sich der Abgeordnete Witzel gemeldet.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich kann nahtlos an meinen Vorredner anknüpfen.

Erstens. Hier ist die Frage aufgeworfen worden: Wie sieht es mit der Sinnhaftigkeit von Änderungsanträgen zu diesem Haushalt aus? Wenn dieser Haushalt vollzogen werden kann, weil er im Gesetzesblatt der Landesregierung steht, dann sind bereits elf Zwölftel der Ausgaben erfolgt. Wenn wir Ihnen hier all unsere Vorschläge und Anträge vorlegen würden, wo wir sparen können – wir haben über Kita-Gebühren gesprochen, wir haben über Studienbeiträge gesprochen –, dann würden Sie als Erste hier stehen und sagen: Das ist unseriös, weil elf Zwölftel des Geldes schon weg sind. – Das wäre dann Ihre Argumentation. Aber diese Debatte führen wir in all ihren Details 2013.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Ein Zweites fand ich auch sehr bemerkenswert. Herr Finanzminister, dass Ihnen das ganze Thema „WestLB“ unangenehm ist, sehe ich schon so. Aber wir als Opposition haben hier in diesem Haus einen Verfassungsauftrag zu erfüllen und Oppositionspolitik zu machen, die berechtigt ist. Es geht hier um Milliardenverluste, die eingetreten sind. Sie selber haben den Schaden für den Steuerzahler auf 18 Milliarden € beziffert. Es gibt jedoch gute Anhaltspunkte dafür, dass es noch einiges mehr sein könnte.

Wenn die Opposition ihrem Verfassungsauftrag hier nachkommt, kritische Nachfragen zu stellen, die eine Regierung vielleicht nicht gerne hört, und die auch diejenigen, die Entscheidungen zu treffen haben, nicht als Bereicherung empfinden, die aber angesichts der Milliardensummen, um die es für unser Land geht, nicht unter den Tisch gekehrt werden dürfen und thematisiert werden, wenn hier also Entscheidungen beleuchtet werden, die ganz originär Auswirkungen in Milliardenhöhe auf den Landeshaushalt haben, dann ist das urparlamentarisch.

Schaden richten nicht die Parlamentarier an, die sich für die Aufgabenwahrnehmung von Landesbeteiligungen interessieren. Geschadet haben der WestLB die letzten zehn Jahre all die Barone, die Ihnen Herr Dr. Optendrenk gerade genannt hat.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Witzel. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Herr Kollege Mostofizadeh.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vielleicht zunächst zum Kollegen Optendrenk. Was Hinterlassenschaften anbetrifft, so haben Sie eine ganz große Hinterlassenschaft aus der jüngsten Vergangenheit, nämlich den Landtagswahlkampf 2012.

(Henning Höne [FDP]: Lenken Sie doch nicht ab! – Lachen von der SPD)

Der Kollege Laumann – ich komme gleich zu Ihnen, keine Angst – wird zum U3-Ausbau mit den Worten zitiert:

„Ehrlicherweise merkt der CDU-Sozialpolitiker an: ‚Wir hätten es wohl auch nicht schaffen können.‘“

Zuvor hatte er sich lange darüber ausgelassen, wie schlecht die Landesregierung beim U3-Ausbau ist.

Jetzt zur anderen Hinterlassenschaft, Herr Kollege: Die Studiengebühren würde Herr Kollege Laumann sofort wieder abschaffen. Es ist ja sehr interessant, dass er das vorträgt. Aber der ehemalige Ministerpräsident Rüttgers, dem sich ja viele von der CDU immer angeschlossen haben, hat Herrn Rau mit folgenden Worten zitiert:

„Sagen, was man tut, und tun, was man sagt.“

Das gilt zumindest nicht für die CDU in NordrheinWestfalen.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Herr Witzel kann es ja mit den Zahlen und Zeiten nicht so ganz. Ein anderer Punkt ist aber viel wichtiger: Diese schwarz-gelbe Landesregierung hat den BLB-Skandal von 2005 bis 2010 von vorne bis hinten zu verantworten. Es ist sogar so – wir werden das im Untersuchungsausschuss nachweisen –, dass die Landesregierung im Kabinett – das haben wir bereits im Unterausschuss „Landesbetriebe und Sondervermögen“ besprochen – trotz des Hinweises der Juristen aus dem BLB, dass die Kosten extrem nach oben gehen werden, entschieden hat, weiter zu bauen und die Mittel dafür bereitzustellen. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, liegt nicht sehr lange zurück. Dies ist ein Riesenskandal, der Ihnen an der Backe hängt. Hierfür müssen Sie sich verantworten, und Sie sollten das nicht mittels einer Umetikettierung Rot-Grün vor die Füße werfen. Im Untersuchungsausschuss werden wir wahrscheinlich noch ganz andere Vorgänge feststellen.

(Zuruf von Christian Möbius [CDU])

Herr Kollege Möbius, warum regen Sie sich so auf? Haben Sie auch etwas mit der Sache zu tun? Auch das werden wir vielleicht feststellen.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)