Protocol of the Session on March 17, 2016

Das Stadtmuseum in Münster erhebt seit seiner Gründung keinen Eintritt, und es hat sehr hohe Besuchszahlen. Ähnliches habe ich übrigens zu Zeiten meines Studiums in Münster erlebt.

Das Westfälische Landesmuseum erhob Ende der 70er-Jahre keine Eintritte für die Sammlungsbesuche, und wenn man in der Uni eine Freistunde hatte, dann ging man rüber ins Museum, setzte sich in einen Raum, sah sich eine Sache an und ging wieder raus.

Heutzutage, wo man 8 € Eintritt bezahlt, überlegt man sich, wie man das abarbeiten kann, was man investiert hat. Man rennt durch die ganze Sammlung und versäumt es, einen kurzen Halt bei den Stücken einzulegen, die diese als Sammlung zu so etwas wie einem Besitz der Öffentlichkeit werden lassen.

Diese Sammlungen haben es besonders schwer; denn sie brauchen eine ruhige Vermittlung. Aber Kunst braucht insgesamt Zeit, Muße und Wiederholung sowie das Bewusstsein, dass ein Werk wirklich zu einer Stadt gehört.

Wir haben ein Problem in unseren Museen, und zwar bei den Sammlungsbesuchen. Im Museum Folkwang in Essen kann es Ihnen passieren, dass Sie ein Werk in einem Raum mit viel Platz und Luft über Wochen in aller Ruhe betrachten können, wohingegen Sie es in einer Sonderausstellung nur aus der fünften Reihe und nach langem Warten besichtigen können. In der Ausstellung findet es die großen Massen, in der Sammlung jedoch kaum. Wir brauchen aber auch eine Motivation für diese Sammlungsbesuche, also für den Kernbestand der Museen.

Dieses Zeitnehmen bei Museumsbesuchen, der freie Museumsbesuch, das betrifft vor allen Dingen Menschen, die es nicht gewohnt sind, ins Museum zu gehen, also nicht die geübten Museumsbesucher. Aber da wir uns auch dort an die Pest der Quotenbeurteilung gewöhnt haben, sind auch die Museen darauf angewiesen, mit Blockbustern möglichst große Massen in die Sonderausstellungen zu locken. Es ist aber viel wichtiger, dass die Museen auch ihre Sammlungspflege wichtig nehmen und die Sammlungen frei anbieten.

Meine Damen und Herren, Sie haben sicher gelesen, dass das Museum Folkwang bei seinem Experiment mit dem freien Eintritt eine erhebliche Steigerung der Besucherzahlen zu verzeichnen hatte. Ende des letzten Jahres war die Zahl der Besucher, die sich die Sammlung angeschaut hatte, dreimal so hoch, Anfang dieses Jahres sogar fünfmal so hoch. Das zeigt also eine große Wirkung.

Nun stellt sich die Frage, wie man diese Einnahmeausfälle wieder ausgleichen kann. In Essen ist das zum Beispiel durch eine Sonderzuwendung der tragenden Stiftung geschehen. Man kann das aber auch zum Beispiel in Form einer Spendenbox machen. Ich habe gehört, dass mit einer solchen Spendenbox ziemlich erhebliche Prozentsätze dessen eingenommen wurden, was durch Eintritte erzielt worden wäre.

Es ist ja keineswegs so, dass alle Besucher einer Sammlung auch den vollen Eintrittspreis zahlen würden. Das Institut für Museumsforschung geht davon aus, dass aufgrund von Sonderregelungen und Ähnlichem nur etwa 50 % der Besucher den vollen Eintritt bezahlen. Außerdem stellt dasselbe Institut fest, dass mit der Einführung von Eintritten ein Rückgang der Besucherzahlen in Höhe von 60 % bis 75 % einhergeht. Das sind alles gewichtige Argumente, die dafür sprechen, zu sagen: Dieser Schatz, dieser Reichtum, der bei uns lagert, sollten wir auch wirklich vermitteln.

Des Weiteren liegen die Einnahmen der Sammlungen bei geradezu allen Museen im einstelligen Prozentbereich. Das muss man auch in Relation zu den Kosten sehen, die ein Museum verursacht.

Wir haben es vorhin schon gehört: Am 25. November letzten Jahres habe ich eine Kleine Anfrage gestellt. Am 21. Dezember 2015 wurde diese Anfrage beantwortet, und darin heißt es vonseiten des Ministeriums durchaus zu Recht:

„Weil sich die Mehrzahl der Museen in NordrheinWestfalen in kommunaler Trägerschaft befindet“

genauer gesagt: in der Trägerschaft der Kommunalverbände –

„hat das Land Nordrhein-Westfalen keine Möglichkeiten, die Eintrittsregelungen generell zu beeinflussen.“

Trotzdem stehen uns Möglichkeiten der Beeinflussung zur Verfügung, und deshalb sind wir der Meinung, dass von hier eine Anregung ausgehen kann.

Bezeichnenderweise erschien am 8. März 2016 – der Tag, als Ihr Antrag einging – in den „Westfälischen Nachrichten“ ein Artikel, in dem es hieß, dass der Landschaftsverband Westfalen-Lippe und das Westfälische Landesmuseum einen solchen Versuch sehr gern starten würden.

Herr Kollege, die Redezeit!

Ich komme zum Schluss. Wir werden uns zu Ihrem Antrag enthalten. Wir haben einen Entschließungsantrag vorgelegt, der das regelt, was man jetzt schon tun kann, nämlich die Einführung eines Landespasses, den das Land umsetzen kann. Ich freue mich auf die Abstimmung und würde mich freuen, wenn unser Entschließungsantrag Zustimmung findet. – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU)

Danke schön, Herr Prof. Sternberg. – Für die FDP-Fraktion spricht Frau Kollegin Schmitz.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe gestern bereits im Zusammenhang mit der Debatte zum Landesbibliothekengesetz einiges zum Stellenwert der Kultur in der rot-grünen Landesregierung gesagt. Ich komme nicht umhin, dies im Rahmen dieses Antrags von SPD und Bündnis 90/Die Grünen zu wiederholen; denn wie beim Kulturfördergesetz wird auch hier reine Symbolpolitik betrieben.

SPD und Grüne sind kulturpolitisch wahrlich nicht gut aufgestellt. Das zeigt der hier vorgelegte Antrag einmal mehr. Die rot-grüne Regierungskoalition hat im Haushalt 2013 eine massive Kürzung der Kulturfördermittel sowie eine faktische Einstellung der Denkmalförderung vorgenommen, und das ist bis heute nicht ansatzweise kompensiert worden.

Des Weiteren hat sie dazu beigetragen, dass wertvolle Kunstwerke im Eigentum des Landes meistbietend verscherbelt werden, um mit dem Erlös das marode staatliche Glücksspielgeschäft zu stützen und den Neubau eines Kasinos zu finanzieren.

Nun legen Sie einen rein symbolischen Antrag vor, in dem Sie in der Überschrift irgendwelche abstrakten Andeutungen von „freiem Eintritt in Museen“ machen. In diesem Antrag befindet sich aber kein einziger inhaltlich substanzieller Gestaltungsvorschlag.

(Beifall von der FDP – Marc Herter [SPD]: Ein Gegenvorschlag!)

Da ist von Machbarkeitsstudien die Rede, von Prüfungen, von Szenarien. Sie fordern die von Ihrer rotgrünen Mehrheit getragene Landesregierung auf, gegebenenfalls Modelle zu erarbeiten.

SPD und Grüne stellen die Mehrheit in diesem Haus. Sie stellen die Mehrheit des Haushaltsgesetzgebers. Sie stellen die Landesregierung.

(Sigrid Beer [GRÜNE]: Das ist auch gut so! Das finde ich auch!)

Gestalten Sie entsprechend, aber versuchen Sie nicht, mit Symbolakten die Bürgerinnen und Bürger hinters Licht zu führen. Jene merken das nämlich.

(Sigrid Beer [GRÜNE]: Es ist hell draußen!)

Einen solchen Antrag für die Galerie kann die FDP nicht unterstützen. Selbst wenn Sie hier einen zählbaren Impuls zur Attraktivitätssteigerung für die nordrhein-westfälischen Museen vorgelegt hätten, scheinen Sie mir auf dem völlig falschen Dampfer zu sein.

(Nadja Lüders [SPD]: Auf welchem sind Sie denn?)

In Städten wie Leverkusen wird darüber diskutiert, ob ein bedeutendes zeitgenössisches Museum dem Sparzwang zum Opfer fallen soll. Viele Kommunen in Nordrhein-Westfalen pfeifen nicht nur kulturpolitisch aus dem letzten Loch. SPD und Grüne fabulieren hier über freien Eintritt in Museen, ohne auch nur einen konkreten Vorschlag dafür zu machen.

Das kann ich nicht nachvollziehen. Sprechen Sie doch einmal mit den Kommunen, wo dort kulturpolitisch der Schuh drückt. Zudem frage ich mich, ob die Bewerbung und Beförderung einer Kostenlos-Kultur durch die rot-grüne Regierungskoalition tatsächlich der Weisheit letzter Schluss ist.

Ich frage mich auch, warum SPD und Grüne offensichtlich weniger Interesse am Theater, an Orchestern oder an anderen Kultureinrichtungen haben als am Museum. Das passt doch alles nicht zusammen.

Ich mache Ihnen daher einen Vorschlag: Sie als parlamentarische Mehrheit haben es in der Hand, der Kulturpolitik endlich wieder eine größere Priorität auch im Haushalt zukommen zu lassen. Damit würden Sie den Kommunen und den Kultureinrichtungen deutlich mehr helfen als mit Symbolanträgen.

Abschließend möchte ich noch auf Folgendes hinweisen: Aktionstage mit freiem Eintritt in Museen sind eine sehr schöne Sache. So etwas existiert bereits; beispielsweise in Düsseldorf wird das sehr rege praktiziert. Viele Private und Unternehmen engagieren sich in diesem Bereich. Vielleicht sollten Sie einmal mit denen sprechen und geeignete Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass solche Angebote noch ausgebaut werden können.

In Ihrem Antrag findet sich dazu jedoch nichts. Deshalb lehnen wir ihn auch ab.

Erlauben Sie mir nur noch ein paar Worte zum Entschließungsantrag der CDU-Fraktion. Er beinhaltet ein äußerst bürokratisches Verfahren. Die Entscheidung einer Eintrittsbefreiung für bestimmte Personengruppen sollten wir doch besser den Museen überlassen.

Herr Prof. Sternberg, Sie haben aus Ihrer Lebenserfahrung heraus von einigen Erfolgen im Museumsbereich berichtet. Ja, möglicherweise ergeben sich solche Spontanerfolge; aber das hat keine Nachhaltigkeit.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Frau Kollegin Schmitz. – Für die Piratenfraktion spricht der Kollege Lamla.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren hier im Plenum, auf den Zuschauertribünen und zu Hause! Es ist ein nobles Ansinnen, über freie Eintritte in die NRWMuseen nachdenken zu wollen. Es ist höchste Zeit, das wir hier, in diesem kulturell sehr bunten, reichen, lebendigen und dicht bevölkerten Bundesland endlich internationales Niveau erreichen und freie Eintritte zu bestimmten Zeiten oder Konditionen prüfen und dann auch einführen. Aber wenn schon, dann doch bitte für alle.

Der Antrag der regierungstragenden Fraktionen ist im Prinzip gut. Er geht jedenfalls in die richtige Richtung. Es gibt jedoch zwei Probleme, die ich ansprechen muss.

Erstens. Der im Antrag erwähnte Bezug auf teilweise negative Erfahrungen nach zeitlich befristeten Versuchen, freie Eintritte zu ermöglichen, ist einfach zu kurz gegriffen. Es ist meines Erachtens uninteressant, wie sich die Zahl der Museumsbesuche nach einer Sonderaktion entwickelt, weil eben Langzeiterfahrungen fehlen. Ich denke, wir sollten unbedingt weitere Projekte mit kurzen Laufzeiten verhindern. Vielmehr sollte es um die Prüfung von zeitlich unbefristeten Maßnahmen gehen, die den Zugang zu Wissen, Kunst und kulturellem Gedächtnis verbessern.

Zweitens. Es ist gut und richtig, Kindern und Jugendlichen sowie anderen Alters- und Bevölkerungsgruppen solche freien Zutritte zu Museen zu ermöglichen; denn ein freier Zutritt zu einem Museum ist kulturelle Bildung ist. Und dafür eignet sich ein Museum hervorragend. Das ist jedoch in dem Antrag mit dieser Überschrift nicht gegeben. Es soll hier ja um lebens

langes Lernen und um das Erfahren von Museen gehen, und nicht darum, irgendwelchen Gruppen mal hier mal da irgendetwas zukommen zu lassen.

Uns interessiert vielmehr die eindeutige, vorrangige Prüfung von freien Eintritten für alle Menschen in die Museen. Dies kann entweder zu bestimmten Wochentagen erfolgen oder zu bestimmten Happy Hours – man kann es nennen, wie man will.

Die Einführung von freien Eintritten zu den öffentlichen Museen Nordrhein-Westfalens zu bestimmten Zeiten würde einen Zugewinn an Bedeutung für unsere Museumslandschaft bringen. Eine solche Politik würde unser Land weiter auf ein hohes internationales Niveau heben. Offene, freie und diskriminierungslose Bereitstellung von Wissen und Kultur ist Teil einer zeitgemäßen und ernstzunehmenden Kulturpolitik im 21. Jahrhundert. Das ist eine neue kulturelle Ausdrucksform.

Daher kann ich die Stoßrichtung des rot-grünen Antrags im Prinzip begrüßen, würde mich aber persönlich darüber freuen, wenn wir noch mehr Möglichkeit hätten, darüber zu diskutieren und diesen Antrag hier nicht direkt abstimmen müssten. Leider scheinen sich die regierungstragenden Fraktionen dort anders verständigt zu haben.