Sie haben ein Schulgesetz gemacht, dass das Oben und das Unten klar regelt. Sie haben die Gymnasien ganz oben hingestellt und haben dafür gesorgt, dass immer weniger Kinder, auch mit Migrationshintergrund, das Gymnasium besuchen und einen hohen Abschluss machen können. Das ist Ihre Politik gewesen.
Dann kommen zur Krönung am Ende noch Studiengebühren obendrauf. Was ist das für eine Bildungspolitik?
(Lebhafter Beifall von der SPD und von den GRÜNEN – Zuruf von Karl-Josef Laumann [CDU] – Weitere Zurufe von der CDU)
Meine Damen und Herren, das war Frau Abgeordnete Altenkamp für die Fraktion der SPD. – Nun hat für die Landesregierung Frau Ministerin Löhrmann das Wort.
Ich gebe ausdrücklich den Hinweis, dass Frau Ministerin jetzt das Wort hat. Es wäre eine höfliche und auch eine der parlamentarischen Kultur angemessene Geste, hier eine Geräuschkulisse einzuhalten, die es der Rednerin ermöglicht, ihre Gedanken vorzutragen. – Bitte sehr, Frau Ministerin.
Herzlichen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Laschet, Ihre Rede hat auch bei mir einen bestimmten Anschein erweckt. Es war mein erster Impuls, bevor der junge Kollege mit einer wunderbaren ersten Rede, wie ich finde, reüssiert hat.
Sie haben sich nicht nur um das Thema gekümmert, sondern Sie sind sehr lautstark eingestiegen und haben Parteiaustritte zum Beispiel der SPD vorgehalten. Was hat der Parteiaustritt von Herrn Clement mit der Sarrazin-Debatte und der von Ihnen beantragten Aktuellen Stunde zu tun?
(Armin Laschet [CDU]: Die werden aber nicht ausgeschlossen! – Ministerin Barbara Stef- fens: Aber das ist dann ihre Sache!)
Sie haben doch versucht, diese Diskussion dafür zu nutzen, der SPD einen mitzugeben. Das war zumindest mein Eindruck von der Regierungsbank aus.
Dass dann der Eindruck naheliegt, dass Sie das für Ihre parteipolitische Auseinandersetzung im Ringen um ein Amt nutzen wollen, ist doch völlig in Ordnung.
Wenn Sie auf Entwicklungsprozesse beim Thema „Sprachförderung“ hinweisen, ist mir wichtig, noch einmal darauf aufmerksam zu machen, dass wir mit dem Thema „Sprachförderung“ schon vor 2002 begonnen haben. Ich meine mich zu erinnern, weil ich damals selbst mit Kollegin Behler verhandelt habe, dass wir 1,2 Millionen DM – damals noch – eingestellt haben und diese Mittel aufwachsend immer wieder gesteigert worden sind.
Inzwischen haben wir in NRW dadurch einen Stand erreicht, der sehr positiv zu bewerten ist. Das zeigt, dass dieses Parlament das insgesamt so sieht und es für wichtig hält, dass Sprachförderung stattfindet, und zwar so früh wie möglich. Es gibt neuere Studien, die sagen, wir müssten im Grunde noch früher anfangen. Das ist vernünftig, und wir sollten in den Haushaltsberatungen gemeinsam dazu beitragen, dass das weiter gesichert ist.
Was ich nicht verstehe und als unangemessen empfinde, ist, dass Sie sagen: Sprachförderung ist dann besser, wenn sie von Lehrerinnen und Lehrern vorgenommen wird.
Vielmehr kommt es darauf an, dass Eltern das tun, dass Eltern ihren Kindern vorlesen, dass das Erzieherinnen im Kindergarten und Lehrerinnen und Lehrer in Grundschulen und in weiterführenden Schulen tun. Darauf kommt es doch an.
Spielen wir doch nicht verschiedene Berufsgruppen, die Sprachförderung für Kinder betreiben, gegeneinander aus. Und das tun Sie immer wieder.
Darauf hat Frau Altenkamp zu Recht hingewiesen. Wenn Sie das so lautstark betonen, dann wollen Sie der jetzigen Regierung ja Vorwürfe machen. Dann kommen Sie, Herr Laschet, an einem Punkt nicht vorbei:
dass die Regierung, der Sie angehört haben, beim Thema „Bildungsaufstieg“ mit dem Schulsystem, wie Sie es bis heute verteidigen, dazu beigetragen
Der abgewählte Ministerpräsident Rüttgers hat in einem freigegebenen Zitat in einer Zeitung sinngemäß gesagt – dazu habe ich Sie als Minister in einer Fragestunde befragt, und es war Ihnen unangenehm –: Wir können doch die Hauptschule nicht abschaffen. Denn wohin sollen sonst die Kinder mit Migrationshintergrund gehen?
Dieses Denken ist der beste Beleg dafür, dass wir an dem Bildungssystem arbeiten müssen, weil eine solche Haltung dem Anspruch von Kindern mit Zuwanderungsgeschichte, wobei wir in unserem eigenen Interesse gut beraten sind, zu deren Erfolg beizutragen, bessere Bildungsabschlüsse zu machen, nicht weiterhilft.
Deswegen würde ich mir wünschen, dass wir im weiteren Fortgang als Parlament miteinander, aber auch als Regierung Zweierlei tun: dass wir erstens den Menschen mit Zuwanderungsgeschichte gegenüber eine Haltung, eine Kultur der Wertschätzung zum Ausdruck bringen, um ihnen zu zeigen, dass sie dazu gehören – das drückt sich auch in Rechten aus, zum Beispiel im Wahlrecht –, dass wir sie herausfordern und fördern
und dass wir zum Zweiten – darauf hat Kollege Schneider hingewiesen – daran arbeiten, die vielen guten Beispiele, die wir in Nordrhein-Westfalen haben, zu systematisieren, ob das die Regionalen Arbeitsstellen sind, ob das die Ansätze von Sprachförderung, von Unterstützung sind.
Ich glaube, es ist der entscheidende Punkt, dass wir ohne Scheuklappen, ohne Tabus systematisch am Bildungsaufstieg arbeiten.
Warum wir uns über Herrn Sarrazin ärgern – egal, welche Partei –, ist doch, dass er so tut, als bedürfe es seines Aufschlags und seines Buches, damit wir darüber reden. Das ist doch falsch. Wir ringen hier seit mindestens zehn Jahren darum, wie wir das mit der Integration besser machen können.
Deswegen: Werten wir Herrn Sarrazin doch nicht auf! Sie fragen völlig zu Recht: Warum schreibt er jetzt ein solches Buch? Er hätte doch als Finanzsenator und gestaltender Politiker etwas machen können. Dass sich die SPD darüber beklagt, finde ich nachvollziehbar. Deswegen: Legen wir Herrn Sarrazin beiseite, und arbeiten wir gemeinsam an Lösungen für die Kinder mit Zuwanderungsgeschichte in Nordrhein-Westfalen! – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Frau Ministerin Löhrmann. – Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor, sodass ich die erste Aktuelle Stunde schließe.