Protocol of the Session on April 14, 2011

Diese Fragen stellen wir seit September 2010. Seit September 2010 sind Tage, ja Monate vergangen, und bis heute steht eine Antwort aus. Herr Voigtsberger hat an der letzten Plenarsitzung nicht teilgenommen; er wurde bei der Beantwortung der entsprechenden Mündlichen Anfrage von seinem Kollegen Schneider vertreten. Herr Schneider hat uns bei dieser Gelegenheit sogar eine Zusage gegeben. Er sagte: „Ja, die Listen stehen Ihnen zu, und Sie werden sie auch erhalten.“

Im Verkehrsausschuss, der wenige Tage später tagte, hat Herr Klocke von den Grünen dann gesagt: „Das ist doch alles Quatsch. Mich interessiert überhaupt nicht, was Herr Schneider erzählt.“ – Das ist also der Umgang zwischen Rot und Grün, zwischen den Koalitionsfraktionen und der Regierung.

(Widerspruch von Arndt Klocke [GRÜNE])

Ja, das war so. Ich habe ja direkt neben Ihnen gesessen, und Sie haben das ziemlich vehement geäußert, lieber Herr Klocke.

Die Bürgerinnen und Bürger in ganz NordrheinWestfalen warten auf eine klare Aussage dieser Regierung, welche Straßenbauvorhaben, die gesetzlich festgeschrieben sind, vorrangig sind, und welche nachrangig sind.

(Vereinzelt Beifall von der FDP)

Herr Kollege, gestatten Sie noch eine Zwischenfrage von Herrn Kollegen Schmeltzer?

Bitte schön, Herr Schmeltzer.

Sehr geehrter Herr Kollege Rasche, unabhängig von der Tatsache, dass der Bundesverkehrsminister Mittel für die Straßensanierung zulasten der Neubaumittel für Ortsumgehungen vorsieht, haben Sie gerade gesagt, wir würden Ortsumgehungen infrage stellen. Meine Frage an Sie lautet: Welche konkrete Ortsumgehung stellen wir infrage?

(Manfred Palmen [CDU]: Zum Beispiel Kevelaer!)

Ich will die Zeit jetzt gar nicht damit verbringen, sämtliche Maßnahmen aufzuzählen. Ich muss eingestehen, dass ich sämtliche Hundert Maßnahmen gar nicht aufzählen kann. Aber wir haben ja einen Antrag gestellt, in dem Sie das nachlesen können, Herr Schmeltzer. Wenn Sie ihn nicht finden, stelle ich ihn Ihnen gern zur Verfügung.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Sie können Be- hauptungen aufstellen, aber Sie müssen sie auch belegen!)

Meine Damen und Herren, abschließend: Wer Verkehrsinfrastruktur und Logistik vernachlässigt, gefährdet auf der anderen Seite Arbeitsplätze und Wohlstand. Beenden Sie endlich diese Staupolitik – nicht für die FDP, nicht für die CDU, sondern für unser Land. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der FDP und von der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Rasche. – Für die Fraktion Die Linke spricht nun Frau Beuermann.

Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste auf der Zuschauertribüne! Lieber Herr Lehne, Ihnen bieten wir, genauso wie der FDP zur Schulpolitik, individuelle Förderung an. Unser Tipp: Bitte schauen Sie im Wörterbuch unter dem Buchstaben S beim Eintrag „Sozialistinnen und Sozialisten“ und beim Buchstaben K unter dem Eintrag „Kommunistinnen und Kommunisten“ nach. Wenn Sie dann Ihre Hausaufgaben gemacht haben, können wir uns gerne noch einmal zusammensetzen und darüber reden.

(Zurufe von der CDU)

Aber, meine Damen und Herren, zu einer guten und sozialen Verkehrspolitik gehört bezahlbare Mobilität für alle Menschen in NRW, auch für einkommensarme Menschen. Die Linke hat der rot-grünen Regierung einen Vorschlag unterbreitet, der geeignet ist, die gröbsten sozialen Ungerechtigkeiten in diesem Bereich abzumildern. Aber das haben Sie leider abgelehnt. Stattdessen wird uns eine Flickschusterei bezüglich der Sozialtickets vorgelegt.

FDP und CDU bekämpfen die Einführung des Sozialtickets vehement. Allerdings: Noch im Januar 2010, vor der Landtagswahl im Mai, haben CDU und Grüne – der Kollege Klocke hat darauf hingewiesen – im VRR einen Koalitionsvertrag geschlossen, der unter anderem die Einführung eines Sozialtickets umfasste.

Meine Damen und Herren, die 15 Millionen €, die im Einzelplan 14 stehen, und die 30 Millionen €, die dort für das nächste Jahr vorgesehen sind, werden aber nicht reichen, um einkommensarmen Menschen in NRW eine angemessene Mobilität zu ermöglichen. Dazu muss mindestens der doppelte Betrag eingestellt werden.

Das jetzt vom VRR geplante vergünstigte ViererTicket hat mit einem Sozialticket gar nichts zu tun –

(Beifall von der LINKEN)

auch wenn Sie, Herr Becker, hier versucht haben, es so darzustellen. Es werden Landesgelder abgegriffen, um unnötige Bürokratie aufzubauen. Am Fahrkartenautomaten werden solche Fahrscheine aber wohl kaum zu erhalten sein.

Eine solche Lösung wie im VRR angedacht wird nicht nur unnötig teuer, sie ist zutiefst unsozial und hilft den betroffenen Menschen überhaupt nicht.

(Beifall von der LINKEN)

Das ist falsche Verkehrspolitik.

Ein Sozialticket muss NRW-weit in Form einer NRW-Card und als Monatsabo verfügbar sein. Ein Sozialticket, das diesen Namen auch verdient, muss von den Verkehrsverbünden und den Aufgabenträgern zu einem Preis angeboten werden, der sich nach dem Betrag richtet, der im Regelsatz von Hartz IV anteilsmäßig für den ÖPNV vorgesehen ist.

So sieht ein Sozialticket aus: unbürokratisch, einfach und gerecht.

(Beifall von der LINKEN)

An dieser Stelle möchte ich aber auch positiv anmerken, dass diese Landesregierung wenigstens den Schülerverkehr besser ausgestattet hat, als dies die schwarz-gelbe Landesregierung getan hat. Die Schülerinnen und Schüler müssen dadurch in Zukunft hoffentlich nicht mehr wie die Ölsardinen in der Dose zur Schule gekarrt werden.

Kolleginnen und Kollegen, auch diese Landesregierung beschäftigt sich sehr intensiv mit dem Landesstraßenbedarfsplan. Wir haben hierzu ja gerade den Kollegen Rasche gehört. CDU und FDP sind hierbei mit ihrer polemischen Politik und dem Vorgehen im Ausschuss, indem sie immer wieder alte Projekte aus der Schublade ziehen, die treibende Kraft.

Dabei brauchen wir dringend ein Mobilitätskonzept, das den ÖPNV, den MIV – den motorisierten Individualverkehr –, den Fahrradverkehr und die Wege, die zu Fuß zurückgelegt werden, sinnvoll miteinander verknüpft – ein multimodales Zukunftskonzept für Busse, Bahnen, Pkw und Fahrrad, mit Carsharing und Leihräderkonzepten, für Nordrhein

Westfalen. Dies benötigen wir, um den Herausforderungen der Zukunft begegnen zu können.

(Beifall von der LINKEN)

Dabei sollten wir in Nordrhein-Westfalen Vorreiter sein und nicht den anderen Bundesländern hinterherhecheln. Ein noch so tolles Flughafenkonzept nützt den Menschen nichts, um schnell und komfortabel in die Nachbarstadt zu kommen.

Kolleginnen und Kollegen, Flughäfen nutzen die meisten Menschen in NRW nur für ihre Urlaubsreisen. Ein großer Teil der Flugpassagiere sind Geschäftsreisende. Sie alle wollen natürlich sicher reisen. Wir möchten das für diese Menschen auch. Dass aber im Haushalt Kosten für Nacktscanner als Durchlaufposten an den Bund auftauchen und wir hier in Nordrhein-Westfalen nichts dagegen tun können, das hat uns schon sehr geärgert.

Unsere Flughäfen übernehmen immer mehr die Funktion von internationalen und überregionalen Logistikdienstleistern. Daher gibt es starke Bestrebungen, den Flugverkehr immer weiter in die Nachtstunden zu verlagern. Hier bestärken wir die Landesregierung, zum Schutz der Anwohnerinnen vor Fluglärm ihre Haltung zum Nachtflugverbot beizubehalten.

(Beifall von der LINKEN)

Allerdings bin ich gespannt, wann diese konsequente Haltung aufgeweicht wird.

Kolleginnen und Kollegen, Pläne spielen bekanntlich beim Thema „Verkehr“ eine große Rolle, auch wenn sie schon 20, 30 und 40 Jahre alt sind. Verkehrspolitik wird in Deutschland vorwiegend von äl

teren Männern gemacht. Entsprechend chaotisch werden die dagegen jungen Pläne umgesetzt.

(Beifall von der LINKEN)

Diejenigen, die Pläne erdacht haben, sind schon lange nicht mehr da, und diejenigen, die keinen Plan haben, bemühen sich, etwas hinzubekommen. Am Ende kommt, wenn wir Glück haben, eine befahrbare Straße heraus. Voraussetzung ist immer, dass man die Scheuklappen nicht abnimmt

(Manfred Palmen [CDU]: Scheuklappen! – Gegenruf von Rüdiger Sagel [LINKE]: Ruhig bleiben, Herr Palmen!)

und das vor langer Zeit definierte Ziel fest im Blick hält, selbst wenn dieses historische Ziel schon längst nicht mehr aktuell ist. Das hat übrigens Stuttgart 21 deutlich gemacht.

20 Jahre sind eine lange Zeit, fast eine Generation. In solchen Zeiträumen ändert sich schon mal etwas, und einige Dinge sieht Mann oder auch Frau heute ganz anders. Der Schutz der Anwohnerinnen vor negativen Auswirkungen hat heute zum Glück einen ganz anderen Stellenwert.

Auch werden Leuchtturmprojekte heute viel kritischer gesehen. Beispielsweise fragen sich die Menschen in NRW, was sie davon haben, wenn sie später einmal mit dem RRX fünf Minuten Fahrzeit einsparen, dann aber eine halbe Stunde auf den Anschluss warten müssen.

Meine Damen und Herren, es ist dringend geboten, die Projekte des Landesverkehrswegeplanes und des Bedarfsplanes des Bundes neu zu bewerten. Angesichts der hohen Summen für diese Investitionen muss geprüft werden, ob diese Baumaßnahmen auch in 50 Jahren noch Bestand haben. Die Anforderungen an die Mobilität sind im Fluss. Sie werden sich in den nächsten Jahren ändern.

Mit dem Bau von neuen Autobahnen wird man dieses Problem nicht in den Griff bekommen. Im Gegenteil: Es muss in erster Linie versucht werden, dieses Güteraufkommen auf der Straße – es wird sich ja steigern – zu begrenzen. Viele Transporte finden nur statt, weil die Autobahnmaut offenbar noch zu gering ist. Hier müssen Landes- und Bundesregierung mit intelligenten Mitteln steuernd eingreifen. So kann die Lkw-Maut zum Beispiel flexibel gestaltet werden, nämlich abhängig von der Tageszeit und streckenabhängig. Von allen abhängig Beschäftigten wird ja Flexibilität eingefordert. Warum wollen wir diese Flexibilität nicht auch an die Unternehmen und Konzerne weitergeben?

(Beifall von der LINKEN)