Protocol of the Session on April 14, 2011

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich heiße Sie herzlich zu unserer heutigen, 32. Sitzung des Landtags von Nordrhein-Westfalen willkommen. Mein Gruß gilt auch unseren Gästen auf der Zuschauertribüne sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Medien.

Für die heutige Sitzung haben sich sieben Abgeordnete entschuldigt; ihre Namen werden in das Protokoll aufgenommen.

Wir treten nunmehr in die Beratung der heutigen Tagesordnung ein.

Ich rufe auf:

1 Gesetz über die Feststellung des Haushalts

plans des Landes Nordrhein-Westfalen für das Haushaltsjahr 2011 (Haushaltsgesetz 2011)

Gesetzentwurf+ der Landesregierung Drucksachen 15/1000 und 15/1300

Beschlussempfehlungen und Berichte des Haushalts- und Finanzausschusses Drucksachen 15/1700 – Neudruck –, 15/1701 bis 15/1707, 15/1710 bis 15/1715, 15/1720 und 15/1768

zweite Lesung

In Verbindung mit:

Mittelfristige Finanzplanung 2010 bis 2014 mit Finanzbericht 2011 des Landes NordrheinWestfalen

Drucksache 15/1001

Entschließungsantrag der Fraktion der SPD und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 15/1749

Und:

Gesetz zur Regelung der Zuweisungen des Landes Nordrhein-Westfalen an die Gemeinden und Gemeindeverbände im Haushaltsjahr 2011

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksachen 15/1002 und 15/1354 Beschlussempfehlung und Bericht des Haushalts- und Finanzausschusses Drucksache 15/1717

zweite Lesung

Und:

Gesetz über die Festsetzung des Steuersatzes für die Grunderwerbsteuer

Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE Drucksache 15/1684

erste Lesung

Sowie:

Steuertreiberei der rot-grünen Landesregierung aufhalten – Das Gemeindefinanzierungsgesetz darf nicht zu Lasten einer einwohner- und wirtschaftsfreundlichen Kommunalpolitik verändert werden

Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 15/1679

Ich weise noch auf den Änderungsantrag der Fraktion der CDU Drucksache 15/1758 hin. Außerdem liegt ein Entschließungsantrag der Fraktionen von SPD und Grünen zur mittelfristigen Finanzplanung in der Drucksache 15/1749 vor. Hierüber werden wir in der dritten Lesung der Haushaltsvorlagen zu entscheiden haben.

Zur Erinnerung möchte ich noch einige Hinweise für die heutigen Beratungen geben. Das im Ältestenrat vereinbarte Beratungsverfahren mit der Reihenfolge der zu beratenden Einzelpläne und den vorgeschlagenen Redezeiten können Sie der Tagesordnung entnehmen. Nach Beendigung der Beratung über einen Einzelplan erfolgt die Abstimmung über diesen Einzelplan. Liegt ein Änderungsantrag zu einem Einzelplan vor, wird zunächst über diesen abgestimmt. Die Gesamtabstimmung über den Haushaltsplan 2011 in zweiter Lesung erfolgt heute mit der Abstimmung über das Haushaltsgesetz.

Heute ist auch über die Rücküberweisung des Haushaltsgesetzes und des Gemeindefinanzierungsgesetzes zu entscheiden. Zwischen 12:30 Uhr und 14 Uhr finden auch heute keine Abstimmungen statt. Über den Gesetzentwurf der Fraktion Die Linke Drucksache 15/1684 sowie über den Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 15/1679 werden wir ebenfalls heute nach Schluss der Haushaltsberatungen abstimmen.

Ich rufe nun auf:

Einzelplan 14

Ministerium für Wirtschaft, Energie,

Bauen, Wohnen und Verkehr

mit den Teilbereichen „Wirtschaft und Mittelstand“, „Energie“, „Städtebau und Wohnen“ sowie „Verkehr“. Auch hier gebe ich den Hinweis auf die Be

schlussempfehlung und den Bericht Drucksache 15/1714.

Ich eröffne die Beratung für den

Teilbereich Wirtschaft und Mittelstand

und gebe das Wort an den Sprecher der CDUFraktion, Herrn Abgeordneten Wüst.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wenn man über die Wirtschaftspolitik dieses Landes spricht, muss man in den letzten Monaten den Eindruck gewonnen haben, dass die Wirtschaftspolitik der Landesregierung die Grundlage für die Behauptung legen soll, dass das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht gestört sei: Zuerst wird das Wirtschaftsressort um die Landesplanung erleichtert, mit dem Klimaschutzgesetz macht dem Wirtschaftsminister dann der Umweltminister schon allein die Mitsprache streitig. Die Grundsatzfragen der Energiepolitik musste das Wirtschaftsministerium direkt an Herrn Remmel abgeben. Die Atomaufsicht ist dem Wirtschaftsministerium geblieben – was Sie daraus machen, haben wir in den letzten Tagen lebhaft erfahren.

(Zuruf von der SPD)

Das Wirtschaftsressort ist gefleddert und nur noch ein Schatten seiner selbst. Schon ein halbes Jahr nach dem Amtsantritt hagelt es kritische bis vernichtende Stellungnahmen. Birger Heuser, Landesvorsitzender des Verbandes „ASU – Die Familienunternehmer“, äußert sich schon zum Ende des vergangenen Jahres in der „Bild-Zeitung“ mit dem vernichtenden Fazit: „Die wollen gar nicht mit uns reden, denen ist egal, was die Wirtschaft denkt – Hauptsache wir zahlen unsere Steuern.“ Selbst der Präsident der IHK zu Köln, Bauwens-Adenauer, sah sich beim Neujahrsempfang genötigt festzustellen, dass die Landesregierung in der Verkehrs- und Industriepolitik ohne Richtung sei, und forderte ein klares Bekenntnis zum Industrieland.

(Zuruf von Thomas Eiskirch [SPD])

Inzwischen, Kollege Eiskirch – das sollten Sie besonders sensibel betrachten – teilen selbst Gewerkschafter die Sorge um die Industriepolitik Ihrer Regierung.

Die Medien berichten darüber, dass nach 18 Uhr keine Ministertermine mehr gemacht werden, dass Terminabsprachen mit der Wirtschaft nicht funktionieren, das Ministerbüro chaotisch sei und die Motivation der Mitarbeiter leide. All das gipfelt in der Spekulation, der Minister sei nur Platzhalter für den Fall, dass es doch noch zu einer Dreierkoalition käme; er sei also ein Minister auf Abruf. All das nennt man wohl einen klassischen Fehlstart.

(Beifall von der CDU und von der FDP)

Die von Herrn Birger Heuser beschriebene Haltung macht sich auch an ganz konkreter Politik fest: KiesEuro, Wasserentnahmeentgelt, Bettensteuer, Gewerbesteuer, Grunderwerbsteuer.

Zum Kies-Euro: Laut Koalitionsvertrag soll zukünftig eine Abgabe auf die Entnahme von Kiesen und Sanden erhoben werden. Wie man das ausgestalten kann, hat uns Herr Remmel in der letzten Periode mit einem Gesetzentwurf beschrieben. Es kämen 60 Millionen € auf die Wirtschaft in NordrheinWestfalen zu. Diese wird das nicht einstecken können. Dazu sind die Margen zu knapp. Am Ende bezahlen es diejenigen, die bauen, nämlich Kommunen und junge Familien.

(Beifall von der CDU)

Zum Wasserentnahmeentgelt: Die christlich-liberale Landesregierung hat die Abschmelzung des Wasserentnahmeentgeltes beschlossen, um Wettbewerbsnachteile für nordrhein-westfälische Firmen zu beseitigen. Die Minderheitsregierung hat jetzt einen Gesetzentwurf vorgelegt, mit dem die Abschaffung des Wasserentnahmeentgelts rückgängig gemacht werden soll. Gleichzeitig soll das Wasserentnahmeentgelt gegenüber dem heutigen Stand um 1,4 Cent pro Kubikmeter für Entnahmen wie etwa zum Zwecke der Kühlwassernutzung, um 1,6 Cent pro Kubikmeter für Zwecke der Durchlaufkühlung und um 0,16 Cent pro Kubikmeter im Übrigen erhöht werden. Das entspricht einer Steigerung von 40 bis 60 % zum Beispiel für die Kühlwassernutzung.

Die Landesregierung belastet die Industrie in Nordrhein-Westfalen damit langfristig mit rund 100 Millionen € und gefährdet akut 2.000 Arbeitsplätze in den betroffenen Branchen.

Zur Bettensteuer: Die von Herrn Walter-Borjans in Köln erfundene Bettensteuer ist vom Innen- und vom Finanzministerium am 9. September genehmigt worden. Dadurch ist die Bettensteuer landesweit zugelasssen. Die Bettensteuer löst nicht die Finanzprobleme der Kommunen. Sie geht weit über den populistisch propagierten Ausgleich für die reduzierte Mehrwertsteuer hinaus. Sie ist rechtlich fragwürdig und steuersystematischer Irrsinn. Sie schadet dem Tourismus und damit einer Branche, in der gerade diejenigen Arbeit finden, die es auf dem Arbeitsmarkt häufig schwer haben.

Zur Gewerbesteuer: Mit dem umstrittenen Gemeindefinanzierungsgesetz 2011 erfolgt eine Anpassung der fiktiven Hebesteuersätze. Die Grundsteuer A wird um 17 Punkte, die Grundsteuer B um 32 Punkte und die Gewerbesteuer um 8 Punkte von 403 auf 411 Punkte erhöht. Damit erhöhen Sie in den ländlichen Kommunen des Landes flächendeckend die Gewerbesteuer. Diese Kommunen haben Sie schon zuvor mit den Änderungen des Soziallastenausgleiches in eine ausweglose Lage gebracht. Die Hebesatzanhebung ist weder durch das ifo-Gutachten

noch durch die Beschlussempfehlung der ifoKommission gedeckt. Sie erhöhen flächendeckend die Steuern für die gewerbliche Wirtschaft im Land in einer Zeit, in der Sie ja noch behaupten, das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht sei gestört. Sie müssen sich irgendwann einmal entscheiden: Entweder es gibt eine Störung, oder die Wirtschaft ist so stark, dass man abkassieren kann. Beides gleichzeitig funktioniert nicht.