Protocol of the Session on June 5, 2008

sind die Noten nach unten gegangen? Im Zeitalter des Internets kann das doch auch kurzfristig kein Problem darstellen.

Nachteilsausgleiche müssen ernsthaft erwogen werden. Im Interesse der Schülerinnen und Schüler brauchen wir ein geordnetes Verfahren, das regelt, bei welchen Abweichungen welche Möglichkeiten bestehen.

Trotzdem wird man das Gefühl nicht los, als wolle sich die Ministerin mit ihren zögerlichen Aussagen über die Sommerpause retten. Davor können wir nur warnen, Frau Sommer. Es geht jetzt um die Studienchancen der Schülerinnen und Schüler, und zwar jetzt und nicht erst in den Sommerferien.

(Michael Solf [CDU]: Frau Beer, das ist doch …)

Herr Solf, Sie hätten an der Information teilnehmen sollen. Sie hätten da sein und sich das anschauen sollen.

(Michael Solf [CDU]: Das ist doch aufgeplus- tert!)

Auch Sie wird das noch einholen. Da scheint Ihnen die Ministerin um einiges voraus zu sein.

(Beifall von den GRÜNEN)

Was im letzten Jahr mit der Vergänglichkeit der Schönheit in einem Barockgedicht und unter anderem mit Fehlern in Chemie- und Biologieklausuren begonnen hat, setzt sich in diesem Jahr mit – ich zitiere – dem „Oktaeder des Grauens“, wie es der „Spiegel“ nennt, fort.

Aber damit ist noch längst nicht Schluss. Ein Mathematik-Professor hält die Stochastikaufgabe für wesentlich unvollständig und falsch gestellt.

Das Ministerium hat auch schon eingeräumt, dass in der Pädagogikklausur ausgerechnet bei einem Thema zu Sigmund Freud die Begriffe „unbewusst“ und „bewusst“ verwechselt worden sind. Aber, so beruhigt uns das Ministerium, die Schülerinnen und Schüler hätten das unbewusst richtig gelöst.

(Beifall von den GRÜNEN)

Pannen in Klausuren der Fächer Spanisch, Erdkunde, Geschichte und Sport kommen dazu. Das Internetportal „spickmich“ hat dazu umfangreiche Rückmeldungen von Abiturientinnen und Abiturienten heute ganz aktuell vorgestellt. Die Aufgabenformate stimmen nicht, das Zeitbudget war zum Teil völlig unzureichend, weil Aufgaben in seitenlange Texte verpackt waren.

Es tröstet wahrlich wenig, wenn die Ministerin nicht nur im Schulausschuss aufgrund der großen Probleme im Fach Mathematik darauf hinweist, Lehrerinnen und Lehrer sollten bei der Punktbemessung großzügig sein, Spielräume ausnutzen. Ich nenne das, kreativ damit umgehen. Von diesen Möglichkeiten machen die Schulen höchst unterschiedlich Gebrauch.

In Nordrhein-Westfalen muss Schluss sein mit einem Abitur à la Wildwest. Wo bleibt denn die Vergleichbarkeit, die mit zentralen Prüfungselementen erreicht werden soll? So kann man jedenfalls nicht verfahren.

Elemente zentraler Prüfungen im Rahmen des Abiturs oder des mittleren Schulabschlusses sind in einem Schulsystem, das auf pädagogische Souveränität setzt, notwendig und unumstritten. Vergleichbarkeit und Transparenz müssen gewährleistet sein, wenn Schulen wirklich pädagogisch eigenverantwortlich arbeiten wollen. Ich will Ihnen jetzt nicht wieder vorhalten, dass Sie den Schulen diese pädagogische Eigenständigkeit nicht einräumen, aber die Instrumente müssen doch sauber aufgestellt sein.

Dazu ist es wichtig, noch einmal darauf hinzuweisen, dass zentrale Prüfungen Basisqualifikationen sichern sollen und nicht Raum sind, um Spitzenleistungen darzustellen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Das müssen die Schülerinnen und Schüler in der Oberstufenzeit zeigen. So muss das Maß der Prüfungen bemessen sein. Es geht darum, Basisqualifikationen zu sichern. Ich empfehle Ihnen, noch einmal im Klieme-Gutachten nachzuschauen.

Die Anlage und die problematischen Erfahrungen mit dem schwarz-gelben Zentralstress werden dazu führen, dass die Lehrkräfte noch viel mehr als früher auf die Einheitslektüre und die Einheitsvorbereitung drängen.

(Zuruf von Sylvia Löhrmann [GRÜNE])

„Teaching to the test“ nennt man das. Schulprofile gehen flöten, der Unterricht wird auf die Testsituation getrimmt. – Unterrichtsvielfalt, ade! Deswegen legen wir einen alternativen Vorschlag vor, der Transparenz und Vergleichbarkeit sichert und trotzdem die Schulen in ihrer pädagogischen Souveränität stärkt, bei dem aus einem Aufgabenpool geschöpft werden kann. Die zentralen Aufgaben für die Basisqualifikationen sollen gestellt werden. Aus einem entsprechenden Aufgabenpool können die Schulen nach ihrem Profil dann zusätzlich die Spitzen abbilden.

(Das Ende der Redezeit wird angezeigt.)

Ich freue mich darauf, dass wir diese Initiative im Ausschuss beraten können, und hoffe nach den Einsichten, die heute Raum greifen, dass eine sachliche Erörterung dort vielleicht zu einem besseren Zentralabitur in Nordrhein-Westfalen führen wird.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Beer. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der CDU der Kollege Ratajczak das Wort.

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine liebe deutsche Meisterin und verehrte Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut. Jeder kennt diese Volksweisheit. So oder so ähnlich ist es auch mit unserem Zentralabitur in NRW, das gerade seinen zweiten, aus unserer Sicht auch sehr erfolgreichen Durchlauf erlebt hat.

(Zuruf von Sigrid Beer [GRÜNE])

Lassen Sie mich erst einmal ausreden, Frau Beer. Vielleicht können wir dann gleich diskutieren.

Die Tinte auf dem Klausurpapier ist noch nicht trocken und schon stehen die Dauernörgler und Berufspessimisten der Opposition vor der Tür. Sie wollen zwar finnische Verhältnisse, aber keine Zentralprüfungen, die es seit jeher in Finnland gibt.

(Zuruf von Sigrid Beer [GRÜNE])

Es wäre einmal an der Zeit – das richtet sich an die Schreihälse von den Grünen – zu erklären, was Sie eigentlich wollen. Sie haben gesagt, was Sie nicht wollen. In Ihrem Antrag steckt außer viel pädagogischem Hin und Her, was Sie möglicherweise aus einem Lehrbuch abgeschrieben haben, nichts. Anstatt immer nur zu sagen, was Sie nicht wollen, sollten Sie vielleicht irgendwann einmal sagen, was Sie wollen. Damit lässt sich sicherlich kein Staat machen, meine Damen und Herren von den Grünen und von den Roten.

(Beifall von der CDU)

Wir haben die Herausforderung angenommen, die die Einführung eines Zentralabiturs mit sich bringt. Wir haben uns der Herausforderung gern gestellt und diese Einführung auch sehr gut gestemmt. Hierauf bin ich sehr stolz. An dieser Stelle möchte ich Frau Ministerin Sommer, ihrem Haus und den vielen gut und hart arbeitenden Lehrerinnen und

Lehrern, die zum Gelingen beigetragen haben, ausdrücklich danken.

Meine Damen und Herren, in 54 Fächern wurden insgesamt mehr als 750 Prüfungsaufgaben gestellt. Pro Fach standen mehrere Aufgaben zur Auswahl, die von den Lehrerinnen und Lehrern mit Blick auf den vorher durchgenommenen Unterrichtsstoff ausgewählt werden konnten.

So standen zum Beispiel für Mathematik 24 Teilaufgaben für die Lehrerinnen und Lehrer zur Auswahl, von denen zwei für den Grundkurs und drei für den Leistungskurs ausgesucht wurden. Die Aufgaben wurden von Fachlehrerinnen und lehrern erarbeitet und bis zu ihrer Endfassung in zahlreichen Schritten überprüft. Zusätzlich wurden sie auch auf ihre Schlüssigkeit und Machbarkeit getestet. Dies entspricht dem Verfahren in anderen Ländern.

Daneben erstellte das Schulministerium Vorgaben für jedes Fach, die die verbindlichen Unterrichtsinhalte des Faches deutlich machen. Sie zeigen neben dem Lehrplan klar, dass sie zum Unterricht der gymnasialen Oberstufe dazugehören.

Auch beim Zentralabitur gibt es, wie vom Schulministerium immer wieder betont, die Möglichkeit, Beurteilungsspielräume wahrzunehmen. Ich glaube, dass diese auch wahrgenommen werden.

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich an dieser Stelle zusammenfassen:

Erstens. Experten, die dafür ausgebildet und bezahlt werden, haben diese Aufgaben erarbeitet.

Zweitens. Die Aufgaben basieren auf Lehrplänen, die den Unterrichtsstoff beinhalten, den jeder Schüler und jede Schülerin im Schulleben durchgenommen haben müssen.

Drittens. Parallel zu den Lehrplänen wurden den Schulen Vorgaben und Informationen rechtzeitig und mehrfach zur Verfügung gestellt.

Viertens. Die Lehrer hatten mehrere Aufgaben zur Verfügung, die sie ihren Schülern stellen konnten.

Ich halte es deshalb für völlig überzogen – Frau Beer, da können Sie noch so schreien –, wenn die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen nun an einer Mathematikaufgabe und an einem Komma in der Erdkundefrage das Gelingen des gesamten Zentralabiturs infrage stellt.

Dazu noch eine persönliche Bemerkung: Ich fand es beschämend, dass wir von der Sitzungszeit von zweieinhalb Stunden im Schulausschuss anderthalb Stunden über eine so blöde Matheaufga

be diskutiert haben, als ob wir in diesem Land nichts anderes zu tun hätten, Frau Beer.

(Beifall von der CDU)

Diese Aufgaben waren durchaus lösbar und machten einen Bruchteil der gesamten Klausur aus.

Sie tun gerade so, als hätte es vor den zentralen Abiturprüfungen im Land gar keine Fehler gegeben. – Solche Fehler sind immer schon passiert. Aber früher wurden sie eben nicht von der Opposition populistisch aufgegriffen und dazu missbraucht, Schülerinnen und Schüler zu verunsichern.

Ein Beispiel dazu, Frau Beer, aus Berlin. Da regiert ja nun einmal Rot-Rot. In Berlin sind vor zwei Jahren neun Aufgaben völlig falsch gestellt worden und waren gar nicht lösbar. In diesem Jahr ist eine Französisch-Klausur eine Woche zu früh geschrieben worden, sodass über ein Wochenende eine komplett neue Französisch-Klausur erarbeitet werden musste.