Protocol of the Session on December 5, 2007

Was ist aus dem Jahr der Chancengleichheit der Behinderten geworden? Sie haben nichts unternommen. Herr Brockes, Sie tun sich in Sachen Schulpolitik ja hinter dem sowieso schon Rückwärtsgewandten hervor und haben sich hier mit sehr merkwürdigen Äußerungen in die Debatte eingebracht. Das ist kein Beitrag zum Jahr der Chancengleichheit in unserem Land. Das ist eine magere Bilanz.

(Beifall von den GRÜNEN)

Die Europapolitik spielt in dieser Landesregierung eine sehr, sehr untergeordnete Rolle. Oft stellen Sie sich gegen die EU auf, spielen zum Teil mit Vorurteilen. Was die Frage Türkei angeht, haben wir das oft genug ausgetauscht.

(Vorsitz: Präsidentin Regina van Dinther)

Meine Damen und Herren, so weit zu Europa.

Wo aber ist die Landesregierung? Wo ist die Staatskanzlei? – Immer wenn es um Verschleierung, Beschönigungen, Vertuschung und Inszenierung geht, da ist unsere Staatskanzlei spitze! Das gehört zu ihren Stärken, und das spiegelt sich auch im Haushalt wider. Sie befördern Ihre eigenen Leute. Sie machen Klüngel und Vetternwirtschaft gegen Ihre eigenen Versprechen. So haben Sie nach nur zweieinhalb Jahren Ihre eigenen Worte ad adsurdum geführt. Ich zitiere wieder den Ministerpräsidenten aus seiner ersten Regierungserklärung:

„Die Menschen wollen keine leeren Versprechungen. Sie wollen eine Politik, die sich der Wirklichkeit stellt, statt Probleme zu verschleiern.“

Das stimmt, das wollen die Menschen nicht. Aber es schert Sie nicht, was die Menschen wollen. Folgender Satz:

„Er wird Opfer kosten, und jeder wird es merken.“

Da haben Sie sich selbst und Ihre eigenen Leute wohl nicht mit gemeint. Wunderbar geredet, auch folgende Passagen:

„Was alle betrifft, muss von allen diskutiert werden, heißt es bei Cicero. Der Streit hat seinen Ort in den Parlamenten, also auch hier im Landtag. Zu viele Entscheidungen laufen aber am Landtag vorbei. Das hat zur Erstarrung beigetragen. Landesgesellschaften und Landesinitiativen, Gremien, Berater und Experten, Lobbyisten und die Öffentliche Verwaltung bilden mittlerweile ein informelles und kostspieliges Machtgeflecht.“

Erstaunt schaue ich mir den Haushalt der Staatskanzlei an und sehe: Für externe Beratung, Forschungsaufträge, Gutachten werden die Ausgaben des Ministerpräsidenten gleich einmal nahezu verdoppelt. 950.000 € statt 550.000 €. Berater, Experten, Lobbyisten und Gremien werden davon gut bezahlt. Wenn die Landesregierung im Bereich des Bürokratieabbaus so effektiv wäre wie beim Demokratieabbau, dann wären wir schon wesentlich weiter.

(Beifall von den GRÜNEN)

Was prangerten Sie noch an? Ein – Zitat – „informelles und kostspieliges Machtgeflecht“. Die Worte des Ministerpräsidenten fallen auf ihn selbst zurück. In der Staatskanzlei dreht sich alles rund um den Macherhalt und den Machtausbau eines Mannes, der sich Landesvater nennt, sich aber

als Landesfürst fühlt. Dafür wird zur Not auch das Parlament missachtet, die Proteste vor Ort werden diskreditiert und die Unabhängigkeit der Abgeordneten ignoriert.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Herr Ministerpräsident – Herr Minister Krautscheid, stellvertretend an Sie –, der schönen Worte sind genug gewechselt. Langsam wird es Zeit, dass Sie Ihren Worten auch im eigenen Haus Taten folgen lassen. Kümmern Sie sich um Europa. Respektieren Sie das Parlament. Lassen Sie die Inszenierungen, und hören Sie mit der Vetternwirtschaft auf. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN – Horst Becker [GRÜNE]: Genau!)

Herr Minister Krautscheid, Sie haben das Wort. Bitte schön.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bevor ich einige Worte zu Europa sage, möchte ich kurze Bemerkungen zu den Ammenmärchen, die wir gerade wieder vorgetragen bekommen haben, machen.

Liebe Frau Löhrmann, vielleicht ist es schwierig, das zu akzeptieren. Aber die nackten Zahlen – egal, ob Sie den Personalhaushalt oder die Sachkosten nehmen – sprechen eine ganz einfache Sprache. Selbstverständlich erbringt auch der Einzelplan 02 der Staatskanzlei im Haushalt 2008 die entsprechenden Kosteneinsparungen; allein der Anteil an der globalen Minderausgabe beträgt 1,8 Millionen €.

Meine Damen und Herren, wenn Sie die Ausgaben des Einzelplans 02 im Saldo nehmen, die Aufwüchse im Kulturbereich – hier stehen wir zu unseren Wahlversprechungen, sie zu verdoppeln – herausrechnen

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Davon habe ich nicht gesprochen!)

und dann einen preisbereinigten Vergleich vornehmen, dann sehen Sie, dass über den Einzelplan 02 weniger als im Jahr 2005 ausgegeben wird. Das ist die nackte Wahrheit.

(Beifall von der CDU)

Meine Damen und Herren, nun komme ich zur nächsten Legendenbildung, nämlich zum Personalaufwuchs: Beim Rechnen kommt es ein bisschen auf die Saldenbildung an.

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Redenschrei- ber!)

Richtig ist: Wir haben im Hauptausschuss detailliert nachgewiesen, für welche neuen Aufgaben sechs neue Stellen im Haushalt realisiert werden sollen. Gleichzeitig realisieren wir 18 kwVermerke, die bei Ihnen immer nur auf dem Papier gestanden haben.

(Beifall von der CDU)

Im Einzelplan 02 wird es Ende nächsten Jahres weniger Stellen geben als in diesem Jahr. Das heißt, es wird die Stellenzahl abgebaut und nicht aufgebaut.

Jetzt, meine Damen und Herren, komme ich zum Thema Europa. – In der Tat weist die Finanzausstattung im Einzelplan 02 für Europa einige bemerkenswerte Akzentsetzungen auf; diese sind eben schon angesprochen worden. Verehrte Frau Löhrmann, Sie haben den Ministerpräsidenten zitiert und nach den Folgen gefragt. Der Ministerpräsident hat in seiner Regierungserklärung 2005 gesagt:

„Europa wird nur dann eine starke politische Einheit, wenn Deutschland und Frankreich ihre Zusammenarbeit vertiefen …“

Meine Damen und Herren, nicht weniger werden wir im nächsten Jahr mit dem Projekt „FrankreichNordrhein-Westfalen-Jahr“ anpacken. Denn wir glauben, dass diese Beziehungen auch für die Pflege der deutsch-französischen Beziehungen von zentraler Bedeutung sind.

(Beifall von Ilka von Boeselager [CDU])

Für uns heißt das, dass wir mit einem großen Aufwand versuchen werden, Kultur, Kunst und Menschen aus Nordrhein-Westfalen in Frankreich zu präsentieren. Wir werden dazu in der nächsten Woche in einer Pressekonferenz Details bekannt geben. Allein die Tatsache, dass sich der französische Premierminister François Fillon bereiterklärt hat, die Schirmherrschaft zu übernehmen, und dass einige sehr spannende Programmaspekte schon nächste Woche angekündigt werden können, zeigt, dass wir am 22. Januar am deutsch-französischen Tag mit einer Auftaktveranstaltung in Düsseldorf in ein gutes deutschfranzösisches Jahr gehen werden.

Der zweite Punkt – Herr Kuschke, Sie haben es angesprochen – beinhaltet die EUREGIOs. In der Tat: Wir sehen sie auch als ein unverzichtbares Fundament unserer grenzüberschreitenden Beziehungen zu den Nachbarstaaten; Stichwort ist

natürlich vor allen Dingen das INTERREGProgramm.

Allerdings gibt es auch diesbezüglich einen Unterschied zur Vorgängerregierung. Meine Damen und Herren, die Vorgängerregierung hat in den Jahren 2004 und 2005 bei den EUREGIOs um insgesamt 35 % gekürzt. Man höre und staune! Deswegen können wir die Beschreibung, wie wichtig Ihnen das gewesen sei, nicht so ganz ernst nehmen.

Die gute Nachricht ist: Erstens. Bei uns gibt es keine Kürzungen, sondern wir schreiben diesen Betrag weiter fort. Und zum Zweiten – Sie haben vielleicht gestern die Information bekommen –: Auch im Programm INTERREG 4A ist die Entscheidung gefallen. Allen Partnern stehen bis 2013 138 Millionen € zur Verfügung. Wir werden am 13. Dezember die entsprechende Vereinbarung unterschreiben.

Das zeigt genau wie bei den EFRE- oder ESFProgrammen oder bei dem Programm für den ländlichen Raum: Nordrhein-Westfalen ist beim Ringen um diese europäischen Programme hervorragend aufgestellt. Wir holen etwas für die Bürgerinnen und Bürger, für die Kommunen und für die Institutionen in Nordrhein-Westfalen heraus und können diese Beziehungen vertiefen und ausbauen. Ein Dankeschön richte ich an all die, die uns bei der Erringung diese Mittel in Brüssel zur Seite gestanden haben.

Auch der letzte Punkt, meine Damen und Herren, ist ein Beitrag gegen Legendenbildung. Eben wurden die Aufwüchse im Bereich der Repräsentationsverpflichtungen angesprochen. Wenn Sie es preisbereinigt ausrechnen, stellen Sie fest: Wir geben für diesen Bereich insgesamt 1,5 Millionen € aus. Das liegt preisbereinigt etwa auf dem Niveau des Jahres 1993, als – so könnte man sagen – Nordrhein-Westfalen von Johannes Rau zuletzt ordentlich nach außen vertreten worden ist.

Meine Damen und Herren, diese Regierung tritt selbstbewusst, aber im Stil nicht protzig auf. Das entspricht Nordrhein-Westfalen, und so richten wir auch unsere Finanzausstattung im Einzelplan 02 aus. – Vielen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Danke schön, Herr Krautscheid.

Meine Damen und Herren, ich eröffne nun die Beratung über den Teilbereich „Kultur“.

Ich erteile Frau Nell-Paul von der SPD-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dem Kulturhaushalt – auf den ersten Blick betrachtet – muss auch eine Oppositionspartei Anerkennung zollen. Denn wir haben in diesem Bereich einen Zuwachs, der von uns natürlich begrüßt wird; gar keine Frage.

(Beifall von Ilka von Boeselager [CDU])

Ich sage allerdings deutlich „auf den ersten Blick“. Denn natürlich gibt es auch Punkte, die wir kritisieren und nicht in Ordnung finden.

Auf den ersten Blick – wie gesagt – stellen wir mit 145 Millionen € einen Zuwachs um 22 Millionen € fest. Schaut man es sich allerdings im Detail an, so sieht man, dass ein Großteil dieser Zuwächse für die Kunstsammlung NRW K20 reserviert ist, die einen Erweiterungsbau bekommt. Als Düsseldorferin darf ich mit Stolz sagen, dass wir uns sehr darüber freuen, dass es jetzt dazu gekommen ist. Dies sage ich allerdings mit einem weinenden Auge. Denn derjenige, der am meisten für den Erweiterungsbau der Kunstsammlung gekämpft hat, nämlich Prof. Armin Zweite, wird dieses Institut leider verlassen, und das finden wir sehr bedauerlich.

Des Weiteren müssen wir feststellen, dass fast alle Bereiche einen Zuwachs erfahren haben, allerdings nicht die kulturelle Integration und die den Kommunen zugute kommenden Kultursekretariate. Wir hoffen nicht, dass damit ein Politiksignal gesetzt worden ist. Denn wir meinen, dass in der kulturellen Integration mehr und nicht weniger getan werden muss. Von daher können wir nicht verstehen, dass hier eine Null steht, was die Zuwächse angeht.