Die Behauptung, die Übernahme des Bundespersonalvertretungsrechts für das Land sei eine Zerschlagung von Mitbestimmung und ein Angriff auf die Demokratie, ist in sich vollkommen absurd und unhaltbar.
Die Vorgaben unserer Verfassung und die Rechte der Personalräte wieder ins Lot zu bringen, hat das Bundesverfassungsgericht uns allen aufgetragen. Dies hat beispielsweise das Land Rheinland-Pfalz als SPD-geführtes Bundesland unternommen. Entsprechende Pläne gab es auch, Frau Kraft, in der Zeit Ihrer Regierungsverantwortung. Das wissen wir, und wir wissen es definitiv. Sie hatten nur nicht den Mut, das demokratisch Notwendige gegen Widerstände durchzusetzen. Den Mut hatten Sie nicht!
(Beifall von der CDU – Gisela Walsken [SPD]: Wir waren klug, es nicht zu tun! Das ist der Unterschied!)
Auch die Neuregelung des Gemeindewirtschaftsrechts hat zu Protesten geführt. Auch dies war absehbar. Diese Proteste nehmen wir ebenfalls ernst, aber auch sie können uns nicht daran hindern, Richtiges zu tun.
Es ist eine Mär, dass die aufziehenden Probleme, welche insbesondere die Stadtwerke haben, aus den beabsichtigten Veränderungen des § 107 herrührten. Die Probleme von Stadtwerken haben einen ganz anderen Ursprung.
Sie liegen in der margenverkürzenden Regulierung, im zunehmenden, gerade auch von den Verbraucherinnen und Verbrauchern gewollten Wettbewerb an den Energiemärkten. Das ist es, was die Margen drückt. Das macht den Stadtwerken Probleme.
Es kann nicht sein, dass die Stadtwerke ihre Probleme auf dem Rücken kleinerer und mittlerer Betriebe oder von Familienbetrieben lösen. Des
halb muss § 107 angefasst werden. Das ist gute Politik – Politik für Wirtschaft und Verbraucher in unserem Land, in Nordrhein-Westfalen.
Dann wärmen Sie sich an Protesten gegen das Kinderbildungsgesetz und verschweigen, dass das, was Sie hier am Vehementesten kritisieren, nämlich das Elternbeitragsdefizitausgleichsverfahren, in Ihrer Vorhabensplanung ebenfalls ganz oben auf der Agenda stand.
Der Städte- und Gemeindebund hat in seiner NRW-Mitteilung 346 von 2004, datierend vom 21. April 2004, auf einen im damals zuständigen Innenministerium kursierenden Vorschlag hingewiesen und deutlich gemacht, dass sich das Land mit der vorgesehenen Neuregelung aus der sogenannten Defizitausgleichsregelung zurückziehen wolle – nun zitiere ich –,
„nach der bislang das Land und die Kommunen jeweils zu 50 % für die Defizite einstanden, die aus nicht eingenommenen Elternbeiträgen herrühren.“
„Durch den Rückzug aus der Defizitausgleichsregelung reduzieren sich die bisherigen Landeszuschüsse um knapp 10 %. Das entspricht etwa 76 Millionen €.“
Wo ist Frau Kollegin Schäfer? – Sie war doch damals für das Haus verantwortlich. Wenn Frau Schäfer in ihrem Haus Vorschläge erarbeitet, die anschließend von uns verwirklicht werden, dann können sie doch nicht alles auseinanderbrechen lassen; das kann nicht so katastrophal sein, wie Sie, Frau Kraft, es hier dargestellt haben. Das geht nicht auf.
Das ist Heuchelei. Die gleiche Heuchelei ist es, wenn Sie jetzt mit einem Bauchladen von Versprechungen hausieren gehen, die Sie ganz sicher nicht einhalten können und die krass dem widersprechen, was Sie gestern noch hier in diesem Parlament erklärt haben.
Als Sie noch regierten und es auf die Landtagswahl 2005 zuging, war bei Ihnen weder von einem Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz nach dem ersten Lebensjahr, weder von einer schrittweisen Beitragsfreiheit in Kindergärten noch von einem verpflichtenden letzten Kindergartenjahr die Rede.
Um nur beispielhaft Letzteres aufzugreifen: Es gab über das beitragsfreie letzte Kindergartenjahr, ausgelöst durch uns, die damalige Opposition, eine Debatte hier im Landtag. Und auf einen entsprechenden Antrag hat der Kollege Jäger, der gerade ganz laut war, im Ausschuss für Kommunalpolitik, nachzulesen im Ausschussprotokoll 13/850, erklärt, dass durch Gebührenfreiheit – ich zitiere –
„ein falscher Anreiz gegeben werde, da er, wenn eine qualitativ hochwertige Einrichtung, die den Eltern ermögliche, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, völlig kostenlos zur Verfügung gestellt werde, am Zeitgeist vorbeigehe“.
Als Ministerin hat Frau Kollegin Schäfer noch taff zum Thema Gebührenfreiheit erklärt – Zitat, Herr Präsident –:
„Aber ohne ein verlässliches Finanzierungskonzept – und damit rede ich über die gesamt Bildungsfinanzierung – sind solche Forderungen seriös nicht zu diskutieren.“
Auch Frau Kollegin Schäfer, wäre sie hier, müsste ihre damalige Aussage heute löffeln. Sie müsste dazu stehen, dass sie das damals gesagt hat. Sie leiden alle an partieller Amnesie, wie es im Neuhochdeutschen heißt, wenn es um Sachverhalte geht, die Sie selbst zu vertreten haben.
Denn dieses Programm würde die Kommunen Hunderte von Millionen Euro kosten. Das ist – das wissen die Menschen in Nordrhein-Westfalen – Oppositionspolitik von der schlechtesten Sorte.
Dann gehen Sie auf einen Landesparteitag und gestern hier vor die Medien, Frau Kollegin Kraft, mit einem Schulkonzept, das, einmal grob überschlagen, Milliarden-Beträge erfordern würde: für die besagte Beitragsfreiheit, Landesinvestitionsprogramme, gemeinsames Mittagessen in allen Bildungseinrichtungen, Kapazitätsausweitungen an Hochschulen über das Konzept 2020 hinaus bis zur Abschaffung von Studiengebühren.
Und dieses alles verknüpfen Sie mit dem Anspruch einer seriösen Finanzpolitik. Frau Kraft, das ist pure Heuchelei.
Und weil Sie vorhin versucht haben, uns eine Lektion in Sachen Demonstrationen zu erteilen, frage ich so nebenbei: Erinnern Sie sich noch an die 30.000 Demonstranten gegen Ihr verquastes und missbrauchtes Studiengebührenmodell im Juli 2002?
Es war doch nicht so, dass es unter Ihrer Ägide keine Massendemonstrationen gegeben hätte. Das, was Sie damals haben durchsetzen wollen, ist alles ausgelaufen. Das heißt, die Proteste, die Sie damals auf sich gezogen haben, waren Proteste gegen eine hohle, gegen eine fehlgeleitete Politik und waren damit auch berechtigt.
Genauso heuchlerisch ist es, wenn Sie notdürftig den Kerninhalt Ihres Leitantrages zur Bildungspolitik verschleiern wollen. Kern Ihres Antrags ist: Sie wollen den fast 600.000 Schülerinnen und Schülern, ihren Eltern, ihren Lehrerinnen und Lehrern an Gymnasien ihre Schule nehmen. Sie wollen die Gymnasien auslaufen lassen. Sie wollen diesen Schülerinnen und Schülern ihre Schule nehmen. Sie wollen die Gesamtschulen um die Oberstufen kappen. Sie wollen die Realschule beseitigen. Sie wollen die Einheitsschule, eine Einheitsschule, die Sie, Frau Kraft, schamhaft Gemeinschaftsschule nennen. Übrigens, Frau Kraft, wo sind in Ihrem Leitantrag die kirchlichen Einrichtungen, die Montessori-Schulen, die Waldorf-Schulen? Wollen Sie die auch abschaffen?
Ich bin mir sicher, Sie wollen sie abschaffen. Sie wollen die Einheitsschule einschließlich dieser auf privater, kirchlicher Initiative beruhenden Schulen. Das ist Ihre Politik.