Protocol of the Session on September 13, 2006

Ich freue mich darüber, dass die SPD offensichtlich ihre Liebe zu den Kommunen entdeckt hat. Ich sehe das auch auf ein paar anderen Feldern.

(Hannelore Kraft [SPD]: Sehen Sie sich mal die Zahlen der letzten Jahre an!)

Sie haben natürlich versucht, der Kritik zu begegnen, Frau Kraft, indem sie darauf hingewiesen haben, dass Sie selber die Verträge abgeschlossen und damals sicherlich einen Fehler – so haben Sie das deklariert – gemacht haben.

(Hannelore Kraft [SPD]: Das habe ich nicht!)

Aber ich glaube, dass in dieser Debatte und gerade von Ihnen, Frau Kraft, Äpfel mit Birnen vermengt wurden.

(Dr. Gerhard Papke [FDP]: Allerdings!)

Es ist wirklich eine sehr komplizierte Materie. Deshalb will ich versuchen, auseinanderzuhalten, was Solidarpakt II und was wirklich Lastenteilung bei der deutschen Einheit ist.

(Hannelore Kraft [SPD]: Ich wollte, dass die Menschen mich verstehen!)

Nein, Sie haben es heute wieder falsch dargestellt, Frau Kraft. Lesen Sie bitte alles nach. Beim Solidarpakt II handelt es sich um Mittel des Bundes.

(Hannelore Kraft [SPD]: Das können Sie morgen nachlesen! Ich habe von Solidari- tätsbeiträgen gesprochen!)

Trotzdem haben Sie im Zusammenhang mit den Kommunen ständig über den Solidarpakt II gesprochen. Lesen Sie es bitte nach.

Andererseits gibt es die sogenannten Einheitslasten, insbesondere den Länderfinanzausgleich und die Abfinanzierung des Fonds Deutsche Einheit. An diesen Leistungen und nicht am Solidarpakt sind die NRW-Kommunen beteiligt. Sie sind, das werde ich nachher noch ausführen, im Rahmen ihrer Finanzkraft beteiligt.

Wenn Sie sehen, wie sich gerade die Schuldenlast bei den Kommunen und beim Land entwickelt hat – das haben Sie sich alles in Ihrer Regierungszeit angesehen –, stellen Sie fest: Die Schuldenlast der Kommunen ist im Zeitraum von 1995 bis 2005 von 28 auf 35 Milliarden € und die des Landes in der gleichen Zeit von 61 Milliarden € auf 109 Milliarden €

gestiegen. Wenn Sie das Leid der Kommunen beklagen, müssten Sie natürlich das Leid des Landes mindestens genauso beklagen, weil sich beim Land die Verhältnisse noch weiter verschlechtert haben.

Da es wirklich das entscheidende Datum ist, versuche ich es noch einmal: Als gesamtstaatliche Aufgabe sind die finanziellen Folgen der deutschen Einheit von Bund, Ländern und Kommunen gemeinsam zu tragen. Einheitslasten sind für Nordrhein-Westfalen insbesondere die Zahlungen im Länderfinanzausgleich und die fortwirkenden Belastungen aus der Abfinanzierung des Fonds Deutsche Einheit. Das ist der Teil, an dem die Kommunen beteiligt sind.

(Martin Börschel [SPD]: Was wollen Sie denn jetzt?)

Weder die Zahlungen im Länderfinanzausgleich noch die Lasten, die die Länder aus der Abfinanzierung des Fonds Deutsche Einheit zu tragen haben, sind – so hat es die Opposition auch fälschlicherweise dargestellt – degressiv ausgestaltet. Auch darauf hat der Kollege Klein hingewiesen.

(Beifall von CDU und FDP – Widerspruch von Hannelore Kraft [SPD])

Frau Kraft, wenn man sich auf eine solche Debatte vorbereitet, sollte man das sorgfältig tun, anstatt hier falsche Dinge zu behaupten.

(Beifall von CDU und FDP)

Die Höhe der von Nordrhein-Westfalen insgesamt zu erbringenden Leistungen hängt letztlich von seiner Finanzkraft und dem Ausgleichstarif ab.

Meine Damen und Herren, mit Schaffung des neuen bundesstaatlichen Finanzausgleichs ab 2005 haben sich Bundestag und Bundesrat auch auf den Solidarpakt II verständigt. Gemeinsames Ziel ist es, gleichwertige wirtschaftliche und soziale Lebensverhältnisse in Ost und West zu schaffen und die innere Einheit zu vollenden. Dieser Solidarpakt – auch das ist vorhin angeklungen –, den allein der Bund finanziert, besteht aus zwei Körben: Im Korb 1 stellt der Bund den ostdeutschen Ländern einschließlich des Landes Berlin zum Abbau teilungsbedingter Sonderlasten für ab 2005 weitere 15 Jahre – also bis einschließlich 2019 – insgesamt rund 105 Milliarden € zur Verfügung. Im Jahr 2005 beliefen sie sich auf rund 10,5 Milliarden €. Diese werden ab 2006 degressiv abgeschmolzen.

In einem Korb 2 stellt der Bund über die Laufzeit des Solidarpakts II überproportionale Leistungen in einer Zielgröße von rund 51 Milliarden € zur

Verfügung, unter anderem für Gemeinschaftsaufgaben und Finanzhilfen.

Noch einmal: Die Mittel aus Korb 1 und Korb 2 werden vom Bund aus dem Bundeshaushalt finanziert. Es besteht keine unmittelbare Beteiligung der Länder oder der Westkommunen an den Mitteln des Solidarpakts II.

Frau Kraft, Sie haben über Dresden und Sachsen gesprochen. Sachsen verwendet die Mittel zweckgemäß, und zwar als einziges Land.

Wenn Sie Kritik daran üben, dass diese Mittel eigentlich, wie es der Gesetzgeber auch will, zweckgerichtet verwendet werden, müssen Sie sich an den Bundesfinanzminister wenden.

(Zuruf von Hannelore Kraft [SPD])

Frau Kraft, ich habe sehr gut zugehört. Sie versuchen, beide Dinge miteinander zu vermengen, um draußen den Eindruck zu erwecken, da passiere etwas Unrechtes. Gehen Sie zum Bundesfinanzminister und sagen Sie ihm, er möge bitte Sanktionen verhängen, weil die Mittel nicht zweckgemäß verwendet würden. Wenn Sie die Kraft dazu haben, dann bitte schön!

(Beifall von CDU und FDP)

Der Bundesfinanzminister trägt dazu im Finanzplanungsrat vor. Im November wird er über die Fortschrittsberichte, die die ostdeutschen Länder vorlegen müssen, wieder vortragen. Natürlich ist in seinem letzten Bericht auch klar gesagt worden: Es wird nicht zweckgemäß verwendet. Dann müssen aber er und auch der Deutsche Bundestag die Kraft haben, Sanktionen zu verhängen.

Ich prognostiziere allerdings: Werden Gelder nicht zweckgemäß verwendet und fordert der Bund sie vielleicht zurück – wie auch immer –, vermute ich nicht, dass diese Mittel in Nordrhein-Westfalen landen werden. Vielmehr wird der Bundesfinanzminister diese Mittel dann kassieren. Aber darüber können wir in einer zweiten Runde sprechen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Änderungen am Solidarpakt II können vom Bund und den Ländern nur gemeinsam vorgenommen werden. Dass dieses Geschäft schwierig ist, brauche ich Ihnen wohl nicht näher zu erläutern.

Im Übrigen verwischen Finanzierungsverflechtungen politische Verantwortlichkeiten.

(Martin Börschel [SPD]: Was wollen Sie da- mit sagen?)

Vielleicht haben Sie die Geduld, bis zum Ende zuzuhören, dann merken Sie das. Ich muss doch

erst einmal den Sachverhalt darlegen, damit sie ihn vielleicht auch verstehen. Ihre Fraktionsvorsitzende hat den Sachverhalt auch in der Öffentlichkeit immer wieder falsch vorgetragen, meine Damen und Herren.

(Beifall von CDU und FDP)

Mit der Föderalismusreform I ist ein erster Schritt zur Politikentflechtung getan worden: Abbau von Mischfinanzierung, Verminderung der Zahl der zustimmungsbedürftigen Gesetze. – Die Themen, die in der Föderalismusreform I verankert sind, kennen Sie alle. Dieser Weg ist mit Sicherheit weiterzugehen.

Meine Damen und Herren, die Kommunen sind Bestandteil der jeweiligen Länder. Jedenfalls ist unser zweistufiger Staatsaufbau im Grundgesetz so festgelegt. Deshalb sind die Länder im Rahmen ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit für eine angemessene Finanzausstattung ihrer Kommunen verantwortlich.

Nordrhein-Westfalen erfüllt seine Verpflichtungen hierbei in vollem Umfang. Die Kommunen erhalten schon allein über den Steuerverbund 2007 gut 820 Millionen € mehr als im Jahr 2006.

(Ralf Jäger [SPD]: Herr Linssen, das stimmt nicht!)

Das kann man nicht oft genug wiederholen, auch wenn Sie das dauernd dementieren.

(Ralf Jäger [SPD]: Zeigen Sie mir die 820 Millionen €!)

Gucken Sie rein, dann sehen Sie sie. Auch Sie, Herr Jäger, werden die Wahrheit noch erkennen.

(Fortgesetzt Zurufe von Ralf Jäger [SPD])

Sie brauchen doch nur die Zahlen von 2007 und 2006 zu vergleichen. Dann sehen Sie das.

Die SPD kritisiert auch die Festschreibung der erhöhten Gewerbesteuerumlage von 29 von 100 Punkten bis 2019. Sie insinuiert, die Kommunen würden hier zu viel zahlen. Falsch!

Nordrhein-Westfalen beteiligt seine Kommunen fair und sachgerecht an den Einheitslasten des Landes, und zwar im Verhältnis ihrer Finanzkraft zur Finanzkraft des Landes.

(Ralf Jäger [SPD]: Also bleibt alles, wie es ist!)

Hierbei ist Folgendes zu beachten: