Protocol of the Session on May 17, 2006

(Martin Börschel [SPD]: Aber nicht wegen Ihnen!)

und diese bessere Stimmung wird sich auch in mehr Investitionen und mehr Arbeitsplätzen niederschlagen.

(Beifall von CDU und FDP – Prof. Dr. Gerd Bollermann [SPD]: Aber das ist doch nicht Ihre Leistung!)

Den Schulen geht es besser. Mit über 3.230 neuen Lehrerstellen haben wir die Unterrichtsversorgung auf eine neue Grundlage gestellt. Das merkt man in den Schulen. Man muss nur mit Lehrerinnen und Lehrern reden, man muss nur mit Schulleiterinnen und Schulleitern reden. Da hat sich etwas verändert.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Das stimmt! Dann reden Sie mal mit Ihrer Schulministerin!)

Da kann man hier sagen, was man will, kann von Wilhelminismus und anderem reden, aber:

(Zuruf von Sylvia Löhrmann [GRÜNE])

Die Menschen sind jetzt da und sorgen dafür, dass unsere Kinder mehr Unterricht bekommen, als Sie zu Ihrer Regierungszeit bekommen haben.

(Beifall von CDU und FDP)

Die Situation der Kinder und der Familien in diesem Land hat sich verbessert. Wir investieren mit dem Haushalt 2006 mehr als eine Viertelmilliarde Euro mehr als im letzten Jahr für Kinder und Jugendliche in diesem Land. Eine Viertelmilliarde! Das ist reales Geld. Die Situation hat sich verbessert, und sie ist nicht schlechter geworden.

(Beifall von CDU und FDP – Rainer Schmelt- zer [SPD]: Deswegen demonstrieren die auch alle hier vor dem Haus! – Prof. Dr. Gerd Bol- lermann [SPD]: Was sagen Sie zur Volksiniti- ative?)

Wir haben 39.000 neue Ganztagsplätze an den Grundschulen eingerichtet, und wir haben 16.500 neue Betreuungsplätze für unter Dreijährige eingerichtet. Und wir haben ein Programm für Ganztagsplätze an den Hauptschulen aufgelegt. Das heißt, es ist besser geworden an den Schulen, ganz real und ohne alle ideologischen Debatten.

(Beifall von CDU und FDP – Zuruf von Gise- la Walsken [SPD])

Wir führen hier eine Haushaltsdebatte. Diese Haushaltsdebatte hat natürlich etwas mit dem Handlungsspielraum zu tun, den die Politik in diesem Land hat. Natürlich ist die Wahrheit, dass dieser Handlungsspielraum nicht so groß ist, wie wir uns das gewünscht hätten.

(Gisela Walsken [SPD]: Bloß 1 Million!)

Wenn ich noch eine Bemerkung zu der Rede des Kollegen Stahl machen darf: Er hat nicht gesagt – ich habe zugehört –, dass wir nicht gewusst hätten, was da auf uns zukommt. Es ist völlig richtig, Frau Löhrmann: Herr Diegel hat für unsere Fraktion hier immer Zahlen vorgetragen. Übrigens: Im Unterschied zu Ihren Zahlen, im Unterschied zu dem, was der damalige Finanzminister gesagt hat, liebe Kolleginnen und Kollegen, stimmten die vom Kollegen Diegel immer.

(Beifall von CDU und FDP – Zuruf von der SPD: Dass Sie zu solchen Mitteln greifen, ist eine Unverschämtheit!)

Wenn das Land Nordrhein-Westfalen jetzt aufgrund der ungeheuren Schuldensituation, dieses Schuldenberges, den Sie aufgehäuft haben, 13 Millionen € Zinsen täglich zahlen muss, wenn Rot-Grün die Verschuldung in den letzten zehn Jahren um rund 47 Milliarden € erhöht hat und wenn wir dafür jährlich Zinsen in Höhe von 1,9 Milliarden € zahlen, dann, werte Kolleginnen und Kollegen, wäre ich, wenn ich noch in der Rolle wäre, für die Opposition zu reden, mit dem, was ich fordere, und vor allen Dingen mit dem, was ich angreife, erheblich vorsichtiger, als wir das eben bei Frau Kraft und Frau Löhrmann gehört haben.

(Beifall von CDU und FDP – Martin Börschel [SPD]: Was machen Sie denn mit Ihren Schulden?)

Wenn Frau Löhrmann uns vorwirft, dass wir es sowohl im letzten Jahr, als wir ein halbes Jahr die Verantwortung trugen, und auch in diesem Jahr, nachdem wir zwölf Monate die Verantwortung tragen, nicht schaffen würden, diesen ungeheuren Schuldenberg, der dazu führt, dass sich die Nettoneuverschuldung auf 5, 6, 7 Milliarden € pro

Jahr beläuft, dass wir es nicht schaffen würden, dieses strukturelle Defizit abzubauen,

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Sie haben, glaube ich, Erwartungen geweckt! – Gisela Walsken [SPD]: Erhöht!)

wenn Sie das tun, meine Damen und Herren, dann leiden Sie entweder an Wirklichkeitsverdrängung, an der Fähigkeit, die Wirklichkeit nicht wahrzunehmen, oder Sie reden wider besseres Wissen. Und das ist das Schlimmste, was man in der Politik machen kann.

(Beifall von CDU und FDP – Johannes Remmel [GRÜNE]: Wer hat denn den Mund so voll genommen?)

Wenn man dann noch Vorschläge vorlegt, die wieder zu neuen großen Ausgaben führen, wie zum Beispiel den Vorschlag des beitragsfreien Kindergartenjahres, und einfach nicht mehr im Kopf hat, dass es nur ein paar Monate her ist, dass man im Landtag entsprechende Anträge damals abgelehnt hat,

(Dieter Hilser [SPD]: Und in Berlin?)

dann, liebe Kolleginnen und Kollegen, passiert einem etwas, was einem als Politiker nicht passieren sollte: Man verliert jede Seriosität in seiner Argumentation.

(Beifall von CDU und FDP – Dieter Hilser [SPD]: Ausgerechnet er!)

Es ist wie immer: Luftschlösser aufbauen kostet nichts,

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Darin sind Sie doch Experte!)

aber Luftschlösser abreißen ist eine verdammt teure Angelegenheit, und zwar vor allen Dingen für diejenigen, die sich auf Ihre Versprechungen verlassen haben.

(Beifall von CDU und FDP – Rainer Schmelt- zer [SPD]: Wer hat denn mehr Versprechen gebrochen als Sie?)

Wenn sich jetzt die im letzten Jahr Gott sei Dank besser gewordene Stimmung im Land und die bessere Konjunktur

(Zuruf von der SPD)

in der jüngsten Steuerschätzung niederschlagen und mit Steuermehreinnahmen bemerkbar machen, tun wir genau das, was man in einer solchen Situation tun muss, was Sie aber nie getan haben: Wir stellen exakt diese Zahlen, ohne sie zu verfälschen und sie so anzupassen, wie einem

das für den Haushalt gefällt, in den Haushalt ein. Genau dies tut der Finanzminister.

Wenn man aber dann Anträge in Millionen- und Abermillionenhöhe vorlegt mit dem Argument „Mit dem Geld können wir sie finanzieren“, ohne den Leuten ehrlich zu sagen, was das im Klartext bedeutet – auch im neuen Haushalt haben wir noch eine Nettoneuverschuldung,

(Zuruf von der SPD: Die höchste!)

sodass alle Anträge, die man stellt, über Schulden finanziert werden –, verliert man nicht nur die Seriosität in der Argumentation, sondern auch jede Glaubwürdigkeit in der Sache.

(Beifall von CDU und FDP – Gerda Kieninger [SPD]: Wo ist Ihre Glaubwürdigkeit? „Verspro- chen – gebrochen“!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, liebe Frau Löhrmann, Sie kennen das Beispiel aus der Bibel, dass im Himmel mehr Freude ist über einen reuigen Sünder, der versucht, auf den Weg der Besserung zu kommen, als über 99 Gerechte. Insofern war die Reaktion Ihrer Fachleute in Ihrer Kommission für nachhaltige Finanzpolitik, die Ausdruck in dem Abschlussbericht findet, erklärlich. Sie lautet: Leute, wir müssen eine andere Politik in Sachen Verschuldung machen. – Wenn man das hört, sagt man sich: Wenigstens die Grünen, wenn es die SPD schon nicht tut, versuchen, über eine neue Wirtschaftspolitik, eine neue Finanzpolitik nachzudenken.

Das ist – ich bin auch bereit, das zu einzuräumen – ein Versuch, in der Opposition anzukommen und zu erklären: Okay, wir tragen die Mitverantwortung für diesen hohen Schuldenberg; wir sehen ein, dass das nicht so weitergeht. – Ich verlange von Ihnen gar nicht das Eingeständnis, dass das, was Sie in der Regierung gemacht haben, falsch war. – Sie versuchen nun zumindest, etwas anders zu machen.

Ich finde es übrigens auch mutig, Frau Löhrmann, wenn Sie durch Ihre Kommission vortragen lassen, dass bei diesem Haushalt, dem Haushalt 2006 – also nicht irgendwann demnächst, sondern jetzt – weitere Ausgabenkürzungen von 500 Millionen € erzielt werden müssen.

Es wäre schön gewesen – auch wir versuchen immer, uns in dem Bereich zu bewegen, den uns unsere Hartmann-Kommission als Sanierungspfad vorgeschlagen hat –, wenn Sie sich im Rahmen dieser Haushaltsplanberatungen bemüht hätten darzustellen – das steht im Kommissionsbericht –, wie Sie diese 500 Millionen € Ausgaben

kürzungen in diesem Haushalt realisieren wollen. Davon habe ich in Ihrer Rede nichts gehört.

In Ihrer Rede habe ich, obwohl auch Sie sich die Anregungen der Kommission zu Eigen machen, auch nichts davon gehört, dass diese Kommission vorschlägt, bis 2009 weitere Kürzungen in Höhe von 2,8 Milliarden € vorzunehmen, indem zum Beispiel – da wird es sogar konkret – das Beihilfeniveau bei den Beamten gesenkt wird und weitere 20.000 Stellen über das hinaus, was die jetzige Landesregierung im Haushalt vorgesehen hat, abgebaut werden.

Nun gehe ich nicht so vor wie mein Vorgänger, der bei Vorschlägen der Opposition immer gesagt hat: Kommt nicht infrage, das ist alles dumm. – Wenn wir etwas vorgeschlagen haben, war das nicht durchsetzbar. Darauf will ich verzichten.

Ich habe lediglich die herzliche Bitte: Wenn Ihrer Meinung nach das Beihilfeniveau bei den Beamten gesenkt werden und weitere 20.000 Stellen abgebaut werden müssen, um 2,8 Milliarden € bis 2009 einzusparen, dann teilen Sie uns irgendwann in den nächsten Wochen, wenn wir den Haushalt 2007 beraten, mit, wie Sie das umsetzen wollen, wenn Sie es im Rahmen dieser Haushaltsplanberatungen nicht tun. Ich bin gerne bereit, mir das anzusehen. Über realistische Vorschläge können wir diskutieren. Ich würde mich freuen, wenn Sie konkret würden, Frau Löhrmann.

(Beifall von CDU und FDP)

Wir haben uns entschieden, was nicht ganz einfach war. Jeder weiß, dass das gerade in der Politik nicht einfach ist, wenn Demonstrationen stattfinden. Ich nehme die Äußerungen der Menschen ernst. Ich weiß, dass es auch für Leute, die in einem Verband arbeiten, nicht einfach ist, mit diesen Kürzungen klarzukommen.

(Dr. Axel Horstmann [SPD]: Warum haben Sie sich mit denen verbrüdert? Zu jeder De- mo sind Sie hingelaufen!)