Protocol of the Session on March 10, 2010

Für die antragstellende Fraktion hat Herr Kollege Groth das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sie haben an meinem schnellen Schritt gesehen: Ich versuche, heute Abend Redezeit zu sparen. Die Problemsituation ist sehr einfach geschildert. 25 % der Schülerinnen und Schüler verlassen in NRW die Grundschule, ohne dass sie schwimmen gelernt haben. Ursache sind vor allen Dingen fehlende Fachlehrerinnen und Fachlehrer, mangelnde Wasserflächen in Schwimmbädern. Deshalb haben wir Grüne im Mai 2008 einen Antrag gestellt: 25 % können nicht schwimmen! Das Schulschwimmen darf nicht untergehen! Schwimmunterricht in Qualität und Quantität sichern!

Frau Ministerin, das wollten wir als Grüne. Ein halbes Jahr später haben wir Sie dazu gebracht, dass wir einen Antrag aller vier Fraktionen hier auf dem

Tisch hatten. Den haben wir dann auch beschlossen.

Seitdem können wir aber nicht erkennen, dass Sie wirklich Tempo machen in der Umsetzung der damals beschlossenen Dinge. Deshalb habe ich Anfang Oktober 2009 einen Bericht der Landesregierung zum Stand der Umsetzung angefordert. Der ist im Januar dieses Jahres abgegeben worden. Auch dabei war erkennbar, dass Sie die Anträge und die Beschlüsse des Parlaments in Ihrem Ministerium, Frau Ministerin, jedenfalls in Sachen Schulschwimmen nicht so ernst nehmen, wie ich mir das vorstelle. Ich glaube auch, dass sich die Mehrheit des Hauses das etwas anders vorgestellt hat.

Sie müssen die Probleme lösen, meine Damen und Herren. Wenn die Ministerin das nicht tut, muss das die Koalition tun. Eine Erkenntnis aus meiner Sicht ist, dass die Ferienkurse gut laufen. Frau Ministerin, über die Ferienkurse haben wir vor vier Jahren das erste Mal gesprochen, als ich zum ersten Mal in Ihr Büro im Ministerium kam. Aber auch da erwischen Sie wieder nur die Schülerinnen und Schüler, die vermutlich sowieso schwimmen lernen, denn sie müssen von ihren Eltern gebracht werden, da die Ferienkurse natürlich außerhalb der Schulzeit stattfinden.

Die, die wir erwischen müssen, sind die, die zum Schulsport kommen müssen und trotzdem das Schwimmen nicht lernen. Das liegt an fehlenden Fachlehrern und an ausfallendem Schwimmunterricht. Sie müssen dafür sorgen, dass Didaktik und Methodik des Erstschwimmens an den Universitäten gelehrt wird, sodass wir auch die entsprechenden Fachlehrer haben. Fachfremde Lehrer müssen weiter- und fortgebildet werden. All dies ist in der Zwischenzeit so nicht passiert.

Wir wissen auch, dass für diese Ferienkurse nicht genügend Personal zur Verfügung steht. Dass Sie wenigstens teilweise Erfolg haben, freut uns natürlich sehr.

Ich habe übrigens in meiner Kleinen Anfrage nach verschiedenen Dingen, die man noch wissen muss, gefragt. Die ist noch nicht beantwortet, die wird wahrscheinlich beantwortet. Aber es reicht jetzt auch mal. Am Ende dieser Legislaturperiode muss man einfach mal Gas geben. Es ist in dieser Frage jedenfalls völlig wurscht, wer am 9. Mai regiert. Sie müssten in Ihrem Ministerium endlich mal klare Kante zeigen, damit in Ihrem Haus auch in diese Richtung gearbeitet wird und es bei der Umsetzung endlich Tempo gibt. Irgendwann habe ich einmal gehört, in Ihrer Koalition gelte: Tempo, Tempo, Tempo. – In dieser Frage passiert mir einfach viel zu wenig.

Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Ganz egal, wer nach dem 9. Mai 2010 in Nordrhein-Westfalen regiert:

(Svenja Schulze [SPD]: Nein, nicht egal!)

Ich wünsche mir eine bessere Situation für das Schulschwimmen. Ich kann mir allerdings nicht vorstellen, dass dieses Thema mit einer schwarzgelben Regierung besser angepackt wird, als es in den letzten fünf Jahren der Fall gewesen ist. Deshalb freue ich mich auf die Entscheidung des Wählers. Dann sehen wir einmal weiter. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Groth. – Für die CDU-Fraktion spricht Kollege Recker.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Angesichts der Zeit beschränke ich mich auf eine ganz kurze Antwort. Herr Groth, das war keine berauschende Abschiedsvorstellung, die Sie hier gegeben haben. Ich hatte gedacht, dass Sie dem Konsens folgen würden, den wir im Sportausschuss darüber hatten, dass wir hier gemeinsam den Weg gehen.

Wir müssen nämlich immer schauen, woher wir kommen. Auch die in der letzten Legislaturperiode geführten Diskussionen waren spannend. Sie waren dabei, als wir diesen Punkt immer wieder moniert haben. Wenn Sie vom Fachlehrermangel sprechen, muss ich sagen: Die sind doch nicht alle jetzt eingestellt worden, Herr Groth. Vielmehr basiert die Problematik auch auf dem, was in der Vergangenheit getan wurde.

Vom Ministerium ist im Ausschuss doch deutlich dargestellt worden, was alles auf den Weg gebracht worden ist. Es gab viele Initiativen von Verbänden und verschiedenen anderen Gruppen, die sich hier einbringen.

Ich möchte aber darauf hinweisen, dass wir nicht nur über Prozente sprechen dürfen. Schließlich wird das Ganze nicht einfacher. Sie wissen – vielleicht müssen wir diesen Punkt noch intensiver diskutieren –, dass in der Vergangenheit immer mehr Kinder mit Migrationshintergrund eingeschult wurden. In der Zukunft werden es noch mehr. In unserem Ort sind es im Moment fast 45 %. In Gesprächen mit vielen Lehrern, Eltern usw. erfahren wir, dass es immer schwieriger wird, gerade Kinder mit bestimmten religiösen Hintergründen für das Schwimmen zu gewinnen.

Hier haben wir gemeinsam eine gewaltige Aufgabe zu bewältigen; denn dort ist noch eine wirklich große Sperre vorhanden. Auch diese Kinder müssen wir aber mitnehmen.

Meine Damen und Herren, wir haben im Sportausschuss deutlich gemacht, dass wir den Weg gemeinsam gehen wollen. Sie wollen ausscheren. Das ist Wahlkampf. Wir werden diesen Antrag ablehnen. – Danke schön.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Recker. – Für die SPD-Fraktion spricht Frau Hammelrath.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor fast eineinhalb Jahren haben wir den fraktionsübergreifenden Antrag „Schwimmunterricht in der Schule in Qualität und Quantität sichern!“ auf den Weg gebracht. Diese Initiative zielte in die richtige Richtung. Aber was hat sich bisher getan? Die Antwort lautet: Nicht viel. Noch immer kann ein erheblicher Anteil von Grundschülerinnen und Grundschülern nicht schwimmen.

Angesichts dieses erschreckenden Zustandes ist es begrüßenswert, bei der Umsetzung unserer gemeinsam getragenen Forderungen aufs Tempo zu drücken und bestimmte Punkte beschleunigt umzusetzen. Das war auch der Tenor in der Sitzung des Sportausschusses am 26. Januar dieses Jahres.

Erstens. Unsere Kinder können nur schwimmen lernen, wenn gut ausgebildetes Lehrpersonal zur Verfügung steht. Da stimme ich den Grünen zu – auch was die Auffrischung der Rettungsfähigkeit im Abstand von zwei Jahren sowie den Doppelnachweis in Didaktik und Methodik angeht. Ich verlange aber nicht nur Qualität des Schwimmunterrichts, sondern auch Quantität.

Zweitens. Unsere Kinder können nur schwimmen lernen, wenn ausreichend Lehrpersonal zur Verfügung steht. Wenn Sie von der Landesregierung jetzt darauf verweisen, dass unter den 4.000 neuen Lehrern, die Sie eingestellt haben wollen – ich betone: wollen; die Zahlen sind ja widerlegt, meine sehr geehrten Damen und Herren –, auch Sportlehrer sind, so entgegne ich Ihnen Folgendes: Laut eigenen Aussagen der Landesregierung fehlen an den nordrhein-westfälischen Schulen mehr als 5.000 Lehrerinnen und Lehrer, und jährlich fallen mehr als 5 Millionen Unterrichtsstunden aus. Nach Frau Sommers eigenen Zahlen sind darunter rund 12.000 Sportstunden allein an den weiterführenden Schulen in Nordrhein-Westfalen pro Woche. Das bedeutet einen Unterrichtsausfall von rund 500.000 Stunden im Fach Sport pro Jahr.

Wenn Sie es also schon nicht schaffen, ausreichend Sportlehrer zur Verfügung zu stellen, sollten wir zumindest die Kooperation mit qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Schwimm- und Wassersport treibenden Organisationen und Institutionen beschleunigen.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Drittens. Unsere Kinder können nur schwimmen lernen, wenn die Kommunen ausreichend Wasserflächen zur Verfügung stellen.

(Svenja Schulze [SPD]: Genau!)

Daher ist es sicher eine gute Idee, mit den Verbänden der Badbetreiber ein Wasserflächenmanagement zu vereinbaren, damit Schulen ihre Schülerinnen und Schüler auch in Schwimmbäder bringen können. Es ist sicher auch eine gute Idee, in verschiedenen Kommunen Konzepte vor Ort zu initiieren, um den Schwimmunterricht dauerhaft und nachhaltig abzusichern.

Doch das ist nicht mehr als – im wörtlichen Sinne – ein Tropfen auf den heißen Stein; denn das wirkliche Problem wird dadurch nicht gelöst. Hätte die Landesregierung ihre Hausaufgaben gemacht und nicht die Kommunen sukzessive finanziell ausbluten lassen, wären wir auf solche Hilfskonstruktionen ja gar nicht erst angewiesen. Wie sieht es denn vor Ort in unseren Städten und Gemeinden aus? In Zeiten der Haushaltssicherung muss ein Schwimmbad nach dem anderen die Schotten dicht machen.

Deshalb lautet meine Forderung: Hören Sie mit dieser Politik auf dem Rücken der Kinder auf. Dort, wo Bedarf besteht, muss das Land in die Bresche springen und den Kommunen unter die Arme greifen. Seien Sie endlich bereit, den Kommunen die bereits veranschlagten Rückerstattungen aus der Überzahlung für den Aufbau Ost auszuzahlen. Damit helfen Sie den Kommunen, ihre Schwimmbäder zu erhalten, und leisten einen enormen Beitrag dazu, dass unsere Kinder als Schwimmer ins Leben starten können.

Schließlich sagte schon August Bebel: Um schwimmen zu lernen, muss ich ins Wasser gehen, sonst lerne ich nichts. – Vor diesem Hintergrund wird die SPD-Fraktion dem vorliegenden Antrag zustimmen.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Hammelrath. – Für die FDP spricht Herr Rasche.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Groth, leider muss ich es doch sagen: Wir behandeln heute Abend auch um 21:21 Uhr noch einen typischen grünen Showantrag. – Alles, was darin steht, ist uns bekannt. Seit den 90er-Jahren hat sich die Schwimmfähigkeit der Kinder in Nordrhein-Westfalen und auch in Deutschland verschlechtert. Bei Eintritt in die weiterführende Schule kann rund ein Viertel der Kinder nicht sicher schwimmen.

Ebenso ist uns allen – auch den Grünen – bekannt, dass die Landesregierung frühzeitig umfangreiche Maßnahmen angestoßen hat, um das Schwimmenlernen zu verbessern. Ein Beispiel, aber auch nur eins, ist die Landesinitiative „QuietschFidel – Ab jetzt für immer: Schwimmer!“, die wir bereits 2007

gemeinsam mit unseren Partnern in NordrheinWestfalen auf den Weg gebracht haben.

Trotz der umfangreichen Maßnahmen, liebe Kolleginnen und Kollegen, die die Landesregierung bereits ergriffen hat, war es allen vier Fraktionen ein wichtiges Anliegen, das Schwimmenlernen zu thematisieren und damit auch fraktionell weiter zu stärken. Daher haben alle vier Fraktionen Ende 2008 einen gemeinsamen Antrag verabschiedet. Die Landesregierung und die Koalition sind vor und auch nach dem Antrag – übrigens immer gemeinsam – aktiv gewesen und geworden, um die Schwimmfähigkeit der Kinder in NordrheinWestfalen zu verbessern. Dies werden wir in unserer Arbeit so weiterführen. Durch Showanträge der Grünen, meine Damen und Herren, wird kein Kind in Nordrhein-Westfalen schwimmen lernen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Rasche. – Für die Landesregierung spricht nun Frau Ministerin Sommer.

Sehr geehrter Herr Präsident! Dem Vorbild meiner Vorredner folgend, sehr verehrten Damen und Herren, werde ich auch ein wenig aufs Tempo drücken.

Mit Verlaub, sehr geehrte Frau Hammelrath, weil Sie neben dem Sachthema auch noch einmal auf die Lehrerstellen zu sprechen kamen: Im Haushaltsplan 05, auf den auch aus Ihren Reihen ganz viele kritische Augen geguckt haben, ist es inzwischen unstrittig, dass die 8.124 Lehrer gekommen sind.

(Helene Hammelrath [SPD]: Nee, nee, nee! – Svenja Schulze [SPD]: Netter Versuch!)

Frau Hammelrath, lassen Sie sich mal ein bisschen informieren. Ich erinnere sie auch gerne noch einmal an die 16.000, die Sie abbauen wollten.

(Holger Ellerbrock [FDP]: Wie viel wollte sie abbauen?)

Das sollte man in diesem Zusammenhang nicht vergessen. Dann sind es insgesamt 24.000. Über die sollte man am späten Abend, um 21:24 Uhr, noch einmal reden dürfen.

(Svenja Schulze [SPD]: So ein Quatsch! Sie wissen doch, dass das Unsinn ist!)

Nun zu dem Antrag: Ich denke, wir sind uns alle darüber einig, dass das Schwimmenlernen und sicher schwimmen zu können eine lebenswichtige Sache ist. Die Maßnahmen, die diesbezüglich ergriffen worden sind, können sich sehen lassen, Herr Groth.

Elf Monate nach dem gemeinsamen Antrag haben wir Ihnen vorlegen können, was bis dahin passiert ist. Viele der Forderungen – das haben Sie dem Bericht im Januar entnehmen können, der noch einmal aktualisiert worden ist – sind schon umgesetzt worden.