Protocol of the Session on June 25, 2009

(Zuruf von Rüdiger Sagel [fraktionslos])

Der Landesrechnungshof kritisiert, dass die Nettoneuverschuldung am Ende des Haushaltsjahres 2008 noch immer 1,115 Milliarden € betrage.

(Gisela Walsken [SPD]: Das kritisieren wir auch!)

Die Gesamtverschuldung beliefe sich zu dem vom Finanzminister als maßgeblich bezeichneten Stichtag, zum 31.12.2008, auf rund 116,5 Milliarden €. Bei einer haushaltsjahresbezogenen Betrachtung, die auch die in der Zeit zwischen dem 31.12.2008 und dem vom Finanzministerium bestimmten Zeitpunkt des Abschlusses der Bücher auf das Haushaltsjahr 2008 gebuchten Kreditaufnahmen umfasst, erreiche die Gesamtverschuldung mit rund 119,3 Milliarden € einen neuen Höchststand.

Mit der Nettoneuverschuldung von 1,115 Milliarden € für das Haushaltsjahr 2008, meine Damen und Herren, erreicht die Landesregierung den niedrigsten Stand seit über 30 Jahren.

(Beifall von der CDU)

Darüber hinaus hat die Landesregierung rund 1,3 Milliarden € in die zusätzliche Vorsorge für die Finanzmarktrisiken, also Risikofonds WestLB, und Finanzmarktstabilisierungsfonds und weitere rund 250 Millionen € in die Versorgungsrücklage sowie Versorgungsfonds eingestellt. Die Gesamtvorsorge

beläuft sich insgesamt auf rund 1,5 Milliarden €. Die Landesregierung hat damit ihr Bekenntnis zu einer nachhaltigen Haushaltspolitik eindeutig dokumentiert.

Ohne die aufgrund der Finanzmarktkrise notwendige Vorsorge hätte die Landesregierung in 2008 bereits einen Haushaltsüberschuss erzielt. Das gab es in Nordrhein-Westfalen zuletzt 1973, also vor 35 Jahren.

(Beifall von der CDU)

Im Zeitraum 2005 bis 2008 hat das Land – ich empfehle jetzt vor allem Frau Walsken, da besonders zuzuhören; wenn ich sie denn sehen würde –, Steuermehreinnahmen von rund 7,4 Milliarden € zu verzeichnen gehabt. Rund 1,4 Milliarden € entfallen hiervon auf Mehrausgaben im Rahmen des kommunalen Steuerverbundes.

(Ewald Groth [GRÜNE]: Das sind keine Aus- gaben!)

Nach Abzug dieses für das Land nicht disponiblen Teils der Steuermehreinnahmen verbleiben rund 6 Milliarden €.

Im gleichen Zeitraum hat die Landesregierung die Nettoneuverschuldung um rund 5,5 Milliarden € abgesenkt. Das entspricht einem Anteil von über 90 %.

Außerdem hat die Landesregierung neben der bereits erwähnten Vorsorge für die Finanzmarktrisiken in Höhe von rund 1,5 Milliarden € weitere zusätzliche Sonderzuführungen zur Versorgungsrücklage in Höhe von 925 Millionen € in 2007 vorgenommen. Das bedeutet eine zusätzliche Vorsorge in Höhe von rund 2,4 Milliarden €; das sind die 1,5 Milliarden plus 925 Millionen €.

Im Ergebnis hat die Landesregierung daher nicht nur die Steuermehreinnahmen nahezu vollständig in die Absenkung der Nettoneuverschuldung investiert, sondern sogar noch zusätzliche Vorsorge treffen können.

Weitere, schwere Vorwürfe erhebt der Rechnungshof im Zusammenhang mit dem LEG-Verkaufsverfahren. Zunächst solle der im Kaufpreisaufteilungsvertrag festgelegte Verfahrensablauf nicht eingehalten worden sein. Das ist der erste Vorwurf.

Der zweite lautet: Des Weiteren habe das Land bzw. die BVG im Rahmen der Kaufpreisaufteilung das Angebot eines Bieters berücksichtigt, obwohl dieses gar nicht die formalen Kriterien erfüllt habe.

Drittens. Letztlich habe das Land bzw. die BVG den Landesrechnungshof – entgegen der Vorschriften der Landeshaushaltsordnung – nicht am Verfahren beteiligt. Wäre der Landesrechnungshof beteiligt worden, wäre es dem Landesrechnungshof möglich gewesen, das Finanzministerium bzw. die BVG vor Zustimmung zur Aufteilung des Kaufpreises auf die

nicht vertragsgemäße Aufteilung des Kaufpreises hinzuweisen.

Insgesamt – so der Landesrechnungshof – sei dem Land, also der BVG und der NRW.BANK, hierdurch ein Schaden in Höhe von 36,68 Millionen € entstanden – so auch gestern in der Fragestunde von Ihnen vorgetragen.

Die Vorwürfe des Landesrechnungshofs sind nicht zutreffend.

(Gisela Walsken [SPD]: Ach!)

Zum Ablauf und zur Einhaltung der vereinbarten Kaufpreisaufteilung ist zunächst festzuhalten, dass die BVG und die NRW.BANK jeweils Anteile an der LEG, also der Muttergesellschaft, verkauft haben.

(Rüdiger Sagel [fraktionslos]: An wen denn?)

Die DRV Westfalen – das ist die Deutsche Rentenversicherung – hat hingegen Anteile an den drei westfälischen Beteiligungsgesellschaften verkauft. Da die Erwerberin aber letztlich nur eine Gesamtsumme für alle Anteile bezahlt hat, musste ein Mechanismus zur Verteilung des Kaufpreises gefunden werden.

Der im Kaufpreisaufteilungsvertrag gefundene Mechanismus geht von einem dreistufigen Verfahren für die Angebotsabgabe durch die Bieter aus.

Die Phase 1 sollte mit der Abgabe eines indikativen Angebots, die Phase 2 mit einem verbindlichen Angebot, also nach Ende der Due-Diligence-Phase, und die Phase 3 mit einer eventuellen Anpassung des verbindlichen Angebots nach einer sogenannten Confirmatory Due Diligence enden.

Für die Kaufpreisaufteilung relevant sind und waren ausschließlich die verbindlichen Angebote am Ende der Phase 2. So war es auch vereinbart.

Der Landesrechnungshof geht davon aus, dass letztlich nicht, wie im Kaufpreisaufteilungsvertrag vereinbart, die Angebote der Phase 2 gewertet wurden, sondern die Angebote der Phase 3. Dadurch sei vom Kaufpreisaufteilungsvertrag abgewichen worden.

Diese Annahme des Landesrechnungshofs ist unzutreffend.

Die Annahme des Landesrechnungshofs, dass letztlich die Angebote der Phase 3 gewertet worden seien, basiert darauf, dass das Bieterverfahren im laufenden Wettbewerb teilweise umgestellt wurde. So wurde, um die Zahl der Bieter zu verringern, eine Zwischenphase eingeführt, in der die Bieter Einblick in relevante Teile des Datenraums, zum Beispiel Immobiliendatenbank und Finanzierungsdaten, erhielten.

Nach dieser Zwischenphase erfolgte die eigentliche Datenraumphase, in der die Bieter die Möglichkeit hatten, alle Daten der LEG einzusehen und umfangreich Fragen zu stellen.

Die im Kaufpreisaufteilungsvertrag vorgesehene Phase 3 wurde nur stark verkürzt durchgeführt.

Vor diesem Hintergrund geht der Landesrechnungshof davon aus, dass die nach dem Vertrag relevanten Angebote der Phase 2 diejenigen Angebote waren, die am Ende der Zwischenphase eingingen. Dieses ist jedoch nicht der Fall. Die Zwischenphase führte nicht dazu, dass das Verfahren vollständig umgestellt wurde. Sie führte lediglich dazu, dass die Due-Diligence-Phase in zwei Teilphasen, also in die Zwischenphase und die eigentliche Datenraumphase, aufgespalten wurde. Die relevante Phase 2 endete deshalb nach wie vor am Ende der gesamten Due Diligence, also erst, nachdem die Bieter Einblick in alle Daten hatten.

Dass im Ergebnis die Phase 3 nur stark verkürzt durchgeführt wurde, ändert hieran nichts. Deshalb mussten die Angebote für die Kaufpreisaufteilung gewertet werden, die nach dem Abschluss der gesamten Due-Diligence-Phase eingingen.

Im Übrigen, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren, stimmen alle drei Veräußerer, die Anwälte der Kanzlei Willkie Farr & Gallagher, die uns beraten haben, sowie das Bankhaus Metzler, ebenfalls unser Berater, in dieser Sicht überein.

Der vom Rechnungshof als Bieter C bezeichnete Bieter sollte nach der Zwischenphase zunächst aus dem Verfahren ausgeschlossen werden, weil das Angebot wenig belastbar war. Da jedoch ein weiterer Bieter aus dem Verfahren ausschied, wurde der Bieter C wieder in das Verfahren zurückgeholt, um den Wettbewerb unter den verbliebenen Bietern – mit dem Bieter C waren es drei – zu stärken.

Letztlich hat der Bieter auch ein verbindliches Angebot eingereicht, das im Rahmen der Kaufpreisaufteilung berücksichtigt werden musste. Die Berücksichtigung des Angebots des Bieters führte dazu, dass die BVG und die NRW.BANK im Rahmen der Quotierung ca. 36 Millionen € weniger vom Gesamtkaufpreis erhalten haben, als wenn das Angebot nicht berücksichtigt worden wäre.

Wem tut so etwas mehr leid als dem Finanzminister? Dazu hätte ich den Rat von irgendjemand anderen nicht gebraucht.

Das Angebot des Bieters musste jedoch aus folgendem Grund berücksichtigt werden:

Nach dem Kaufpreisaufteilungsvertrag sind bzw. waren nur solche Angebote der Phase 2 für die Bildung der Durchschnittswerte zu berücksichtigen, die mindestens den Kaufpreis für die BVG/NRW.BANK-Beteiligungen und die DRV-Westfalen-Beteiligung getrennt und jeweils auf der Basis der Eigenkapitalwerte ausweisen und die mindestens die Bestätigung enthalten, dass die Summe der für die BVG/NRW.BANK-Beteiligungen und die DRV Westfalen-Beteiligungen gebotenen Einzelkaufpreise

dem für die Veräußerer-Beteiligungen gebotenen Gesamtkaufpreis entspricht.

Das vom Bieter C am 28. Mai 2008 mit Abschluss der Phase 2 eingereichte Angebot erfüllte alle im Vertrag aufgestellten Kriterien. Deshalb musste das Angebot nach einhelliger Ansicht der Berater, aller Rechtsanwälte, aller Veräußerer mit in die Kaufpreisaufteilung einbezogen werden. Es gab zivilrechtlich keine Möglichkeit, das Angebot im Rahmen der Kaufpreisaufteilung unberücksichtigt zu lassen.

Daher haben wir, das heißt, BVG und NRW.BANK, auf gut 36 Millionen € verzichten müssen, die wir gerne mehr gehabt hätten. Dies wurde auch gestern hier im Plenum von Ihnen als Beweis für wenig solide Arbeit kritisiert.

Bei dieser Gelegenheit darf ich Ihnen kurz berichten, dass Frau Beer gestern im Zuge der Diffamierung der Landesregierung erklärt hat, dass ein Geschäftsführer der Lancaster Holding, Herr Gerardus Nicolaas Meijssen, am 28. Juni 2007 geboren sei. Sie stellte die Frage, ob wir im Namen der Landesregierung Geschäfte mit nichtgeschäftsfähigen Personen machen würden.

Ich darf Sie darüber informieren, dass laut Handelsregisterauszug Düsseldorf dieser Herr Meijssen, Gerardus Nicolaas, nicht am 28. Juni 2007, sondern am 29. August 1966 geboren wurde, 43 Jahre alt ist.

(Zurufe von der CDU)

Die Kollegin Beer hat offensichtlich das Datum des Gesellschaftsvertrags vom 28. Juni 2007 als Geburtstag dieses Herrn vorgetragen.

(Beifall von der FDP)

Ich glaube nicht, dass dieses bei der Klugheit und Intelligenz von Frau Beer irrtümlich geschah – Kollege Groth meinte heute Morgen, man könnte sich schon mal vertun –, sondern eine bewusste Irreführung der Öffentlichkeit war.