Nach Ihrem Redebeitrag lasse ich das alles sein. Sie haben nämlich gerade gesagt, wir würden kein einziges Wahlversprechen finden, das Sie nicht eingehalten haben.
Ich zitiere jetzt einmal aus dem „General-Anzeiger Bonn“ vom 23. Mai 2005, einen Tag nach der Landtagswahl. Die Frage lautete:
Planen Sie eine Unterrichtsgarantie, schließlich war der Unterrichtsausfall in NRW eines Ihrer Hauptthemen im Wahlkampf?
Wir prüfen das. Gelingt uns das Vorhaben, 4.000 neue Lehrerstellen zu schaffen, werden wir wie Roland Koch in Hessen vollen Unterricht garantieren können.
Heute haben Sie erzählt, dass Sie 6.900 Stellen geschaffen haben, und zugegeben, dass es 2,5 % Unterrichtsausfall gibt. Die Realität ist eine andere; Sie haben weniger Lehrer und mehr Unterrichtsausfall. Nach Ihrer eigenen Aussage sind es aber 6.900 zusätzliche Stellen und 2,5 % Unterrichtsausfall. Wenn das nicht der Bruch eines Wahlversprechens ist, dann weiß ich es auch nicht. – Danke schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Schäfer hat eben davon gesprochen, dass man sich drei Dinge merken muss. Diesen Rat würde ich auch geben. Man muss sich nämlich folgende drei Zahlen merken.
(Frank Sichau [SPD]: Fabuliert? – Zuruf von der SPD: Die Landesregierung fabuliert! – Weitere Zurufe von der SPD)
stelle ich Folgendes fest: Wir versuchen, Unterricht zu garantieren. Bei Ihnen, meine Damen und Herren von der Opposition, gab es eine Garantie für Unterrichtsausfall. – Danke schön.
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit darf ich die Aktuelle Stunde schließen.
2 Gesetz zum Aufbau der Fachhochschule für Gesundheitsberufe in Nordrhein-Westfalen (Gesundheitsfachhochschulgesetz)
Zur Einbringung des Gesetzentwurfs erteile ich für die Landesregierung Herrn Minister Pinkwart das Wort. Bitte schön, Herr Minister.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vor zwei Wochen haben wir in der Landesregierung entschieden, dass der neue Gesundheitscampus Nordrhein-Westfalens in Bochum errichtet wird. Herzstück dieses Campus wird die neue Fachhochschule für Gesundheitsberufe mit rund 1.000 modernen und praxisnahen Studienplätzen sein. Sie ist eine wichtige Säule beim Ausbau der Fachhochschullandschaft in NordrheinWestfalen.
Sie wissen: Insgesamt schaffen wir über 11.000 neue Studienplätze in diesem Bereich, und das vor allem auf Gebieten, in denen die Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt enorm ist: im Ingenieurwesen, in den Naturwissenschaften und eben im Gesundheitssektor. Auf diese Weise stärken wir auch die wichtige Säule der Gesundheitswirtschaft in unserem Land.
Heute geht es uns um das Errichtungsgesetz, also die formalen Voraussetzungen dafür, die Gesundheitsfachhochschule noch in diesem Jahr gründen zu können.
Was ist das Besondere an dieser Fachhochschule? – Sie ist bundesweit die erste Fachhochschule für Ge
sundheitsberufe in staatlicher Trägerschaft. Damit schaffen wir völlig neue Studienmöglichkeiten im Gesundheitsbereich. Angehende Hebammen, Logopäden, Ergo- und Physiotherapeuten, Kranken- und Altenpflegerinnen und -pfleger sollen ihren Beruf hier von Anfang an auf akademischem Niveau lernen können. In Deutschland hat es das bisher noch nicht gegeben. In vielen anderen Ländern – etwa in Skandinavien – hat man damit bislang bereits sehr gute Erfahrungen gemacht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, mit dieser Fachhochschule betreten wir also Neuland, und das, wie wir meinen, aus gutem Grund. Seit einigen Jahren vollzieht sich in den Pflegeberufen und in den nichtärztlichen Heilberufen ein Wandel. Die gesundheitliche Versorgung unserer Bevölkerung wird komplexer und anspruchsvoller. Mit dem fortschreitenden demografischen Wandel ändert sich die Altersstruktur der Bevölkerung und damit auch das Spektrum der Krankheiten, die zu behandeln sind.
Jedes Jahr erkranken in Deutschland zum Beispiel 200.000 Menschen an Altersdemenz, Tendenz steigend. Der Bedarf an medizinischer Langzeitbehandlung und -pflege steigt also kräftig an. Umso wichtiger wird natürlich auch, rechtzeitig in Prävention, Gesundheitsförderung und Rehabilitation zu investieren. Die Menschen brauchen Beratung und Anleitung, um möglichst gar nicht erst zu erkranken oder zumindest zu lernen, wie sie mit gesundheitlichen Einschränkungen möglichst lange ein selbstbestimmtes Leben führen können.
Es geht also darum, die Ausbildung in den Pflegeberufen und in den nichtärztlichen Heilberufen so zu gestalten, dass sie diesen Anforderungen gerecht wird. Mit der bekannten und durchaus bewährten Ausbildung an Fachschulen allein schaffen wir das nicht. Das bedeutet wohlgemerkt nicht – das möchte ich ausdrücklich unterstreichen –, dass die Fachkräfte, die dort ausgebildet werden, schlechtere Arbeit leisten. Im Gegenteil: Diese Menschen arbeiten meist hochprofessionell und engagiert. Sie leisten Enormes für unser Gemeinwesen.
Dennoch ist klar, dass wir den Trend hin zur Akademisierung auch in diesen Bereichen nicht verpassen dürfen. Krankenschwestern und Krankenpfleger, Altenpfleger, Hebammen, Logopäden, Ergo- und Physiotherapeuten sollen künftig auch diese Ausbildungsoption wählen können.
Zudem geht es uns auch um neue Studiengänge in wichtigen Bereichen wie dem Gesundheitscontrolling und dem Gesundheitsmanagement, um unsere Gesundheitswirtschaft insgesamt professioneller zum Dienst am Menschen ausrichten zu können. Das ist aus unserer Sicht ein weiterer Schritt zur Exzellenz im Gesundheitswesen in NordrheinWestfalen, ein weiterer Schritt auch, der jungen
Menschen weitreichende Perspektiven in einer weiterhin stark wachsenden Branche eröffnen wird. Genau das ist ja Gesundheitswirtschaft, und zwar nicht nur in Nordrhein-Westfalen.
Mit dem demografischen Wandel und dem medizinischen Fortschritt nimmt ihre Bedeutung überall zu. Zentrales Element der Ausbildung an der Fachhochschule ist zunächst eine grundständige akademische Erstausbildung. Das Studium schließt mit dem Bachelor-Grad und der beruflichen Zulassung ab. Ausbildung und Ausgestaltung des Curriculums erfolgen durch die Fachhochschule. Die grundständigen Studiengänge werden als Modellangebote durchgeführt, dabei wissenschaftlich begleitet und evaluiert.
Die dafür nötigen bundesrechtlichen Regelungen gibt es bislang nur für die Pflegeberufe. Für Physiotherapeuten, Hebammen, Ergotherapeuten und Logopäden müssen sie erst noch geschaffen werden. Eine Bundesratsinitiative, auch bei diesen sogenannten nichtärztlichen Heilberufen eine akademische Ausbildung zu erproben, hat das Land Nordrhein-Westfalen im letzten Jahr bereits auf den Weg gebracht.
Lassen Sie mich noch einiges zu den Zahlen sagen. Pro Jahr sollen ca. 300 Studierende ihr Studium an der Gesundheitsfachhochschule abschließen können. Wir bauen die Fachhochschule in Bochum schrittweise in diesem und im nächsten Jahr auf. Der Lehrbetrieb wird im Herbst 2010 starten. Der Auf- und Ausbau wird insgesamt 235 Millionen € kosten und der Betrieb jedes Jahr etwa 26 Millionen €.
Ich bin im Übrigen überzeugt davon, dass wir mit Bochum die richtige Entscheidung für den Standort getroffen haben. An dieser Stelle möchte ich auch noch einmal der Auswahlkommission sehr herzlich danken, die eine nicht einfache Entscheidung zu treffen hatte, weil es insgesamt sehr gute Angebote gab, unter denen sie auszuwählen hatte. Die Kommission hat ihre Entscheidung unter Vorsitz des renommierten Medizinwissenschaftlers Professor Einhäupl sehr sorgfältig vorbereitet und getroffen. Ich möchte Herrn Professor Einhäupl und allen Mitgliedern der Kommission namens der Landesregierung hier im Hohen Hause noch einmal ausdrücklich Dank für ihre wichtige Arbeit sagen, die sie geleistet hat.
Bochum verfügt nicht nur über geeignete Flächen, eine gute Verkehrsinfrastruktur, sondern hier liegen auch die Krankenhäuser und die Medizinische Fakultät in gut erreichbarer Nähe. Die zahlreichen Kliniken und Einrichtungen werden ausreichend Ausbildungsplätze für die Studierenden bieten. Ich bin der Ruhr-Universität Bochum auch dankbar dafür, dass sie der Landesregierung gegenüber in Aussicht gestellt hat, der Gesundheitsfachhoch
schule in der Aufbauphase mit ihrer Administration und mit Beratungsleistungen hilfreich zur Seite zu stehen.
Ich bin überzeugt davon, dass wir mit Bochum die richtige Entscheidung auch in der Weise getroffen haben, dass wir die Angebote innerhalb der Region, der Metropole Ruhr, aber auch darüber hinaus, über die Fachhochschule entsprechend bündeln können. Niemand muss fürchten, dass es bald keine Ausbildung an Fachschulen mehr geben wird. Darum geht es hier nicht.
Die Absolventen mit Hauptschul- und Realschulabschluss haben weiterhin Zugang zu qualifizierten Berufen im Gesundheitswesen. Wir planen also keinen Umbau, sondern einen qualifizierten Ausbau des Ausbildungssystems.
Die Fachhochschule ist außerdem ein weiteres Signal dafür, dass wir es mit unserem Ziel ernst meinen, den Anteil der Fachhochschulstudienplätze an dem Gesamtangebot der Hochschulstudienplätze in Nordrhein-Westfalen zu steigern. Heute sind hier gerade einmal 25 % der Studierenden eingeschrieben. Mittelfristig wollen wir in NordrheinWestfalen einen Anteil von 40 % erreichen. Das ist auch ein wesentlicher Beitrag zu mehr sozialer Mobilität. Denn gerade junge Menschen aus nichtakademischen Haushalten entscheiden sich gerne für solche praxisnahen Studiengänge und erhalten damit überhaupt erst die Chance, für sich eine akademische Karriere erschließen zu können.
Ich bin sicher, meine sehr verehrten Damen und Herren: Die neue Fachhochschule wird nicht nur unsere Hochschullandschaft in Nordrhein-Westfalen bereichern. Sie wird auch wertvolle Impulse für Medizinforschung und Medizintechnik liefern, also für die Zukunftsfelder, die wir hier in NordrheinWestfalen bei unserer Forschungsförderung besonders in den Blick nehmen. Sie wird auch bundesweit wertvolle Anstöße dazu geben, wie künftig die Lehre in Gesundheitsberufen aussehen kann.