Protocol of the Session on January 28, 2009

So, meine Damen und Herren, geht Konjunkturankurbeln, wie Münte sagen würde.

(Zuruf von Minister Dr. Helmut Linssen)

Da der Bund handelt und die Zögerlichkeit einiger Landespolitiker, vor allem natürlich der Finanzminister, kennt,

(Zuruf von Minister Dr. Helmut Linssen)

hat Herr Tiefensee ihnen jüngst eine Brücke geschlagen. Es gibt jetzt ein Arbeitsprogramm, ein wirkliches Investitionsprogramm: „Bauen und Verkehr“.

Herr Linssen, ich weiß nicht, ob Sie es schon wissen: Es gibt 1 Milliarde €. Sie mussten dafür ja Anträge auf Bewilligung von Förderprojekten einreichen. Herr Minister Wittke, ich würde gerne von Ihnen wissen – vielleicht nutzen Sie gleich die Gelegenheit, um uns das zu erklären –, welche Anträge auf Bewilligung von Förderprojekten Sie eingereicht haben und welche gestern im Bundeskabinett bewilligt wurden. Ich fände es gut, wenn Sie das hier machen würden.

So geht Konjunkturprogramm, so geht Infrastruktur.

(Minister Dr. Helmut Linssen: Mit Reden!)

„Werte schaffen für Morgen“, das ist die Devise meiner Partei.

(Beifall von der SPD – Zuruf von Minister Dr. Helmut Linssen)

Dabei sind diese Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur wahrlich kein Luxus; denn wir wissen, bis 2025 wird in Deutschland ein Zuwachs des Güterfernverkehrs von 74 % erwartet. 74 %: Das ist die offizielle Zahl.

Wer in der Zukunft Staus vermeiden will, der muss jetzt die richtigen Weichen stellen.

Herr Wittke, Sie haben zu Beginn Ihrer Amtszeit – ich meine, das zieht sich so ein bisschen durch Ihre gesamte Amtszeit; aber auch zu Beginn – einigen Unsinn verbreitet. Einer davon war: Diese Staus sind jetzt alle meine. – Insofern ist es nur konsequent, dass wir nun die längsten Staus haben, die es in der Geschichte Nordrhein-Westfalens jemals gegeben hat.

Da es Ihnen sonst offenbar keiner sagt: Staus schädigen unser Land, Staus nerven, Staus verschärfen die Unfallgefahren, und Staus kosten Milliarden Euro. Das sind Milliarden Euro vernichtetes Volksvermögen.

Dass Sie als Reaktion darauf nun entlang der Autobahn Kunstwerke aufstellen wollen, ist eine nette

Idee – gegen die ich im Übrigen nichts habe; die finde ich sogar ganz interessant.

(Svenja Schulze [SPD]: Wenn man in einem kilometerlangen Stau steht, kann man gut gucken! – Heiterkeit bei der SPD)

Die Kollegin sagt es gerade richtig: Dass man sich dank Ihnen in einem zwölf Kilometer langen Stau stundenlang ein Kunstwerk anschauen kann, kann ich nicht als wegweisende Verkehrspolitik sehen.

(Heiterkeit und Beifall von der SPD)

Staubekämpfung geht anders. Es gab eine große Diskussion. Herr Wittke ist in der Verkehrspolitik mit vielen Dingen gescheitert, zum Beispiel in der Gigaliner-Diskussion.

Aber mit einem ist er zum Glück auch gescheitert, nämlich bei der Frage der Verwendung der Mautmehreinnahmen bei den LKW ausschließlich für Straßenbauinvestitionen. Das haben Sie gefordert, und das ist zum Glück so nicht durchgekommen. Das ist auch deswegen nicht durchgekommen, weil zu Recht die Schlussfolgerung gezogen worden ist, dass wir zwar da, wo es sinnvoll ist, Straßen ausbauen müssen, wir aber insbesondere auch in die Schienenstrecken investieren müssen.

Da sind wir gar nicht weit auseinander, etwa was das Thema „Eiserner Rhein“ angeht. Wir sind uns einig, dass wir dort einen zweigleisigen Ausbau brauchen, dass es eine elektrifizierte Strecke sein muss und dass der Lärmschutz gewährleistet sein muss. Darauf hat Wolfram Kuschke in seiner Rede insgesamt noch einmal hingewiesen.

Die gleiche Herausforderung stellt sich beim Thema Betuwe. Die Maasvlakte II im Hafen Rotterdam wird bald fertig sein. Dann werden noch viel mehr Güterwaggons über diese wichtigste Strecke durch unser Land laufen.

Das trifft natürlich auf enormen Unmut bei den Bewohnerinnen und Bewohnern entlang der Strecke. Es fehlen Unterführungen, es fehlen Überführungen. Wir brauchen lebendige Ortsteile, die eben nicht zerschnitten sind.

Ich meine, das sind besondere Härten, die da auf die Kommunen zukommen, und wir brauchen eigentlich alternative Finanzierungsmodelle, die eben nicht dazu führen, dass eine Stadt wie Emmerich dank dieses Eisenbahnwegekreuzungsgesetzes möglicherweise bis zu 85 Millionen € Eigenmittel beisteuern muss. Da würden auch die angekündigten Mittel von Minister Wittke in Höhe von 60 Millionen € auch nicht sehr viel weiterhelfen.

Ich hoffe, dass wir da zu anderen Lösungen kommen. Ich hoffe, dass sich die EU, auch finanziell, ebenfalls stärker engagiert. Aber da sind wir wahrscheinlich nicht weit auseinander.

(Zuruf von Minister Dr. Helmut Linssen)

Der Bund gibt am meisten, wie Sie sicherlich wissen.

(Minister Dr. Helmut Linssen: Weniger!)

Na ja. – Herr Minister, der Ausbau der Wasserstraßen ist auch eine Möglichkeit, Staus zu vermeiden,

(Zuruf von Minister Oliver Wittke)

und ich fand die Idee, sich einmal zu überlegen, dass die Binnenhäfen untereinander besser kooperieren könnten, gar nicht so abwegig und gar nicht so schlecht. Das ist eine gute Idee. Sie muss ein bisschen mit Leben erfüllt werden.

Wir müssen sehen, was dabei herauskommt; denn das sind letztlich irgendwo auch Konkurrenten, und dann muss man einmal abwarten, welche steuernde Funktion Sie denn hier einnehmen wollen. Ich bin gespannt.

Wogegen wir natürlich sehr waren und auch weiterhin sind, ist die Tatsache, dass Sie einerseits die Binnenschifffahrt – die Binnenhäfen -stärken wollen, ihnen andererseits aber mit einem völlig unsinnigen Hafensicherheitsgesetz nach dem Motto „Privat vor Staat“ die Beine wegschlagen. Das geht überhaupt nicht. Das schadet unserer Infrastruktur, unseren Häfen.

(Beifall von der SPD)

Aber auch die vorhandene Straßeninfrastruktur muss intelligenter genutzt werden. Ich weiß, dass sowohl Bundesminister Tiefensee als auch Sie, Herr Minister Wittke, vom „intelligenten Asphalt“ gesprochen haben. Der ist mir bisher noch nicht direkt aufgefallen. Aber es liegt nahe: Im Asphalt liegen tatsächlich Verkehrsschleifen. So etwas müssen wir nutzen. Außerdem erzählen Sie seit drei oder vier Jahren – zwischendurch gab es die Fußball-WM –, dass Sie den Ruhrpilot weiterentwickeln wollen. Wollen wir einmal sehen, wohin die Reise geht. Das scheint ja ein Thema zu sein, das irgendwie in der Luft liegt. Ich hoffe nur, dass es dann ein zukunftsweisendes Projekt sein wird.

Kommen wir zum kommunalen Straßenbau. Das ist auch ein Beweis dafür, dass Sie nicht nur ein schlechter Minister sind – Entschuldigung –, sondern auch ein schlechter Ruhrgebietsabgeordneter.

(Beifall von der SPD)

Sie sorgen nämlich dafür, dass die Löcher in den Straßen, mit denen sich Herr Rasche ja gerne abfotografieren ließ, als er noch Oppositionspolitiker war, noch tiefer werden, dass es noch viel mehr Löcher gibt und dass es in der Heimatstadt des Ministers Wittke ganz, ganz viele Löcher gibt. Warum? – Weil der andere Minister, der noch anwesend ist, Herr Dr. Linssen, ständig in die Finanzierung eingreift

(Hans-Theodor Peschkes [SPD]: Jetzt sind Sie dran! Ja!)

und weil er natürlich unsere Städte ganz, ganz alt aussehen lässt.

Auf die Idee, jetzt schon Kürzungen vorzunehmen, weil 2019 etwas in Kraft tritt, ist bisher auch noch niemand gekommen. Das ist wahrlich eine Argumentationsleistung.

(Beifall von Hans-Theodor Peschkes [SPD])

Ich darf darauf verweisen, dass unter Ihrer Regierung die Kassenkredite enorm zugenommen haben. Ich habe jetzt gelesen, 50 % der Kassenkredite in der Bundesrepublik Deutschland sind im Land Nordrhein-Westfalen. Das haben Sie hier zu verantworten. Das sind dann etwa 14 Milliarden €. Sie würgen hier die Kommunen tatsächlich ab. Die haben dann nicht die nötigen Gelder, um die Infrastruktur fit zu halten.

Was brauchen wir noch? – Wir brauchen einen starken ÖPNV. Wir brauchen eine orientierte Politik, die sagt: Wir brauchen mehr Leute, die umsteigen vom Auto – möglicherweise auch vom Dienstwagen –

(Hans-Theodor Peschkes [SPD]: Das kann man aber nicht verlangen!)

in den Bus und in die Bahn. Das muss dann auch ein Vergnügen werden. Es kann dann nicht so sein, dass ein Minister achselzuckend dasteht, wenn Leute in der ersten Klasse wie die Ölsardinen durch die Gegend gekarrt werden.

Da muss auch einmal ganz pragmatisch geguckt werden. Wenn es in der Tat daran liegen sollte, dass man einen Wagen nicht mehr an die Lok dranheften kann, damit mehr Leute gleichzeitig diesen Zug benutzen können, dann kann man das ganz einfach lösen. Dann muss man sich eben Gedanken machen, wie man das voranbringen kann.

Das ist also weiterhin ein Riesenproblem. Die Kürzungen der Regionalisierungsmittel sind immer noch nicht aufgefangen. Das ist ein Problem, weil die Leute jetzt merken, dass ihre Buslinien gestrichen werden und der Bahnverkehr reduziert wird. Damit hängen Sie auch den ländlichen Raum wirklich ab. Dort wohnt ja beispielsweise Herr Linssen.

(Zuruf von der SPD: Das ist Absicht!)

Dort fährt dann von den ehemals vielleicht drei Bussen nur noch einer. Das kann so nicht weitergehen. Sie kümmern sich nicht darum, weil Sie sich wahrscheinlich schon als Oppositionsführer sehen. Dann müssen Sie aber vorher diesen Ornithologen beiseite räumen. Der kann dann die Vögel beobachten.