Dazu kommt noch eine nicht zu beziffernde Zahl von Bürgerinnen und Bürgern, die spontan mitgeholfen haben beim Füllen und beim Transport von Sandsäcken. Übrigens: Mehr als 10 Millionen Sandsäcke waren es am Ende - auch das ist eine Zahl, die man sich kaum vorstellen kann.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, mein Dank, sicher unser aller Dank, gilt von ganzem Herzen allen diesen Menschen, die da mitgeholfen haben. Ihr unermüdlicher Einsatz war die Grundlage dafür, dass wir dieses gefährliche Hochwasser alles in allem gut bewältigen konnten. Ich glaube, das ist wirklich ein tief empfundenes herzliches Dankeschön an alle wert, die dabei mitgeholfen haben.
Das war eine sehr beeindruckende, große Demonstration des Gemeinsinns bei uns in Niedersachsen. Ich bin viel unterwegs gewesen in diesen Tagen und war immer wieder - das muss ich wirklich sagen - auch persönlich berührt von dem Engagement.
Oft habe ich dann als Antwort auf mein Dankeschön für ihre Arbeit die Antwort von Einsatzkräften erhalten: Dafür sind wir doch da. - Das war ein schöner Ausdruck von norddeutscher Zurückhaltung, aber, wie ich finde, nicht die ganze Wahrheit. Denn diese Menschen, diese Mitbürgerinnen und Mitbürger waren vor allen Dingen auch für die anderen da, um deren Sicherheit und Eigentum vor dem Wasser zu schützen. Und für diese Haltung kann man nur dankbar sein. Das ist wirklich beispielhaft.
Natürlich wollen wir diesem Dank auch Ausdruck geben. Innenministerin Daniela Behrens hat mit dem Landesfeuerwehrverband und den kommunalen Spitzenverbänden einige Maßnahmen vereinbart. Die Landesregierung stiftet zum Beispiel ein Ehrenzeichen in Form einer Bandschnalle für die Einsatzkräfte. Das Land wird Dankveranstaltungen, die gerne auch schöne Feste sein können, überall im Land unterstützen. Sie werden von den Kommunen durchgeführt werden. Auch manches andere ist in der Diskussion. Es war eben eine gewaltige Gemeinschaftsleistung, und das muss auch in der Würdigung zum Ausdruck kommen.
Eine letzte Bemerkung in diesem Zusammenhang: Wir haben in diesen Tagen noch einmal ganz konkret erlebt, wie wichtig vor allem auch unsere ehrenamtlichen Kräfte sind. Mit der Novelle zum Brand- und Katastrophenschutzgesetz wird das noch einmal nachdrücklich unterstrichen. Als Land werden wir dieses Engagement sehr wirkungsvoll unterstützen. Das gilt selbstverständlich auch für die Mitglieder der Hilfsorganisationen. In weiten Teilen des Katastrophenschutzes sind sie den Einsatzkräften der Feuerwehren heute schon gleichgestellt. Eine Regelungslücke besteht allenfalls in Randbereichen. Darüber werden wir zu sprechen haben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch das Krisenmanagement in den Kommunen und im Land sowie die gegenseitige Zusammenarbeit waren sehr gut. Ich habe dazu nur positive Rückmeldungen bekommen. Lassen Sie mich beispielhaft die Hochwasservorhersagezentrale und das Kompetenzzentrum im Innenministerium erwähnen, wo übrigens auch die Zusammenarbeit mit den Regionsbrandmeistern überall im Land koordiniert wurde. Das war wirklich ein gutes Management.
Dafür gibt es noch ein konkretes Beispiel: die wohldosierte Abgabe von Wasser aus den Talsperren im Harz. Das war nicht einfach, aber es ist, wie wir gesehen haben, gelungen, die Abgabe so zu dosieren, dass dahinterliegende Regionen nicht überfordert worden sind. Auf diese Weise konnten eine weitere Zuspitzung und weitere große Schäden vermieden werden. Ich finde, man kann vor der fachlichen Kompetenz, die hierbei zum Ausdruck gekommen ist, nur Hochachtung haben.
Trotz der schwierigen Lage musste übrigens nirgends der Katastrophenfall festgestellt werden. In acht Landkreisen konnte man sich auf die Feststellung eines außergewöhnlichen Ereignisses beschränken. Auch das ist, wie ich finde, am Ende eine gute Nachricht.
Dasselbe gilt schließlich für die Hilfe von außerhalb: von der Bundeswehr, von der Bundespolizei, von den anderen Bundesländern und sogar von anderen Ländern innerhalb der Europäischen Union. Größtenteils musste Hilfe gar nicht erst erbeten werden; sie wurde uns sofort und in großem Umfang angeboten.
Dieses System gegenseitiger Unterstützung in schwierigen Situationen funktioniert, und Niedersachsen wird auch weiter aktiver Teil davon sein. So, wie uns geholfen worden ist, wollen wir - wie in der Vergangenheit, auch in der Zukunft - anderen in solchen Situationen helfen, meine sehr verehrten Damen und Herren.
So kann man vielleicht unter dem Strich schon sagen: Auf das System unseres Katastrophenschutzes ist - das haben diese schwierigen Tage gezeigt - Verlass. Das gibt, glaube ich, auch Sicherheit für einen großen Teil unserer Bevölkerung.
Wir sind unter dem Strich und in Anbetracht der drohenden riesigen Schäden und Gefahren glimpflich davongekommen. Aber natürlich verzeichnen wir beträchtliche Schäden, die durch die Wassermassen entstanden sind. Wie könnte es auch anders sein? Manche davon sind bis heute noch gar nicht bekannt, viele davon insbesondere deswegen nicht, weil das Wasser immer noch auf vielen Feldern und auf den Straßen steht. Deswegen gibt es heute auch noch keine Möglichkeit, den Schaden konkret festzustellen. In anderen Fällen - ich denke an die Brücken oder an die Straßendecken - werden noch
vertiefte Untersuchungen notwendig sein. Mit anderen Worten: Die Schadensermittlung läuft derzeit, und sie wird noch einige Zeit andauern.
Wir müssen aber - das ist sicherlich die Auffassung des gesamten Hauses - als Land sofort handlungsfähig sein. Deswegen hat die Landesregierung bereits am 16. Januar den Entwurf eines Nachtragshaushalts beschlossen und dem Landtag zugeleitet.
Wenn Sie zustimmen, werden sehr schnell 111 Millionen Euro zur Verfügung stehen, um Sofortmaßnahmen zu bezahlen, um Einsatzkosten zu erstatten, um Schäden an der Infrastruktur von Land und Kommunen zu beseitigen oder auch Schutzanlagen zu ertüchtigen. Finanzminister Gerald Heere bzw. Kultusministerin Julia Willie Hamburg wird in dessen Vertretung noch auf die Einzelheiten eingehen, wenn der Nachtragshaushalt behandelt wird.
Wir wollen vor allen Dingen eines klarstellen: Das Land ist bei der Schadensbeseitigung sofort handlungsfähig. Das gilt für das gesamte Jahr 2024. Allerdings müssen wir uns wahrscheinlich mit dem Gedanken abfinden, dass wir auch im nächsten Jahr noch mit diesem Thema beschäftigt sein werden.
Die Einzelheiten der Unterstützung werden in unterschiedlichen Richtlinien geregelt. Für akute Notlagen von Privatpersonen ist eine solche Regelung schon seit dem 24. Januar in Kraft. Es folgen jetzt weitere Richtlinien für die Unterstützung von Privatpersonen bei ihrer Gebäudeinstandsetzung, von Unternehmen und auch für Schäden auf landwirtschaftlichen Flächen. Das, so fürchte ich, wird noch einmal ein besonders schwieriges Thema werden. Die Richtlinien befinden sich, wie gesagt, derzeit in der Vorbereitung, und mit ihrem Inkrafttreten ist in Kürze zu rechnen.
In diesem Zusammenhang stellt sich ein Problem, das dringend zur Lösung ansteht. Das war nicht das letzte Hochwasser, wie wir ganz genau wissen; der Klimawandel schreitet voran. Wenn der Staat jedes Mal bei solchen Ereignissen umfassende Hilfsleistungen verspricht, wird er über kurz oder lang damit überfordert sein.
Deswegen ist es sehr klug, dass immer mehr Menschen und Unternehmen private Vorsorge betreiben und sich gegen Elementarschäden versichern. In Niedersachsen ist dies inzwischen etwa ein Drittel der Hauseigentürmer, wie die Versicherungswirtschaft berichtet hat. Das ist übrigens bundesweit ein unterdurchschnittlicher Wert. Wenn die Möglichkeit
zur privaten Vorsorge besteht, dann werden wir sie von den Betroffenen auch erwarten müssen. Jedenfalls dürfen diejenigen, die sich nicht versichern, nicht besser dastehen als ihre Nachbarn, die eine Versicherung abgeschlossen haben und diese auch bezahlen müssen.
In der Richtlinie für Hilfen bei der Gebäudeinstandsetzung von Privatpersonen werden wir deswegen verlangen, dass sich die Betroffenen für die Zukunft gegen solche Schäden versichern - wenn das möglich ist. Dieser Zusatz ist wichtig; denn in diesen Tagen sind mir immer wieder Bürgerinnen und Bürger begegnet, die gesagt haben: Ich habe es versucht, aber ich habe gar keine Versicherung bekommen. - Oder sie haben gesagt: Der Betrag, der mir dafür genannt wurde, war weit außerhalb dessen, was ich hätte bezahlen können. - Das sind schwierige Themen, die noch gemeinsam mit der Versicherungswirtschaft gelöst werden müssen.
Aber das ist noch nicht die Antwort auf das grundsätzliche Problem. Es kann nicht richtig sein, wenn bei vergleichbaren Notlagen von Land zu Land andere Grundsätze gelten. Deswegen fordern alle 16 Länder vom Bund schon seit Langem die Schaffung einer Pflichtversicherung gegen Elementarschäden. Ich persönlich bin auch für Alternativen offen, wenn es gelingt, die Vorsorge in ganz Deutschland voranzutreiben.
Dieses Problem war schon wiederholt Gegenstand der Gespräche zwischen dem Bundeskanzler und den Regierungschefinnen und -chefs der Länder, aber es ist nichts geschehen. In den Ländern hat wohl niemand Verständnis dafür, dass der Bundesjustizminister diese Frage jetzt schon viele Monate verschiebt und verzögert. Unseres Erachtens - dabei schließe ich mich ausdrücklich ein - ist eine bundesweite Regelung für Elementarschäden überfällig, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Das Weihnachtshochwasser 2023 war eine besondere Herausforderung, aber für die Zukunft werden wir eher mit noch schwierigeren Situationen rechnen müssen, mit sehr trockenen Sommerzeiten und sehr nassem Winterwetter. Dass die Deiche diesmal weitestgehend gehalten haben, ist deswegen keine Beruhigung.
Der Klimawandel schreitet voran und mit ihm die Phasen extremer Dürre und schwerer, lang andauernder Regenfälle. Das merken wir immer öfter auch ganz konkret bei uns in Niedersachsen. Wir werden damit immer wieder an unsere Verantwortung erinnert, dass wir den von uns Menschen verursachten Klimawandel nicht akzeptieren dürfen, sondern den Klimaschutz weiter konsequent voranbringen müssen.
Die Bedeutung der Prävention wächst stetig. Daran kann kein Zweifel bestehen. Etliche in den letzten Jahren realisierte Schutzmaßnahmen haben diesmal vor Ort eine sehr gute Wirkung erzielt. Davon konnte ich mich an nicht wenigen Orten überzeugen. Aber es ist völlig klar, dass wir die Anstrengungen für den Hochwasserschutz noch einmal deutlich verstärken müssen. Der Klimawandel lässt uns gar keine andere Wahl.
Unabdingbar sind enorme Investitionen in den Hochwasserschutz an der Küste und im Binnenland. Bund und Land stellen derzeit für den Küstenschutz etwa 80 Millionen Euro jährlich zur Verfügung, ab dem Jahr 2026 sind es ca. 5 Millionen Euro mehr. Das ist gut, und es ist vor allen Dingen auch eine Folge der Intervention der Küstenländer, dass dieser Topf des Bundes von den Haushaltskürzungen auf der Bundesebene verschont geblieben ist.
Da wir über 610 km Küstendeiche an einen steigenden Meeresspiegel anpassen und im Schnitt 1 m bis 2 m erhöhen müssen, sind wir auf die Unterstützung des Bundes bei der Bewältigung dieser Aufgabe dringend angewiesen.
Für den Schutz im Binnenland sieht es differenziert aus. Größtenteils handelt es sich um Vorhaben der Kommunen und der Deichverbände, die mit Mitteln der EU, des Bundes und des Landes unterstützt werden. Diese Förderung umfasst derzeit ca. 38 Millionen Euro jährlich an Zuschüssen, ist fördertechnisch sehr aufwendig und schwankt sehr stark. Das ist offenkundig ein Fehler, über den wir in den nächsten Monaten als Ländergemeinschaft mit der Bundesregierung dringend reden müssen.
Parallel dazu können Sie davon ausgehen, dass der Hochwasserschutz im Binnenland auch bei unseren eigenen diesjährigen Haushaltsplanberatungen eine wichtige Rolle spielen wird.
Neben den Bund-Länder-Finanzierungen haben wir in Niedersachsen auch Landesmittel aus dem Wirtschaftsförderfonds von knapp 30 Millionen Euro bereitgestellt, die auch schon mit Planungen belegt sind. Dieses Sondervermögen für den Hochwasserschutz hat den Vorteil, dass es sehr flexibel ist und mehrjährig ausgegeben werden kann. Das ist insbesondere auch für die Kommunen ein wichtiges Thema. Ich hatte gestern ein gutes Gespräch mit den Landrätinnen und Landräten aus Nordniedersachsen, in dem sie darauf hingewiesen haben, dass es tatsächlich immer wieder ein Problem ist, die Hochwasserschutzmaßnahmen auf Basis der Jährlichkeit zu realisieren. Ich habe den Eindruck, wir müssen da wesentlich flexibler werden.
Es geht aber nicht allein um das Geld, sondern es geht auch um die Umsetzung. Die Planungen für den Hochwasserschutz im Binnenland sind mit den Jahren immer schwieriger geworden. Die Verfahren dauern immer länger. Dabei geht es um gestiegene Anforderungen im Vergaberecht, im Baurecht, im Verfahrensrecht, im Naturschutzrecht und wo auch immer. Dazu kommen Flächenkonkurrenzen mit Anliegen der Landwirtschaft, des Naturschutzes, der Energiewirtschaft. Auch diese Liste ist mit Sicherheit nicht abschließend. Die Folge sind dann höchst komplizierte und zeitraubende Abwägungsprozesse und entsprechende Verfahren. So erklärt sich am Ende, wieso manche Vorhaben noch immer nicht realisiert sind, deren Notwendigkeit eigentlich unbestreitbar ist.
Das kann so nicht bleiben! Deswegen müssen die Vorhaben des „Paktes für Beschleunigung“ zwischen Bund und Ländern auch auf den Hochwasserschutz übertragen werden.
Erstens. Moderne Schutzanlagen anstatt älterer Deiche sollten dann keine neue Planfeststellung nötig machen, wenn sie an demselben Ort entstehen.
Zweitens. Die parallele Durchführung von Planungsschritten anstelle eines schrittweisen Vorgehens würde sehr viel Zeit sparen.
Drittens. Die Möglichkeiten des vorzeitigen Maßnahmenbeginns haben sich bereits bei anderen Planungsvorhaben sehr bewährt. Sie sollten auch beim Hochwasserschutz Standard werden.
Viertens. Wir müssen auch über Vorkaufsrechte für dringend benötigte Flächen für den Hochwasserschutz und nötige Ausgleichsflächen reden und das prüfen.