Protocol of the Session on June 21, 2023

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Danke schön, Frau Thiemann. - Für die Landesregierung erteile ich Herrn Finanzminister Gerald Heere das Wort. Herr Heere, bitte!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst vielen Dank für die Aktuelle Stunde.

Lassen Sie mich vorab einige allgemeine Worte zum Thema Steuergerechtigkeit sagen:

Gelegentlich wird ja der Eindruck erweckt, das Erheben von Steuern durch den Staat sei irgendwie etwas Anrüchiges. Diesem Eindruck möchte ich entschieden entgegentreten.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Etwa die Hälfte der Ausgaben des Landes - 20 Milliarden Euro - entfällt in diesem Jahr allein auf die Bereiche soziale Sicherung, Bildung, Wissenschaft und Kultur. Andere Aufgaben sind Polizei und Katastrophenschutz, Verkehr und Mobilität, Ernährung und Landwirtschaft, Wohnungswesen und Städtebau sowie auch in beträchtlicher Summe Zuweisungen an die Kommunen. Ohne Steuereinnahmen könnten all diese Aufgaben nicht finanziert werden.

Jeder zu Unrecht verkürzte Steuer-Euro fehlt für diese öffentlichen Aufgaben. Die Unterfinanzierung führt zu verfallenden Krankenhäusern, Polizeigebäuden und Hochschulen, zu gesperrten Brücken, zu fehlenden Lehrkräften oder zu einer unzureichenden Bearbeitung sozialer Problemlagen. Genau deshalb macht diese Landesregierung den gerechten Steuervollzug als einen Baustein zu einem Schwerpunkt ihrer Arbeit.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Sehr geehrte Damen und Herren, digitale Instrumente haben hierbei eine Schlüsselaufgabe. Nicht nur das Steuerrecht ist kompliziert. Auch Unternehmenskonstrukte und Modelle der Steuergestaltung vor allem im internationalen Kontext nehmen an Komplexität zu. Digitalisierung ist ein Ansatz, dieser gestiegenen Komplexität Herr zu werden.

Ich möchte exemplarisch drei Projekte nennen, derer sich die niedersächsische Steuerverwaltung angenommen hat.

Erstens: das Projekt „Tax Defence Analytics“ (TaDeA). Geschätzt entsteht in Europa jährlich ein mittlerer zweistelliger Milliardenschaden durch teilweise bandenmäßig organisierten Umsatzsteuerbetrug. Das Landesamt für Steuern erprobt am Standort Oldenburg im Rahmen einer Forschungskooperation mit der Universität Oldenburg den Einsatz Künstlicher Intelligenz bei der Bekämpfung dieses Umsatzsteuerbetrugs. Das Projekt TaDeA nutzt maschinelles Lernen, um in großen Datenmengen mögliche Umsatzsteuerbetrugsfälle zu identifizieren. Die möglichen Verdachtsfälle werden dann von

Beamtinnen und Beamten in den zuständigen Finanzämtern geprüft. Im Dickicht des Steuerbetrugs bekommt die Steuerfahndung mit TaDeA endlich ein zielgenaues Florett. So muss es sein! So bekämpfen wir Steuerbetrug effektiv.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zustim- mung bei der SPD)

Zweitens hat das Finanzamt für Großbetriebsprüfung in Hannover ein Pilotprojekt zur Datenanalyse und Datenvisualisierung gestartet. Spezialisierte ITKräfte unterstützen die Betriebsprüferinnen und Betriebsprüfer bei der Analyse und Aufbereitung von Daten aus den geprüften Unternehmen. Hierdurch wollen wir Betriebsprüfungen ohne Qualitätsverlust beschleunigen und dadurch auch zeitnähere Prüfungen ermöglichen. Auch das ist ein Ziel, das viele Landesregierungen vor uns schon hatten - wir werden es endlich in die Tat umsetzen.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zustim- mung bei der SPD)

Drittens - das ist angesprochen worden - wollen wir auch digitale Kanäle für die Meldung von Steuervergehen nutzen. Nach dem Vorbild Baden-Württembergs werden wir ein Onlinemeldeportal für anonyme, aber auch für offene Hinweise auf Steuervergehen einrichten. Das Landesamt für Steuern ist mit der Umsetzung beauftragt und wird bis Ende August einen Zwischenbericht abgeben.

Auch bei diesem Meldeportal gilt es natürlich, den Datenschutz und das Steuergeheimnis zu wahren - völlig klar. Finanzbeamtinnen und Finanzbeamte prüfen die digital eingehenden Meldungen genauso sachkundig und kritisch wie analog eingehende Meldungen, die schon heute möglich sind. Ziel ist und bleibt es, den „großen Fischen“ durch dieses Portal auf den Leib zu rücken.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zustim- mung bei der SPD)

Einen Moment, bitte! Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Lilienthal?

Nein.

(Zustimmung von Detlev Schulz-Hen- del [GRÜNE] - Zurufe von der AfD: Oh!)

Sehr geehrte Damen und Herren, digitale Instrumente können sowohl einen wichtigen Beitrag zur Unterstützung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Finanzämter liefern als auch den Service für die Bürgerinnen und Bürger verbessern. Denn z. B. können sie neuerdings über die ELSTER-App direkt digitale Belege einreichen. Auch dort verbessert Digitalisierung den Steuervollzug.

Doch komplexe Sachverhalte können am Ende nur von qualifizierten Beschäftigten geprüft und eingeordnet werden. Damit komme ich auch zu diesem Thema.

Die Beschäftigten bedienen die Technologie, interpretieren und kontrollieren, und sie führen auch den Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern. Zum Thema Steuervollzug und Steuergerechtigkeit gehört deshalb auch die Sicherstellung gut ausgebildeten Personals in den Finanzämtern. Dafür haben wir die Einstellungsmöglichkeiten in der Laufbahngruppe 2, 1. Einstiegsamt, in diesem Jahr um 45 auf 225 Nachwuchskräfte aufgestockt und wollen dies fortsetzen. Auch für den Einstellungsstichtag 1. August 2024 wird aktuell geprüft, ob noch weitere Erhöhungen der Einstellungszahlen über die vorhandenen Ausbildungskapazitäten hinaus möglich sind, um Fachkräfte zu sichern. Auch das ist Ziel dieser Landesregierung.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zustim- mung bei der SPD)

Letzter Satz: Die Steuerverwaltung ist bereits eine der am stärksten digitalisierten Verwaltungen im Land. Diesen Weg wollen wir konsequent fortsetzen - für besseren Service, für effektiven Steuervollzug und für mehr Steuergerechtigkeit.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Herzlichen Dank, Minister Heere.

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor, sodass ich die Erledigung des Tagesordnungspunktes 14 a feststelle.

Ich eröffne die Besprechung zu

b) Wärmewende gleich Wärme-Ende. Keine Heizung ist illegal! - Antrag der Fraktion der AfD - Drs. 19/1606

Für die Fraktion der AfD hat sich der Abgeordnete Ansgar Georg Schledde zu Wort gemeldet.

(Beifall bei der AfD)

Herr Schledde, bitte!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Gesetz zur Änderung des Gebäudeenergiegesetzes, zur Änderung der Heizkostenverordnung und zur Änderung der Kehr- und Überprüfungsordnung - letzte Woche im Deutschen Bundestag in veralteter Fassung eingebracht, mit der Zusatzbemerkung „Leitplanken sind einzuziehen“.

Mit allerlei Worthülsen wird hier gearbeitet: Sonder- und Härtefallregelung, Ausnahmen, Übergangsfristen. Grundsätzlich kann man konstatieren, dass Gebäudeeigentümer auch weiterhin ratlos und alleine zurückgelassen werden.

Zur Ausgangslage: 60 % der niedersächsischen Wohnungen werden mit Gas geheizt, weitere 20 % mit Öl, gerade einmal 10 % mit Fernwärme. Diese Zahlen alleine zeigen schon die schiere Unmöglichkeit einer radikalen Umstellung auf Wärmepumpe und Fernwärme zur Beheizung von Wohnungen. Dass das Heizungsgesetz dann möglicherweise in Teilen verfassungswidrig ist, mag da nur noch eine Randnotiz sein.

Das Einzige, was der Bundesregierung und der Landesregierung gelingt: Sie erhöhen das Chaos rund um die Heizungssysteme massiv. Um nur einen Vergleich zu bemühen: Das Geschlecht kann ja mittlerweile relativ leicht gewechselt werden, mindestens für ein Jahr; Heizungen lassen sich leider nicht so schnell wechseln wie das Geschlecht.

(Zurufe: Peinlicher Vergleich! Unmög- lich!)

Bei Sanierungen müssen Bauherren eine Energieberatung in Anspruch nehmen, wenn im Zuge der Sanierungen Berechnungen zur Energiebilanz angestellt werden. Das ist nur ein willkürlich herausgegriffener Punkt. Dieser Punkt ist aber bezeichnend für den Irrsinn staatlichen Eingreifens, der auch von der Landesregierung in vorauseilendem Gehorsam bedingungslos erfüllt wird.

Die momentane Einigung in Berlin besteht ja nur darin, dass das Heizungsverbot nur solange ausgesetzt ist, bis Kommunen eine Wärmeplanung aufgestellt haben. Nur: Was passiert in der Zeit, in der die jeweilige Stadt oder der jeweilige Landkreis eben

kein solches Konzept hat? Greift dann das Land oder der Bund ein, um die Kommunen zu unterstützen?

Technologieoffenheit wäre bei diesem Thema zielführender; denn: Keine Heizung ist illegal!

(Die Abgeordneten der AfD erheben sich von ihren Plätzen und halten Pla- kate mit der Aufschrift „Keine Heizung ist illegal - AfD“ hoch)

Auch die weiteren Regeln und das Einziehen von Leitplanken - - -

Ich bitte Sie, Ihre Plätze wieder einzunehmen, werte Kolleginnen und Kollegen von der AfD, und diese Demonstration hier im Plenarsaal zu unterlassen.

Wir unterbrechen solange Ihre Rede. Einen Moment, bitte!

(Beifall bei der AfD - Die Abgeordneten der AfD nehmen wieder Platz)