Protocol of the Session on November 11, 2020

Deswegen sind die Struktur und die Definition einer Untergrenze so wichtig und so entscheidend und eine gute Lösung, um das Thema in Deutschland vernünftig und auch ein bisschen sachlicher zu diskutieren und um davon wegzukommen, dass es darum geht, dem Wolf zu schaden oder den Wolf auszurotten oder um all die Dinge, die in der

Diskussion immer kommen, die aus meiner Sicht aber völlig falsch sind und in die völlig falsche Richtung gehen.

Wir werden natürlich auch über den Vollzug reden und ein entsprechendes Management auf den Weg bringen müssen. Die Frage dabei ist, wie man das richtig organisiert Und da sind wir relativ schnell bei der Frage: Muss oder soll der Wolf nicht in das Jagdrecht aufgenommen werden?

Ich habe schon 2019 gesagt, dass ich es für richtig halte, dass wir die Diskussion darüber führen. Ich bin anders, als es immer wieder dargestellt wird, nicht der Überzeugung, dass das für das Verfahren hinderlich ist. Wir haben uns einmal sehr genau angeguckt, was in Sachsen der Fall ist.

Ich glaube, dass der Weg, den man in Sachsen gewählt hat, um den Wolf ins Jagdrecht aufzunehmen, eher suboptimal war - deswegen ändert man das auch gerade - und es damit nicht gelungen ist, Verfahren vernünftig umzusetzen. Deswegen sage ich: Wir werden uns das sehr genau angucken müssen, und deswegen, sehr geehrter Herr Birkner, ist es eben nicht so, dass man hier als Parlament ohne Vorarbeit mal eben so beschließen kann, den Wolf ins Jagdrecht aufzunehmen.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Warum nicht?)

Und das Zweite: Wir setzen das auch nicht einfach so um, sondern der Auftrag dieser Entschließung lautet völlig zu Recht: Wenn der Wolf ins Jagdrecht kommt, dann brauchen wir eine Lösung für den Wolf im Jagdrecht, die eben nicht dazu führt, dass die Entnahmen, die notwendig werden, behindert werden. Sie müssen weiterhin vernünftig möglich sein.

Wir müssen eher sehen, wie es uns umgekehrt gelingt, aus dem Zusammenspiel von Jagdzeit, von Abschussplanung, von Jagdverbot und von Ausnahmeregelung klare Definitionen festzulegen, also z. B. zu sagen, dass es auch wildbiologisch vertretbare Jagdzeiten gibt. Das haben wir heute schon in den Ausnahmegenehmigungen.

Wie in den Ausnahmegenehmigungen - die Entscheidung in Uelzen war übrigens, dass wir aus deren richterlicher Sicht diese drei Monate nicht ausreichend begründet haben - müssen wir das auch im Jagdrecht entsprechend vernünftig festlegen. Insofern bin ich nicht davon überzeugt, dass es das schwieriger macht, sondern wir müssen es vernünftig gestalten.

Und deswegen, sehr geehrter Herr Birkner, kann man nicht mal eben beschließen, der Wolf kommt ins Jagdrecht,

(Jörg Bode [FDP]: Wenn es das Par- lament will, kann man das machen!)

sondern wir werden die Frage, wie wir es machen, auch mit den Sachsen, weil sie es gerade ändern, sehr detailliert klären müssen, damit diese Fehler nicht wieder gemacht werden und wir das wirklich in den Griff bekommen.

Ich will zum letzten Punkt kommen. Bei allem, was wir diskutieren, geht es nicht darum, dass wir keine Zäune wollen, dass wir Zäune nicht fördern wollen, dass wir Prävention nicht für richtig halten. Es geht nicht darum, dass es keine Rissentschädigungen geben soll. Es geht auch nicht darum, dass es keine völlig richtigen Maßnahmen wie die Weidetierprämie geben soll.

Ich halte das für ganz existenziell für die Schafhalter. Selbst wenn die Schafhalter das Problem Wolf nicht hätten, wäre die existenzielle Grundlage für die Schafhalter absolut schwierig. Das gilt für diejenigen, die den Deich bewirtschaften, und das gilt für diejenigen, die unsere naturschutzfachlichen Aufgaben wahrnehmen, die dafür sorgen, dass die Kulturlandschaft erhalten wird.

Deswegen führt kein Weg daran vorbei, dass wir eine Weidetierprämie brauchen, und wir brauchen als Allererstes so zügig wie möglich eine Weidetierprämie für Schafe und Ziegen, weil die Weidetierhalter von den wirtschaftlichen Schwierigkeiten besonders betroffen sind. Denen müssen wir helfen, weil wir sie erhalten wollen. Das muss unser festes Ziel sein, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Da ist dann am Ende der Wolf ein zusätzliches Problem, aber ehrlicherweise nicht das einzige und nicht die Ursache.

Mit einem gemeinsamen Schreiben haben meine Kollegin Barbara Otte-Kinast und ich uns im Oktober 2020 noch einmal an das BMEL gewandt, um schon für das Jahr 2021 eine Weidetierprämie entsprechend dem genannten Bundesratsbe

schluss, den wir haben, im Zuge der Änderung des Direktzahlungsdurchführungsgesetzes einzufüh

ren.

Aber wir suchen eben auch nach Möglichkeiten, wie wir es lösen können. Unser Ziel ist es, dass wir Schaf- und Ziegenhalter unterstützen. Unser Ziel ist, dass wir es weiter möglich machen, dass wir

vernünftige Präventionsleistungen wie Zäune bezahlen.

Aber unser gemeinsames Ziel muss es doch sein, bei der Frage in eine Objektivität zu kommen: Wie gehen wir eigentlich mit der zukünftigen Entwicklung der Wolfspopulation um? An welcher Stelle brauchen wir die enge Partnerschaft auch mit der Landesjägerschaft und der Jagdausübungsberechtigten? Welche Rahmenbedingungen müssen wir dafür setzen, dass es nicht willkürlich ist, sondern eben dem Naturschutz, der für uns alle eine wichtige Rolle spielt, entspricht? Und wie schaffen wir es eigentlich, das in einem gesellschaftlichen Diskurs so vernünftig miteinander zu lösen, dass das, was wir gerade erleben, nicht die Grundlage ist, nämlich der Streit und die Emotionalität, die wir auf beiden Seiten haben, egal in welchem Lager?

Lassen Sie uns das versachlichen! Lassen Sie uns auch hier versuchen, einen gemeinsamen Weg zu gehen! Und ich sage das jetzt nicht, weil ich den „Niedersächsischen Weg“ übertragen will. Ich glaube, dass der Weg, der in Hessen, in Rheinland-Pfalz oder in Baden-Württemberg diskutiert wird, einfach ein anderer ist. Denn wenn man zwei Wölfe hat, hat man eine andere Diskussion, als wenn man 350 Wölfe hat. Wenn ich mal die Diskussion mit Jan Philipp Albrecht nehme, der einen Wolf in Schleswig-Holstein hatte, der ihm und seinen Schafhaltern wirklich erhebliche Probleme bereitet hat, dann, so glaube ich, sind wir gut beraten, in einem Land wie Niedersachsen konsequent an Lösungen zu arbeiten, die morgen auch den Bundesländern helfen, die heute noch keine Problemstellung damit haben. Aber ich bitte dann auch die anderen Bundesländer, uns dabei zu unterstützen, diesen Weg gemeinsam mit dem Bund zu gehen.

Herzlichen Dank.

(Starker Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister.

Der Minister hat die Restredezeit um 9:41 Minuten überzogen, und die Herren Christian Meyer und Hermann Gruppe haben um zusätzliche Redezeit nach § 71 Abs. 3 GO LT gebeten. Herr Meyer, ich gebe Ihnen drei Minuten.

(Jörg Bode [FDP]: Im Verhältnis ist das ja ein wenig knapp!)

- Er schafft das.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben wieder viele Ankündigungen des Ministers gehört. Er hat immer an uns appelliert.

Ich würde nicht die Wahrheit sagen. Ich habe mir die Pressemitteilung vom Montag noch einmal angeschaut. Ich lese Sie Ihnen einmal komplett vor.

„Auch die neue Wolfsverordnung von Umweltminister Olaf Lies hilft nicht weiter. Sie sorgt gerade nicht für Rechtssicherheit, weil sie den hohen Schutzstatus des Wolfes und das EU-Recht nicht ausreichend beachtet. Es bleibt dabei: Auch künftig dürfen nach höchstrichterlichen Urteilen“

- Sie kennen das Urteil des OVG Lüneburg -

„in Niedersachsen nicht beliebig Wölfe in einem Revier getötet werden, sondern nur einzelne Problemwölfe. Wer einen zur Jagd freigegebenen Problemwolf vor einem Abschuss nicht sicher identifiziert, macht sich also strafbar. Eine generelle Jagd auf Wölfe ist nach Bundes- und EU-Recht nicht möglich.“

- Das hat der Minister heute auch eingeräumt. -

„Für die klare Identifizierung von Problemwölfen wäre es notwendig, Wölfe von Fachleuten mit Sendern zu versehen, was von Minister Lies jedoch bisher vernachlässigt worden ist. Stattdessen werden mit der neuen Verordnung seine Fachleute im Umweltministerium und der Arbeitskreis Wolf mit den Umweltverbänden faktisch kalt gestellt.“

Ich erinnere auch daran, dass der NABU noch eine Pressmitteilung gemacht hat, dass es nicht dazu passt, gestern im Einvernehmen mit den Umweltverbänden den „Niedersächsischen Weg“ zu beschließen und jetzt eine geschützte Art quasi als Placebo für die Jagd freizugeben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das ist also ein völlig falsches Signal für den Naturschutz.

Es geht weiter. Dann kommt der Satz:

„Der Umweltminister will also nach mehreren vor Gerichten gescheiterten Abschussverfügungen jetzt lieber allein entscheiden und Abschussgenehmigungen für Problemwölfe geheim halten, damit niemand klagen kann.“

Jetzt kommt der Satz zum Jagdrecht, und der lautet:

„Die von SPD und CDU geplante Überführung des Wolfes ins Jagdrecht sorgt für weitere Probleme.“

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Ach so!)

Nach meiner Kenntnis ist das auf den Landtagsantrag bezogen, weil nicht SPD und CDU Verordnungen erlassen - das wissen Sie, glaube ich -, sondern es geht hier um das Gesetz.

Und noch einmal: Die Frage von Herrn Birkner war ja berechtigt. Wann soll der Wolf eigentlich ins Jagdrecht kommen? Sie haben eben noch eingeräumt: eigentlich erst, wenn es keine ganzjährige Schonzeit mehr gibt.

Ich mache heute mal eine Wette: In dieser Legislaturperiode wird der Wolf nicht mehr ins Jagdrecht aufgenommen werden. Das würde mich wundern; denn dann haben Sie nämlich die geschilderten Probleme.

Es ging dann immer weiter: Die Zuständigkeit wird auf das Agrarministerium übertragen. Jagdrechtliche Regelungen erschweren eher die Entnahme von Problemwölfen. - Der Minister hat es eben eingeräumt, als er gesagt hat, dass das in Sachsen eher Probleme bereitet hat. Er will das alles natürlich besser machen.

Tut mir leid, die Menschen glauben Ihren Ankündigungen nicht mehr. Sie versprechen immer wieder heiße Luft. Sie versprechen den Weidetierhaltern das Blaue vom Himmel.

Falls Sie wissen wollen, wer die höchste Kompetenz beim Wolf hat, verweise ich auf die Landtagswahlumfrage: Welche Partei geht am berechtigsten mit geschützten Tierarten wie dem Wolf um? - Grüne 51 %, CDU 16 %, SPD 9 %! Das denkt die Mehrheit der Menschen in Niedersachsen: Die Wolfspolitik ist bei den Grünen zu Hause.