Protocol of the Session on November 10, 2020

Der Ausschuss für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz empfiehlt Ihnen, den Gesetzentwurf der Fraktion der SPD und der Fraktion der CDU mit Änderungen anzunehmen und den Gesetzentwurf der Fraktion der FDP abzulehnen.

Wir steigen in die Beratung ein. Die erste Wortmeldung ist aus der SPD-Fraktion: vom Abgeordneten Alptekin Kirci. Bitte schön!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! „Wie Menschen denken und leben, so bauen und wohnen sie“, hat Johann Gottfried von Herder einmal gesagt. Dieses Zitat kann

gut als Maxime für einen der Schwerpunkte in der niedersächsischen Politik genommen werden.

Wir alle wissen, dass uns steigende Mieten und enorm gestiegene Bodenpreise dazu zwingen, über die langfristigen Linien der Baupolitik im Land nachzudenken und sie in mehreren Punkten zukunftsweisend neu zu bestimmen. Gleichzeitig brauchen wir aber kurzfristig neue Wohnungen in den Ballungsräumen des Landes, die auch Geringverdienerinnen und Geringverdiener, Angehörige der mittleren Einkommensschichten und Rentnerinnen und Rentner bezahlen können. Wohnen ist ein Grundbedürfnis eines jeden Menschen.

Verehrte Damen und Herren, die SPD-geführte Landesregierung setzt sich deshalb auf vielfältige Weise für bezahlbaren Wohnraum ein. Jüngere wie Ältere, Menschen mit kleinem Geldbeutel, Familien mit Kindern und auch Alleinstehende - sie alle sollen in unserem Land ein Zuhause in einer guten Nachbarschaft finden, das sie sich leisten können. Das muss auch dort gelten, wo heute Leerstand herrscht.

Dafür schaffen wir Instrumente, die das soziale, ökologische Bauen langfristig verbessern. Wir dürfen nicht die Fehler der Vergangenheit wiederholen - mit sogenannten Schlichtwohnungen und neuen Quartieren, die ihren Bewohnerinnen und Bewohnern signalisieren, gesellschaftlich zu den Verliererinnen und Verlierern zu gehören. Wir fördern den Wohnungsbau nicht um des Bauens willen. Das führt nicht zum Ziel. Die Klage, die Bauvorschriften machten das Bauen heute so teuer, stimmt nur bedingt, wenn allein das Grundstück mindestens 35 % der Bausumme verschlingt.

Zu all diesen Fragen hat das Bündnis für bezahlbares Wohnen mit zuletzt 60 verschiedenen gesellschaftlichen und fachlichen Gruppen Ideen, Leitlinien und Aufträge erörtert und abschließend in einen umfangreichen Anforderungskatalog gegossen. Das fordert natürlich uns Parlamentarier, nach klugen Kompromissen zu suchen, die in der Bauordnung und Baupolitik in diesem Land verankert werden.

Verehrte Damen und Herren, mit den Bündnisergebnissen liegt ein Vorschlag auf dem Tisch, mit dem wir den Wohnungsbau in Niedersachsen systematisch weiterentwickeln werden. Was wir zunächst wollen, ist, das Bauen zu erleichtern. Dazu haben wir an dieser Stelle auch den Vorschlag der FDP-Fraktion beraten, den wir als konstruktiven Vorschlag zur Novelle der Niedersächsischen Bauordnung sehen.

Verehrte Damen und Herren, heute stellen die Fraktionen von SPD und CDU gemeinsam den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Niedersächsischen Bauordnung sowie zur Erleichterung der Schaffung von Wohnraum zur Abstimmung. Der Gesetzentwurf ist getragen von dem Geist, einige Bauvorschriften für einen begrenzten Zeitraum, nämlich bis zum Jahr 2025, zu erleichtern, ohne dabei auf wichtige qualitative und politische Ziele zu verzichten.

Wir halten den Vorschlag zur Vereinfachung von Lückenbebauungen, des Dachgeschossausbaus und der Aufstockung bestehender Gebäude für den richtigen Weg, um bei der Nachverdichtung in Ballungsräumen schnell einen Schritt in die richtige Richtung zu unternehmen. Wir gleichen die Niedersächsische Bauordnung an die Musterbauordnung an, ohne die beabsichtigten und bereits verankerten Regeln der Barrierefreiheit aufzuweichen. Wir wollen gerade nicht, dass allein aus Kostengründen und wegen des Zeitdrucks in der Frage des sozialen Wohnungsbaus die große und wachsende Bevölkerungsgruppe älterer Menschen wegen des grundsätzlichen Verzichts auf barrierefreie Wohnungen im Neubau ausgeschlossen wird. Das wäre zutiefst unsozial.

(Beifall bei der SPD)

Verehrte Damen und Herren, wir werden das Bauen mit Holz fördern. Holz ist sowohl ökologisch als auch ökonomisch ein sinnvoller Baustoff; und zwar nicht nur, wenn etwa die Energiebilanz von Betonbauten einbezogen wird. Wir erzielen dadurch eine Anpassung der Niedersächsischen Bauordnung an die Musterbauordnung. Ebenso wollen wir mehr seriellen Bau ermöglichen und Typengenehmigungen für Bauten erleichtern, wie es verschiedene Bundesländer bereits getan haben. Darüber hinaus leistet unser Gesetzentwurf einen Beitrag zum Ausbau des Mobilfunknetzes hin zum 5G-Standard und für schnelle Internetverbindungen.

Wir verankern hier und heute einen wichtigen Baustein in der Fortentwicklung unserer Baupolitik. All dies nimmt Druck aus dem Mietmarkt. In diesem Sinne bitte ich das Haus um Zustimmung für den heute zur Abstimmung anstehenden Gesetzentwurf.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Kirci. - Für die FDP-Fraktion kann sich nun die Abgeordnete Susanne Schütz auf den Weg machen. - Bitte, Frau Schütz!

Danke. - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Unter dem jetzt zu behandelnden Tagesordnungspunkt finden sich zwei Vorschläge zur Änderung der Bauordnung; einer mit vielen Ideen - das ist unserer - und einer mit weniger Ideen und der Idee, einige Regelungen zeitweise auszusetzen.

Motiv unseres Vorschlages war es, Nachverdichtungen und Aufstockungen zu erleichtern. Uns fehlen in Niedersachsen Wohnungen, bezahlbare Wohnungen zumal. Bauen ist teuer, und Bauland ist knapp. Der Kollege Kirci hat das bereits ausgeführt.

All das zusammen genommen, scheint es eine gute Idee zu sein, vorhandene Baulücken zu füllen und auf vorhandene Gebäude noch Wohnungen zu setzen. Es gibt Untersuchungen, das auch bei Gewerbegebäuden zu tun. Umnutzungen von Büroflächen werden vielleicht mit zunehmendem Homeoffice, was sich in den letzten Monaten abzeichnet, an Bedeutung gewinnen. Untersuchungen gibt es auch zu der Frage, Wohnraum auf Parkhäusern zu errichten - unweit von hier gibt es ein Beispiel dafür - sowie auf Supermärkten, auf Bürogebäuden und auf vorhandenen Wohnhäusern. Medienanschlüsse sind dann schon vorhanden. Einen gedämmten Deckel auf ein Haus zu setzen, wirkt sich oft sogar zugunsten der Gesamtenergiebilanz des Hauses aus, und die vorhandene Heizungsanlage reicht oft auch für die neuen Wohnungen.

Um Aufstockungen gerade im laufenden Betrieb vorzunehmen, also sozusagen anderen Mietern auf dem Kopf zu bauen, muss das im Idealfall schnell und einigermaßen leise sowie mit möglichst wenig Dreck erfolgen. Hier kommt die Bedeutung von fertigen Elementen und ganzen Räumen ins Spiel, für die z. B. Typengenehmigungen wichtig sind.

Intention unseres Antrags war es, mehr Flexibilität mit Augenmaß zu ermöglichen: Anpassungen an die Musterbauordnung in Sachen Abstände und Einbau von Aufzügen, intelligente Abweichungen bei Stellplatzanforderungen.

SPD und CDU haben ein bisschen länger gebraucht, um dann etwas weniger vorzuschlagen. Aber ich will nicht undankbar sein. Die Typengenehmigung immerhin haben Sie aufgenommen - natürlich anders formuliert. Das kann man ja nicht bei uns abschreiben!

Die Regelungen zu 5G-Masten sind wohl unumgänglich; das gebe ich gerne zu.

Die Erleichterung beim Holzbau, die drinsteht, ist sehr sinnvoll, aber, ehrlich gesagt, ist da noch viel Luft nach oben, um Holz als klimaschonenden Baustoff weiter voranzutreiben.

Die Stellungnahmen der Verbände in der teilweise leider nur schriftlichen Anhörung waren dann auch großenteils unseren Vorschlägen gegenüber sehr positiv.

Da - der Kollege Kirci hat eben auch schon darauf hingewiesen - noch eine große Novelle der Niedersächsischen Bauordnung in dieser Legislatur ansteht, haben SPD und CDU noch Gelegenheit, mehr von unseren Ideen aufzugreifen. Ich reiche sie sonst gerne noch einmal als Änderungsanträge ein, und ich sammele auch schon weitere Ideen.

Da der Gesetzentwurf von SPD und CDU uns nicht weit genug geht, werden wir uns enthalten. Unseren eigenen finden wir - wen wird es wundern? - nach wie vor viel besser.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Schütz. - Nun habe ich eine Wortmeldung des Abgeordneten Christian Meyer von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Gesetzentwurf, den die FDP zur Bauordnung eingebracht hat, geht deutlich weiter. Wir haben ihn sehr begrüßt, weil er in die richtige Richtung wies: Verzicht auf Stellplätze, Dachgeschossausbau erleichtern; denn wir wollen oben ausbauen, ohne den Flächenverbrauch zu steigern - ein Thema, das wir gerade hatten. Es ist immer vorteilhafter, wenn man in die Höhe baut.

Wir müssen aber feststellen: Das, was am Ende von den Regierungsfraktionen als Erleichterungen zur Schaffung von Wohnraum vorgelegt worden ist - man hat ja nach der Anhörung zu dem Ge

setzentwurf der Landesregierung darauf verzichtet, uns die Stellungnahmen zu schicken, und gesagt, dass SPD und CDU den Gesetzentwurf einbringen -, ist am Ende nicht nur zu einem Reförmchen geworden, sondern geht oft auch in die falsche Richtung.

Ein Beispiel, das ich weiterhin für fatal halte, ist, dass man jetzt ausgerechnet auf Spielplätze verzichten will. Die Vorgabe, dass bei Neubauten ab fünf Geschossen in der Nähe ein Spielplatz vorhanden sein muss, wird nun gestrichen. Ich habe bis heute vonseiten der SPD oder vonseiten der CDU keinen Fall gehört, bei dem das wirklich ein Mangel war. Wir können doch gerade dann, wenn man solch große Gebäude baut, nicht auf Spielplätze verzichten. Es wäre sinnvoller gewesen, auf Stellplätze für Autos zu verzichten. Denn das ist natürlich etwas, was Wohnungsbau teurer macht, wenn solche zusätzlichen Flächen vorgehalten werden müssen, obwohl man gerade in den Städten Alternativen zum Auto hat. Da ist eine Chance verpasst worden.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung von Susanne Victoria Schütz [FDP])

Ähnlich verhält es sich mit der Bauordnung selbst. Es fehlen Sachen. Wir könnten eine Solarpflicht für Neubauten einführen, was wir als Grüne beantragt haben. Man könnte die Errichtung von Kleinwindrädern erleichtern, statt zu sagen, die Mobilfunksendeanlagen sollen alle noch höher gebaut werden.

Die Kommunen haben bekanntlich darauf hingewiesen, dass das tendenziell vor Ort Ärger geben kann. Im Rundblick ist heute zu lesen, wie viel sich die Kommunen an Nachbesserung gewünscht haben. Das zeigt, dass das Gesetz in die falsche Richtung geht und dass es das Ziel, die Schaffung von Wohnraum zu erleichtern, nicht erreichen wird, sondern die Bürokratie weiterhin sehr hochhalten wird, dass es Erleichterung an den falschen Stellen schafft und die wirklichen Fragen, etwa warum eigentlich so viel Fläche verbaut werden muss, nicht angeht. Deshalb können wir dem Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen auf keinen Fall zustimmen.

Bei dem Gesetzentwurf der FDP können wir uns enthalten, weil er in eine gute Richtung weist. Man sollte ihn in Gesetzen aufgreifen, indem man beispielsweise auf Stellplatzvorgaben verzichtet.

Auch der vdw, der Verband der Wohnungswirtschaft, hat das massiv kritisiert, indem er gesagt hat, dass es der Landesregierung anscheinend wichtiger ist, auf Spielplätze zu verzichten als auf Autoparkplätze. Dem können wir uns nur anschließen.

(Beifall bei den GRÜNEN - Christian Meyer [GRÜNE] setzt die Mund-Nase- Bedeckung auf dem Weg zu seinem Platz auf)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Meyer. - Wunderbar, in der letzten Sekunde an den Mund-NaseSchutz gedacht!

Für die CDU-Fraktion hat jetzt das Wort der Abgeordnete Martin Bäumer. Bitte schön, Herr Bäumer!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir beschließen heute - davon war vorhin schon die Rede - Änderungen der NBauO und über ein Gesetz zur Erleichterung der Schaffung von Wohnraum. Beides sind Gesetze, um das Bauen in Niedersachsen zu vereinfachen. Aber nach vielen Jahren hier im Parlament weiß eigentlich jeder: Nach der Novelle ist vor der Novelle. - Denn mit der heutigen Novelle regeln wir nur einen kleinen Ausschnitt aus dem Gesamtspektrum der NBauO. Dabei wissen wir, dass wir in der verbleibenden Zeit dieser Wahlperiode noch ein weiteres Mal über die NBauO diskutieren müssen, damit das Bauen in der Tat einfacher, leichter und günstiger wird, um neuen Wohnraum zu schaffen.

Mit der jetzt vorliegenden Novelle regeln wir die Aufstellung von Mobilfunkmasten, die Zulassung von weiteren Baumaterialien wie Holz, die Handhabung von Typengenehmigungen, die Schaffung von Lademöglichkeiten für Elektroautos und den Umgang mit Spielplätzen bei der Schaffung von Wohnraum.

Bei den Mobilfunkmasten - das klang schon an - sorgen wir dafür, dass der weitere Bau dieser Masten erleichtert wird. Dafür werden in bestimmten Fällen die Abstände reduziert. Für mobile Masten, die manchmal aufgestellt werden, bevor der endgültige stationäre Mast kommt, regeln wir, dass diese 24 Monate ohne Genehmigungsverfahren aufgestellt werden dürfen.

Das Bauen mit Holz wird mit dieser Novelle insofern erleichtert, als es zukünftig für Bauteile, die

feuerbeständig oder hoch feuerhemmend sein müssen, verwendet werden kann, wenn es den technischen Baubestimmungen entspricht.

Die Regelung zu den Typengenehmigungen wird das Genehmigungsverfahren für Standardbauten zukünftig deutlich vereinfachen. Wenn in unserem Bundesland bauliche Anlagen in derselben Ausführung an mehreren Orten errichtet werden sollen - also das klassische Musterhaus -, dann kann man dafür einmal eine Genehmigung beantragen und diese dann, wenn sie ordentlich geprüft worden ist, an weiteren Orten im Land verwenden und damit deutlich schneller und mit weniger Bürokratie bauen.

Die Sache mit den Lademöglichkeiten für Elektrofahrzeuge ist eine logische Konsequenz aus der zunehmenden Installation von solchen Ladepunkten und sorgt damit im Rahmen der NBauO für eine rechtliche Klarstellung.

Mit dem hier angefügten Gesetz zur erleichterten Schaffung von Wohnraum soll für einen befristeten Zeitraum beim Bau eines Mehrfamilienhauses mit mehr als fünf Wohneinheiten auf den Bau eines Spielplatzes für Kinder im Alter bis zu sechs Jahren verzichtet werden. Für fünf Jahre wird daher für Baulücken der entsprechende § 9 Abs. 3 NBauO außer Kraft gesetzt. Mit dieser Norm wollen wir einen Beitrag dafür leisten, dass in bestehenden Baulücken günstiger als bisher neuer Wohnraum geschaffen werden kann. In fünf Jahren werden wir uns in Ruhe ansehen, was wir damit erreicht haben.