Protocol of the Session on October 7, 2020

Auch den Konsumzwang, den Sie vorfinden, wenn Sie nicht mal eine Sitzgelegenheit in der Fußgängerzone haben, ohne dass gleich der Kellner kommt und einen Kaffee servieren will, müssen Sie bedenken und dafür sorgen, dass sich der Aufenthalt in unseren Innenstädten wieder lohnt.

Die FDP hat ihren Antrag zwar mit „Gesellschaftliche Bedeutung der Innenstädte stärken“ betitelt, aber stellt, glaube ich, eher auf die wirtschaftliche Bedeutung der Innenstadt ab. Deshalb: Der gesellschaftliche Aspekt der Innenstädte muss in Ihrem Antrag klar erkennbar sein und mit bedacht werden; denn sonst stützen Sie am Ende vielleicht nur die Vermieter, die jetzt in der Krise sind - und das wollen Sie als FDP sicherlich nicht mit Steuergeldern machen.

Sie müssen also weiter ausholen, und das findet, hoffe ich, im Ausschuss statt.

Danke sehr.

Zu diesem Tagesordnungspunkt hat sich der Bauminister, Olaf Lies, zu Wort gemeldet. - Ich hätte jetzt auch die komplette Amtsbezeichnung nennen können, aber ich reduziere das bei diesem Antrag mal auf das Thema Bauen.

(Wiard Siebels [SPD]: Wir sind gut in der Zeit! Du kannst das etwas aus- führlicher bringen!)

- Bitte keine Ansagen bezüglich der Zeit, Herr Abgeordneter Siebels! Die Zeit haben wir hier weiterhin im Blick.

Bitte, Herr Minister!

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich finde es gut, dass wir heute hier über dieses Thema reden und das, wie ich glaube, auch in den nächsten Wochen im Ausschuss tun werden.

Wir alle erleben gerade, dass Corona die Situation in den Innenstädten noch einmal erheblich verstärkt hat. Unser stationärer Einzelhandel hat in der Phase der Schließung erheblich darunter gelitten, dass der Onlinehandel den Markt bedient hat. Große Onlinehändler haben dafür sogar noch extra Personal eingestellt. Ich halte es für unglaublich schwierig, diejenigen, die sich an dieses andere Kaufverhalten gewöhnt haben, morgen wieder in die Innenstädte zu bringen. Deswegen finde ich es absolut richtig, dass wir uns intensiv mit dieser Frage auseinandersetzen.

Dieser Strukturwandel begleitet uns schon lange, und die Häuser kümmern sich auch schon viele Jahre intensiv darum. Corona verstärkt die Situation und zeigt erneut, wie dringend der Handlungsbedarf ist. Die IHKN hat es deutlich formuliert: Die Corona-Krise hat den innerstädtischen Handel mit enormer Wucht getroffen. Ich finde, das beschreibt die Situation sehr gut.

Wir sind uns im Wesentlichen einig - so habe ich meine Vorredner jedenfalls verstanden - dass wir etwas tun müssen. Wir dürfen nicht nur zuschauen; denn das wird sich nicht von selbst entwickeln. Dabei haben wir natürlich die kommunale Selbstverantwortung im Blick. Sie spielt eine entscheidende Rolle. Wir werden nicht über die Ebenen hinweg entscheiden, sondern wir müssen alle Ebenen mitnehmen.

Auch die Bauministerkonferenz hat sich, nämlich am 25. September 2020, intensiv mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie beschäftigt und sich insbesondere - genau wie in diesem Antrag formuliert - gefragt, welche Folgen das für die Innenstädte hat.

Nun gibt es viel zu tun. Wir haben einstimmig den Beschluss gefasst, eine Studie zur Entwicklung der Innenstädte aufzulegen. Jetzt könnte man einwenden, dass die Entwicklung der Innenstädte schon etwas länger bekannt sei. Aber wir brauchen mehr

als nur Aktionismus. Wir müssen in einer grundsätzlichen Form an die Frage herangehen, wie wir es schaffen, die Innenstädte wieder vernünftig zu entwickeln.

Wir haben in einer Expertenkommission Vertreterinnen und Vertreter von Bund, Ländern und Kommunen sowie Sachverständige aus verschiedenen Fachbereichen zusammengefasst. Sie betrachten auch die langfristigen Strukturveränderungen - also nicht nur die Veränderungen aufgrund von Corona - und entwickeln Maßnahmen, um Innenstädte und Ortszentren robust und zukunftsfähig aufzustellen. Wir haben in den Reden ja schon gehört: Innenstädte sind mehr als nur Einkaufsorte. Sie sind Orte für Wohnen, Arbeiten, Wirtschaft und Kultur. Und sie sind Orte des sozialen Zusammenhalts. Das spielt eine ganz große Rolle. Was das soziale Miteinander betrifft, stehen die Innenstädte gut da; denn beim Onlinehandel ist kein soziales Miteinander möglich, da geht es einfach verloren. Deswegen zeichnen sich die Innenstädte durch mehr aus als nur die Frage, ob es dort gewerblichen Handel gibt und ob man dort einkaufen kann.

Als dritten Punkt haben wir eine Arbeitsgruppe auf Staatssekretärsebene unter Federführung von Hamburg gebildet. Sie ist länderoffen, bei ihr müssen nicht alle mitmachen müssen, aber wir sind alle sehr daran interessiert, Entwicklungen der Innenstädte zu verfolgen und Lösungsvorschläge zu entwickeln.

Diese Beispiele zeigen, dass es Sinn macht, sich länderübergreifend zusammenzusetzen. Deswegen ist der Ansatz zu sagen, so etwas wie einen Runden Tisch einzurichten, der sich intensiv mit dieser Frage beschäftigt, absolut richtig.

Wir haben in den Reden schon gehört, dass an verschiedenen Stellen der Landesregierung dafür Zuständigkeiten liegen: beim Kollegen Bernd Althusmann im Wirtschaftsministerium, bei Birgit Honé im Bereich regionale Entwicklung - wir haben das mit den Zukunftsräumen gehört - und beim MI und beim MWK, wenn es um weitere Entwicklungen geht.

Natürlich ist auch das Bauministerium mit den verschiedenen Instrumenten, über die wir in städtebaulicher Hinsicht verfügen, dabei. Es gibt tolle Beispiele. Aber wenn ich jetzt eines herausgreifen würde, bekomme ich möglicherweise Ärger mit den anderen. - In den Städten, in denen wir in den letzten Jahren die städtebauliche Entwicklung vorangebracht haben, ist nicht nur die Attraktivität der Innenstädte gestiegen, sondern dort ist es auch

gelungen, den Handel zu halten. Wir werden mit Innenstädten, die 30 oder 40 Jahre lang keine Sanierung gesehen haben, die Attraktivität nicht steigern können.

Eines ist uns auch klar: Wir können die Kommunen bei den Investitionen in die Innenstädte nicht alleine lassen. Vielmehr brauchen wir städtebauliche Programme.

Dazu gehören die anderen Elemente, die bereits angesprochen wurden. Ich gehe davon aus, dass es dazu eine intensive Diskussion und Beratung in den Ausschüssen geben wird. Dazu gehören Wettbewerbe wie „Ab in die Mitte!“ oder auch die Quartiersinitiative. Wir haben in langjähriger Tradition - drei Kollegen haben das in der Landesregierung bzw. im Wirtschaftsministerium begleitet - solche Projekte durchgeführt. Wir wissen - auch das gehört zur Wahrheit -, dass es trotz punktueller toller Projekte meistens nicht gelungen ist, solche klugen Ideen von vor Ort in die Entwicklung an anderen Stellen zu transformieren oder zu übertragen. Da werden wir noch besser werden müssen. Trotzdem ist es richtig, Impulse zu sammeln und zu entwickeln.

Ich möchte gern noch einen Punkt ansprechen, weil wir ihn in der parlamentarischen Beratung haben und ich ganz sicher bin, dass es hierbei um ein Instrument geht, das ergänzend zu all den Dingen, die wir diskutieren müssen, hilft.

Dabei geht es nämlich um die Frage, wie wir mit dem Niedersächsischen Quartiersgesetz dafür sorgen, dass gemeinsam Innenentwicklung - wir reden jetzt zwar über Innenstädte, das gilt aber auch außerhalb der Innenstädte - stattfindet, wie wir dafür sorgen können, dass sich diejenigen, die als Discounter unterwegs sind, die nur Filialisten sind, nicht ausgrenzen können, indem sie einfach sagen können: „Macht ihr mal; wir werden davon profitieren.“, und sie in die Finanzierung einbinden können.

Wir befinden uns in dieser Frage in enger Kooperation gerade mit der IHK Stade, um mit den Mitteln, die der Haushalt bereitstellt, Projekte voranzubringen. Wir wollen nicht die Umsetzung der Maßnahmen finanzieren, die dann im Quartiersgesetz vorgesehen sein werden, sondern wir wollen, dass das Quartiersgesetz in die Anwendung kommt. Wir wollen vor Ort Beispiele entwickeln.

Die Finanzierung der Maßnahmen aller Partner, die dazu beitragen, wird nach dem Quartiersgesetz geregelt. Das scheint mir in Ergänzung zu vernünf

tiger Mobilitätsanbindung und zu vernünftiger städtebaulicher Entwicklung ein ganz entscheidender Aspekt zu sein.

Es gibt heute schon eine ganze Reihe von Projekten im Sinne des Quartiersgesetzes. Wolfenbüttel und Braunschweig sind sehr intensiv dabei. Dort sind bereits Projekte entwickelt worden. Die Initiative Wirtschaft Wolfenbüttel ist dabei und möchte im Rahmen des Quartiersgesetzes etwas machen. Auch im Arbeitsausschuss Innenstadt Braunschweig ist man dabei. In Stade finden bereits intensive Gespräche statt. Auch in Oldenburg gibt es intensive Gespräche.

Ich bin mir sicher, dass wir mit der Verabschiedung des Gesetzes und der finanziellen Unterstützung als einem Baustein der Dinge, die wir für die Innenstadtentwicklung diskutieren müssen, auf einem besseren Weg sein werden. Das ist eine riesige Herausforderung.

Abschließend will ich das noch mal sagen: Corona hat diesen Effekt verstärkt. Denn es ist viel leichter, Leute zu halten, als Leute zurückzugewinnen, die wir an den Onlinehandel verloren haben. Wir müssen den Menschen klarmachen, dass Stadt nicht nur Einkaufen bedeutet, sondern auch Ort sozialer Begegnung ist. Und soziale Begegnung ist ganz entscheidend für unsere Gesellschaft.

Vielen Dank. Ich freue mich auf die Diskussion.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Minister.

Uns liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit schließe ich die Beratung, und wir kommen zur Ausschussüberweisung.

Federführend soll sich der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung mit dem Antrag befassen. Über die Mitberatung wird dann im Ausschuss entschieden. Wer dem so zustimmen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Sehe ich nicht. Damit ist der Antrag einstimmig so überwiesen.

Wir kommen jetzt zum

Tagesordnungspunkt 25: Erste Beratung: Personalvertretungsrechte ernst nehmen - für mehr Rechte freier Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk -

Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion der CDU - Drs. 18/7552

Zur Einbringung hat sich für die SPD-Fraktion der Abgeordnete Dr. Alexander Saipa zu Wort gemeldet. Bitte, Herr Dr. Saipa!

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir alle kennen aus dem ganz normalen Alltag sicherlich hier und da Situationen, in denen wir ganz gerne mal ein Interview für den NDR geben. Mit großer Wahrscheinlichkeit haben wir es dann mit Journalistinnen oder Journalisten zu tun, die sogenannte feste freie Mitarbeiter sind.

Diese guten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter - der eine oder die andere von uns wird an das eine oder andere Gesicht denken - sind mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk verbunden. Aber sie sind dort nicht angestellt. Das hat viele Auswirkungen. Eine Auswirkung ist, dass die Mitbestimmungsrechte, die Personalvertretungsrechte nicht analog der Situation der festangestellten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wahrgenommen werden können. Denn diese Kolleginnen und Kollegen sind de facto freie Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeiter. In Wahrheit sind aber gerade sie es häufig, die dem öffentlichrechtlichen Rundfunk, dem NDR, mit ihrer Arbeit vor Ort ein Gesicht geben.

Die Beschäftigung freier Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, mit denen der NDR wiederkehrend zusammenarbeiten möchte, erfolgt im NDR auf der Grundlage zeitlich befristeter Rahmenverträge. Ende 2019 bestanden 1 190 Rahmenvereinbarungen mit freien Programmmitarbeiterinnen und -mitarbeitern. Dem gegenüber stehen 3 369 Festangestellte in Planstellen.

Der NDR-Personalrat hat derzeit keine Mitbestimmungsrechte in Bezug auf die arbeitnehmerähnlichen freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. In dem NDR-Staatsvertrag wird für den NDR ausdrücklich festgestellt, dass Personen in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis, sonstige freie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und Personen, die auf Produktionsdauer beschäftigt sind, keine Beschäftigten im Sinne des Bundespersonalvertretungsgesetzes sind. Damit sind sie von der Personalvertretung ausgeschlossen.

Eine zentrale Anlauf- und Beratungsstelle gibt es zwar. Für alle Fragen der Beschäftigung freier Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist eine Beauftrag

te für freie Mitarbeit im NDR installiert. Aber ein Viertel - ich hatte die Zahlen genannt - der Beschäftigten des NDR sind arbeitnehmerähnliche freie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Von ihnen stammt ein Großteil der Medienbeiträge des Senders. Für den NDR sind diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unverzichtbar.

Trotzdem sind diese festen freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von der Mitbestimmung ausgeschlossen und können keine Personalvertretungsrechte wahrnehmen. Das ist für uns nicht nachvollziehbar. Deswegen wollen wir mit diesem Antrag, dass diese wichtige Gruppe von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an den Wahlen zu den Personalvertretungen teilnehmen darf oder dass analog zu dem, wie es in anderen Bundesländern für andere Sendeanstalten geregelt ist, eine offizielle Freienvertretung gegenüber dem Sender die Rechte der freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vertreten kann.

Eine ausgewogene und gleichberechtigte Personalvertretung aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des NDR ist uns wichtig. Ich freue mich auf die sich anschließenden Ausschussberatungen auch im Unterausschuss „Medien“ zu diesem Thema, mit dem wir, so denke ich, die Personalvertretungsrechte einer großen Berufsgruppe stärken können. Den Menschen die Möglichkeit zu geben, mitzubestimmen, ist für uns immer ein wichtiger Punkt.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Dr. Saipa. - Für die CDU-Fraktion erteile ich das Wort dem Abgeordneten Rainer Fredermann. Bitte, Herr Kollege Fredermann!