Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! So richtig froh kann man gar nicht darüber sein, dass wir diesen Antrag hier beschließen. Es ist zwar ein gutes Zeichen, dass wir das einvernehmlich machen werden, besser wäre es aber natürlich gewesen, dass die Notwendigkeit dieses Antrags überhaupt nicht bestünde.
Wir müssen an dieser Stelle aber auch ehrlich miteinander sein und feststellen, dass sich regelmäßig Abgründe auftun, wenn entsprechende Straftaten, die gegen Kinder verübt worden sind, aufgedeckt werden. Wenn sich jeder, der durch die Berichterstattung von den Datenmengen erfährt, die dort zum Teil beschlagnahmt werden, einmal vorstellt, was das - in Minuten gerechnet - an sexuellem Missbrauch und Gewalt gegenüber Kindern bedeutet, wird er feststellen, dass wir hier ein Problem haben.
Und ja, das Hinschauen ist wichtig. Das Hinschauen ist für uns wichtig, das Hinschauen ist für alle Beteiligten im Bereich der Kinder- und Jugendarbeit von der Kita bis zum Sportverein wichtig, und es ist auch für die Jugendämter und die Jugendhilfeeinrichtungen wichtig. Genau da sehen wir auch einen Schwerpunkt, der sich auch aus dem Bericht
Es ist nämlich das eine, die Theorie, wie etwas funktionieren sollte, aufzuschreiben. Ich glaube, für uns als Enquetekommission wird ein Hauptaugenmerk auch darauf liegen, wie die Jugendämter eigentlich aufgestellt sind, um diese Theorie dann auch tatsächlich in die Praxis umzusetzen.
Ich kenne einen Fall, bei dem es um körperliche Gewalt gegenüber Kindern ging. Dort haben besorgte Nachbarn tatsächlich das Jugendamt angerufen. Deren Frage war dann nicht „Was machen wir, was für ein Fallmanagement wenden wir an?“, sondern die Frage war: „Woher haben Sie eigentlich diese Durchwahl?“ Nach den Erfahrungen, die wir aus dem Bericht haben, mache ich dafür gar nicht zwingend die einzelnen Mitarbeiter in den Jugendämtern verantwortlich.
Ich glaube, was wir lange Zeit unterschätzt haben, ist die Dimension von sexuellem Missbrauch und von Gewalt gegen Kinder. Und was wir lange Zeit unterschätzt haben, ist der Bedarf an Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Jugendamt. Denn wenn Menschen hinsehen und etwas melden, müssen sie sich gewiss sein können, dass danach auch etwas passiert. Und dafür zu sorgen, ist insbesondere die Aufgabe des Niedersächsischen Landtags. Da machen wir uns jetzt auf den Weg, damit am Ende nicht nur hingeschaut, sondern auch gehandelt wird. Nicht nur die Theorie muss stimmen, sondern am Ende auch die praktische Umsetzung.
Ich bin dankbar, dass wir uns jetzt auf den Weg machen, und hoffe, dass wir mit dieser Enquetekommission Rahmenbedingungen schaffen können, die trotz des hohen Rechts der Erziehung für die Eltern, trotz des hohen Rechts des Schutzes der Familie, trotz des hohen Rechts des Schutzes der Privatsphäre dafür sorgen, dass der Kinderschutz immer noch wichtiger ist als die anderen Schutzbelange. Denn die Kinder müssen das höchste Schutzgut überhaupt sein. Und deswegen lassen Sie uns gemeinsam in dieser Enquetekommission daran arbeiten, dass das auch in der Praxis in Niedersachsen umgesetzt werden kann.
so entscheiden möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Gibt es Enthaltungen? - Das ist auch nicht der Fall. Dann haben Sie einstimmig so beschlossen.
Tagesordnungspunkt 33: Erste Beratung: Aus Covid-19 lernen - Erfahrungen für zukünftige Pandemieplanung nutzen - Sonderausschuss zur Corona-Pandemie einsetzen - Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion der CDU, der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion der FDP - Drs. 18/7360
Jetzt könnte ich den Tagesordnungspunkt schließen, aber ich frage höflicherweise, ob jemand eine Wortmeldung abgeben möchte.
Dann gehen wir davon aus, dass Herr Siebels seine Wortmeldung jetzt vorbeibringt und dann auch gleich das Wort erhält. - So, jetzt haben wir schon zwei.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dass ich mich nicht gemeldet habe, war allein der Tatsache geschuldet, dass ich nicht unhöflich sein wollte. Es hätte ja sein können, dass jemand anderes zuerst zu dem Antrag hätte reden wollen.
Ich darf mich zunächst einmal ganz herzlich bei der CDU - selbstverständlich -, bei Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und auch bei der FDP dafür bedanken, dass es gelungen ist, diesen Antrag so zu einen, wie er Ihnen heute vorliegt. Ich glaube, das ist ein gutes Signal.
Meine Damen und Herren, die Corona-Pandemie hält uns bis heute in Atem. Es vergeht keine Plenarsitzung - und ich vermute, auch keine Ausschusssitzung - hier im diesem Haus, in der der Begriff „Corona“ nicht mindestens einmal pro Sitzung fällt, weil er einfach alle Bereiche des gesellschaftlichen und auch alle Bereiche unseres parlamentarischen Lebens beeinflusst. Seit März dieses Jahres haben wir Einschnitte in allen Bereichen, wie wir sie in unserem Land Niedersachsen, aber auch darüber hinaus, seit Jahrzehnten nicht hatten.
Es ist aus meiner Sicht - ich habe den Eindruck, dass darüber Einigkeit in diesem Haus besteht - undenkbar, dass eine solche Situation nicht auch zu einer parlamentarischen Nachbereitung führen würde. Ich halte es vielmehr für zwingend erforderlich, dass das gemacht wird. Deshalb mein herzlicher Dank an alle vier Fraktionen, dass es diese Einigung so hat geben können.
Ursprünglich - das unterscheidet sich ein bisschen vom Thema - gab es auch gewisse Initiativen, eine Art Corona-Begleitausschuss zu schaffen. Das war eine andere Kategorie. Da war beabsichtigt, sozusagen das laufende Geschehen zu begleiten. Das steht an dieser Stelle nicht im Vordergrund.
Vielmehr steht hier im Vordergrund, Erkenntnisse zu sammeln, sie auszuwerten und vor allen Dingen, meine Damen und Herren, Lehren für die Zukunft zu ziehen - und das tatsächlich in allen Bereichen. Alle Ministerien werden also am Ende damit befasst sein.
Meiner Fraktion geht es jedenfalls nicht vorrangig darum, der Regierung Fehler nachzuweisen, sondern aufzuarbeiten. Aber - auch das will ich ganz deutlich sagen; es wird sich gar nicht vermeiden lassen; das liegt in der Natur der Sache - nach meiner Einschätzung kann es sehr wohl auch Aufgabe eines solchen Corona-Sonderausschusses sein, Fehleinschätzungen zu erkennen - Fehleinschätzungen, die man mit dem Wissen von heute aufdecken kann.
Irgendwer hat im Verlauf der vergangenen Plenardebatten einmal ein Zitat gebracht. Leider habe ich vergessen, von wem es ist. Aber ich habe es mir jedenfalls gemerkt: Wenn man alles wüsste, würde man alles richtig machen.
Dieser Ausspruch beschreibt diese Situation. Im Verlauf der vergangenen Monate haben wir alle miteinander - auf allen politischen Ebenen - dazulernen müssen. Das bedeutet logischerweise, dass man aus der Perspektive von heute, wenn man auf die Ereignisse im März und April 2020 zurückblickt, an gewissen Stellen wird erkennen müssen, dass es Fehleinschätzungen gegeben hat.
Auch das ist selbstverständlich Bestandteil dieses Ausschusses, aber - jedenfalls aus meiner Sicht - weniger um irgendwo den Finger in die Wunde zu legen, sondern immer mit der Prämisse, dass es darum geht - so ist das bei den Aufgaben unter Punkt 2 b schriftlich fixiert -,
Wenn man beschreibt, was die Pandemie in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens mit uns gemacht hat, dann, glaube ich, ist es richtig, angemessen und natürlich, auch die parlamentarische Arbeit selbst in den Fokus zu nehmen: Wie ist das eigentlich gelaufen? Was muss man an dieser Stelle tun?
Wir haben hier schon gestern miteinander über eine Geschäftsordnungsänderung - eine Fristverlängerung - gesprochen und dann auch darüber abgestimmt: dass wir Videokonferenztechnik in Ausschusssitzungen zunächst - erst einmal nur befristet - weiter zulassen.
Natürlich war auch die parlamentarische Arbeit unter den Pandemiebedingungen gewissen Einflüssen unterworfen. Über Wochen hinweg war auch unsere parlamentarische Arbeit jedenfalls beeinträchtigt. Das, glaube ich, darf man mit Stand von heute wohl sagen.
Man kann sogar den ganz großen Bogen schlagen; auch darüber haben wir gestern gesprochen, als es um die Frage der Öffentlichkeit von Ältestenratssitzungen ging: Man kann theoretisch sogar so weit gehen, sich die ganze Notstandsgesetzgebung nach Artikel 44 der Niedersächsischen Verfassung anzugucken. Denn wir haben in den Debatten - ich glaube, so viel darf ich berichten - gelegentlich gemerkt, dass die Mütter und Väter unserer Verfassung bei der Ausformung unserer Notstandsgesetzgebung eher Bomben- und Fliegeralarme im Kopf hatten als ein Pandemiegeschehen, unter denen eine Zusammenkunft zwar theoretisch erlaubt, aber zur Vermeidung weiterer Infektionen nicht möglich ist. Und ich glaube, die Mütter und Väter unserer Verfassung konnten damals noch nicht erkennen, dass es eines Tages denkbar sein würde, mittels digitaler Videokonferenztechnik zusammenzukommen.
Das bedeutet, dass wir uns natürlich auch die parlamentarische Arbeit angucken und Schlussfolgerungen erarbeiten wollen, wie in derartigen Krisensituationen parlamentarische Arbeit und die Beteiligung von Abgeordneten sinnvoll und effizient organisiert werden kann.
Meine Damen und Herren, wir haben uns eine Menge vorgenommen. Aber ich glaube, es ist richtig und angemessen, das parlamentarisch aufzu
arbeiten. Auch wenn es in diesem Haus unterschiedliche Betrachtungsweisen in der Frage gibt, ob bestimmte Entscheidungen richtig oder falsch, verhältnismäßig oder unverhältnismäßig waren, besteht Einigkeit darüber, in welchem Rahmen wir uns diese Aufarbeitung in den nächsten Wochen und Monaten - der Sonderausschuss soll seine Arbeit im Oktober 2020 aufnehmen, mit der Zielsetzung, sie im September 2021 abzuschließen - vornehmen wollen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vieles in diesem Entschließungsantrag halte ich tatsächlich für unbelegt, manches sogar für falsch.
Von einer zweiten oder dritten Krankheitswelle ist da etwa die Rede. Krank ist man jedoch erst dann, wenn man wenigstens geringe Symptome zeigt. - Eine übliche Definition beschreibt Krankheit als Störung der normalen Funktion eines Organs oder Körperteils, auch des geistigen und seelischen Wohlbefindens. Wenn Sie von einer Infektion nichts merken, dann sind Sie also - nach dieser Definition jedenfalls - nicht krank. So geht es - Gott sei Dank! - der überwiegenden Mehrzahl der positiv auf Corona Getesteten. Ich sehe bei objektiver Betrachtung der Infektionszahlen noch nicht einmal eine klare zweite Welle bei den Infektionen.
Als beim Fleischbetrieb Tönnies in NRW Hunderte von Infektionen auftraten, war die Berichterstattung sofort im Panikmodus. Aber wie viele der dort positiv Getesteten sind dann auch erkrankt? Wie viele haben Symptome gezeigt? - Sehen Sie: Das weiß gar niemand.
Trotzdem halte ich es nicht für falsch, sich als Gesellschaft generell auf mögliche Katastrophen vorzubereiten, sei es ein flächendeckender Blackout, eine Flutkatastrophe oder - wie hier - eine Pandemie.
che Wirkung entfaltet haben; Herr Siebels hat es schon ausgeführt. Das begrüße ich, sofern wir offen an die Analyse herangehen und alle miteinander ehrlich sind, wenn wir feststellen, dass eine Maßnahme eben keine sinnvolle Auswirkung hatte. Ich bin nämlich sicher: Da wartet noch die eine oder andere Überraschung auf uns.
Ich möchte aber auch sichergestellt wissen, dass die wirtschaftlichen Aspekte - gerade für die Menschen mit geringem Einkommen - sehr genau analysiert werden. Ich rege daher an, die Fragen „Gab es eine besondere Belastung von Menschen mit geringem Einkommen durch die Maßnahmen der Politik? Wenn ja, welche? Und waren diese Maßnahmen dringend erforderlich?“ als eigenen Untersuchungspunkt in den Auftrag des Sonderausschuss aufzunehmen.
Denn dieser Punkt steht leider nicht im Antrag - was mich doch sehr wundert. Wir wissen doch alle, dass die Menschen von den Maßnahmen der Regierung auch in finanzieller Hinsicht sehr unterschiedlich betroffen sind. Für Beamte oder Abgeordnete läuft alles weiter wie bisher. Für den kleinen Selbstständigen hingegen heißt die Überschrift über das nächste Lebenskapitel: Ohne jedes eigene Verschulden möglicherweise Hartz IV.
Ich halte die Untersuchung dieses Punktes deshalb auch für ein Zeichen an das Volk: Wir sind für euch in diesem Parlament. Wir kümmern uns um eure Belange. Wir lassen die großen Verlierer dieser Corona-Maßnahmen nicht allein und nicht aus dem Blick. Wir wollen sie wenigstens bei einem späteren Pandemiegeschehen nur genau so weit belasten, wie es zwingend erforderlich ist.