Erstens haben Sie ja von allem genug. Das haben wir eben beim Applaus schon gemerkt: Es kann immer eine ganze Reihe von Leuten geben, die nicht mitklatschen, aber Sie haben eine ordentliche Mehrheit. Wenn sich ein paar von Ihnen über etwas ärgern, dann können sie hinausgehen.
Zweitens - auch das ist heute bei der Regierungserklärung sehr deutlich geworden - haben Sie genug Geld zur Verfügung, zumindest noch. Das liegt zum einen an der guten Wirtschaftslage und an der aktuellen Zinssituation. Zum anderen - jetzt kommt der Satz, bei dem Herr Hilbers aufmerkt - liegt das natürlich an der guten und sparsamen Arbeit der Vorgängerregierung.
Dieses Geld ist der Kitt, der die zwei Regierungen, die parallel vor sich hinarbeiten, zusammenhält. Wenn die CDU unzufrieden ist, kriegt sie einfach ein paar Posten mehr bezahlt: 100 Posten, fast ganz genau. One hundred Shades of GroKo sozusagen!
Meine Damen und Herren, Herr Ministerpräsident, wir konnte Ihren Ausführungen ja gerade sehr gut lauschen. Sie haben vor allen Dingen darüber gesprochen, wohin sie wieviel Geld geben wollen. Wenn man genau hinguckt, dann ist das mit der Finanzierung allerdings in weiten Teilen doch nicht so ganz geklärt. Wir sehen das bei der Gebührenfreiheit für Kindertagesstätten. Die Schecks, die Herr Hilbers mit lockerer Hand ausstellt, sind offenbar nur zur Hälfte gedeckt. Aber dafür reicht es für eine Nachricht, und die haben Sie gesetzt.
Der Rest kommt schon zusammen. Wir haben schon gehört: Geld aus Berlin ist immer willkommen. - Das ist hier übrigens schon verplant. Daraus machen Sie auch keinen Hehl. Meine Frage an Sie: Ist das wirklich die neue seriöse Haushaltsführung?
Moment mal! Bei all dem Wirbel um die Gebührenfreiheit vergisst man fast, wo die eigentlichen Probleme liegen. Der Ministerpräsident hat es eben gesagt: Kinder sind nicht alle gleich, sondern Kinder sind verschieden, und Kinder brauchen verschiedene Förderung. Ja! Diese brauchen sie aber vor allen Dingen sehr früh, sie brauchen sie schon in den Kindertagesstätten. Dafür wäre die Qualität wichtig gewesen. Aber dazu haben Sie im Wahlkampf ja nichts gesagt. Um die Qualität in den Kitas zu verbessern, bräuchte man mehr als nur Geld: Man bräuchte ein gemeinsames Konzept. Aber ich kann Ihnen sagen: Sie haben noch eine Chance, einem guten Konzept zuzustimmen. Es geht nämlich, wenn man es will und wenn man es kann.
Herr Ministerpräsident, Sie haben den denkwürdigen Satz gesagt: „Wir machen, was wir uns leisten können.“ Ich glaube, Sie können sich in den nächsten Jahren eine Menge leisten. Das Geld ist da, und in einer Großen Koalition kann man sich immer irgendetwas leisten. Nur, leider machen Sie nicht mehr als das, was Sie sich leisten können, und danach ist Schluss. Wenn man nur da richtig anpackt, wo man Geld lassen kann, dann ist das keine gute Politik.
Im Gegensatz dazu haben wir mit Rot-Grün in der letzten Legislaturperiode diszipliniert zusammengearbeitet. Wir haben - auch, wenn es manchmal schwerfiel - so lange miteinander diskutiert, bis wir alle uns hinter einem Antrag oder einem Gesetzentwurf versammeln konnten. Das war viel Arbeit, und das hat auch Nerven gekostet, aber es hat das Ergebnis verbessert.
Eine knappe Mehrheit hat uns natürlich auch für Abwerbeaktionen anfälliger gemacht. Sie, meine Damen und Herren, werden über so etwas sicherlich nicht stolpern. Dafür müssen Sie es in den nächsten fünf Jahren miteinander aushalten.
In der letzten Legislatur ist uns manchmal vorgeworfen worden, dass wir mit Geld nicht umgehen können. Ich habe noch eine sehr laute Stimme im Ohr. Herr Hilbers, ich glaube, wir haben das öfter von Ihnen gehört. Die schwarze Null haben Sie
Und warum? - Auch das ist uns mit diesem Nachtragshaushalt deutlich geworden: Weil Sie sich nicht vorstellen konnten, dass man langfristig plant. Sie konnten es sich damals nicht vorstellen, und Sie können es sich jetzt nicht vorstellen. Im Gegensatz zu Ihnen war Finanzminister Schneider ein eiserner Wächter des Haushalts.
Ich habe viel übrig für eigenwillige Koalitionspartner. Das weiß auch die SPD, das weiß auch Ministerpräsident Weil. Aber falls diesen ersten 100 Tagen tatsächlich noch 1 700 weitere folgen sollen, dann wünsche ich mir im Sinne Niedersachsens vor allem eines: Herr Weil, übernehmen Sie die Führung! Tragen Sie die Konflikte aus, anstatt sie mit Geld zuzuschütten!
Einigen Sie sich, anstatt Widersprüche zu ignorieren und mit Finanzen zuzukleistern! Machen Sie Ihre Politik besser, indem Sie eine gemeinsame Linie einfordern, anstatt mit kleinen Punkten - eigentlich sind es sogar ziemlich große Punkte - die Ministerien zu stärken! Das muss doch möglich sein, das haben wir doch auch geschafft. Wenn es so weitergeht, dann haben wir in fünf Jahren leere Kassen, einen riesigen Apparat in den Ministerien und fünf Jahre Stillstand hinter uns.
Gute Politik ist nicht immer teuer. Es würde nicht viel kosten, sich Maßnahmen zur Verbesserung der Luft in den Städten zu überlegen. Das Klimagesetz, über dessen Entwurf wir morgen diskutieren werden, wäre ein echter Fortschritt. Niedersachsen würde beweisen, dass es bereit ist, seinen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Zu diesem Thema haben Sie sich heute ausgeschwiegen - genauso übrigens wie zum Thema Landwirtschaft. Auch dort kann man ordnungspolitisch mehr erreichen: mehr gegen Überdüngung, mehr gegen Insektensterben und mehr gegen Grünlandschwund. Das kann nicht warten, weil man sich nicht über die Maßnahmen einig ist!
Meine Damen und Herren, ich erwarte nicht, dass Sie sich mögen. Ich erwarte von Ihnen keine Umarmungen; das will hier wohl niemand sehen. Sie müssen auch nicht bei jeder Entscheidung so tun,
als wäre es Ihre gemeinsame Idee gewesen. Aber was ich von Ihnen erwarte, ist: Geben Sie kein Geld aus, um Konflikte zuzuschütten, sondern bringen Sie mehr Stringenz in Ihr Regierungshandeln!
Vielen Dank, Frau Kollegin Piel. - Nun hat das Wort für die SPD-Fraktion Herr Kollege Siebels. Bitte!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst darf ich von Herzen unsere Fraktionsvorsitzende Hanne Modder entschuldigen, die leider erkrankt ist. Ich darf das mit einer schlechten Nachricht für die Opposition verbinden: Gehen Sie mal davon aus, dass sie bald in alter Kraft und Stärke wieder da ist, meine Damen und Herren!
Als „stolzer Parlamentarier“ - ausgerechnet ich, Frau Piel; „stolz“ möchte ich für mich nicht in Anspruch nehmen, aber „Parlamentarier“ stimmt - halte ich persönlich es für einen ganz normalen Vorgang, dass eine Regierung, die Exekutive, im Parlament Gesetzesinitiativen vorbringt. Deswegen halte ich das auch in Bezug auf das Feiertagsgesetz für völlig unproblematisch. Ich glaube, dass das Parlament am Ende angemessen darüber zu entscheiden hat.
Es macht mich betroffen, Frau Piel, dass Sie den Parlamentarischen Geschäftsführer der SPD-Fraktion kritisieren. Eigentlich ist die Regierungserklärung aus der Sicht der Opposition im Wesentlichen dafür da, die Regierung zu kritisieren, verehrte Frau Kollegin.
Ich möchte mich zunächst bei unserem Ministerpräsidenten Stefan Weil für seine Rede bedanken, die einen sehr guten Überblick über die Arbeit der ersten 100 Tage dieser Landesregierung gegeben hat. Auch vonseiten der SPD-Fraktion kann ich
festhalten, meine Damen und Herren: Diese Koalition, die vor der Wahl ja nicht so richtig eine Wunschkonstellation gewesen ist, funktioniert. Sie funktioniert sogar ausgesprochen gut. Ich darf mich an dieser Stelle - Herr Toepffer, Sie dürfen das stellvertretend weitergeben - ganz herzlich beim Koalitionspartner für die ausgesprochen gute, vernünftige und vertrauensvolle Zusammenarbeit bedanken.
Diese Zusammenarbeit steht im Gegensatz zu den politischen Irrungen und Wirrungen, die die politische Bühne in Berlin dominieren. Nicht zuletzt - daran darf man an diesen Tagen ruhig auch noch einmal erinnern - gab es ja die gescheiterten Verhandlungen über eine sogenannte JamaikaKoalition, der die FDP aus lauter Angst vor der eigenen Courage kurzfristig den Stecker gezogen hat. Herr Grupe, man könnte auch formulieren: Arbeitsverweigerung auf allen Ebenen!
Im Gegensatz zu der recht zähen Regierungsbildung im Bund haben wir hier bei uns in Niedersachsen in Rekordzeit eine handlungsfähige SPDgeführte Regierung auf die Beine stellen können, die bereits nach 100 Tagen wichtige politische Weichenstellungen vorgenommen hat. Die Bürgerinnen und Bürger erwarten von uns Politikerinnen und Politikern zu Recht, dass wir Lösungen für die dringenden politischen Fragen in diesem Land liefern. Dafür braucht es eine handlungsfähige Regierung mit einem klaren politischen Kompass. Hier bei uns in Niedersachsen haben wir eine solche Regierung, meine Damen und Herren.
Daran, dass diese Regierung handlungsfähig ist, besteht spätestens seit der Einbringung des Nachtragshaushaltes für das Jahr 2018 kein Zweifel mehr. Wir werden die Haushaltsdebatte am heutigen Tag noch führen. Ich will dieser Debatte nicht im Detail vorgreifen; aber einige Kennzahlen und Fakten müssen genannt werden, weil sie eindrucksvoll dokumentieren, was von der Landesregierung und den sie tragenden Fraktionen von SPD und CDU in nur 100 Tagen bereits geleistet wurde:
Die Landesregierung unter Führung unseres Ministerpräsidenten Stefan Weil hat innerhalb kürzester Zeit den Entwurf für einen Nachtragshaushalt vorgelegt, der Niedersachsen vor allem in den so
wichtigen Bereichen Bildung, Sicherheit und Digitalisierung - um nur die Schwerpunkte zu nennen, meine Damen und Herren - deutlich nach vorne bringt.
Als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten sind wir bei der letzten Landtagswahl mit einem zentralen politischen Projekt angetreten. Wir wollen, meine Damen und Herren, dass die Bildung unserer Kinder von der Kita bis zur Hochschule oder bis zur Meisterprüfung kostenfrei ist.
Das ist für uns eine Frage der Gerechtigkeit, und es ist gleichzeitig eine Frage der Zukunftsfestigkeit Niedersachsens.
Bereits in der letzten Legislaturperiode hatte die SPD-geführte Landesregierung die Studiengebühren abgeschafft. Das war ein erster wichtiger Schritt auf diesem Weg. Mit dem Nachtragshaushalt 2018, den wir noch heute in diesem Hohen Haus verabschieden werden, sorgen wir jetzt dafür, dass wir unserem selbstgesteckten Ziel der kostenfreien Bildung noch einmal ein ganzes Stück näherkommen. Wir werden die Kindergartengebühren in Niedersachsen bereits zum August 2018 abschaffen und damit Zigtausende Familien in diesem Land um mehrere Hundert Euro im Monat entlasten. Meine Damen und Herren, das ist ein Meilenstein.