All dies stellt einen wahren Kraftakt für alle Beteiligten dar. Ich nehme die Dringliche Anfrage gerne zum Anlass, allen Beteiligten noch einmal ganz ausdrücklich für ihr Engagement zu danken.
Meine Damen und Herren, wir werden vor Beginn der Sommerferien, und zwar nächste Woche, das Szenario vorstellen, von dem wir uns wünschen und erhoffen, dass es zum neuen Schuljahr eintritt. Wir werden auch darüber unterrichten, welche organisatorischen Voraussetzungen dafür erforderlich sind.
Drei Szenarien sind denkbar: erstens der eingeschränkte Regelbetrieb - das ist abhängig vom Schutz vulnerabler Gruppen -, zweitens ein hybrider Schulbetrieb unter einem erhöhten Infektions
geschehen und drittens erneute komplette Schulschließungen aufgrund einer, gegebenenfalls regional, erheblich erhöhten Infektionslage.
Auf Ebene der KMK haben die Länder das gemeinsame Ziel formuliert, dass der Regelbetrieb, soweit das Infektionsgeschehen es zulässt, mit Beginn des kommenden Schuljahres wieder aufgenommen werden soll. Dieses gemeinsame Vorgehen ist zu begrüßen. Es entspricht auch dem niedersächsischen Wunsch nach so viel Normalität wie möglich. Daher wird auch auf der Basis von Normalität geplant. Diese Klarheit, Handlungssicherheit und Planbarkeit sind wichtig für die Schulen, aber auch für Schülerinnen und Schüler sowie Eltern und Erziehungsberechtigte.
Ein Regelbetrieb ist allerdings nur dann möglich, wenn die Infektionszahlen es zulassen und die Abstandsregelung für die Schülerinnen und Schüler zugunsten sonstiger Hygienemaßnahmen entfallen kann. Das sind zwingende Voraussetzungen.
Die KMK hat dafür einen Rahmen definiert, den wir in Niedersachsen im Sinne der Schulen, der Lehrkräfte, der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und der Schülerinnen und Schüler ausfüllen werden. Dabei geht es auch darum, wie die Risikogruppen wirksam geschützt werden können. Das Konzept gilt es dabei ständig zu überprüfen und kontinuierlich, soweit nötig, an die dynamischen Entwicklungen anzupassen. Das wird auch über den Sommer hinweg gelten. Wir werden daher das Szenario, das nächste Woche vorgestellt wird, und den zugehörigen Leitfaden vier Wochen und zwei Wochen vor Beginn des Schuljahres 2020/2021 auf Umsetzbarkeit auf Basis der jeweiligen Situation überprüfen.
Ich erlaube mir eine kurze Anmerkung: Beim Verlesen der Dringlichen Anfrage hat die Kollegin Hamburg gesagt, „normalerweise“ plane man im Mai. Genau das ist der entscheidende Unterschied: Es ist eben nicht normal. Wir stehen vor anderen Herausforderungen, die andere Abläufe erfordern.
Derzeit diskutieren wir mit den Beteiligten, den Bildungsverbänden und den Vertretungen der Eltern und der Schülerschaft über möglichst gute und einvernehmliche Lösungen. Hierzu gilt es auch, die bisherigen Erfahrungen vernünftig auszuwerten, einen mutigen Blick nach vorne zu richten und vor allem die Expertise der Betroffenen und Beteiligten selbst zu hören. Ich habe mich deshalb sehr gefreut, dass die Verbände und Inte
ressenvertretungen sich auf meine Anfrage vom 15. Juni hin bereit erklärt haben, Erfahrungen, Wünsche und auch Forderungen einzubringen. Sie alle helfen uns, im Rahmen der Willensbildung der Landesregierung zu einem möglichst einvernehmlichen Weg zu kommen.
Es war und es ist für mich wichtig, dass der Schulbetrieb vorsichtig anläuft. Ziel muss zunächst sein, Schülerinnen und Schülern ihren Pflichtunterricht gemäß der Stundentafel zu erteilen. Mit Blick auf die vulnerablen Lehrkräfte und die nicht lehrenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist das eine anspruchsvolle Aufgabe. Übrigens gilt das selbstverständlich auch für die vulnerablen Risikogruppen in der Schülerschaft.
Besonders wichtig ist uns weiterhin, möglichst schnell und umfassend mit Blick aufs neue Schuljahr die Verlässlichkeit der Grundschulen zu sichern. Gerade die ganz jungen Schülerinnen und Schüler sind auf diesen verlässlichen Rahmen besonders angewiesen. In einem weiteren Schritt können dann die Zusatzangebote, Wahlunterricht und insbesondere der Ganztag, außerunterrichtliche Aktivitäten und die berufliche Orientierung in den Blick genommen werden. All dies ist dann auch Gegenstand der Szenarien.
Es muss dabei jedoch immer klar sein: Auch nach den Sommerferien wird das Virus nicht verschwunden sein. Für den Fall, dass sich die Infektionszahlen wieder erhöhen, werden wir trotz des Wunsches nach möglichst viel Normalität auch alternative Pläne benötigen, um schnell und flexibel reagieren und gegebenenfalls in ein anderes Szenario zurückfallen zu können. In diesem Fall werden dann wieder geeignete Maßnahmen - wie z. B. eine Kombination von Präsenzunterricht und Lernen zu Hause und die Rückkehr zu geteilten Lerngruppen - umzusetzen sein, auch um eine flächendeckende Schließung der Schulen zu vermeiden. Die Regelungen, die sich bisher bewährt haben - seien es die Erlasse für das Lernen zu Hause oder die Vorgaben zur Leistungsbewertung -, werden derzeit weiterentwickelt und auf das kommende Schuljahr angepasst.
Meine Damen und Herren, es ist eine anspruchsvolle Aufgabe, zu diesem Zeitpunkt die richtigen Empfehlungen für die Zeit nach den Sommerferien zu geben. Hierzu gehört insbesondere, dass der Präsenzunterricht der Schulen stets im Einklang mit dem Infektionsschutz und den Hygienevorschriften stehen muss. Der Einhaltung der Hygienepläne kommt dabei eine besondere Bedeutung
zu. Die Regelungen beispielsweise zur Handhygiene oder zum Lüften werden wir aufrechterhalten. Je nachdem, wie wir den Schulbetrieb nach den Sommerferien aufnehmen, werden wir den Rahmen-Hygieneplan Corona Schule an das Infektionsgeschehen anpassen.
Keiner von uns weiß, in welcher Situation wir uns Ende August befinden werden. Deshalb entwickeln wir die verschiedenen Szenarien mit einer klaren Präferenz für das höchstmögliche und zu verantwortende Maß an Normalität. Es gilt aber auch danach, regelmäßig die Infektionslage zu bewerten und nötigenfalls Konsequenzen zu ziehen.
Szenario A (Regelbetrieb/eingeschränkter Regel- betrieb): Voraussetzung ist, dass das regionale Infektionsgeschehen einen Verzicht auf den Mindestabstand von 1,50 m zwischen Personen zulässt. Da erst seit dem 15. Juni 2020 alle Klassenstufen wieder beschult werden, kann eine belastbare Einschätzung unter Berücksichtigung der Inkubationszeit erst ab der 28. Kalenderwoche erfolgen. Bei einer Beschulung vollständiger
Schulklassen ist der Mindestabstand nicht mehr einzuhalten. Zur Kompensation des Wegfalls des Mindestabstands werden dann die übrigen Hygienemaßnahmen entsprechend deutlich anzupassen sein.
Szenario B (Schulbetrieb unter einem erhöhten Infektionsgeschehen): Wenn das regionale Infektionsgeschehen den Regelbetrieb nicht mehr zulässt - so wie wir es nach Wiedereröffnung der Schulen erlebt haben -, sind die im RahmenHygieneplan Corona Schule vorgesehenen Abstands- und Hygieneregeln wieder anzuwenden, um den Infektions- und Gesundheitsschutz in einem umfassenderen Fall zu gewährleisten, aber gleichzeitig eine vollständige Schließung von Schulen zu vermeiden. Dann gilt u. a. wieder: Unterricht in geteilten Lerngruppen, Wechsel von Präsenzunterricht und Lernen zu Hause sowie entsprechende Mindestabstände.
Szenario C (komplette Schulschließungen): Sofern wir uns in einer Situation ähnlich der im März befinden, sind auch komplette Schulschließungen - zumindest lokal bzw. regional - nicht auszuschließen. Das würde nach demselben Verfahren stattfinden, wie wir es bisher kennen, nämlich nach
Zur Frage 2: Das Schuljahr 2020/2021 stellt das Land durch den doppelten Abiturjahrgang bekanntlich vor große Herausforderungen, die durch die Corona-Pandemie verstärkt werden. Zur Sicherung der Unterrichtsversorgung im kommenden Schuljahr wurden daher insgesamt fünf Erlasse versendet:
Erlass 1 vom 23. Juni 2020 betrifft den Stundenpool in den Jahrgängen 5 bis 10. Nach intensiver Abwägung aller Argumente haben wir uns entschieden, die Poolstunden für das Schuljahr 2020/2021 um ein Fünftel einzuschränken. Diese Maßnahme dient einmalig dazu, die vorhandenen Lehrkräftestunden stärker für den Pflichtunterricht nach Stundentafel einzusetzen. Bei der Verteilung der den Schulen zur Verfügung stehenden Lehrkräftestunden setzen wir auf die bewährte Eigenverantwortung der Schulen. Die verbleibenden Poolstunden, die u. a. der schuleigenen Schwerpunktsetzung dienen, wie z. B. für wahlfreien Unterricht und Arbeitsgemeinschaften, können die Schulen weiterhin flexibel in den Schuljahrgängen 5 bis 10 einsetzen. Die Berechnung der Zusatzbedarfe insbesondere für den Ganztag und für die Inklusion sind dabei nicht angetastet. Die Ressourcen stehen also zur Verfügung und können entsprechend eingesetzt werden.
Erlass 2 vom 23. Juni 2020 betrifft die Klassenneubildung in allen Schuljahrgängen. Er hätte befristet für das Schuljahr 2020/2021 ermöglicht, in allen Schuljahrgängen die Klassen nach der für die jeweilige Schulform geltenden Schülerhöchstzahl neu zu bilden, wurde jedoch durch den Folgeerlass vom 26. Juni 2020 (Erlass 3) aufgehoben. Es gelten somit die Regelungen zur Klassenbildung unverändert fort.
Nr. 4 vom 23. Juni 2020, der mit dem Schulverwaltungsblatt 08/2020 veröffentlicht wird, betrifft den Quereinstieg. Er beinhaltet als wesentlichen Bestandteil die Erleichterung des Quereinstiegs für das Lehramt an Haupt- und Realschulen für Absolventinnen und Absolventen eines Masterstudiengangs einer staatlich anerkannten Fachhochschule. Damit wird das Einstellungsverfahren unterstützt.
Für die Nachprüfung von Schülerinnen und Schülern bedurfte es darüber hinaus einer klarstellenden Regelung, die ebenfalls per Erlass erfolgte.
Der Erlass 5 vom 4. Juni 2020 regelt daher den Anspruch der Schülerinnen und Schüler auf Teilnahme an Nachprüfungen in Abweichung zur Verordnung über den Wechsel zwischen Schuljahrgängen und Schulformen allgemeinbildender
Schulen auch für Fächer, in denen in den vorausgegangenen zwei Zeugnissen die Note „mangelhaft“ oder „ungenügend“ erteilt wurde. Daneben haben auch Schülerinnen und Schüler des 5. bis 9. Schuljahrgangs, die bereits im vorausgegangenen Schuljahr nicht versetzt worden sind oder bereits einmal infolge einer Nachprüfung versetzt worden sind und die wegen mangelhafter Leistungen in zwei Fächern nicht versetzt werden, einen Anspruch auf Teilnahme an einer Nachprüfung.
Schule für den Sportunterricht. Das ist, formal betrachtet, kein Erlass, sei aber der Vollständigkeit halber trotzdem aufgeführt. Diese Ergänzung wurde vom Kultusministerium gemeinsam mit dem Landesgesundheitsamt in Abstimmung mit der Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände Niedersachsens sowie den für Schulen zuständigen Trägern der Gesetzlichen Unfallversicherung in Niedersachsen herausgegeben. Die Ergänzungen erläutern, dass der Sportunterricht kontaktlos unter Beachtung von Hygienemaßnahmen durchzuführen ist. Sie führen zudem aus, welche Sportarten und Bewegungsformen in welcher Form möglich sind und welche Einschränkungen die Sportlehrkräfte beachten müssen.
Zur Frage 3: Das Kultusministerium steht seit Beginn der Corona-Pandemie in engem Austausch mit den bildungspolitischen Verbänden und Interessenvertretungen. Insbesondere im Hinblick auf die in der Beantwortung zur Frage 1 beschriebenen Szenarien wurden die Verbände und Interessenvertretungen frühzeitig einbezogen. Darüber hinaus gab es wiederholt Telefonate und Jour-fixeTermine zum Austausch.
Eine E-Mail-Abfrage des Ministeriums vom 15. Juni 2020 erbat sowohl Beurteilungen und Erfahrungen als auch Empfehlungen der Verbände und Interessenvertretungen zu den bisher gewonnenen Erkenntnissen in der Corona-Zeit und auch zu zukünftigen Szenarien nach den Sommerferien. Die Rückmeldungen der Verbände und Interessenvertretungen werden in der Entwicklung der Szenarien berücksichtigt und am 6. Juli in einer Videokonferenz im Rahmen des Forums „Eigenverantwortliche Schule“ gemeinsam erörtert werden. Unter Einbeziehung dieser Rückmeldungen werden nach
Abschluss der Willensbildung der Landesregierung die Szenarien und ein dazugehöriger Leitfaden präsentiert.
Danke sehr, Herr Minister. - Die erste Zusatzfrage für Bündnis 90/Die Grünen stellt Kollegin Julia Willie Hamburg.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Ich frage die Landesregierung, welche Voraussetzungen mit Blick auf das Infektionsgeschehen konkret erfüllt sein müssen, damit die von ihr genannten Szenarien jeweils eintreten.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will mich sozusagen von hinten nach vorne vorarbeiten. Die Entscheidung, Schulen komplett zu schließen - Szenario C -, hat das örtliche Gesundheitsamt zu treffen. Im März haben wir diese Maßnahme landesweit getroffen - das wäre die letzte Eskalationsstufe -, davor liegen regionale und lokale Entscheidungen aufgrund der jeweiligen Infektionslage.
Derzeit befinden wir uns im Szenario B (Schulbe- trieb unter einem erhöhten Infektionsgeschehen). Der Wechsel zum Szenario A (Regelbetrieb/er- weiterter Regelbetrieb) setzt eine landesweit stabile niedrige Infektionslage voraus, so wie wir sie seit längerer Zeit dankeswerterweise beobachten können. Die Erfahrungen, die wir gemacht haben, zeigen, dass wir mit den ergriffenen Maßnahmen den Gesundheits- und Infektionsschutz in den Schulen gewährleisten können. Die Erfahrungen sind bisher also positiv - wir warten die letzten Rückmeldungen noch ab. Wie gesagt: Auf dieser Basis und bei einer stabil niedrigen Infektionslage ist der Schritt in Richtung Regelbetrieb/erweiterter Regelbetrieb möglich.
Danke schön, Herr Minister. - Die erste Zusatzfrage für die FDP-Fraktion stellt der Kollege Björn Försterling.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung mit Blick auf das kommende Schuljahr, wie die für die Personalentwicklung relevanten Zahlen - Stellenbesetzungen und angestrebte Pensionierungen zum 31. Juli 2020 - zum jetzigen Zeitpunkt aussehen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann Ihnen mitteilen, dass zum jetzigen Zeitpunkt mehr als 1 660 der ausgeschriebenen Stellen besetzt sind. Das sind ungefähr 75 %. Das ist ein sehr guter Wert, auch im Vergleich zum Vorjahr. Das ist sehr erfreulich. Ich will aber auch nicht verschweigen, dass das in den nächsten Wochen noch so weitergehen muss.
Die Zahl der Pensionierungen im zweiten Halbjahr suchen wir noch heraus und reichen sie gleich nach.