Protocol of the Session on June 30, 2020

Wenn der Wind weht, bauen die einen Mauern, und die anderen bauen Windenergieanlagen. Diese Landesregierung hat sich gegen Mauern entschieden. Ziel muss es sein, den Anteil der erneuerbaren Energien zu erhöhen. Wer diese Entwicklung behindert, wird mit steigender Abhängigkeit von Energieimporten und letzten Endes auch mit Atomkraft bestraft. Das ist unsere feste Überzeugung. Darum sagen wir: Der Windkraftausbau muss forciert werden.

Herr Wirtz, diese Anträge, die Sie immer wieder stellen, um den Windenergieausbau zu blockieren und zu verhindern - das sind wir gewohnt; damit habe ich begonnen -, können Sie zusammenfalten und in Ihre nassen Stiefel stopfen. Dann haben sie wenigstens einen Sinn.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD - Widerspruch bei der AfD)

Vielen Dank Ihnen. - Als nächster Redner ist der Kollege Horst Kortlang von der FDP-Fraktion vorgesehen.

Herr Kortlang, bevor Sie kommen, würde ich gerne eine etwas umfangreichere Änderung der Tagesordnung bekanntgeben, auf die sich die Parlamentarischen Geschäftsführer geeinigt haben.

Wir werden nach diesem Tagesordnungspunkt 12 mit den Tagesordnungspunkten 31 und 32 weitermachen. Auf sie folgen die Tagesordnungspunkte 36 bis 40, die eigentlich für morgen vorgesehen waren. Dann fahren wir in der heutigen Tagesordnungsordnung mit den Punkten 13 bis 18 fort. Das verkürzt morgen das Plenum. - Vielen Dank an die Parlamentarischen Geschäftsführer für diese Einigung.

Jetzt fahren wir in der Beratung fort. Sehr geehrter Abgeordneter Kortlang, Sie haben das Wort für die FDP-Fraktion. Bitte!

Verehrtes Präsidium! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! „Mensch und Wald vor unkontrolliertem Windkraftausbau schützen! 1 000 m Mindestabstand für Niedersachsen festlegen!“: Ich frage mich, liebe Kollegen der AfD, was Sie mit diesem Antrag eigentlich erreichen wollen. Nehmen Sie doch bitte einmal zur Kenntnis: Deutschland hat sich zu den Klimabeschlüssen von Paris bekannt und sich verpflichtet, alle Maßnahmen zu ergreifen,

um das Unter-1,5-Grad-Ziel tatsächlich einzuhalten.

Gut, Sie mögen die menschengemachten Ursachen bestreiten. Aber die weit überwiegende Mehrheit der Wissenschaftler sowie Bürgerinnen und Bürger, die sich mit den Ursachen und Folgen beschäftigen, ist sich sicher, dass es diesen Zusammenhang gibt.

In der Konsequenz heißt das, dass in Deutschland in allen Sektoren kein fossiles Kohlendioxid mehr freigesetzt werden darf, und zwar möglichst schnell. Noch vor 2050 müsste das Null-Emissions-Ziel erreicht sein. Das ist schon eine Menge Arbeit. Und für alle anderen klimaaktiven Gase - z. B. Methan und Lachgas - braucht es eine drastische Reduktion oder Kompensation.

Unser ganzes Leben, meine Damen und Herren, ist auf Energieeinsatz aufgebaut. Welche Quellen stehen uns theoretisch und praktisch zur Verfügung?

CO2-Abscheidung und -Speicherung wäre zwar eine Sache. Wenn man nach den Fachleuten geht, den Professoren zuhört und sich der Sache nähert, wird einem aber klar: Wir brauchen die CO2Speicherung entweder direkt aus der Luft oder über nachwachsende Rohstoffe, also Biomassequellen.

Den Kohleausstieg haben wir längst beschlossen. Fossile Quellen werden daher zukünftig immer weniger und bis 2050 gar nicht mehr zu verwenden sein. Uniper hat verkündet, alle Steinkohlekraftwerke bis 2025 stillzulegen - sicher auch, weil sie in den letzten Jahren kaum Geld verdient haben. Ab 2031 wird auch kein Braunkohlekraftwerk mehr Geld verdienen. Nach Marktregeln würden sie dann stillgelegt werden.

Aus der Kernspaltung haben wir uns aus gutem Grund verabschiedet - Ende 2022. Die Endlagersuche ist noch lange nicht zum Abschluss gekommen; wir sind immer noch dabei. Grundsätzlich ist auch das spaltbare Material begrenzt. Das ist bei der Kernfusion anders. Strom liefernde Fusionskraftwerke wird es aber frühestens im kommenden Jahrhundert geben.

Es bleiben also nur die sogenannten erneuerbaren Energien. Und das sind die, meine lieben Kollegen der AfD, vor denen Sie die Menschen bewahren wollen. Es sind nämlich Photovoltaik, Windkraft, Wasserkraft, Geothermie, Solarthermie und Biomasse.

(Zuruf von der AfD)

- Das können Sie nicht abstreiten.

Keine der erneuerbaren Energien kann uns alleine die nötige Energie liefern. Nur ein guter Mix, für den wir als FDP uns immer aussprechen, aller erneuerbaren Energien kann die Importabhängigkeit bezüglich unserer Energie, die wir brauchen, um unser Wirtschaftswachstum zu erhalten, mindern.

Meine Damen und Herren, um es zusammenzufassen: Wir brauchen den Ausbau der Windenergie. Allerdings braucht es dafür die Akzeptanz bei den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort - das haben wir immer gesagt -, also dort, wo der Wille ist, wo man mitgeht und wo man sagt: Ja, wir haben Interesse, dort Windparks zu installieren, offshore oder onshore.

Daher werden wir als FDP dem Votum des Ausschusses folgen und damit Ihren Antrag, verehrte Kollegen der AfD, ablehnen müssen.

Danke fürs Zuhören.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Kortlang. - Für die CDU-Fraktion hat sich der Abgeordnete Martin Bäumer zu Wort gemeldet. Bitte, Herr Bäumer!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich vermute, dass ich mehr Redezeit habe als die 1:26 Minuten, die hier gerade stehen.

Herr Bäumer, ganz kurz zur Korrektur: Das stimmt in der Tat nicht. Sie haben nämlich fünf Minuten angemeldet. Ihre Uhr ist aber eben für die FDP abgelaufen.

(Jörg Bode [FDP]: Das haben wir ger- ne gemacht!)

Das macht aber gar nichts. Wir haben das hier oben unter Kontrolle. Ich weiß, dass Sie fünf Minuten haben, und werde Sie auch vorher nicht anklingeln. Bitte schön!

Da habe ich, liebe Präsidentin, volles Vertrauen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich starte einmal mit einer These. Wären die Steinzeitmen

schen, wenn es die AfD damals schon gegeben hätte, aus ihrer Höhle herausgekrochen? Hätten sie es gewagt, hinauszugehen, nach da draußen, wo das Mammut und der Säbelzahntiger lauern, wo Blitze, Donner und Feuer sind? - Ich glaube, nicht. Denn die AfD - und das ist die Strategie des Kollegen von der AfD - findet ständig an irgendwelchen Dingen Sachen und sagt: Aus dem und dem Grund können wir das alles nicht machen. Deswegen lehnen wir das ab.

Aber eines - das habe ich hier schon mehrfach gesagt - habe ich von den Kollegen dort drüben noch nie gehört, nämlich eine Strategie, wie man es denn machen kann. Sie wissen immer nur, was nicht geht. Das, was geht, haben Sie hier bislang noch nicht erzählt.

(Beifall bei der CDU)

Denn jedes menschliche Handeln, meine sehr geehrten Damen und Herren, hat Konsequenzen. Wenn Sie nach Erdgas bohren, wackelt schon mal die Wand. Wenn Sie nach Erdöl bohren, landet schon mal Öl im Wasser oder im Meer und verschmutzt die Vögel. Wenn Sie Kohle abbauen, brauchen Sie Tagebaue, für die unter Umständen auch Wälder verschwinden müssen. Wenn Sie mit Kernenergie hantieren, kann es schon mal Tschernobyl oder Fukushima geben.

All das, was der Mensch tut, hat Konsequenzen. Wir tun gut daran, zu überlegen: Welche Konsequenzen wollen wir akzeptieren?

Weil wir mit den Beschlüssen von Paris anerkannt haben, dass es mit den CO2-Emissionen nicht mehr so weitergehen kann, haben wir alle, die gesamte Staatengemeinschaft, uns auf den Weg gemacht und gesagt: Wir wollen, dass das System, wie wir Energie erzeugen, anders wird. - Deswegen hilft uns Ihr Antrag, den Sie hier vorgelegt haben, überhaupt nicht.

Allein schon die Überschrift ist himmelschreiend falsch. Es gibt keinen unkontrollierten Windkraftausbau. Kaum ein Feld in diesem Land ist so stark geregelt wie der Windkraftausbau. Es werden ganz viele Verfahren geführt. Es werden ganz viele Beteiligte gefragt. Es werden die Arten ermittelt. Es gibt Artenschutzleitfäden. Es gibt Windkrafterlasse. All das gibt es. Das ist doch nicht unkontrolliert! Allein schon wegen der Überschrift müsste man diesen Antrag also ablehnen.

Als wir das damals im Plenum diskutiert haben, habe ich versucht, den Kollegen folgende Tatsache zu erklären: Wenn man die Menschen schüt

zen und den Abstand zu den Menschen vergrößern will, dann muss man irgendwohin. Aber wenn Sie den Weg gehen, zu sagen, dass Sie mehr Abstand zu den Menschen und auch noch mehr Abstand zum Wald wollen, dann bleibt am Ende nichts.

Daher gilt das, was der Kollege Bosse vorhin gesagt hat: Die AfD will keine Windenergie. Sie will keine erneuerbaren Energien. Sie will das gar nicht. Sie verweigert sich an dieser Stelle der Zukunft.

(Wiard Siebels [SPD]: So ist es!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es gibt bundesweit über 2 000 Windkraftanlagen im Wald. Sechs davon stehen in Niedersachsen. Mir persönlich ist nicht bekannt, dass in anderen Bundesländern bislang die Welt untergegangen wäre, nur weil man dort Windkraftanlagen im Wald gebaut hat.

Neulich war ich mit dem Kollegen Schünemann im Dreiländereck Hessen/Nordrhein-Westfalen/Nie

dersachsen in der Nähe von Würgassen. Wenn Sie dort an dem Weserblick stehen, stellen Sie fest: Auf der anderen Seite der Weser stehen Windkraftanlagen im Wald. Da leben auch Menschen. Da geht die Welt aber nicht unter.

Warum sollen wir denn nicht darüber nachdenken, Windkraftanlagen im Wald zu bauen? 25 % der Landesfläche bei uns sind Wald. Man kann doch in aller Ruhe darüber nachdenken, dort Windkraftanlagen zu bauen.

Niemand, auch in der CDU-Fraktion nicht, will Windkraftanlagen in wertvollen Buchenwäldern. Aber wir alle erleben doch dort draußen, dass sich wegen der Trockenheit der Jahre 2018, 2019 und 2020 der Borkenkäfer vermehrt, das Nadelholz abstirbt und der Waldbauer vor der Frage steht: Mit welchem Geld räume ich jetzt die Fläche und forste sie wieder neu auf? Das kostet pro Hektar ca. 10 000 Euro. Es ist eine gute Idee, die Zeit zu nutzen, bis die Bäume größer werden. Bei Bäumen dauert es ja Gott sei Dank länger als bei Parteien, dass sie größer werden. In dieser Zeit kann man diese Flächen wunderbar für Windenergie nutzen.

Deswegen glaube ich, dass wir eine große Offenheit für Windkraftanlagen im Wald brauchen. Wir als CDU-Fraktion sind dafür. Wir stehen zur Zukunft. Die AfD will das nicht. Deswegen lehnen auch wir diesen Antrag ab.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU sowie Zustim- mung bei den GRÜNEN und von Mar- cus Bosse [SPD])

Vielen Dank, Herr Bäumer. Das war eine absolute Punktlandung mit fünf Minuten, obwohl Sie keine Uhr dort vorne hatten. Vielen Dank auch für Ihr Verständnis. - Von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen liegt uns eine Wortmeldung der Abgeordneten Imke Byl vor. Bitte schön, Frau Byl!