Arzneimittelversorgung in Niedersachsen sicherstellen! - Antrag der Fraktion der AfD - Drs. 18/6111 neu
Zur Einbringung hat sich für die AfD-Fraktion der Kollege Stephan Bothe gemeldet. Bitte sehr, Herr Kollege!
Diese Worte der Pharmazeutin Frau Professor Ulrike Holzgrabe in einer ZDF-Dokumentation treffen im Grunde den Nagel auf den Kopf. Laut Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte sind aktuell fast 440 Humanarzneimittel - Impfstoffe sind darin nicht berücksichtigt - von Lieferengpässen betroffen. Dies betrifft vor allen Dingen Schmerzmittel, Antibiotika und Antidepressiva.
Aber welche Erkenntnisse liegen in diesem Bereich eigentlich auf der Hand? Wo liegen die Ursachen? - Die erste Erkenntnis ist, dass die in Fernost wesentlich günstiger produzierten medizinischen Wirkstoffe einer starken Marktkonzentration unterliegen. Das bedeutet, dass es teilweise nur zwei oder drei Hersteller gibt, die unter niedrigen Regularien und Auflagen quasi konkurrenzlos die ganze Welt beliefern. Das bedeutet für uns in Deutschland, dass Patienten - auch solche mit ernsthaften und lebensbedrohlichen Erkrankungen - nun auf ihren Wirkstoff oft lange warten müssen.
Als zweite und noch viel gravierendere Erkenntnis aus der Corona-Krise sehen wir nun, dass die Abhängigkeit von Nicht-EU-Ländern bei lebensnotwendigen Gütern wie Medikamenten oder Schutzausrüstung im Krisenfall eine Gefahr für die öffentliche Daseinsvorsorge darstellt.
Daher fordern wir als AfD-Fraktion in unserem Antrag, dass die Landesregierung auch hier in diesem Bereich tätig wird und hier, abgesehen von Verlautbarungen oder Pressemitteilungen, auch den Ernst der Lage erkennt. Dringend benötigte und ärztlich verschriebene Medikamente sind in Niedersachsen und bundesweit nicht oder in nicht ausreichendem Maße verfügbar, Herr Kollege Meyer. Die Gesundheit unserer Bürger ist dadurch gefährdet.
Fangen wir also endlich an, die heimischen Produkte und Veredelungen von Wirkstoffen zu schützen, zu fördern und hier vor Ort auszubauen! Niedersachsen sollte dabei auch aufhören, sich immer wieder hinter dem Bund, der EU oder StakeholderGruppen zu verstecken und so lange abzuwarten, bis diese dann irgendwann Entscheidungen treffen - Entscheidungen, die mitunter die Situation noch verschärfen.
Was wir brauchen sind klare Maßnahmen zur Rückgewinnung der Kontrolle über die Arzneimittelversorgung. Lebensnotwendige Wirkstoffe müssen dauerhaft wieder in der EU, in Deutschland und sogar im besten Fall hier in Niedersachsen produziert und veredelt werden.
Daher fordern wir als AfD-Fraktion die Landesregierung auf, gemeinsam mit der hiesigen Pharmaindustrie, Forschungsinstituten, Universitäten und Hochschulen Möglichkeiten zu prüfen - und dann aber auch umzusetzen -, um die Erforschung von Produkten sowie die Veredelung von pharmazeutischen Wirkstoffen in Niedersachsen zu ermöglichen und natürlich auch zu fördern. Es ist einfach nicht länger hinnehmbar, dass Patienten für die Fehler der Bundesregierung bezahlen müssen.
Die Umstellung auf teure Ersatzmedikamente, die mehrfache Zuzahlung der Rezeptgebühren bei Aufteilung auf kleinere Packungen oder der extrem verteuerte Preis von Medikamenten, die von Herstellern geliefert werden, die keinen Rabattvertrag mit der jeweiligen Krankenkasse geschlossen haben, sind alltägliche Belastungen für die Patienten und Kranken in unserem Land.
Werte Kollegen, am Ende ist uns auch klar, dass hier der Ball bei der Bundesregierung und beim Bundesgesundheitsminister liegt, nachvollziehbare und schnell wirksame gesetzliche Grundlagen zu schaffen, um den Mehraufwand der Patienten abzufedern. Aber bei der ganzen Diskussion muss auch klar sein, dass die von Minister Spahn angekündigte reaktive Meldepflicht und die Warnsysteme nicht im Ansatz ausreichen werden, um eine stabile und flächendeckende Versorgung mit Medikamenten in der Bundesrepublik sicherzustellen und Lieferengpässe durch Importabhängigkeiten vorzubeugen. Eine freiwillige Meldung in eine gesetzliche umzuändern, löst keine Probleme. Sie führt auch nicht dazu, dass mehr produziert wird.
und auch für die Konzentration der Herstellung auf wenige Betriebe war und ist der Kostendruck. Dadurch entstehen nun gravierend zutage tretende Abhängigkeiten vom Ausland.
Was wir brauchen, ist also eine radikale Wende. Wir müssen die Souveränität über die Arzneimittelproduktion endlich zurückgewinnen. Wir müssen lebenswichtige, aber auch alltäglich benötigte Arzneimittel wieder in Europa, in Deutschland und im besten Fall sogar hier in Niedersachsen produzieren. Arzneimittelsicherheit gehört in die Sicherheit des eigenen Landes.
Werte Kollegen, das ist kein Prozess, der von heute auf morgen vonstattengehen kann. Das ist auch uns klar. Aber das ist ein Prozess, der hier aus diesem Landtag gestartet werden und mit Zustimmung für unseren Antrag hier seinen Beginn finden kann.
Wenn hier vorne gereinigt worden ist, hat als Nächster der Kollege Volker Meyer für die CDUFraktion das Wort.
Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Kollege Bothe hat es angesprochen: Wenn man sich heute einmal die Datenbank des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte über aktuelle Lieferengpässe anschaut, wird man feststellen, dass es dort aktuell 424 Eintragungen gibt. Vor der Pandemie-Zeit waren es 270 Eintragungen.
Gehen deshalb die Erkrankten in Niedersachsen leer aus? Bekommen sie keine Medikamente, wenn sie zum Apotheker ihres Vertrauens gehen, so wie die AfD oder auch Herr Bothe es uns hier weismachen will? - Mitnichten ist dies der Fall. Denn in dem Antrag der AfD werden die Grenzen zwischen einem Lieferengpass und einem Versorgungsengpass völlig ignoriert. Dies sind zwei Be
Bei einem Lieferengpass kann ein bestimmtes Medikament eines Herstellers nicht in einer normalen Lieferzeit, nicht in einer gewünschten Packungsgröße oder auch nicht in einer bestimmten Darreichungsform ausgeliefert werden. Außerdem kann es dort zu Lieferschwierigkeiten aufgrund erhöhter Nachfrage kommen. Dies ist sicherlich - das ist von Ihnen beschrieben worden - für den Patienten ärgerlich. Es sorgt auch beim Apotheker für Mehraufwand, beeinträchtigt aber in den allermeisten Fällen nicht die Therapie, weil ein anderes Produkt zur Verfügung steht.
Bei einem Versorgungsengpass hingegen ist dies natürlich nicht möglich. Der behandelnde Arzt muss einen neuen Wirkstoff suchen, der die entsprechende Therapie unter Umständen beeinträchtigen kann, und es kann unter Umständen auch passieren, dass die Heilungschancen nicht ganz so sind wie bei dem Ursprungsmedikament. Solche Versorgungsengpässe gibt es in Deutschland äußerst selten. Die allgemeine Versorgungslage der Bevölkerung ist mit einer Verfügbarkeitsquote von 99,3 % bei über 100 000 Humanarzneimitteln sehr gut. Auf diese Versorgungslage können sich die Patientinnen und Patienten hier verlassen.
Also stellt sich erneut die Frage: Ist der AfD-Antrag geeignet, die Lieferengpassproblematik zu beseitigen? - Auch hier muss man eindeutig feststellen: Nein. In einer globalisierten Welt kann es für internationale Problemstellungen keine nationalen oder subnationalen Lösungen geben. Vielmehr muss man auf europäischer Ebene in Zusammenarbeit mit Partnerländern nachhaltig für eine gesicherte pharmazeutische Versorgung sorgen. Hier hat sich, gerade gestern wieder, unser Bundesgesundheitsminister Jens Spahn mit seinen europäischen Kollegen auf den Weg gemacht und wird dies mit Sicherheit auch zu einem Schwerpunkt der deutschen Ratspräsidentschaft machen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, aufgrund der Kürze der Zeit kann ich nicht auf die weiteren Fehleinschätzungen im AfD-Antrag eingehen. Klar ist jedoch: Ihre Vorschläge sind in keinster Weise geeignet, Lieferengpässe zu beseitigen. Ich wäre dafür, dass wir uns im Ausschuss gemeinsam darüber austauschen, welche wirklich geeigneten Maßnahmen wir ergreifen können, um nicht nur Lieferengpässe zu beseitigen, sondern
Vielen Dank, Herr Kollege Meyer. - Für die FDPFraktion kann sich jetzt schon Frau Kollegin Bruns startklar machen.
Vielen Dank. - Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich schließe mich inhaltlich den Ausführungen des Kollegen Meyer an. Ich möchte das noch ein bisschen ergänzen. Für mich ist das ein Antrag, der sich durch faktisches Handeln im Bund und im Land als inhaltlich obsolet erwiesen hat. Ich möchte das gerne an zwei Beispielen deutlich machen.
Unter Punkt 1 fordern Sie mehr Geld für Forschungsinstitute und Universitäten. - Soweit ich weiß - ich bin nicht der Verteidiger der Landesregierung -, sind dafür 10 Millionen Euro in den Haushalt eingestellt, die an das HZI, an die MHH und u. a. an das Primatenzentrum Göttingen fließen. Insofern ist schon mehr Geld im Haushalt vorgesehen, um das zu fördern. Man kann jetzt sagen, dass man immer noch eine Schippe hätte drauflegen können; aber zumindest 10 Millionen Euro sind vorgesehen.
Zu Punkt 2: Wenn Sie aufmerksam Zeitung gelesen haben, werden Sie das Fairer-Kassenwettbewerb-Gesetz kennen, das am 13. Februar 2020 im Bundestag beschlossen worden ist. Ich würde mich dazu gerne auf einen Punkt kaprizieren.
„sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass eine gesetzliche Grundlage geschaffen wird, um den finanziellen Mehraufwand der Patienten, der ihnen aufgrund der Lieferengpässe bei ärztlich verschriebenen Arzneimitteln entsteht, zu entschädigen,“
„Rabattarzneimittel: Sind Rabattarzneimittel aufgrund eines Engpasses in der Apotheke nicht verfügbar, sollen Apotheker künftig auch vergleichbare, nicht rabattierte Arzneimittel geben dürfen. Ist das verfügbare vergleichbare Arzneimittel teurer als der Festbetrag, trägt nicht der Versicherte die Mehrkosten, sondern die Krankenkasse.“
Vielen Dank, Frau Kollegin Bruns. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat sich die Kollegin Meta Janssen-Kucz zu Wort gemeldet.