Protocol of the Session on May 12, 2020

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Ich kenne jedenfalls ganz viele Statistiken, nach denen AfD-Vertreter, die ja die Rundfunkgebühren abschaffen wollen, überproportional viel in Talkshows sitzen und ihre Meinungen auch überproportional vorkommen.

(Wiard Siebels [SPD]: Genau! - La- chen bei der AfD und Zurufe von der AfD)

Das sind die Realitäten in der Wahrnehmung. Da können Sie gerne Ihre Statistiken anschauen.

Es bleibt aber dabei: Sie wollen nicht nur das öffentlich-rechtliche System abschaffen, Sie wollen ein ganz anderes Mediensystem. Ich könnte Ihnen ganz viele Beispiele nennen. Ihre AfD-Landtagskollegen in Sachsen führen öffentlich Listen von Journalisten, mit denen man nicht mehr redet. Darunter sind viele Tageszeitungen. Bei Ihren Parteitagen wird die Öffentlichkeit ausgeschlossen.

Sie sind diejenigen, die eben nicht wollen, dass man bei Ihnen kritische Nachfragen stellt. Sie wollen keine unabhängige Berichterstattung, und deshalb wollen Sie den öffentlich-rechtlichen Rundfunk abschaffen.

Die Mehrheit der Demokraten hier im Haus steht zu dem öffentlich-rechtlichen System. Das ist nämlich auch eine vierte Säule in der Verfassung, gerade auch in Corona-Zeiten.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD, bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank. - Für die Fraktion der AfD hat jetzt der Abgeordnete Christopher Emden das Wort. Es ist alles vorbereitet.

(Zuruf: Und auch schon alles gesagt!)

- Bitte keine Kommentare! Herr Emden hat jetzt das Wort.

Frau Präsidentin, vielen Dank. - Das geht ja heute etwas schneller hier.

Wir sprechen über den 23. Rundfunkänderungsstaatsvertrag. Bevor ich noch einmal auf den Kollegen Meyer erwidern muss, möchte ich ganz kurz die Hauptkritikpunkte erwähnen, weshalb die AfDFraktion hier die Zustimmung versagt, abgesehen davon, dass wir in der Tat - und insoweit war das richtig - gegen Rundfunkbeiträge sind und auch vehement für deren Abschaffung eintreten. Es geht uns auch um ein paar andere Punkte.

Man kann bereits den vollständig automatisierten Erlass von Beitragsbescheiden kritisieren. Das sehen wir schon als problematisch. Ich kann dazu in der Kürze der Zeit nicht weiter ausführen.

Was wir noch problematischer sehen, ist allerdings der andere Punkt, und zwar die vermeintliche Abwägung zwischen Beitragsgerechtigkeit und

Schutz persönlicher Daten beim Meldedatenabgleich, meine sehr verehrten Damen und Herren. Im § 11 des 23. Rundfunkänderungsstaatsvertrages heißt es nämlich:

„Zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit zwischen Beitragsgerechtigkeit und Schutz persönlicher Daten erfolgt der Meldedatenabgleich nach Satz 1 nicht, wenn die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten … feststellt, dass der Datenbestand hinreichend aktuell ist.“

Und jetzt kommt der Clou:

„Diese Beurteilung nimmt die KEF unter Berücksichtigung der Entwicklung des Beitragsaufkommens und sonstiger Faktoren vor.“

Das heißt, diese Regelung besagt, wenn die KEF meint: „Wir kriegen nicht genügend Beiträge rein“, dann wiederum ist der Meldedatenabgleich berechtigt, dann wiederum soll er verhältnismäßig sein im Vergleich zum Schutz persönlicher Daten. Das ist absurd, meine sehr verehrten Damen und Herren. So etwas kann eine Rechtsstaatspartei wie die AfD in keinem Falle zustimmen. Uns ist Datenschutz wichtig.

(Lachen und Widerspruch bei der SPD, der CDU, den GRÜNEN und der FDP)

Ein anderer Punkt ist einzig und allein richtig - das ist aber auch nur die Umsetzung dessen, was das Bundesverfassungsgericht bereits in seinem Urteil vom 18. Juli 2018 gesagt hat -: Für Zweitwohnsitze sind künftig keine Beiträge mehr zu zahlen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, noch einmal etwas Grundsätzliches. Die AfD ist ja nun einmal Garant dafür, dass ein bisschen Sachverstand in die Parlamente eingezogen ist.

(Lachen bei der SPD)

Diesen nutzen wir für etwas ganz Besonderes. Wir legen nämlich in den nächsten Wochen ein grundlegendes Modell für eine Reform des öffentlichrechtlichen Rundfunks vor. Dieses Modell wird dazu führen, dass wir auf Rundfunkbeiträge verzichten können, ohne irgendwie eine anderweitige Finanzierung herbeiführen zu müssen, und trotzdem den öffentlich-rechtlichen Rundfunk erhalten, und zwar in seiner Kernkompetenz, nämlich als das, was wir wollen, also eine - ich sage es noch einmal - neutrale Berichterstattung, eine objektive Berichterstattung und die Umsetzung des Grundauftrages, für den der öffentlich-rechtliche Rundfunk einmal eingeführt wurde.

(Wiard Siebels [SPD]: Sie wollen ihn übernehmen!)

Wir wollen wieder dahin zurück, wo er eigentlich verfassungsmäßig sein soll, nämlich ein öffentlichrechtlicher Rundfunk, der die Bevölkerung bildet, der sie aufklärt und der pluralistisch unterwegs ist, meine sehr verehrten Damen und Herren, und eben nicht - ich habe es eben schon betont - Hofberichterstattung und Meinungsmache betreibt.

Wir wollen Meinungsvielfalt statt einer Verengung des Meinungskorridors, und dafür setzen wir uns ein. Dazu wird es, wie gesagt, ein umfassendes Reformpapier der AfD-Fraktion geben. Der Medienpolitiker der AfD-Fraktion arbeitet schon lange daran. Wir haben jetzt einen großen Wurf in der Vorbereitung,

(Zurufe: Oh!)

und wir werden, wie gesagt, zeigen: Es geht ohne die Belastung der Bürger.

Wenn man sich überlegt, wie viele Gewinne, auch aus den Rundfunkbeiträgen, die öffentlich-rechtlichen Anstalten in den letzten Jahren gemacht haben, wie viele Rücklagen sie haben, ist es nichts als unfassbarer Hohn, der hier kommt, wenn es heißt - wenn auch noch von den Grünen vertreten wird -, man möge die Rundfunkbeiträge obendrein noch erhöhen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Menschen sind zum Teil sozial geschwächt. Sie haben zum Teil wirtschaftliche Existenzangst durch die Krise. Da ist jeder Cent wichtig, und Sie wollen auch noch die Rundfunkbeiträge erhöhen. Das ist unfassbar.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank. - Für die CDU-Fraktion hat sich der Abgeordneter Lasse Weritz zu Wort gemeldet. Sie können ganz langsam hier herkommen. Aber mit dem schnellen Team - - -

(Eine Mitarbeiterin und ein Mitarbeiter der Landtagsverwaltung desinfizieren das Redepult)

(Zuruf: Langsam hingehen, schnell reden!)

- Genau. Sie dürfen gerne die vereinbarte Redezeit von sechs Minuten unterschreiten.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Herzlichen Dank. - Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Saipa hat eigentlich sehr sachlich, wie ich finde, alles gesagt, worum es hier eigentlich geht. Ich glaube, wir werden in Zukunft bei der 24. Änderung des Rundfunkstaatsvertrages - in ca. einem halben Jahr - durchaus eine etwas wildere Diskussion haben.

Hier und heute geht es aber eigentlich vor allen Dingen um den Punkt, dass in Zukunft Besitzer von Zweitwohnungen keine Rundfunkbeiträge mehr zahlen.

Ich bin sehr überrascht über die Ausführungen von Herrn Emden. Sehen Sie es mir nach, Herr Emden: Dass ausgerechnet die AfD von einer Verschwörungstheorie des öffentlich-rechtlichen

Rundfunks spricht, finde ich wirklich äußerst bemerkenswert. Das hat einen gewissen Satirecharakter. Mit Verschwörungen kennen Sie sich nun wirklich aus. Aber als AfD dann auch noch den öffentlichen Rundfunk als Propagandainstrument zu bezeichnen: Na gut, okay.

Ich darf vielleicht sagen: Wir als Christdemokraten haben nicht immer das Gefühl, dass das so ist. Ich glaube, das geht allen anderen demokratischen Parteien auch so. Aber so ist das eben bei einem öffentlich-rechtlichen Rundfunk, der eine neutrale Berichterstattung gibt.

Herr Abgeordneter Weritz, lassen Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Wichmann zu?

Er kann gleich eine Kurzintervention machen.

Gut, also keine Zwischenfrage.

Gerade das zeigt doch, wie schwierig die Situation des öffentlich-rechtlichen Rundfunks besonders in der heutigen Zeit ist. Wenn wir z. B. gerade in der Corona-Krise sehen, wie der öffentlich-rechtliche Rundfunk die Menschen informiert - nehmen wir mal den Podcast vom NDR mit Christian Drosten, in dem jeden Morgen sachgerecht von Experten unsere Bevölkerung sehr differenziert informiert wird, auch mit Fehlereingeständnissen, wenn vor zwei, drei Wochen die Meinung noch eine andere war, als sie es vielleicht heute ist -, merken wir, wie wertvoll und wie wichtig unsere Medienanstalten bei uns in Niedersachsen und in Norddeutschland und damit auch in ganz Deutschland sind.

Meine Damen und Herren, der eigentliche Grund, warum seitens der AfD abgelehnt werden soll, wurde genannt, nämlich dass der automatisierte Datenabgleich nicht gerechtfertigt sei. Ich finde, genau das Gegenteil ist der Fall. Viele Menschen entziehen sich den Beitragszahlungen, indem sie

sich nicht melden und einfach sagen, dass sie das nicht wollen. Das ist meines Erachtens keine Gerechtigkeit gegenüber denjenigen, die regelmäßig, jeden Monat oder jedes Jahr - je nachdem, wie sie bezahlen -, ihren Beitrag für dieses wichtige Instrument zahlen. Es ist nicht sozial, wenn sich welche, die sich davor drücken wollen, sich davor drücken können und nicht mitmachen müssen. Es ist sozial, wenn die Daten abgeglichen werden und eine Vergleichbarkeit hergestellt wird.

Meine Damen und Herren, nun zum letzten Punkt, der geändert wird und aus unserer Sicht wichtig ist. Zukünftig soll die Kontrolle des Ganzen bei der Landesmedienanstalt sein. Ich glaube, da ist es richtig angesiedelt. Dort sitzen die Expertinnen und Experten, die genau wissen, wie der öffentlichrechtliche Rundfunk aufgebaut sein soll. Diese Änderung, auf die wir uns mit den anderen demokratischen Parteien verständigt haben, dass wir die Kontrolle jetzt da andocken, ist herausragend. Das ist ein Punkt, über den lange diskutiert wurde, für den wir jetzt aber eine Lösung gefunden haben. Ich darf mich dafür und für die Zusammenarbeit mit den anderen demokratischen Fraktionen im Namen meiner Fraktion recht herzlich bedanken. Das hat wunderbar geklappt.