Nach einem Bericht des NDR vom 5. Dezember mussten nach vier Masernerkrankungen an einer Oberschule in Söhlde - laut Landkreis Hildesheim - zunächst 28 Jugendliche zu Hause bleiben und durften die Schule nicht betreten, da sie keinen ausreichenden Impfschutz nachweisen konnten.
Laut NDR vom 9. Dezember 2019 hat sich die Zahl der Schüler, die aufgrund eines fehlenden Impfschutzes gegen Masern die Schule bis zum 20. Dezember nicht betreten dürfen, auf mindestens drei reduziert. Bei sechs weiteren Schülern müsse das Vorgehen geprüft werden.
Die Überprüfung der Impfpässe war nötig geworden, nachdem eine an Masern erkrankte Person einen Adventsbasar der Schule besucht hatte.
Nach Angaben des Landkreises darf, wer keinen ausreichenden Impfschutz hat, weder öffentliche Einrichtungen wie Schulen und Kitas noch Veranstaltungen besuchen.
1. Wie vielen niedersächsischen Schülerinnen oder Schülern und/oder Kindern, die eine Kita bzw. eine Schule besuchen, droht derzeit aufgrund eines nicht ausreichenden Impfschutzes ein Schul- bzw. Kita-Ausschluss?
2. Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung, um derlei Situationen entgegenzuwirken bzw. zu verhindern?
3. Wie steht die Landesregierung zur Notwendigkeit der Impfpflicht für Schul- und Kindergartenkinder?
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Masern gehören zu den ansteckendsten Infektionskrankheiten. Masern bringen häufig
Komplikationen und Folgeerkrankungen mit sich, die im schlimmsten Fall zu einer tödlich verlaufenden Gehirnentzündung führen können. Eine Maserninfektion ist damit anders als gelegentlich angenommen keine harmlose Kinderkrankheit. Den besten Schutz vor Masern bieten Impfungen. Nur sie sorgen für eine lebenslange Immunität.
Meine Damen und Herren, nicht geimpft zu sein, bedeutet nicht nur eine erhebliche Gefahr für das eigene körperliche Wohlergehen; diese Personen können im Falle einer Erkrankung auch andere Personen anstecken, die aufgrund ihres Alters, besonderer gesundheitlicher Einschränkungen
oder aus anderen Gründen nicht geimpft werden können. Deshalb muss eine Impfung möglichst früh und dort ansetzen, wo Menschen täglich im engen Kontakt miteinander sind. Das sind typischerweise Kindertagesstätten ebenso wie Schulen.
Nach derzeitiger Rechtslage gibt es in Deutschland keine Impfpflicht gegen Masernerkrankung, auch nicht bei dem Besuch von Kitas oder Schulen, und zwar weder für die Kita-Kinder, die Schülerinnen und Schüler noch für das Kita-Personal, die Lehrkräfte oder sonstige Einrichtungsbedienstete.
Nach dem Infektionsschutzgesetz des Bundes treffen die örtlichen Gesundheitsämter im Falle der Feststellung von Krankheit, Krankheitsanste
ckungsverdächtigen sowie früheren Erkrankten, die nach Abklingen der Krankheit noch Ansteckungsquelle sein können, die notwendigen
Schutzmaßnahme kann ein Schulbetretungs- oder Kita-Betretungsverbot eine geeignete Maßnahme nach dem Infektionsschutzgesetz darstellen, um ein weiteres Verbreiten der Masernkrankheit zu verhindern.
Um als sogenannter Ansteckungsverdächtiger zu gelten, genügt es, wenn die Annahme, dass der Betroffene Krankheitserreger aufgenommen habe, wahrscheinlicher ist als das Gegenteil. Das ist aktuelle Rechtslage. Das ist unverändert. Es ist der reagierende Teil auf Vorfälle.
Meine Damen und Herren, der Deutsche Bundestag hat am 14. November 2019 mit breiter Mehrheit das Masernschutzgesetz verabschiedet. Das Gesetz soll zum 1. März 2020 in Kraft treten. Das Gesetz stellt nun nicht mehr auf einen Ansteckungsverdacht oder eine bereits ausgebrochene Masernerkrankung ab, sondern bereits im Vorfeld auf die Sicherstellung des gebotenen Impfschutzes.
Das Gesetz sieht zum einen im Hinblick auf schulpflichtige Kinder vor, dass vor Aufnahme in die 1. Klasse ein Nachweis vorgelegt werden muss, dass ausreichender Impfschutz oder eine Immunität gegen Masern vorliegt. Zum anderen regelt das Gesetz, dass ein entsprechender Nachweis für bereits in Schulen aufgenommene schulpflichtige Kinder bis zum 31. Juli 2021 zu erbringen ist. Schulpflichtige Kinder können aber auch nach Inkrafttreten des Gesetzes bei nicht erfolgter Impfung gegen Masern nicht vom Schulbesuch ausgeschlossen werden. Bei Zuwiderhandlungen gegen die Nachweispflicht in der Schule können jedoch Bußgelder erhoben werden.
Nicht oder nicht mehr schulpflichtige Kinder sowie Kinder in Kitas, die keinen ausreichenden Impfschutz nachweisen können, dürfen die Einrichtung nicht besuchen.
Das Masernschutzgesetz bezieht ebenfalls das Kita-Personal sowie die Lehrkräfte und das sonstige schulische Personal ein, die allesamt ebenfalls ihren Impfschutz nachweisen müssen, soweit sie nach 1970 geboren sind.
Zu Frage 1: Derzeit werden Personen aus Gemeinschaftseinrichtungen ausgeschlossen, wenn es aufgrund eines Krankheitsausbruchs dort vonseiten des Gesundheitsamtes für erforderlich gehalten wird. Dies ist situationsabhängig und kann nicht pauschal beurteilt werden. Im Einzelfall muss ermittelt werden, um welche Krankheit es geht, wer gefährdet, ansteckungsverdächtig, krankheitsverdächtig oder krank ist. Auf dieser Grundlage werden dann die entsprechenden Schutzmaßnahmen erlassen. Von daher ist nach derzeitiger Rechtslage eine konkrete Zahl im Voraus nicht darstellbar, sondern immer nur reagierend nach Vorfällen.
Zu Frage 2: Mit dem Ziel, die Impfquoten weiter zu erhöhen, hat die Landesregierung ein Impfprogramm mit dem Namen „Impfen. Klar.“ aufgelegt. Bei dem Programm geht es darum, die Bereiche des Impfens zu identifizieren, in denen zukünftig Problem- oder Handlungsfelder gesehen werden und wo Aktivitäten und Maßnahmen sinnvoll sind bzw. wo auch bestehende Strukturen optimiert werden können.
Bereits angestoßen wurden verschiedene Initiativen mit der Apotheker- und Ärzteschaft sowie den Betriebsärztinnen und Betriebsärzten. Hierfür hat die Landesregierung die Kampagne „Abgelaufen?“ entwickelt. Bürgerinnen und Bürger können sich in Arztpraxen oder Apotheken zum Thema Impfschutz beraten lassen. Das Sozial- und das Kultusministerium erstellen darüber hinaus gerade ein Lernmodul „Wissen schützt“, das über 1 000 Schulen für Schülerinnen und Schülern der fünften bis zehnten Schuljahrgänge zur Verfügung gestellt wird. Die Schülerinnen und Schüler sollen wissenswerte Informationen über ansteckende Krankheiten und deren Verhütung erhalten und damit auch an das Thema Impfen herangeführt werden.
Unabhängig davon wird der Entwurf zum Masernschutzgesetz auch in der Öffentlichkeit diskutiert. Die Aufmerksamkeit für Impfungen hat dadurch in den letzten Monaten zugenommen. Die Landesregierung geht davon aus, dass Eltern sich seither auch über den Impfstatus ihrer Kinder informieren und fehlende Impfungen nachholen.
Im Hinblick auf mögliche Fragen zur Umsetzung des Masernschutzgesetzes erstellt das Gesundheitsministerium des Bundes gemeinsam mit dem
Robert Koch-Institut und der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung ausführliche Informationsmaterialien. Erste Informationen sind bereits jetzt auf der Homepage des Bundesgesundheitsministeriums abrufbar. Gegebenenfalls wird die Landesregierung diese Hinweise durch eigene Informationen ergänzen.
Zu Frage 3: Schulen und Kindertagesstätten sollen und müssen sichere Räume sein. Daher ist es unsere Pflicht, Schülerinnen und Schüler sowie Kitakinder vor potenziell tödlichen Viren zu schützen. Masern gehören zu den ansteckendsten Infektionskrankheiten und sind noch nicht eliminiert. 2019 gab es in Deutschland über 500 Fälle. Ein Masernausbruch kann jederzeit geschehen, wie die aktuellen Ereignisse belegen. Zum Schutz der Kinder in frühkindlichen Einrichtungen und zum Schutz der Schülerinnen und Schüler werden wir dem Masernschutzgesetz daher am Freitag im Bundesrat zustimmen.
Herzlichen Dank, Herr Minister. - Die erste Zusatzfrage für die Fraktion der AfD stellt der Kollege Bothe. Bitte sehr!
Vielen Dank, Herr Präsident. - Wie steht denn die Landesregierung zur Ausweitung der Impfpflicht auf noch andere Infektionskrankheiten?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es gibt aktuell keine weiteren Debatten innerhalb der Landesregierung in dieser Frage.
Vielen Dank, Herr Minister. - Auch die zweite Zusatzfrage für die AfD-Fraktion stellt der Kollege Bothe. Bitte sehr!
(Wiard Siebels [SPD]: Das heißt dann für alle Menschen? Wer nicht bei drei auf den Bäumen ist, wird geimpft! - Meta Janssen-Kucz [GRÜNE]: Wo- rüber genau reden wir denn da?)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei allem notwendigen Respekt: Die Antwort ist genau die gleiche wie die, die ich auf die erste Frage gegeben habe.