Protocol of the Session on November 20, 2019

Danke, Herr Limburg. - Jetzt erhält der Abgeordnete Marcel Scharrelmann für die CDU-Fraktion das Wort.

(Beifall bei der CDU - Unruhe)

- Es wäre schön, wenn es vorher etwas ruhiger würde.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Niedersachsen, es wird Zeit!“ möchte man mit Blick auf die anderen Bundesländer sagen. Vor ziemlich genau 20 Jahren, im Jahre 1999, wurde in Stuttgart das erste Modellprojekt eines Hauses des Jugendrechts eröffnet. Bundesländer wie Nordrhein-Westfalen folgten - ebenfalls schon vor über zehn Jahren - und entwickelten das

vormalige Probemodell zum gesellschaftlichen Erfolg weiter.

Es war meiner Meinung nach überfällig, dass sich auch die Fraktionen von SPD und CDU im Koalitionsvertrag auf diese wichtige Forderung und eine zeitnahe Umsetzung einigen konnten. Hierbei gilt der Dank im Besonderen unserer Justizministerin Barbara Havliza.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der SPD)

Sie, Frau Ministerin, haben diese Forderung nicht zurückgestellt, sondern das Potenzial gemeinsamer Einrichtungen erkannt - gemeinsamer Einrichtungen, die dabei helfen, jugendliche Straftäter ihrer Strafe zuzuführen, und eine schnelle, fachgerechte Abarbeitung ermöglichen.

Wenn wir uns die Passage im Koalitionsvertrag ansehen, dann können wir zufrieden sein. Die Anzahl der vereinbarten drei Standorte in den Oberlandesgerichtsbezirken wurde bereits jetzt durch die fünf eingerichteten Häuser - das hat meine Vorrednerin bereits erwähnt - in Osnabrück, Göttingen, Hannover, Lüneburg und Salzgitter deutlich übertroffen. Das sind fünf Häuser, deren Arbeit dazu beiträgt, Hürden in der Zusammenarbeit abzubauen, die Kommunikation untereinander zu vereinfachen und den Abstand zwischen Tat und Maßnahme zu verkürzen. Genau dort liegt ein wesentlicher Bestandteil der Häuser des Jugendrechts.

Durch die Einführung dieses Vorhabens ist es in Niedersachsen nun möglich, die Effektivität der Justiz zu steigern. Dies, liebe Kolleginnen und Kollegen, begrüße ich ausdrücklich.

Doch nicht nur durch die Abarbeitung der Fälle können Potenziale ausgeschöpft werden. Insbesondere auch in den gemeinsamen Präventionen dürfen wir Verbesserungen erwarten. Durch frühzeitige und vor allem aufeinander abgestimmte Verfahren können junge Straftäter den Weg zurück auf die richtige Bahn finden und im gesellschaftlichen Leben wieder Fuß fassen. Der Anfang ist damit also gemacht.

Doch eines ist für uns auch unbestritten: Jede Neuerung braucht eine gewisse Entwicklungszeit - da sind wir uns, glaube ich, einig, lieber Herr Kollege Limburg -, in der sich die Einrichtungen einspielen und im Bedarfsfall auch Korrekturen vornehmen können. Daher war es uns wichtig, den Häusern diese Entwicklungszeit von einem Jahr zu geben, diese aber auch konstruktiv von Anfang an

zu begleiten. Wir wollen die Ergebnisse der Evaluation gemeinsam nutzen, um Fehlentwicklungen zu erkennen, daraus zu lernen und das Erfolgsmodell gemeinsam weiterzuentwickeln. In diesem Punkt scheinen wir uns alle hier im Haus einig zu sein. Deswegen verstehe ich den von Bündnis 90/Die Grünen eingereichten Änderungsantrag nicht.

(Christian Calderone [CDU]: So ist es! Sehr richtig! - Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Lieber Helge Limburg, Sie fordern eine umfassende Evaluierung der Häuser des Jugendrechts. Aber genau das ist doch bereits Thema unseres Antrags von SPD- und CDU-Fraktion.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Sie wollen allein die repressive Seite evaluieren! Das Kultusministerium beziehen Sie ja nicht mit ein!)

- Nein, nein! Sie können ja gleich noch einmal intervenieren.

Nein, wir führen hier jetzt keine Dialoge! Insgesamt sollte es etwas leiser werden, damit Herr Scharrelmann ausführen kann. - Herr Adasch, es wäre ganz schön, wenn Sie den Platz einnehmen könnten!

(Zuruf von der SPD: Das finden wir auch!)

Wir fördern mit unserem Antrag kein starres Projekt, sondern eine Zusammenarbeit, die sich flexibel und maßgeschneidert in vielen Regionen umsetzen ließe.

(Beifall bei der CDU)

Gerade bei uns in Niedersachsen mit 80 Amtsgerichten und 11 Staatsanwaltschaften haben wir die Chance, einen flächendeckenden Mehrwert für die Justiz und damit für die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes zu schaffen.

(Beifall bei der CDU)

Die Justiz des Landes ist nicht nur für die Ermittlung, Verurteilung und Unterbringung von Straftätern zuständig. Sie ist in vielen Fällen, gerade für junge Straftäter, Chancengeber für eine resozialisierte Zukunft. Die Zusammenarbeit zwischen Staatsanwaltschaften, Polizeiinspektionen und

Jugendgerichtshilfen in den Häusern des Jugendrechts sucht in dieser Form ihresgleichen.

(Anette Meyer zu Strohen [CDU]: Sehr richtig!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns mit der Zustimmung zu diesem Antrag die Chance für einen zukunftsfähigen Weg der Zusammenarbeit im Jugendstrafbereich ebnen und das Erfolgsmodell der Häuser des Jugendrechts bei uns in Niedersachsen fortschreiben!

Herzlichen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Vielen Dank, Kollege Scharrelmann. Auch Ihre kleine Tochter hat geklatscht. Ich denke, sie war sehr begeistert.

Wir kommen jetzt zu dem Wortbeitrag von Dr. Marco Genthe für die FDP.

(Marcel Scharrelmann [CDU]: Sie klatscht immer! - Christian Grascha [FDP]: Mal sehen, ob sie jetzt bei Marco auch klatscht!)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn Regierungsfraktionen einen Entschließungsantrag ausschließlich deswegen in ein Parlament einbringen, um das Handeln der Regierung zu lobpreisen,

(Zuruf von der SPD: Können Sie das noch?)

dann ist der inhaltliche Mehrwert meistens überschaubar.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Genauso verhält es sich hier nämlich auch. Dabei, meine Damen und Herren, ist die Idee der Häuser des Jugendrechts durchaus positiv zu sehen. Die Idee, die Zeit zwischen der Auffälligkeit eines jungen Menschen und der Reaktion darauf möglichst kurz zu halten, indem lange Wege vermieden werden und Rückfragen schneller geklärt werden, ist schließlich eine sehr gute.

Aber, meine Damen und Herren, es gibt auch durchaus Bedenken. Da schließe ich an das an, was der Kollege Limburg gesagt hat. So muss darauf geachtet werden, dass aus der Sicht der

jungen Menschen die Zuständigkeiten der Beteiligten nicht verwischen. Die räumliche Nähe aller am Verfahren beteiligten Personen kann dazu führen, dass sich die Betroffenen über die unterschiedlichen Funktionen und Aufträge der einzelnen Berufsgruppen nicht mehr im Klaren sind. Es ist daher sehr wichtig, zu kommunizieren, dass es im Haus des Jugendrechts nicht nur um ein effektives Bestrafen geht, sondern um den ganzheitlichen Erziehungsansatz im Jugendstrafrecht, meine

Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Entscheidend ist es auch, deutlich zu machen, dass in jedem Fall die Gerichte völlig unabhängig und neutral über die Tat des Einzelnen entscheiden werden.

Meine Damen und Herren, nur, weil sich alle Beteiligten in einem Haus befinden, heißt das noch lange nicht, dass die Entscheidungen am Ende korrekt sind.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Ja! )

Ich halte es daher für entscheidend, dass die Arbeit der Häuser des Jugendrechts auch tatsächlich evaluiert wird. Meine Damen und Herren, das sehen die Antragsteller offensichtlich auch so. Deshalb verstehe ich überhaupt nicht, dass dieser Antrag bereits heute abgestimmt werden soll, bevor eine vernünftige Evaluierung überhaupt durchgeführt werden konnte.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN - Unruhe - Glocke der Prä- sidentin)

Das entscheidende Ziel ist es doch, kriminelle Karrieren von Jugendlichen und Heranwachsenden zu beenden bzw. die Rückfallquoten zu verringern. Das ist übrigens ein wesentlicher Beitrag zur Verbesserung des Sicherheitsgefühls und des Vertrauens der Menschen in den Rechtsstaat.

Bevor also die Antragsteller dieses Projekt abfeiern, sollte doch die Frage geklärt werden, ob sich positive individuelle Faktoren aus dem Projekt ergeben, wie beispielsweise eine Vermittlung von straffälligen Jugendlichen in Arbeit, oder wie sich die Rückfallquote tatsächlich entwickelt. Bevor das nicht geklärt ist, können wir dem Entschließungsantrag der Großen Koalition jedenfalls noch nicht zustimmen.

Der Änderungsantrag der Grünen umfasst genau diese Evaluierung. Darum werden wir ihn an dieser Stelle unterstützen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)