Protocol of the Session on November 19, 2019

(Beifall bei der SPD - Unruhe)

Einen Moment, bitte, Frau Kollegin! - Herr Kollege Prange, Herr Kollege Calderone, Ihre Gespräche können bis hier vorn mitverfolgt werden. - Danke, dass Sie sie außerhalb des Plenarsaals fortsetzen.

Bitte, Frau Kollegin!

Wir können es uns nicht erlauben, Landwirtschaft gegen Trinkwasser auszuspielen. Das wird uns keinen Schritt voranbringen. Wer behauptet, die engmaschigere Überprüfung der Messstellen wäre ein Erfolg und würde zu wesentlichen Änderungen für unsere Landwirte führen, der spielt Spielchen und enttäuscht am Ende als Politiker;

(Beifall bei der SPD)

denn Hoffnung zu machen und zu enttäuschen, führt zu dem Misstrauen gegenüber Politik und Verwaltung, von dem wir alle mehr als genug haben - Misstrauen an einer Stelle, an der ein gemeinsames An-einem-Strang-Ziehen viel wichtiger ist. Im schlimmsten Fall führt das zu weiteren Verzögerungen, die wir uns als das Land, das als letztes die „roten Gebiete“ ausweist, nicht erlauben können; denn diese Taktik hat uns dahin gebracht, wo wir heute stehen.

(Zustimmung bei der SPD)

Wir brauchen eine Lösung für unsere Landwirte, aber bitte eine, die nicht auf Kosten unseres Trinkwassers geht. Lassen Sie uns über Subventionen, über Image, über regionale Produktion und fairen Konsum sprechen! Ich habe keine Lust, Erfolge zu verkaufen, die keine sind, und Verzögerungen zu bewirken, bei denen wir riskieren, dass wir am Ende nicht über 20 %, sondern vielleicht über 25 oder 30 % reden müssen. Das mache ich nicht mit.

Besten Dank.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei der GRÜNEN - Hermann Grupe [FDP] meldet sich zu einer Kurzinter- vention)

Vielen Dank, Frau Kollegin.

Herr Kollege Grupe, nach § 77 Abs. 2 unserer Geschäftsordnung sind Kurzinterventionen während der Aktuellen Stunde nicht möglich. Ich kann Sie allenfalls auf § 71 Abs. 3 verweisen.

Nun fahren wir fort. Das Wort für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat Frau Kollegin Staudte.

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Was die Einschätzung der

Zusammenarbeit dieser Koalition angeht, muss ich dir, lieber Hermann Grupe, auf jeden Fall recht geben. Man kann wirklich nur sagen, sie ist zerrüttet und völlig handlungsunfähig, und das bei einem so wichtigen Thema.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der FDP - Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Inhaltlich möchte ich mich aber zu 100 % meiner Vorrednerin von der SPD anschließen. Man muss versuchen, beide Probleme zusammenzubringen: die Situation der Landwirte verbessern und gleichzeitig dem Grundwasserschutz dienen. Es kann nicht sein, dass wir hier Trecker-Demos haben, und plötzlich sieht alles ganz anders aus, was wir ansonsten hier diskutiert haben: die Problemlagen, die wir diskutiert haben, z. B. wenn uns jedes Jahr der Nährstoffbericht vorgelegt wird.

Beim letzten Mal wurde uns gesagt, dass in Niedersachsen ein Stickstoffüberschuss von 50 000 t, ein Phosphatüberschuss von 24 000 t, ein Flächendefizit von 114 000 ha zu verzeichnen sind. Dann passt das doch damit zusammen, dass wir bei den Messstellen feststellen müssen, dass Nitratwerte überschritten werden.

Das diskutieren wir jetzt auch nicht nur wegen der EU-Klage, sondern im Prinzip seit 26 Jahren. So lange soll Deutschland eigentlich schon Maßnahmen umsetzen, aber macht das nicht. Daher müssen wir feststellen, dass 26 Jahre Freiwilligkeit beim Wasserschutz gescheitert sind.

Es kann nicht sein, dass immer wieder gesagt wird: Wir machen doch schon! - Ja, sicher, einige Landwirte machen es gut und arbeiten flächengebunden usw. Aber es gibt auch Betriebe, die erweitern, neue Ställe bauen, Tierbestände aufstocken, obwohl dieser Nährstoffüberschuss besteht.

(Unruhe)

Frau Kollegin, auch Sie sollen die Aufmerksamkeit des Hauses haben. Ich darf darum bitten, die Gespräche einzustellen.

Bitte!

Letztendlich müssen wir tatsächlich über die Maßnahmen, auf die man sich nun verständigt hat, diskutieren. Meiner Meinung nach sind sie in vielen Punkten sehr fragwürdig. Aber die CDU, Herr Toepffer, hat über die Notwendigkeit diskutiert.

Wenn Sie von mutmaßlich falschen Messungen, von falschen Messstellen sprechen,

(Christian Meyer [GRÜNE]: Welche?)

dann ist das absolut unverantwortlich. Dann müssen Sie hier auch sagen, wo falsch gemessen worden ist und welche Belege es für diese These gibt.

(Beifall bei den GRÜNEN - Helge Limburg [GRÜNE]: Richtig!)

Wenn Sie sich damit auseinandersetzen würden,

(Christian Meyer [GRÜNE]: Und dann trotzdem beschließen!)

dann wüssten Sie, dass die Messstellen im Dialog auch mit der Landwirtschaft, mit den sogenannten Gebietskooperationen, in denen Land- und Forstwirtschaft mitarbeiten, ausgewählt worden sind. Es werden Plausibilitätsprüfungen durchgeführt, Zeitreihen werden verglichen: Gibt es einen Ausreißer, der nicht hineinpasst? Mit Nachbarmessstellen wird verglichen. Insofern ist es völlig haltlos, wenn Sie sich jetzt hier hinstellen und sagen „Wir messen da nach!“ und das Signal aussenden, es gebe eigentlich gar keinen Handlungsbedarf.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Diskutieren müsste man über die Maßnahmen, auf die Sie sich verständigt haben, so über das Einbringen des Düngers innerhalb einer Stunde. Das ist vielleicht gut für die Luft, schützt aber doch das Grundwasser nicht. Wenn man es genau nimmt, kommen so noch mehr Nährstoffe zum Grundwasserkörper.

(Helmut Dammann-Tamke [CDU]: Was schlagen Sie denn vor, Frau Kol- legin?)

Sie wollen auch die Lagerkapazitäten erhöhen. Dies ist eine Maßnahme, die den Betrieben zunächst hohe Investitionen abfordert. Aber Sie diskutieren nicht darüber, die Nitratmengen zu reduzieren. Sie wollen sie nur irgendwie anders verteilen. Aber das wird doch das Problem nicht lösen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Auch über eine pauschale Reduzierung um 20 %, wie sie die CDU-Bundesministerin beabsichtigt, muss diskutiert werden. Natürlich muss man sagen, das ist zu pauschal, und fragen, warum sich die Ökolandwirte und Weidetierhalter auch daran halten müssen.

Ganz andere Maßnahmen wären notwendig. Darüber müssen wir diskutieren und fragen, wie wir die Tierbestände abbauen können, wie wir das Import-Soja reduzieren können; denn dieses führt ja zu den Nährstoffüberschüssen. Wir müssen fragen, wie wir zu einer wirklich flächengebundenen Tierhaltung kommen.

(Zuruf von der CDU: Machen Sie doch einmal Vorschläge!)

Manchmal wird von Frau Otte-Kinast auch der Eindruck erweckt, in Niedersachsen gebe es eine flächengebundene Tierhaltung. Aber es gibt auch gewerbliche Tierhaltungen, die im Prinzip gar keine Flächen nachweisen müssen. Darin liegt der Kern des Problems. Wir müssen den Kunstdünger verteuern. Mit den Maßnahmen, die uns jetzt ermöglicht werden, könnten wir sagen: Die Abstände zu Gewässern müssen größer sein, damit wir die Oberflächengewässer besser schützen. Die Düngebehörde müsste sozusagen zu einem richtigen Kontrollorgan ausgebaut werden. Hier wird sie an der kurzen Leine gehalten, und dann wundern wir uns, wenn Messwerte überschritten werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Aber messen Sie ruhig nach! Ich prophezeie Ihnen: Das wird nichts am Ergebnis ändern. Eher wird dabei herauskommen, dass die Situation noch viel schlechter ist.

(Christian Meyer [GRÜNE]: Ja!)

Sie versuchen, Ihre Politik des Aussitzens und Leugnens fortzusetzen. Das schadet der Landwirtschaft.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank. - Es folgt nun für die AfD-Fraktion Frau Fraktionsvorsitzende Guth.

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit der Aktion „Land schafft Verbindung“ hat die FDP nun endgültig den Aufhänger gefunden, um sich selbst als die neue Bauernpartei in Niedersachsen anzubieten. Frustriert von EU-Gängelei, Auflagen, ständigen Verschärfungen von Rahmenbedingungen wenden sich die Landwirte von der CDU ab. Es entsteht eine Lücke, die man nun mit der FDP zu füllen versucht.

Eine erneute Verschärfung der Düngemittelrichtlinie - im Übrigen EU-Recht - wird eine nicht unerhebliche Anzahl niedersächsischer Landwirte zur Aufgabe ihrer Betriebe zwingen. Die Rettung kommt nunmehr aus einer Partei, die den EU-Wahn mit verursacht, mit getragen und mit umgesetzt hat.

„Darum setzt sich die Landesregierung für substanzielle eigene Handlungs- und Entscheidungsspielräume der Länder, Regionen und Kommunen in Europa ein.“

(Zurufe von Karin Logemann [SPD] und Stefan Wenzel [GRÜNE])