Protocol of the Session on September 11, 2019

Danke, Herr Dr. Genthe. - Für die CDU-Fraktion spricht nun der Kollege Thomas Adasch. Bitte schön!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Schutz von Einsatzkräften der niedersächsischen Polizei liegt der CDU und auch mir ganz persönlich besonders am Herzen. Gerade deswegen gilt es, Herr Kollege Ahrends, in dieser Debatte nicht in Alarmismus zu verfallen, sondern die Debatte fachlich und politisch nüchtern zu bewerten.

Im Grunde gibt es zwei Fragen zu beantworten: Wie verbreitet sind Carfentanyl und Fentanyl in der niedersächsischen Drogenszene? Und welche Maßnahmen zum Schutz unserer Polizistinnen und Polizisten sind bereits implementiert?

Zunächst zur Verbreitung: Das Innenministerium führt in einer schriftlichen Stellungnahme aus, dass statistische Aussagen zur Verbreitung von Carfentanyl und Fentanyl im niedersächsischen Drogenmilieu aktuell nicht möglich seien. Der Grund ist, dass wegen der geringen Fallhäufigkeit und der noch geringeren polizeilichen Relevanz dazu bisher keine Sondererhebungen durchgeführt wurden. Ich möchte hier betonen, dass bei polizeilichen Maßnahmen in Niedersachsen bisher kein Carfentanyl sichergestellt wurde. Alles in allem kann also die Verbreitung von Carfentanyl als äußerst gering eingeschätzt werden.

Nun könnte man fragen, was passiert, wenn sich wider Erwarten trotzdem Einsatzlagen ergeben, bei denen diese Drogen eine Rolle spielen. Generell gilt: Der Umgang mit chemischen Gefahrenstoffen gehört zur alltäglichen Arbeit der Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten. Sie werden im Rahmen ihrer Ausbildung dahin gehend vorbereitet, auch im Hinblick auf die Eigensicherung.

Speziell zu den Themen Fentanyl und Fentanylderivate wurden entsprechende Informationen und Hinweise zusammengetragen und den Polizeibehörden sowie der Polizeiakademie zugänglich gemacht.

Alles in allem lässt sich sagen: Die niedersächsischen Polizeibehörden kommen ihrer Arbeitgeberpflicht zur Minimierung der Gefährdungspotenziale in Gänze nach. Sollte es trotz der geringen Verbreitung und der guten Vorbereitung der Polizei doch zu einem unbeabsichtigten Hautkontakt mit diesen Stoffen kommen, ist das Risiko einer Vergiftung wegen der langsamen Aufnahme des Stoffes als gering zu betrachten.

Nach jahrelanger aktiver Tätigkeit als Polizeibeamter und auch jetzt, in passiver Funktion, kenne ich niemanden in der niedersächsischen Polizei, der die flächendeckende Ausgabe von Naloxon fordert. Insofern, Herr Kollege Genthe, kann ich Sie beruhigen: Auch die Berufsvertretungen der Polizei haben diese Forderung zu keinem Zeitpunkt gestellt. Insofern hat der Ausschuss aus meiner Sicht auch richtig reagiert, indem er gesagt hat: Wir führen keine Anhörung durch.

Weiterhin gilt, dass aufgrund der derzeitigen Gefährdungsbeurteilung durch das niedersächsische Innenministerium keine Notwendigkeit einer präventiven Verteilung von Naloxon-Nasenspray an die polizeilichen Einsatzkräfte gesehen wird.

Dieser realistischen und nüchternen Einschätzung der tatsächlichen Risiken für die niedersächsischen Einsatzkräfte folgend wird die CDU-Landtagsfraktion den vorliegenden Antrag ablehnen.

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Adasch. - Für die Landesregierung hat nun Minister Pistorius das Wort. Bitte sehr.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nachdem alles schon von allen gesagt ist, mache ich es kurz und stelle fest: Wir als Landesregierung lehnen diesen Antrag auch ab, weil wir der Auffassung sind, dass er inhaltlich unbedeutend ist, weil der Sachverhalt in Niedersachsen bislang keine Rolle gespielt hat. Und ich füge hinzu: Wir lehnen ihn nicht ab, ich lehne ihn nicht ab, weil er von der AfD kommt - obwohl es auch dafür Gründe gäbe -,

(Zurufe von der AfD)

sondern in diesem Fall gibt es genügend inhaltliche Gründe, das zu tun.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Herzlichen Dank, Herr Minister. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit beenden wir die Beratung.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses folgen und damit den Antrag der Fraktion der AfD in der Drucksache 18/2340 ablehnen will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit ist der Beschlussempfehlung des Ausschusses gefolgt. Vielen Dank.

Ich rufe den letzten Tagesordnungspunkt vor der Mittagspause auf, und zwar den

Tagesordnungspunkt 21: Abschließende Beratung: Chancen der Künstlichen Intelligenz in Niedersachsen ausbauen, Anwendungen in den Zukunftsbranchen fördern - Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion der CDU - Drs. 18/2582 -

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wissenschaft und Kultur - Drs. 18/4074

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Antrag in geänderter Fassung anzunehmen.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Wir steigen in die Beratung ein. Zu Wort gemeldet hat sich für die SPD-Fraktion Frau Dr. Lesemann. Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der technologische Fortschritt und der damit verbundene gesellschaftliche Wandel vollziehen sich im Bereich der künstlichen Intelligenz mit extrem hoher Dynamik. Diese Entwicklung sollten wir nicht nur beobachten, sondern sie aktiv gestalten und kritisch begleiten.

Mit dem vorliegenden Antrag geht es uns u. a. darum, das parlamentarische und öffentliche Interesse stärker auf dieses sich rasant entwickelnde Forschungsfeld zu lenken und Stellschrauben zu identifizieren, um niedersächsische Vorhaben besser zu fördern und im internationalen und nationalen Kontext besser zu platzieren.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei der CDU)

Wir wollen damit aber auch erreichen, die momentan sehr von technologischer Seite her geführte Diskussion auf gesellschaftspolitische und ethische Aspekte auszuweiten und diese Stränge miteinander zu verflechten.

Europa und mithin auch Deutschland liegen bei der Erforschung und Anwendung von KI gegenüber den USA und den asiatischen Ländern - vor allem China - um einiges zurück. Gleichwohl stechen in Niedersachsen als Akteure in diesem Bereich die Technische Universität Braunschweig, die Leibniz Universität Hannover, die MHH, die Universität Oldenburg gemeinsam mit dem OFFIS hervor, die im internationalen Vergleich einschlägige und anerkannte Forschungsergebnisse hervorgebracht haben.

In Niedersachsen sind vier KI-Initiativen hervorzuheben. Erstens das Zentrum für Digitale Innovationen mit der Ausschreibung von sechs Zukunftslabors, die ihren Beitrag zum Wissens- und Technologietransfer leisten. Zweitens. Durch Ausschreibung im VW-Vorab werden Forschungsprojekte mit insgesamt 22 Millionen Euro gefördert. Drittens

verstärken wir unsere Forschungsaktivitäten auf den Feldern KI und Digitalisierung mit dem Ausbau und der Weiterentwicklung der bisherigen Außenstelle des Deutschen Forschungsinstituts für Künstliche Intelligenz am Standort Osnabrück zum DFKI-Labor. Viertens laufen die Ausschreibungen für die Digitalprofessuren, bei denen das Thema KI auch eine wichtige Rolle spielt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, dass wir mit unserem Ansatz und dem Antrag richtig lagen, zeigt die große fachliche Zustimmung, die wir während der Anhörung im Ausschuss erhalten haben. Die Anregungen haben wir im Wesentlichen aufgenommen, und deshalb ist auch eine Änderung des Ursprungsantrags notwendig geworden. Ich will hier nur einige Punkte herausgreifen:

Wichtig ist der Ausbau der interdisziplinären Zusammenarbeit der niedersächsischen Hochschulen im Bereich der KI, aber auch die Prüfung, in welchen Studiengängen ein Modul zu Chancen und Grenzen der KI erforderlich ist, sowie die Verankerung der digitalen Bildung. Wir brauchen aber auch eine Stärkung der Fachkräfteinitiative mit einem Schwerpunkt digitale und innovative MINT-Qualifikation.

Ein weiteres Augenmerk legen wir auf die Verankerung eines gemeinwohlorientierten Anspruchs und auf die Stärkung der gesellschaftlichen Akzeptanz beim Einsatz von KI. In diesem Zusammenhang spielen natürlich auch die Aspekte Datenschutz und Datensicherheit eine wesentliche Rolle.

Aufgrund der Schnelligkeit von Innovationen im Bereich KI und Big Data sind wir für einen besseren Wissenstransfer zwischen Wissenschaft und Wirtschaft. Hierzu gehört auch eine bessere Verzahnung der beiden Bereiche.

Meine Damen und Herren, man kann davon ausgehen, dass die KI-Systeme ihre Leistungsfähigkeit im Schnitt alle 3,5 Monate verdoppeln - so eine Analyse der Non-Profit-Organisation OpenAI. Wir tun gut daran, unseren Antrag heute zu beschließen, um eine parlamentarische Antwort aus Niedersachsen auf den Weg zu bringen.

Chancen und Möglichkeiten von KI für unsere Gesellschaft hängen davon ab, wie wir die Weiterentwicklung dieser Technologien künftig nutzen und unterstützen wollen. Unter welchen ethischen Aspekten und demokratischen Kontrollmechanismen wir dies tun, hängt aber auch von Themen ab wie Datensicherheit und Cyberkriminalität und Fragen des Urheberrechts. Der Mensch und der gesell

schaftliche Nutzen von KI-Anwendungen und -Technologien stehen dabei für uns ganz klar im Vordergrund. Unser Ziel sollte es sein, in Niedersachsen den digitalen Wandel und die Weiterentwicklung von KI-Anwendungen so zu unterstützen, dass sie dem Gemeinwohl dienen, rechtlich und ethisch eingebettet sind. Wir brauchen hier eine in die Fläche wirkende spezifische niedersächsische KI-Strategie, die unsere Standortstärken weiterentwickelt.

Ich bitte Sie um Beschluss zu diesem Antrag.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Dr. Lesemann. - Für die Fraktion der FDP hat sich nun die Kollegin Schütz zu Wort gemeldet. Bitte sehr!

Danke schön. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sich mit künstlicher Intelligenz zu beschäftigen, ist ein guter Ansatz. Das haben wir hier schon bei der Einbringung des Antrags deutlich gemacht, und das gilt natürlich weiterhin. Die Auswirkung von künstlicher Intelligenz ist bei weitem keine Science-Fiction mehr. Sie umgibt uns längst.

In der ausführlichen Anhörung zu dem Antrag wurden einige Bereiche besonders betont. Neben der Bedeutung der Erforschung gesellschaftlicher Folgen waren u. a. die mangelnde Klarheit in den Anforderungen mancher Förderungen sowie die Nachwuchsgewinnung in meinen Augen von erheblicher Bedeutung.

Der Antrag liegt uns jetzt in einer deutlich ergänzten Form vor. Da ist viel Richtiges aus der Anhörung eingeflossen. Nur bei den eben genannten Themen kommt nach meinem Geschmack etwas ein bisschen zu kurz. Ich greife einmal die Nachwuchsfrage heraus. Der Punkt taucht nur in einem Prüfantrag am Ende des Antrags auf. Da hätte ich mir ein bisschen mehr gewünscht. Aber da kann ja noch etwas nachkommen.

Bei aller sinnvollen Förderung, die der Antrag auflistet, ist doch die zentrale Frage, wie sich künstliche Intelligenz auf unser aller Leben auswirkt. Dazu gehört ein grundsätzliches Verständnis der Vorgänge. Schon bei der Rede im Januar dieses Jahres hier im Plenum zu dem Thema habe ich das Bild bemüht, dass wir halt ein grundsätzliches Verständnis haben müssen, um uns in ein selbst

fahrendes Auto zu setzen, und das dafür nötige Vertrauen. Und das Auto ist dabei ja nur ein Beispiel. Das Vertrauen gilt für sämtliche Bereiche, in denen künstliche Intelligenz Entscheidungen trifft.

Vor Vertrauen in die Technik kommt eben die Herstellung von Verständnis dafür, wie solche Rechner funktionieren - erst recht, wenn sie quasi das Gehirn simulieren. Das ist ein Wissensbereich, der gründlich aufgebaut werden muss. Dazu muss in Schulen dringend angesetzt werden: mehr Informatik im Unterricht, dann auch mehr mögliche Informatikstudenten für das Lehramt und für die Grundlagenforschung.

In der Anhörung wurde das Problem vorgebracht, dass die Forschungsförderung zum Teil an unklarer Ausschreibung der Anforderungen leidet und die Bewerber um Mittel nicht wissen, was genau von ihnen verlangt wird. Uns ist wichtig, da mehr Beratung zu installieren und die Ausschreibungen der Programme daraufhin zu überprüfen.