Protocol of the Session on June 21, 2019

Zur letzten Frage: Lassen Sie mich kurz die in der Frage genannten Normen erklären.

Grob umrissen, regelt § 64 der Niedersächsischen Bauordnung, dass genehmigungsbedürftige Baumaßnahmen grundsätzlich auf ihre Vereinbarkeit mit dem öffentlichen Baurecht geprüft werden, es sei denn, es liegt ein Fall vor, in dem ein vereinfachtes Verfahren durchgeführt werden kann. Dieses vereinfachte Verfahren ist in § 63 der Niedersächsischen Bauordnung geregelt und sieht für bestimmte Baumaßnahmen geringere Anforderungen im Hinblick auf das Baurecht vor. Dementsprechend werden die Bauvorlagen von der Bauaufsichtsbehörde unterschiedlich geprüft.

Zu den von Ihnen gewünschten Auskünften liegen der Niedersächsischen Landesregierung jedoch keine Daten vor. Es ist auch gut, dass es eine solche Statistik zur Erhebung der Bearbeitungszei

ten von Einzelanträgen nicht gibt. Die Landesregierung hält es für wichtiger, dass sich die Baubehörden nicht mit Statistik, sondern vor allen Dingen mit der Genehmigung von Anträgen befassen. Dabei wollen wir sie weiter unterstützen.

Im Übrigen sind die Gründe für die Verfahrensdauer sehr vielfältig, so z. B. besondere Belange des Fachrechts oder unvollständige Bauvorlagen. Der erhebliche Aufwand bei der Erhebung der Besonderheiten des Einzelfalls durch die unteren Bauaufsichtsbehörden stünde in keinem Verhältnis zu einem eventuellen Nutzen.

Meine Damen und Herren, die Regierung ist sich einig: Wir wollen gemeinsam in Sachen Bürokratieabbau einen wesentlichen Schritt vorankommen. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, ich lade Sie ein: Wirken Sie daran mit! Auf Ihre konstruktiven Vorschläge freuen wir uns.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Minister. - Die erste Zusatzfrage für die AfD-Fraktion stellt der Abgeordnete Henze. Bitte, Herr Kollege!

Vor dem Hintergrund, dass der Minister gerade erklärt hat, dass die Stabsstelle für Entbürokratisierung von einer halben Stelle im letzten Jahr auf jetzt drei aufgewachsen ist, frage ich, ob der Minister glaubt, dass das mit Blick auf die jetzt vor ihm liegende Aufgabe auf Sicht ausreichend ist?

Vielen Dank. - Es antwortet Herr Minister Dr. Althusmann.

Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass sich meiner Kenntnis nach vor meiner Amtsübernahme 0,2 Vollzeiteinheiten im Wirtschaftsministerium mit der Frage des Bürokratieabbaus in Niedersachsen beschäftigt haben, gehe ich davon aus, dass eine Stabsstelle Bürokratieabbau mit drei Vollzeiteinheiten - also drei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die sich ausschließlich mit Fragen des Bürokratieabbaus im Sinne des niedersächsischen Mittel

standes beschäftigen - zunächst einmal ausreichend ist. Unabhängig davon, Herr Abgeordneter, ist die Clearingstelle zu betrachten, die in Nordrhein-Westfalen - ich sagte es - vier Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat. Meines Erachtens müsste diese aber außerhalb der Landesverwaltung unabhängig angesiedelt werden, so wie es auch die Wirtschaftsverbände fordern.

Vielen Dank. - Die erste Zusatzfrage für die SPDFraktion stellt nun Herr Kollege Adomat. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vor dem Hintergrund, dass eben gesagt wurde, dass die Niedersächsische Bauordnung komplizierter wäre als die anderer Länder, frage ich die Landesregierung, wie es dazu kommen konnte, dass die von der FDP-Fraktion mitbeschlossene Niedersächsische Bauordnung etwas umfangreicher geworden ist.

(Jörg Bode [FDP]: Das war nicht mei- ne Aussage, das war seine Aussage!)

Vielen Dank. - Es antwortet Herr Minister Dr. Althusmann. Bitte!

In der Tat ist die Bauordnung im Jahr 2012 noch unter Beteiligung der FDP verändert worden. Aber bei genauerer Betrachtung der heutigen Regelungen und aus zahlreichen Gesprächen wissen wir - - -

(Zuruf von der SPD: Wer war da Minis- ter? - Gegenruf von Jörg Bode [FDP]: Und wer war da noch Minister?)

Herr Bode, vielleicht haben Sie ein Interesse daran, die Antwort zu erfahren. Ich bitte um Ihre Aufmerksamkeit. - Bitte, Herr Minister!

Das war ein erster Schritt. Der Kollege Lies und ich sind uns darin einig. Es gibt ja auch die richtigen und richtungsweisenden Vorschläge des Bündnisses für bezahlbares Wohnen in Niedersachsen zur sozialen Wohnraumschaffung. Wir müssen an

dieser Stelle noch weiterarbeiten. Sie wissen, dass wir auf Bundesebene eine Musterbauordnung haben, die einen Orientierungsrahmen bietet, aber bei Fragen von Abstandsregelungen und anderem gibt es durchaus unterschiedliche Rechtsanwendungen. Es kommt letztlich nicht darauf an, welche Landesbauordnung vermeintlich die komplizierteste ist. Entscheidend ist, dass die Niedersächsische Bauordnung in Zukunft vielleicht doch noch einfacher und praxisfreundlicher entwickelt wird. Das bleibt unser Ziel.

Wir wissen aus zahlreichen Gesprächen mit den Bauverbänden, den Unternehmerverbänden und der niedersächsischen Wirtschaft, aber auch mit Praktikern, dass im Baubereich viele Verfahren nach wie vor einen hohen Bürokratismus und einen hohen bürokratischen Aufwand nach sich ziehen. Wir haben lange Verfahrensdauern für Baugenehmigungen und Kostensteigerungen durch Stillstandzeiten. Das hängt manchmal mit nicht vollständigen Unterlagen zusammen. Sonst ginge es häufig sehr viel schneller. Aber letztlich zählt auch die zum Teil unterschiedliche Auslegung von Anforderungen des Baurechts je nach zuständigem Bauamt zu einem dieser Punkte, die wir genauer ins Visier nehmen wollen.

Unternehmer aus ganz Niedersachsen und auch aus anderen Bundesländern spiegeln uns letztlich stets die hohe Komplexität der Niedersächsischen Bauordnung wider. Wir wissen aus den Fachgesprächen, dass gerade unsere Bauordnung einen hohen Aufwand nach sich zieht, und daran arbeiten wir gerade.

Vielen Dank. - Die erste Zusatzfrage für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen stellt der Abgeordnete Meyer. Bitte!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

„Frau Präsidentin“, wenn ich Sie darauf aufmerksam machen darf.

(Heiterkeit)

Verzeihung! Frau Präsidentin!

Das ist gewöhnungsbedürftig, ich weiß.

(Heiterkeit - Beifall)

Das stimmt. Wir wollen jetzt nicht über Parität reden! Wahrscheinlich habe ich „Herr Präsident“ gesagt, weil ich bezüglich zweier männlicher Minister frage.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vor dem Hintergrund, dass der zuständige Bauminister die eben auch wieder skizzierten Vorschläge des Wirtschaftsministers und stellvertretenden Ministerpräsidenten zur Veränderung der Bauordnung - Genehmigungsfiktion nach drei Monaten, Veränderungen bei den Stellplatzvorgaben - in der Presse abgelehnt hat, frage ich, welche konkreten Vorschläge des stellvertretenden Ministerpräsidenten eigentlich vom Ministerpräsidenten geteilt werden und damit Position der Landesregierung sind.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Meyer. - Es antwortet Herr Minister Dr. Althusmann für die Landesregierung.

(Christian Meyer [GRÜNE]: Ich dach- te, der Ministerpräsident!)

Herr Abgeordneter Meyer, Sie müssen es aus Ihrer Erfahrungszeit als Minister eigentlich besser wissen. Die Landesregierung verschafft sich grundsätzlich erst einmal einen umfassenden Überblick über die Entwicklungsperspektiven und Möglichkeiten. Wir haben es in den vergangenen Monaten mehrfach erlebt, dass sich Unternehmen, Verbände und Kammern im Rahmen von Fragen des Bauverfahrens an das Wirtschaftsministerium gewandt haben,

(Christian Meyer [GRÜNE]: Sind Sie da zuständig?)

zuletzt die Architektenkammer Niedersachsen mit Schreiben vom 13. Juni. Sie hat darauf hingewiesen, dass sie letztlich noch über die bestehenden Vorschläge hinaus Änderungsbedarfe sieht.

Zuständig aber ist der Bauminister. Er wird - -

(Helge Limburg [GRÜNE]: Aha!)

- Das habe ich doch vorhin gesagt.

(Christian Meyer [GRÜNE]: Sie spre- chen hier für die Landesregierung, nicht für die CDU! Das wissen Sie?)

Ich rede hier für die Landesregierung.

Herr Abgeordneter Meyer, die Landesregierung entscheidet, welches Mitglied hier die Fragen beantwortet. Und jetzt ist es Herr Dr. Althusmann. Bitte!

(Helge Limburg [GRÜNE]: Wir wollten nur helfen!)

Ich weiß nicht, ob das Angebot Ihrer Hilfe wirklich ein ernstgemeintes ist.

(Christian Meyer [GRÜNE]: Die Frage war ja nach der Position des Minister- präsidenten!)

- Der Ministerpräsident wird sich genauso wie ich in gemeinsamen Kabinettsberatungen z. B. über Detailfragen einer Clearingstelle ein Urteil bilden. Dann wird die Landesregierung gemeinsam zu einem entsprechenden Handlungsvorschlag kommen.

Wir sollten aber nicht ausblenden, dass der Handlungsbedarf im Bereich Bürokratieabbau enorm ist, gerade auch im Bereich des Baurechts. Ich habe eine ganze Liste von etwa 50 Vorschlägen, die über die bereits vorgestellten zehn hinausgehen. Dabei geht es auch um Planungs- und Genehmigungsverfahren, Verkürzungsfristen, Instanzenfragen auch im Bereich des öffentlichen Bauens, wenn es z. B. um Verkehrsfragen geht. Insofern werden wir das in aller Ruhe und Sachlichkeit, aber mit der notwendigen Geschwindigkeit voranbringen, weil wir in dieser Legislaturperiode ein echtes Zeichen beim Bürokratieabbau setzen wollen. Dazu hat sich diese Landesregierung verpflichtet. Das ist auch Teil unseres Koalitionsvertrages.