Protocol of the Session on June 20, 2019

(Zustimmung von der AfD)

Und wenn er es nicht darf, wird alles dafür getan, dass er nicht abgeschoben werden kann. Und es wird noch besser: Es soll dabei vollkommen egal sein, wie er sich hier bei uns verhält.

Ich finde, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, das können Sie den Bürgerinnen und Bürger dann auch ehrlich sagen und müssen das nicht verklausuliert in 20 Punkte fassen. Sie können ruhig ehrlich und offen davon erzählen.

Stattdessen erwecken Sie mit Ihrem Antrag den Eindruck von einer unmenschlichen Abschiebepraxis in Niedersachsen und toppen das noch mit Ihrem Antrag zur Aktuellen Stunde am gestrigen Vormittag, in dem Sie den Bundesinnenminister bezichtigen, ein menschenrechtswidriges Abschie

bepaket vorgelegt zu haben, und den Entwurf eines Bundesgesetzes als „Hau-ab-Gesetz“ verunglimpfen.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, das ist erstens populistisch und zweitens unanständig.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der AfD - Belit Onay [GRÜNE]: Sagen Sie noch etwas zu den Inhal- ten?)

Und damit es da gar nicht erst zu einem falschen Zungenschlag kommt: Wir stehen zu unserer Verantwortung, verehrte Kolleginnen und Kollegen. Wer aus Kriegsgebieten nach Deutschland bzw. nach Niedersachsen kommt, wird hier bei uns Asyl erhalten, und er wird auch die Hilfe erhalten, die er benötigt und die er zu bekommen hat. Das ist für uns überhaupt kein Problem, und das steht auch total außer Frage.

Aber eines muss auch klar sein: Das kann immer nur eine Seite der Medaille sein. - Das bedeutet auch: Jeder, der bei uns in Notlagen in Anspruch nimmt, dass ihm geholfen wird, weiß, dass er irgendwann, zumindest dann, wenn ein Bleibe- und Asylrecht endet, wieder zurückkehren muss. Dann muss er dieses Land freiwillig wieder verlassen. Die Kollegin Schröder-Köpf hat das eben ganz richtig gesagt. Sie können nicht so tun, als würden wir menschenverachtend sein und menschenrechtswidrig arbeiten, wenn die Menschen, die eigentlich ausreisen müssen, nicht freiwillig den Weg frei machen, und uns als Staat überhaupt erst in die Lage bringen, den Weg einer Abschiebehaft gehen zu müssen.

Ihre 20 Punkte - ich kann hier nicht auf jeden einzelnen eingehen - - -

(Belit Onay [GRÜNE]: Jetzt nicht mehr! Jetzt ist die Redezeit gleich zu Ende!)

- Ich habe noch genug, Herr Onay, keine Sorge.

(Belit Onay [GRÜNE]: Sie hätten Sie besser nutzen müssen!)

Ihre 20 Punkte, die Sie hier aufbringen, dringen inhaltlich nicht durch.

(Belit Onay [GRÜNE]: Das habe ich bei Ihnen gemerkt! - Helge Limburg [GRÜNE]: Bedauerlich!)

Ich bin auch absolut sicher, dass die Ausschussberatungen zeigen werden, dass das so nicht geht. Warum? - Weil die nächtlichen Abschiebungen, die

Sie hier als Beispiel vorgetragen haben, auch deshalb sinnvoll sein können, damit Abgeschobene rechtzeitig an dem Ort ankommen, an den Sie kommen sollen.

(Belit Onay [GRÜNE]: Gerade wenn man nicht ankündigt, dass man kommt!)

- Ja, das ist leider so.

Gerade bei Zeitverzögerungen und bei Zeitverschiebungen können sie eine sinnvolle Maßnahme sein.

Das pauschale Verbot, Kranke abzuschieben, bringt uns letztlich auch nicht weiter. Es wird nämlich nur dafür sorgen, dass Abschiebungen in Zukunft unmöglich gemacht werden. Auch das kann nicht Anspruch eines funktionierenden Rechtsstaates sein.

(Zustimmung bei der CDU)

Sie haben u. a. Telefonate, Mobiltelefone und Kontaktaufnahmen in Ihrem Antrag aufgeführt. Sie müssten das doch selbst wissen. Ich weiß nicht, wer von Ihnen dabei war, aber der Unterausschuss „Justizvollzug und Straffälligenhilfe“ hat sich doch das alles in Langenhagen angeschaut.

Von den Mitarbeitern der Anstalt ist uns gesagt worden, dass Mobiltelefone überhaupt kein Problem seien, dass sie nur nicht internetfähig sein dürften. Ich glaube, das ist aus allen erklärten Gründen vollkommen nachvollziehbar.

Sie führen auch an, dass keine ausreichende Verpflegung zur Verfügung gestellt wird. Ich kann Ihnen sagen: Wir haben überhaupt gar keine Anhaltspunkte dafür, dass dies in Niedersachsen so ist.

Von daher versuchen Sie nur - das ist mein persönlicher Eindruck -, uns weißzumachen, dass unsere Abschiebungen unmenschlich sind. Das ist gerade nicht der Fall. Der Innenminister hat gerade gestern entsprechend zu der Thematik vorgetragen und mitgeteilt, dass wir hier immer und immer wieder, nicht nur auf Humanität achten, sondern dass auch die Rechtsstaatlichkeit bei jeder Abschiebung gewahrt bleiben soll. Das gilt im Übrigen auch für die Abschiebehaftpraxis.

Es war schon immer so, dass Familien nicht getrennt werden sollten. Es war schon immer so, dass Kinder, Schwangere, Jugendliche und Alleinerziehende nicht in Abschiebehaft genommen werden.

Alles das, was Sie hier in Ihrem Antrag aufführen, entspricht schon jetzt der Praxis in Niedersachsen. Von daher machen Sie den Menschen hier etwas vor, was einfach nicht der Realität entspricht.

(Zustimmung bei der CDU)

Zum Abschluss lässt sich nur eines zu Ihrem Antrag sagen: Er ist Populismus pur. Er dringt nicht durch. In der sachlichen Debatte im Ausschuss werden wir das sehen. Von daher freue ich mich auf die Ausschussberatungen und bin gespannt, was wir dann in der abschließenden Beratung noch von Ihnen hören werden.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU sowie Zustim- mung von der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Röhler. - Für die FDPFraktion hat sich nun der Kollege Dr. Marco Genthe gemeldet. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Schon gestern wurde in diese Debatte eine Schärfe hineingebracht, die diesem Thema, glaube ich, überhaupt nicht gut tut. Ich versuche, das zu vermeiden und die Dinge vielleicht ein bisschen in die Mitte zu rücken.

(Belit Onay [GRÜNE]: Danke, Marco!)

Die Rückführung von Personen, die in Deutschland kein Aufenthaltsrecht haben, ist immer eine besondere Herausforderung für einen Staat. Dabei ziehen wir Liberale grundsätzlich immer das Instrument der freiwilligen Rückkehr einer Abschiebung vor. Eine Abschiebung ist für alle Beteiligten - sowohl für die Betroffenen als auch für die damit befassten Beamten - extrem schwierig und belastend. Daher sehen wir einige Punkte des Antrages der Grünen durchaus positiv.

Eine Trennung von Kindern von ihren Eltern ist selbstverständlich in jedem Fall zu vermeiden. Auch die Möglichkeit, Verwandte oder Freunde zu kontaktieren, sollte gegeben sein.

Darüber hinaus unterstützen wir die Forderung nach einem Abschiebehaftvollzugsgesetz, um die notwendigen Maßnahmen für alle Beteiligten auch rechtssicher festzuschreiben.

Meine Damen und Herren, natürlich haben wir uns in solchen Fällen menschenwürdig zu verhalten.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Aber eines ist auch klar: Wenn in einem rechtsstaatlichen Verfahren festgestellt wurde, dass jemand keine Bleibeperspektive in Deutschland hat, dann gehört es auch zu einem Rechtsstaat, diese Entscheidung durchzusetzen. Wenn man das nicht tut, gibt man den Rechtsstaat der Beliebigkeit preis. Das dürfen wir in keinem Fall tun.

(Belit Onay [GRÜNE]: Sehr richtig!)

Meine Damen und Herren, dabei widersprechen sich ein starker Rechtsstaat und ein liberales Bleiberecht überhaupt nicht. So zeigt NordrheinWestfalen, dass auf der einen Seite eine konsequente Abschiebung ausreisepflichtiger Personen auch bei den derzeitigen Rahmenbedingungen durchaus möglich ist. Sinnvoll geregelt ist auch, in einer Koordinierungsstelle Fallkonferenzen zu ausländischen Personen mit erheblichem negativen Sozialverhalten abzuhalten und entsprechende Maßnahmen einzuleiten.

Auf der anderen Seite werden in NordrheinWestfalen für gut integrierte Geduldete bessere und gesicherte Perspektiven entwickelt. Dafür wurde ein spezieller Anwendungserlass zu § 25 b des Aufenthaltsgesetzes entwickelt. Dieser zeigt Auslegungsspielräume auf, die das Bundesrecht bereits bietet. So ausgewogen und effektiv läuft es in Niedersachsen leider nicht.

Unter dieser Landesregierung scheitern drei von vier Abschiebungen. Die zentrale Abschiebeeinrichtung arbeitet absehbar noch nicht. Eine vernünftige Anwendung der Möglichkeiten von Abschiebehaft insbesondere für ausreisepflichtige Gefährder ist jedenfalls nicht richtig zu erkennen. Zumindest saß laut Antwort der Landesregierung auf eine Anfrage meiner Fraktion zum Stichtag 5. Februar 2019 keiner der in Niedersachsen bekannten ausreisepflichtigen Gefährder oder keine der relevanten Personen in Abschiebehaft. Das ist den Bürgern auch nicht zu erklären, meine Damen und Herren.

Auf der Bundesebene gibt es nur große Ankündigungen. Es fehlt aber schon an Bundespolizisten für Rückführungsflüge, und es fehlt an Rückführungsabkommen.

Besonders ärgerlich ist es, wenn es die von Minister Seehofer zu verantwortenden Gesetze nun

auch schwerer machen, gut integrierte Geduldete in Arbeit zu bringen. Handwerk und Mittelstand haben dafür überhaupt kein Verständnis.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN sowie Zustimmung von Dr. Dörte Liebetruth [SPD])

Meine Damen und Herren, die konkrete Situation einer Abschiebung bleibt jedoch unangenehm und aufreibend für alle Beteiligten.

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass jeder Betroffene diese Situation für sich und seine Familie vermeiden kann. Es gibt vielfältige Unterstützungsangebote für Ausreisepflichtige, die ihre rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft haben und das Land dann verlassen müssen. Diese sollten öfter genutzt werden.