Protocol of the Session on February 28, 2019

Meine sehr verehrten Damen und Herren, dieser Alltagsantisemitismus ist ganz, ganz gravierend, gerade weil er immer wieder dazu verleitet, es zu einer Gewohnheit werden zu lassen; denn er verleitet schnell dazu, zu denken: Man kann sich ja mal so äußern; es passiert doch ohnehin nichts.

Dieser Alltagsantisemitismus wird auch begünstigt - das muss man auch einmal deutlich hervorheben, weil es in der Diskussion immer wieder zu kurz kommt - - -

(Doris Schröder-Köpf [SPD]: Durch den Vorsitzenden der Bundestags- fraktion der AfD!)

- Frau Schröder-Köpf, ich freue mich über Ihre ganzen Zwischenrufe. Sie haben sicherlich gleich Gelegenheit, im Rahmen Ihrer Rede noch entsprechende Äußerungen zu tätigen.

(Johanne Modder [SPD]: Nicht so empfindlich!)

Ich freue mich auf die Debatte mit Ihnen. Aber ich finde, dass der Respekt es gebietet, den jeweiligen Redner ausreden zu lassen.

(Beifall bei der AfD - Wiard Siebels [SPD]: Der Respekt, den Sie vermis- sen lassen!)

Halt! Ich bitte jetzt wirklich noch einmal um Ruhe. Wir sind hier in einer Debatte. Jeder hat die Gelegenheit, sich zu Wort zu melden. Wie wir hier oben sehen, ist auch ausreichend Redezeit vorhanden. Das Allerwichtigste ist aber, dass jetzt ein bisschen Ruhe einkehrt, damit wir den Worten folgen können und auch sehr genau aufnehmen können, was gesagt wird.

(Belit Onay [GRÜNE]: Ich glaube, das ist eher der Inhalt, der schmerzt!)

Vielen Dank, Frau Präsidentin.

Migration aus islamisch geprägten Ländern

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Das ist jetzt nicht Ihr Ernst!)

führt auch zu einem neuen Problem im Bereich des Antisemitismus;

(Miriam Staudte [GRÜNE]: Das war ja wieder klar!)

denn in diesen Ländern ist Antisemitismus vielfach nicht nur hoffähig, sondern gehört teilweise auch zur Ideologie. Das zu verschweigen, meine sehr verehrten Damen und Herren, dieses Problem nicht anzugehen - - -

(Zuruf von Doris Schröder-Köpf [SPD])

Frau Schröder-Köpf, ich würde Sie bitten, sich zu melden. Vielleicht können Sie auch eine Frage stellen. Wir haben ja ein ganzes Repertoire in unserer Geschäftsordnung vorgesehen, auch eine Kurzintervention und Sonstiges.

Bitte fahren Sie fort!

Ich darf darauf hinweisen, dass inzwischen doch relativ viel Zeit abgelaufen ist. Wenn Sie das zum Ende meiner Rede wohlwollend berücksichtigen würden, Frau Präsidentin, wäre ich Ihnen dankbar. Danke schön.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist ein Problem, über das man sprechen muss, das man angehen muss und das man nicht verschweigen darf.

(Belit Onay [GRÜNE]: Was ist das denn für eine Art, zu kommunizieren? - Stefan Politze [SPD]: Nennen Sie doch einmal Zahlen für Niedersach- sen, Herr Kollege!)

Man darf es nicht der multikulturellen Ideologie zum Opfer fallen lassen, sondern muss es thematisieren; denn es führt, wie gesagt, zu einer Verstärkung des Antisemitismus in unserem Land.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Antisemitismus wird nach meinem Eindruck heute stärker deutlich als in den letzten Jahren - nicht zuletzt dadurch, dass man gegenüber gewissen Migrantengruppen bei Antisemitismus eine erstaunliche Toleranz an den Tag legt und ihn qualitativ und quantitativ unterschätzt.

(Johanne Modder [SPD]: Wie kom- men Sie dazu, so etwas zu behaup- ten? - Doris Schröder-Köpf [SPD]: Und was ist mit Herrn Gauland?)

Ich weise darauf hin, dass die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus in Berlin, die sogenannte RIAS, die es seit Juli 2015 gibt, seither 3 378 Vorfälle zu verzeichnen hatte. Die Zahl hat sich in den letzten zwei Jahren im Übrigen verdoppelt. Jetzt ist eine Meldestelle auf Bundesebene und in ersten Großstädten eingeführt worden. Neben Berlin gehört auch Hannover dazu.

In Niedersachsen gibt es keine landesweite Meldestelle. Niedersachsen hängt auch sonst ein bisschen hinterher, was Antisemitismusbekämpfung anbetrifft. Ich nenne das Beispiel der antise

mitisch eingestellten Lehrerin, die nicht aus dem Schuldienst entfernt wurde, was für mich nicht nachvollziehbar ist.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, eine Meldestelle kann auch nicht ausreichen. Ich habe eben schon skizziert: Antisemitismus sitzt tiefer. Wir wollen nicht nur, dass das gemeldet, nachgehalten und dokumentiert wird. Nein, wir wollen auch, dass aktiv dagegen gewirkt wird.

Da hilft der Posten bzw. die Position eines Antisemitismusbeauftragten bzw. einer Antisemitismusbeauftragten sicherlich weiter, weil dies die Koordinierungsstelle für Maßnahmen gegen Antisemitismus sein kann und sie dann in den pädagogischen Bereich hinein arbeiten kann. Denn es ist ganz, ganz wichtig, nicht nur das Verständnis im Alltag im Allgemeinen für jüdische Kultur und jüdisches Leben in diesem Land und gegen Antisemitismus zu stärken, sondern insbesondere auch in der Schulbildung. Insofern ist es auch wichtig, dass hier ein Ansprechpartner vorhanden ist. Das kann der oder die Beauftragte gegen Antisemitismus darstellen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben in unserem Gesetzentwurf ein ganzes Bündel vorgeschlagen. Das ist im Übrigen nicht der erste Gesetzentwurf dieser Art. Im Saarland gibt es bereits einen Antisemitismusbeauftragten.

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Ge- nau, den haben Sie abgeschrieben!)

- Nein, wir haben das nicht abgeschrieben.

(Miriam Staudte [GRÜNE]: Doch, na- türlich!)

- Wenn Sie sich das genau angucken, sehen Sie, dass wir das maßgeblich erweitert haben und dass sich z. B. die Schulbildung und der pädagogische Bereich nicht darin finden. Wir haben das also nicht abgeschrieben, sondern wir haben uns Gedanken gemacht. Ich will aber nicht verhehlen: Natürlich haben wir das als Impuls genommen.

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Als Grundlage!)

Das machen Sie im Übrigen auch. Sie schreiben ja teilweise 1 : 1 ab. - Das ist ein Impuls für eine richtige Sache, die wir voll und ganz unterstützen wollen.

(Belit Onay [GRÜNE]: „Impuls“ - sehr gutes Framing!)

Unser Entwurf sieht noch einen weiteren Ausbau vor. Ich glaube, wir befinden uns hier auf dem richtigen Weg.

Ich bitte Sie daher: Gehen Sie mit uns diesen Weg! Schaffen wir auch für Niedersachsen das, was es im Bund und im Saarland bereits gibt, nämlich die Stelle eines Antisemitismusbeauftragten, um beim Kampf gegen jede Form von Antisemitismus endlich Effektivität walten zu lassen! Denn dieser Antisemitismus gehört definitiv nicht in unser Land und zu unserer Gesellschaft.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Emden. Noch ein Hinweis: Immer dann, wenn die amtierende Präsidentin bzw. der amtierende Präsident kurz Ihren Redebeitrag unterbricht, wird die Zeit gestoppt. Erst dann, wenn Sie Ihre Rede fortsetzen, läuft die Uhr weiter. Wir passen also sehr genau auf, dass jeder seine Redezeit bekommt.

Zu Wort gemeldet hat sich ebenfalls zu diesem Tagesordnungspunkt von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen die Abgeordnete Frau Julia Willie Hamburg. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die antisemitischen Straftaten in Niedersachsen nehmen zu. Man erlebt Antisemitismus offen in der Gesellschaft. Auch hier ist eine Zunahme zu beobachten, wenngleich das kein neues Phänomen ist.

Vor diesem Hintergrund haben wir sehr begrüßt, dass damals unsere Landtagspräsidentin Gabi Andretta infolge von Entwicklungen auf Bundesebene, aber auch in anderen Ländern gesagt hat: Auch in Niedersachsen müssen wir über das Thema Antisemitismusbeauftragte reden und uns dieses Themas annehmen. Das wollen auch wir Grüne sehr gerne tun.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Aber wir wollen an dieser Stelle nicht verhehlen, dass auch überall sonst Debatten vergiftet sind. Wir erleben eine zunehmende gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit nicht nur im Bereich des Antisemitismus, sondern etwa auch im Bereich des Rassismus, Antiziganismus, Frauen- und Homo

feindlichkeit. Ich könnte diese Aufzählung noch lange fortführen. Auch diese Bereiche gilt es ernst zu nehmen.

Vor diesem Hintergrund finden wir die Anregung von Herrn Dr. Wagner von der Stiftung niedersächsische Gedenkstätten sehr bedenkenswert, einen Landesbeauftragten gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit einzuführen; denn das Problem ist deutlich flächendeckender und weiter verbreitet.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich möchte aber auch betonen, dass ich darüber irritiert bin, dass Sie gesagt haben, Herr Emden, Sie hätten sich hier tiefergehende Gedanken gemacht. Denn eigentlich ist der Gesetzentwurf durch copy and paste des Gesetzes im Saarland entstanden. Sie haben an einigen Stellen drei, vier Wörter ergänzt und den Anfang umgeschrieben, damit es nicht ganz so auffällt.