Protocol of the Session on February 27, 2019

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Würdenträ- ger? Das sind die Arbeitstiere! - Zuruf: Das ist bei der SPD wohl eher eine Bürde als eine Würde!)

Die kurze verbleibende Zeit werden Sie jetzt noch der Rednerin zuhören und den folgenden Rednerinnen und Rednern Ihre Aufmerksamkeit schenken. - Herzlichen Dank.

Was ist die Ausgangslage? - Landwirte stehen vor Herausforderungen: fehlende Hofnachfolge, rechtliche Rahmenbedingungen, die sich für mehr Tier

wohl, Umwelt- und Verbraucherschutz ändern, und Vermarktungsstrukturen mit den damit einhergehenden Auflagen. Das alles führt leider viel zu oft zu der Entscheidung: „Ich kann meinen Betrieb nicht mehr wirtschaftlich halten!“

Der vorliegende Antrag stellt für Landwirte einen Ansatz dar, um ihren Betrieb auf wirtschaftlichere Füße zu stellen. Es geht um die Förderung von Direktvermarktung in den unterschiedlichsten Ausprägungen. Dabei ist klar: Nicht jeder kann und nicht jeder will direkt vermarkten. Aber manche wollen und brauchen Unterstützung beim Können. Deswegen fordern wir in diesem Antrag genau das: die Unterstützung von Landwirten, beispielsweise bei lebensmittelrechtlichen Fragen wie der Lebensmittelkennzeichnung.

Wir wollen den Zusammenschluss zu regionalen Vertriebsgemeinschaften weiter stärken, um die Vernetzung und den Austausch zwischen Landwirten zu unterstützen; denn als Gemeinschaft ist man stärker. Solche regionalen Vertriebsgemeinschaften stärken auch die emotionale Bindung an eine Region. Wenn ich beispielsweise Uetzer Kartoffeln kaufe, dann weiß ich, dass ich damit ein Stück Heimat auf dem Teller habe.

Durch die direkte Vermarktung sind für Landwirte höhere Erträge zu erzielen, da der Zwischenhandel entfällt. Die digitale Direktvermarktung - wie „kleiner FurchenAdel“ oder „Kaufnekuh.de“ - bietet zwar keinen direkten analogen Kontakt. Aber man weiß, woher die Lebensmittel stammen, und der Landwirt kann den Preis selbst bestimmen.

Mit der Stärkung des Absatzes regionaler Produkte - beispielsweise in Hofläden - oder bei der Förderung von Automatendirektvertrieben - wie Wurstautomaten und Milchtankstellen - wird auch der Lebensmittelverschwendung entgegengewirkt. Wenn ich bei mir im Dorf sehr kleine oder sehr große Eier, krumme Karotten oder lustig geformte Kartoffeln kaufe, dann freue ich mich, weil ich weiß, dass sie es so nicht auf den Markt geschafft hätten. Entweder der Landwirt hätte weniger Erträge erzielt, oder sie wären aus der Wertschöpfungskette geflogen, nämlich weggeschmissen worden, obwohl in diesen Lebensmitteln genauso viel Energie und auch Qualität steckt wie in den 1a-Produkten in den Regalen.

Die Direktvermarktung trägt zu einer wohnortnahen Versorgung in unseren ländlichen Bereichen bei und bietet kurze Transportwege. Aber vor allen Dingen der Kontakt zwischen den Käufern und den Landwirten und die Identifikation mit der Produkti

onsweise vor Ort bieten großes Potenzial für einen gesellschaftlichen Wandel, den wir gerade in Beziehung zur Landwirtschaft dringend brauchen. Um dieses Potenzial für unsere Landwirtschaft, für unsere Verbraucher, für unsere Umwelt und unsere Gesellschaft zu heben, freue ich mich auf Ihre Zustimmung.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank auch Ihnen. - Für die CDU-Fraktion hat sich nun die Kollegin Anette Meyer zu Strohen gemeldet.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie alle wissen: Die Land- und Ernährungswirtschaft in Niedersachsen ist der zweitwichtigste Wirtschaftszweig nach der Automobilindustrie. Die Landwirtschaft und die mit ihr verbundenen vor- und nachgelagerten Wirtschaftsbereiche bringen eine gewaltige Wertschöpfung in unser Land und sichern viele Arbeitsplätze gerade im ländlichen Raum. Niedersachsen ist im deutschlandweiten Vergleich besonders stark in der Veredelungswirtschaft, in der Milcherzeugung und im Ackerbau. Darauf darf man stolz sein; denn das ist die Leistung unserer hoch engagierten Bäuerinnen und Bauern.

(Zustimmung bei der CDU)

Leider haben in den letzten 17 Jahren sehr viele Betriebe ihre Hoftore für immer geschlossen. Besonders kleine Betriebe haben es wirtschaftlich schwer. Die Abnehmer der landwirtschaftlichen Erzeugnisse verlangen nach großen, einheitlichen Mengen. Zudem muss die Landwirtschaft heute zu Weltmarktpreisen produzieren und wettbewerbsfähig sein. Es kommen hohe Auflagen dazu, die die landwirtschaftlichen Betriebe erfüllen müssen.

Fakt ist, dass die Einhaltung aller Auflagen enorme wirtschaftliche Belastungen verursacht. Uns ist es gerade mit diesem Antrag wichtig, dass wir eine vielfältige Landwirtschaft erhalten und auch kleinere Betriebe darin unterstützen, sich zukunftsfest aufzustellen.

Sehr geehrte Damen und Herren, deshalb wollen wir die regionale Vermarktung für alle Organisationsformen der Landwirtschaft fördern. Gerade kleinere Betriebe haben ein großes Potenzial, mit der Direktvermarktung eine hohe Wertschöpfung

zu erzielen, da ja der Zwischenhandel wegfällt. Erfolgreiche Beispiele sind genannt worden: Hühnermobile, Fleisch- oder Milchautomaten, die eine relativ unkomplizierte Vermarktung ermöglichen.

Es gibt den Spruch: „Regional ist das neue Bio!“ Studien belegen, dass die Verbraucher gerne regionale Produkte einkaufen. Wir wollen dies weiter unterstützen und sehen unsere Marketinggesellschaft und die Landwirtschaftskammer dafür als die richtigen Partner. Viele Betriebsleiter und junge Landwirte wollen gerne den Hof übernehmen und haben oft innovative Ideen, wie Nischen besetzt werden können. Es kommt aber nicht zur Umsetzung, weil es an guter Beratung fehlt.

Dass sich der Mut lohnen kann, zeigen Beispiele von Start-ups, die in den letzten Jahren erfolgreich gegründet wurden. Ein Beispiel ist die GOOSIES Wurstwarenmanufaktur in Bakum, die auf die artgerechte Haltung von Gänsen setzt. Ein anderes Beispiel ist der Supermeatboy. Solche Ansätze wollen wir unterstützen. Betriebe, die einen neuen Beratungsweg gehen, müssen bestmöglich beraten werden, da es viele Fragen gibt: Buchführung, Lebensmittelrecht usw.

Wichtig ist es auch, Absatzwege vor Ort zu evaluieren und regionale Kooperationen voranzubringen. Wir glauben, dass das Potenzial für Regional- und Direktvermarktung in Niedersachsen hoch ist und wir diesen Schatz heben können. Wir sehen auch große Chancen in der digitalen Vermarktung. Hier gilt es auch zu evaluieren, wie verschiedene Plattformen und Apps genutzt und gegebenenfalls verbessert werden können.

Digitale Direktvermarktung bedeutet für viele eine Umstellung. Die Landwirte müssen über diesen Vertriebsweg informiert und gut und intensiv beraten werden. Gerade in dünn besiedelten Gebieten kann die digitale Direktvermarktung eine Alternative zum Hofladen sein. Der Erhalt kleinerer Höfe ist wichtig, um die Vielfalt der Landwirtschaft in Niedersachsen, aber auch die Attraktivität des ländlichen Raums zu sichern.

Meine Damen und Herren, nun sollten sich alle Beteiligten auf den Weg machen und unsere Landwirte proaktiv bei der Regional- und Direktvermarktung unterstützen. Lassen Sie es uns anpacken!

(Beifall bei der CDU)

Danke sehr, Frau Kollegin. - Für die FDP-Fraktion bekommt nun das Wort der Kollege Hermann Grupe.

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Tat stellt die Regional- und Direktvermarktung Chancen für unsere Betriebe dar.

Um die knisternde Spannung aus diesem Tagesordnungspunkt zu nehmen: Wir unterstützen diesen Antrag und werden ihm zustimmen.

(Beifall bei der CDU - Heiner Schön- ecke [CDU]: Guter Mann!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, gerade für flächenärmere Betriebe stellt die Direktvermarktung Perspektiven dar. Wir wissen, es gibt Regionen, in denen die Landpreise und auch die Pachtpreise mittlerweile so hoch sind, dass die Betriebe solche Möglichkeiten brauchen. Das ist deswegen sehr zu begrüßen.

Wenn Sie darauf abheben, dass die Verbraucher zunehmend tierwohlfördernde Haltungsbedingungen begrüßen und darauf Wert legen - diesen Eindruck haben wir auch -, dann ist das richtig. In diese Richtung zielt auch unser Antrag in Bezug auf mobile Schlachtmöglichkeiten, um tiergerecht und zusätzlich qualitätsfördernd Möglichkeiten zu erfassen. Wenn wir die Verbraucher dafür sensibilisieren können, dann ist das sehr gut. Es ist auch sehr wichtig, dass das sowohl für den konventionellen als auch für den ökologischen Bereich gelten soll. In beiden Segmenten ergeben sich da Chancen.

In der Beschlussempfehlung ist auch sehr richtig formuliert: Die Marketinggesellschaft leistet eine sehr wertvolle Arbeit, um diese Dinge voranzutreiben. Die Direktvermarkter sollen unterstützt werden. Das alles sind nach unserer Überzeugung die richtigen Ansätze. Ich erinnere nur an die Aktivställe, die die Landwirte versuchen zu ermöglichen, mit angeschlossenen Vermarktungsmöglichkeiten. Durch die digitale Vernetzung - Frau Kollegin Meyer zu Strohen hat das eben schon angesprochen - gibt es Möglichkeiten für die Verbraucher, direkt zu erfahren, wo sie diese Produkte bekommen können.

Das ist also rundum begrüßenswert. Wir stimmen dem Ganzen zu.

Danke schön.

(Beifall bei der FDP)

Danke schön, Kollege Grupe. - Für die AfD-Fraktion spricht nun die Abgeordnete Dana Guth.

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir entscheiden heute über den Antrag zur regionalen und direkten Vermarktung. Es ist die abschließende Beratung. Ich glaube, alle Argumente zu diesem Thema sind ausgetauscht. Problemfelder wie „Höfesterben“, „immer weniger Betriebe in der Landwirtschaft“ und „Monopolisierung durch Handelsketten“ sind erkannt. Im Wesentlichen ist dieser Antrag auch ein bisschen „Zurück in die Zukunft“ - eigentlich auch unser Credo -; es war ja nicht alles schlecht.

(Lachen bei der FDP)

Von daher entspricht es schon unseren Vorstellungen, gesunde kleine und mittlere landwirtschaftliche Betriebe in Niedersachsen zu haben, die faire Preise für gute Leistungen erhalten. Eine regionale Vermarktung im Sinne von Umwelt und Verbrauchern kann wiederum auch dafür sorgen, dass wieder funktionierende Infrastrukturen im ländlichen Raum entstehen. Die gab es ja mal, und zwar in der Prä-Brüssel-bestimmt-alles-Phase, in einer Zeit, als in deutschen Parlamenten noch für Niedersachsen entschieden wurde.

Nichtsdestotrotz: Die Forderungen in diesem Antrag sind vernünftig. Wir werden ihm zustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Danke auch Ihnen. - Für Bündnis 90/Die Grünen bekommt jetzt Frau Kollegin Miriam Staudte das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Es steht viel Richtiges in dem Antrag. Wir werden uns trotzdem enthalten. Denn Sie haben unsere, wie ich finde, guten Anregungen leider nicht aufgegriffen, obwohl Sie ja so dialogorientiert sind.

Ein Beispiel: Wir haben kritisiert, dass die einzelbetriebliche Investitionsförderung vonseiten der EU bisher nur fließt, wenn überregional vermarktet wird. Wenn sich z. B. Landwirte und Tierhalter zusammenschließen und einen regionalen Schlachthof, der zwei oder drei Landkreise beliefert, aufbauen wollen, dann erhalten sie dafür keine Förderung aus EU-Mitteln.

Das halten wir für einen großen, großen Webfehler, wenn wir regionale Förderung unterstützen wollen. Insofern werden wir uns enthalten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke sehr. Das war sehr schnell. - Jetzt hat abschließend die Ministerin Frau Otte-Kinast das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Entschließungsantrag ist ein Plädoyer für die Regionalvermarktung und die Direktvermarktung von landwirtschaftlichen Erzeugnissen und Lebensmitteln. Die Landesregierung steht also voll hinter diesem Anliegen.

Obwohl natürlich ein wesentlicher Anteil unserer Agrarprodukte und Lebensmittel überregional, außerhalb der Landesgrenzen und auch auf Exportmärkten abgesetzt wird, hat der regionale Absatz eine wichtige und auch wachsende Bedeutung. So kann man davon ausgehen, dass in Niedersachsen rund 1 200 bis 1 400 landwirtschaftliche Betriebe Direktvermarktung betreiben und damit einen nennenswerten Einkommensbeitrag erzielen.