Ich gebe offen zu: Ja, man kann die Frage stellen, Herr Birkner, ob der Staat erneut für die Auffanglösung bzw. Neustrukturierung einer Landesbank - in
welcher Form auch immer - herhalten muss. Ja, man kann darüber diskutieren, wie hoch das Risiko ist, dass am Ende dafür Steuergeld eingesetzt werden muss. Wir werden das im weiteren Prozess auch klären. Aber die Behauptung, die Sie hier aufgestellt haben, dass Sie von vornherein sagen, das ist so, ist erkennbar falsch.
(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Das ist un- redlich, was Sie machen! Wer haftet denn dafür? Das sind doch nicht Sie persönlich!)
Selbst nach dem Maßstab des Stabilitätsrates, selbst nach dem Maßstab der Schuldenbremse, dass hier keine Schulden zulasten des Landeshaushaltes, keine Schulden zulasten des Steuerzahlers aufgenommen werden!
Richtig ist, dass die Schulden, die hier jetzt für diese Auffanglösung von einer Gesellschaft gemacht werden, von uns verbürgt werden.
(Christian Grascha [FDP]: Und wer haftet dafür? Das Land! - Christian Meyer [GRÜNE]: Mit dem Gewinn von VW!)
Das bedeutet zugleich, dass wir, ebenso wie die EU-Kommission es tut, sehr deutlich einfordern, dass das Modell, das jetzt entwickelt wird, am Ende dem gerecht wird, was der Finanzminister selbst hier eingefordert hat, dass es sich nämlich trägt.
(Christian Grascha [FDP]: Das ist doch nicht mehr als das Pfeifen im Walde! - Christian Meyer [GRÜNE]: Luftbuchungen!)
Meine Damen, meine Herren, es gibt auch einige berechtigte Sorgen. Frauke Heiligenstadt hat das Thema Arbeitsplätze angesprochen. Ja, natürlich, es gibt nach wie vor hohe Nervosität an allen Standorten der NORD/LB über die Frage, wie es in den einzelnen Sektoren weitergeht. Es gibt berechtigte Fragen im Braunschweiger Land bezüglich der Fortführung des Systems der Braunschweigischen Landessparkasse. Es gibt berech
tigte Fragen an den weiteren regionalen Standorten der NORD/LB, beispielsweise in Oldenburg. Selbstverständlich ist das so!
Es gibt auch die berechtigte Frage, wie hoch das Risiko für das Engagement bezüglich des Steuergeldes ist; ich habe es angeführt.
Ich will es ausdrücklich sagen: Es gibt auch berechtigte Sorgen an den Reedereistandorten bezüglich der Abwicklung der Schifffahrtsportfolios; denn auch daran hängen immer noch in erheblichem Umfang Arbeitsplätze, die mit dem Verkauf der Schiffsportfolios nicht mehr vollständig gesichert sind. Ganze Unternehmensexistenzen! Auch das muss man für eine verantwortungsvolle Lösung im Blick behalten.
So berechtigt diese Sorgen und diese Fragen auch sind, muss ich doch feststellen, dass in der gegenwärtigen Lage die jetzt gemeinsam mit der Sparkassenlandschaft verfolgte Lösung die verträglichste aller Alternativen ist.
Sie ist die verträglichste Alternative für den Landeshaushalt und die Steuerzahler. Sie ist die verträglichste Alternative für die Sparkassenlandschaft. Sie ist die verträglichste Alternative für das Vermögen des Landes. Sie ist die verträglichste Alternative für die Kunden der NORD/LB aus Mittelstand und Industrie. Und sie ist auch die verträglichste Alternative für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Bank.
Die Abwicklung der NORD/LB hätte den Landeshaushalt sofort erheblich belastet. Sie hätte in der Sparkassenlandschaft ein mittleres Erdbeben verursacht.
Ich gebe Frauke Heiligenstadt in dem, was sie in ihrer Replik gesagt hat, ausdrücklich recht: Ein Spiel mit dem Feuer über die Existenz des DreiSäulen-Modells unserer Finanzwirtschaft in Deutschland können und dürfen wir uns nicht leisten!
Die Frage der Stabilität unserer mittelständisch geprägten Wirtschaft in Deutschland hängt elementar mit der Frage der Stabilität insbesondere des öffentlich-rechtlichen und des genossenschaftlichen Bankensektors zusammen, die einmalig in Europa und auf der Welt sind und die wir uns erhalten müssen und die wir durch die Fragen, die wir hier jetzt zu beantworten haben, nicht infrage
Übrigens nur am Rande: Die Abwicklung der NORD/LB hätte die Braunschweigische Landessparkasse zerstört. Sie hätte die Arbeitsplätze an allen Standorten der NORD/LB vernichtet. Und sie hätte zahlreiche Kunden der Bank massiv in Mitleidenschaft gezogen, insbesondere die mittelständisch geprägte Wirtschaft in unserem Land. Sie hätte Vermögen des Landes vernichtet. Das war und das ist für die CDU keine Alternative, meine Damen, meine Herren!
Für den vollständigen Verkauf - das ist eine der beiden Varianten, die für mich nach Interpretation der Rede von Herrn Birkner noch übrig bleiben - gab es überhaupt kein Angebot. Auf dem Markt gab es dafür keinen Weg, den man hätte gehen können. Insofern können Sie ihn hier gerne theoretisch diskutieren, Herr Birkner, aber wenn man in der Praxis eine Lösung für die Situation finden muss, bietet sich dieser Weg schlicht nicht an.
Natürlich ist dieser Weg verfolgt worden. Das wissen Sie auch. Auch eine Mehrheitsbeteiligung ist diskutiert worden.
(Christian Grascha [FDP]: Ich sehe aber keine Strategie von Ihnen! Selbst eine Minderheitsbeteiligung, die immer noch eine ernsthafte Alternative wäre, wenn der weitere Weg mit den Öffentlich-Rechtlichen aus welchen Gründen auch immer am Ende nicht mehr zu ge- hen wäre, bedeutete ein erhebliches Engagement über das jetzt im Raum Stehende hinaus für den Landeshaushalt, für das Land Niedersachsen und im Übrigen auch für die Sparkassen, die dann wenig Einfluss hätten, aber viel an Geldleistung zu erbringen hätten. Vor diesem Hintergrund unterstützt die CDU- Fraktion die vorgenommene Weichenstellung der Landesregierung gemeinsam mit dem Vorstand, dem Aufsichtsrat der NORD/LB, dem DSGV und dem SVN ausdrücklich. Wir stehen zu unserer Verantwortung, zur Verant- wortung des Landes Niedersachsen für die Nord- deutsche Landesbank, meine Damen, meine Her- ren. (Beifall bei der CDU und bei der SPD)
Wir werden den jetzigen Prozess der weiteren Verhandlungen mit der Sparkassenlandschaft, mit der EU-Kommission und mit der Bankenaufsicht konstruktiv begleiten. Herr Finanzminister, das kann ich Ihnen im Namen der CDU-Fraktion zusichern.
Ich will an der Stelle ausdrücklich betonen, dass die Krise bei der NORD/LB nicht mit früheren Krisen anderer Landesbanken vergleichbar ist, weil mir in der heutigen Diskussion weniger, aber an anderer Stelle häufiger aufgefallen ist, dass dies immer wieder in den Raum gestellt wird.
Wir haben eine andere Situation. Die Situation bei der NORD/LB ist nicht durch undurchsichtige Investmentgeschäfte, durch ausländischer Tochtergesellschaften o. Ä. entstanden, sie ist nicht durch eine Steueroasenproblematik o. Ä. entstanden, sondern sie hat zwei Hintergründe. Der eine sind die Eigenkapitalanforderungen der Bankenaufsicht, die von der Bank unterschritten werden, die immer weiter angehoben werden und die mit dem jetzigen Geschäftsmodell nicht darstellbar sind, und der zweite ist das Klumpenrisiko bei der Schiffsfinanzierung. Und das hat ja eine Vorgeschichte, die übrigens ein Stück weit auch die FDP mitgegangen ist.
Sie hat direkt damit zu tun, dass die NORD/LB über einen langen Zeitraum hinweg in einer Erfolgsgeschichte den zweitgrößten Reedereistandort Deutschlands, der Niedersachsen insbesondere im Nordwesten ist, mitfinanziert hat. Sie hat dort viele Projekte finanziert. Ich kann mich an Zeiten erinnern, in denen man gar nicht genug darüber jubeln konnte, wie erfolgreich dieses Geschäft ist und welche Wachstumspotenziale es hat, und niemand nach den Risiken gefragt hat. Da kann man im Zweifel alle Beteiligte mit einschließen. Da muss sich aber auch jeder an seine eigene Nase fassen.
Daraus eine Lehre zu ziehen, ist für uns wichtig; denn in der Bank, die jetzt neu aufgestellt wird, darf das Risiko der erneuten Bildung eines Klumpenrisikos nicht mehr vorhanden sein. Das ist eine der Anforderungen, die wir als CDU-Fraktion an die Verhandlungen in den nächsten Wochen stellen.
Dem Finanzminister ist es zu einem Zeitpunkt, zu dem es noch Sinn machte, in schwierigen, aber zukunftsorientierten Verhandlungen gelungen, eine Allianz all derjenigen zu schaffen, die für den Fortbestand der Bank wichtig sind. Der Umbau der Bank wird allerdings schmerzhafte Einschnitte erforderlich machen. Das hier nicht anzusprechen, wäre falsch; denn wir alle wissen, dass wir erst am Anfang des Sanierungswegs der NORD/LB stehen und noch nicht am Ende angelangt sind.
Das jetzige Ergebnis ist insofern ein Zwischenergebnis. Weil weitere Verhandlungen, z. B. Gespräche mit der Generaldirektion Wettbewerb, ausstehen, ist völlig klar - Herr Birkner, das wussten Sie, bevor Sie heute hier an das Rednerpult herangetreten sind -, dass der Finanzminister heute noch gar keine Ergebnisse der Gespräche, die in den nächsten Wochen zu führen sind, verkünden kann - nachdem der Businessplan und der Finanzierungsplan aufgestellt sind und die Verhandlungen geführt worden sind.
Es wäre natürlich auch falsch, hier Dinge zu erklären, die mit den anderen Beteiligten, den anderen zukünftigen Trägern noch nicht geklärt sind.
(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Wer sagt, dass das nachhaltig ist? - Christian Grascha [FDP]: Worthülsen hat er aber schon!)
Das heißt aber doch übersetzt, dass die Landesregierung nach Ihrer Auffassung heute nicht hätte unterrichten dürfen. Das aber haben Sie selber eingefordert!
Man kann nicht eine Unterrichtung zu einem Zeitpunkt einfordern, zu dem man die Antworten auf die Fragen, die man stellt, noch nicht bekommen kann, und sich dann darüber beschweren, dass man die Antworten auf die Fragen nicht bekommt, die man in den Raum gestellt hat.
Auf einen Aspekt Ihrer Rede muss ich noch ein Stück weit eingehen, weil er mich erneut hellhörig hat werden lassen. Sie haben mehrfach betont,
dass es Ihnen wichtig ist, dass das Nachrangkapital in der Bank mit zur Verantwortung gezogen wird. Rechtlich gibt es nur einen Weg, das zu tun, und das ist der Weg, den Sie in einem Interview schon einmal öffentlich angesprochen haben.