Protocol of the Session on November 15, 2018

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und bei der FDP)

Die Tagesordnung und die Redezeiten legen alle Fraktionen gemeinsam im Ältestenrat fest - nicht, dass der Eindruck entsteht, wir limitierten hier etwas. Das ist eine Vereinbarung. Sie hätten auch noch eine halbe Minute Zeit gehabt. Aber ich finde, im Ausschuss ist es manchmal einfacher zu debattieren und zu diskutieren.

Wir haben eine weitere Wortmeldung aus der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen: der Kollege Belit Onay.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Auf die inhaltliche Qualität des Antrags ist ja schon mehrmals hingewiesen worden. Im Grunde besteht sie nicht - gerade wenn man prüft, ob mit den fünf genannten Maßnahmen wirklich konkrete Vorschläge verbunden sind.

Bei den ersten beiden Punkten schießen Sie ins Blaue: Durch geeignete Maßnahmen bzw. ohne zeitlichen Verzug soll etwas umgesetzt werden. Konkrete Vorschläge machen Sie nicht.

Ich will auch auf die weiteren Punkte eingehen, weil mir das die Gelegenheit gibt, noch ein paar Sätze beispielsweise zur Abschiebehaft zu sagen. Es ist, wie ich finde, sehr wichtig, noch einmal darüber zu sprechen. Sie schlagen hier sozusagen eine Erweiterung der Abschiebehaft vor. Wir haben da aber schon jetzt erhebliche Probleme. So liegt die Fehlerquote bei knapp 44 % - und das, obwohl

wir eine unabhängige, noch von Rot-Grün finanzierte Abschiebehaftberatung haben, meine sehr geehrten Damen und Herren. Das muss eigentlich die Justizministerin - sie ist gerade nicht da, aber vielleicht können das die Sitznachbarn weitergeben - aufhorchen lassen. Wir haben nämlich jetzt die Situation, dass die Große Koalition diese Abschiebehaftberatung einstellt. Die Weiterfinanzierung wird nicht gewährleistet, meine sehr geehrten Damen und Herren. Das ist ein Problem. Denn das heißt letztendlich, dass sich die Fehlerquote dort vielleicht sogar noch erhöhen wird.

Sie sprechen außerdem Rückführungszentren an, meine sehr geehrten Damen und Herren. Auch im Koalitionsvertrag der Großen Koalition wird auf Rückführungszentren eingegangen; sie werden sozusagen als Lösung für einige Probleme propagiert.

Wir alle hatten ja die Möglichkeit, mit dem Innenausschuss nach Bayern zu reisen. Die AfD war leider nicht dabei. Dort hätte sie sich aber ein gutes Bild davon machen können, wie die Bayern mit diesen großen Zentren verfahren. Das ist eine für alle dort befindlichen Personen eine wirklich schwierige Lagersituation - ohne Strukturen, ohne soziale Begleitung. Das führt zu Lagerkoller, dann entstehen Konflikte usw.

(Uwe Schünemann [CDU]: Man kann aber nicht sagen, dass es keine sozia- le Begleitung gibt!)

Lieber Sebastian Lechner, wir haben es doch selbst gesehen: das Abschirmen der Personen, damit sie ja nicht in Kontakt mit den Besucherinnen und Besuchern kommen. Das war eine Situation, die man sich weder für sich selbst noch für andere Personen wünscht, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Das wird natürlich auch zu einem Problem in Niedersachsen führen, wenn man das hier fortführt, wie im Antrag gefordert.

Unter Nr. 4 - das finde ich schwierig - fordern Sie amtsärztliche Kontrollen ärztlicher Bescheinigungen. Da schwingt ja der Vorwurf mit, die Ärzteschaft würde unter Umständen bei einem regelrechten Betrug mitwirken. Das finde ich relativ schwierig. Das wird auch Ihren eigenen Anfragen nicht gerecht, die Sie - mit einer guten Beantwortung durch die Landesregierung versehen - zurückbekommen.

Ich verweise auf die Drucksache 18/1973. Darin antwortet die Landesregierung auf Ihre Anfrage:

„Der Landesregierung sind keine Fälle berichtet worden, in denen ärztliche Gefälligkeitsgutachten vorgelegt worden sein sollen, um Abschiebungen zu verhindern.“

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es gibt darauf keinerlei Hinweise.

Auch gibt es klare Regeln im Aufenthaltsgesetz, die Ihnen entweder nicht bekannt sind oder die Sie hier einfach ignorieren. Das ist nicht ganz gerecht.

Ich habe keinen Überblick über meine Redezeit, ich rede einfach weiter, und Sie melden sich dann.

(Heiterkeit und Beifall)

Ich melde mich. Sie haben noch gute anderthalb Minuten.

Die Kolleginnen und Kollegen hören ja aufmerksam zu.

(Uwe Schünemann [CDU]: Es wäre schade, wenn es vorbei wäre!)

- Das freut mich zu hören.

Zu Punkt 5, zu den Sachleistungen: Das hatten wir schon in der letzten Legislaturperiode, gerade zu Beginn. Der Innenminister Boris Pistorius hatte den Kommunen ja freigestellt, ob Gutscheine oder Geldleistungen gewählt werden sollten. Nahezu alle Kommunen - im Ergebnis alle Kommunen - rückten von den Sachleistungen ab, zu Recht, weil das ein unglaublicher Verwaltungsaufwand ist. Es ist für die Betroffenen stigmatisierend, diskriminierend und ihre Lebensführung unverhältnismäßig erschwerend, meine sehr geehrten Damen und Herren. Deshalb lehnen wir das natürlich ab.

Noch zu der Frage der freiwilligen Ausreise, der natürlich auch von uns - das will ich hier ausdrücklich sagen - der Vorzug gegeben wird. Die taz hatte am 16. September einen guten Bericht. Sie berichtete:

„Der Norden schiebt weniger Flüchtlinge ab als der Süden und Westen Deutschlands. Eine erzwungene ‚freiwillige Ausreise‘ ersetzt oft die Abschiebung.“

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Innenministerium muss schon sicherstellen, dass diese sogenannten freiwilligen Ausreisen oder Rückreisen tatsächlich auf Freiwilligkeit und nicht auf Druck oder Desinformation beruhen.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Ein abschließender Satz zu der Umsetzung von Recht und Gesetz: Sie propagieren ja immer, man solle mit der vollen Härte des Gesetzes agieren. Da bin ich eigentlich voll bei Ihnen. Ein Teil der vollen Härte des Gesetzes ist aber eben auch Menschlichkeit, sind auch die Abwägungsmöglichkeiten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das sieht ein Verhältnismäßigkeitsrechtsstaat wie der unsere ausdrücklich vor, meine sehr geehrten Damen und Herren. Das sollten Sie ruhig öfter beherzigen.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank. - Es liegen keine Wortmeldungen mehr vor. Das war die erste Beratung.

Wir kommen zur Ausschussüberweisung.

Federführend soll der Ausschuss für Inneres und Sport sein. Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Die sehe ich nicht. Damit ist der Antrag so überwiesen.

Meine Damen und Herren, wir kommen jetzt zur Festlegung von Zeit und Tagesordnung des nächsten Tagungsabschnittes.

Der nächste - der 13. - Tagungsabschnitt findet vom 10. bis zum 13. Dezember statt, etwas außergewöhnlich, das ist von Montag bis Donnerstag. Es sind die Haushaltsberatungen vorgesehen. Die Landtagspräsidentin wird den Landtag einberufen und im Einvernehmen mit dem Ältestenrat den Beginn, die Tagesordnung und damit auch die Redezeiten der Sitzung festlegen.

Ich schließe die Sitzung und wünsche Ihnen einen guten Heimweg. Danke für die konstruktiven Beratungen!

Schluss der Sitzung: 13.33 Uhr.