Einige weitere wichtige Aufgaben des öffentlichen Gesundheitsdienstes möchte ich dennoch an dieser Stelle ergänzen, auch um die Fülle und die Relevanz dieser Aufgaben zu verdeutlichen.
Der öffentliche Gesundheitsdienst überwacht den Verkehr mit Lebensmitteln. Er überwacht die Mitarbeiter bestimmter Berufe im Gesundheitswesen. Er übernimmt die Aufgabe der gesundheitlichen Aufklärung und Gesundheitserziehung. Er hat auch die Aufgabe der Mutter-und-Kind-Beratung.
Die Liste der Aufgaben ist lang und außerordentlich breit gefächert. Amtliche Bescheinigungen, Zeugnisse und Gutachten gehören ebenfalls zu den Aufgaben des öffentlichen Gesundheitsdienstes. Die Sammlung und Auswertung von Daten, die für die Gesundheit der Bevölkerung bedeutsam sind, soll hier ebenfalls Erwähnung finden.
Und auch dies: Der öffentliche Gesundheitsdienst macht Hausbesuche bei Menschen, die wegen sozialer oder gesundheitlicher Einschränkungen hilfebedürftig sind, und stellt ein ganzes Repertoire an Unterstützungsmöglichkeiten zur Verfügung: die Beratung und Vermittlung von Diensten und Dienstleistungen, das Angebot direkter Hilfen oder die Koordinierung von Hilfsangeboten. Zielgruppen sind behinderte Menschen und ihre Angehörigen, abhängig Kranke, chronisch und psychisch Kranke und besonders belastete oder gefährdete Bevölkerungsgruppen wie Obdachlose, aber zunehmend auch Kinder und Jugendliche.
Nicht nur im Bereich des Gesundheitsschutzes und der Gesundheitshilfen haben sich in den letzten Jahrzehnten der Anforderungskatalog und die fachlichen Verpflichtungen im öffentlichen Gesundheitsdienst erheblich geändert. Es gibt neue Krankheiten, z. B. die Lungenerkrankung SARS - eine hochansteckende Krankheit. Auch deren Bekämpfung gehört mittlerweile zu dem Aufgabenbereich des öffentlichen Gesundheitsdienstes.
Die Aktivitäten erstrecken sich von der Gruppenprophylaxe in der Kariesprävention, der Rauchprävention, der Ernährungs- und Bewegungsschulung in Schulen und Wohnvierteln bis hin zu niederschwelligen Gesundheitsförderungsstrategien zur Verhinderung von Alkohol- und Drogenabhängigkeit.
Ich denke, dass damit klar geworden ist, welche unverzichtbaren Aufgaben der öffentliche Gesundheitsdienst zu erfüllen hat.
Sehr geehrte Damen und Herren, ich habe es eingangs gesagt: Der öffentliche Gesundheitsdienst braucht unsere Unterstützung. Wenn man die Fülle der Aufgaben betrachtet, dann verdeutlicht sich dieses Anliegen an dieser Stelle.
Der vorliegende Antrag soll dem Öffentlichen Gesundheitsdienst helfen, seine Aufgaben auch in Zukunft erfolgreich und gut durchführen zu können. Im Moment hat der Öffentliche Gesundheitsdienst erhebliche Probleme, da es schlicht an Ärzten mangelt, die die eben beschriebenen Aufgaben
durchführen können. Daher ist es unsere Aufgabe, darauf zu reagieren. Darauf zielt der vorliegende Antrag ab.
Es ist sinnvoll, den ÖGD in der medizinischen Aus-, Fort- und Weiterbildung zu verankern. Die Personalausstattung und -entwicklung muss sich am Umfang der fachlichen Aufgaben ausrichten. Genau das fordern wir mit diesem Antrag, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen.
Wenn die fachlichen Aufgaben wachsen - ich denke, dass die Fülle der vorhandenen Aufgaben klar geworden ist -, dann ist es notwendig, eine entsprechende Personalstärke vorzuhalten; sonst kann die Aufgabe nicht durchgeführt werden, und das kann in diesem Haus niemand ernsthaft wollen.
Ein elementarer Baustein dafür, dass der Öffentliche Gesundheitsdienst wieder über ausreichend qualifiziertes Personal verfügen kann, ist die Bezahlung der Ärztinnen und Ärzte. Ein einheitlicher Ärztetarif wäre ein geeignetes Mittel, wieder mehr Ärzte für den Öffentlichen Gesundheitsdienst zu gewinnen. Die Differenz in der Bezahlung zwischen einem Arzt im Krankenhaus und einem Arzt im Öffentlichen Gesundheitsdienst kann im schlimmsten Fall bis zu 1 800 Euro brutto betragen. Dass dies bei der Entscheidung für oder gegen eine berufliche Tätigkeit ein wichtiges Element ist, dürfte jedem einleuchten. Die Tarifparteien, die dies auszuhandeln haben, müssen sich der Dringlichkeit und Wichtigkeit des Problems bewusst sein. Auch darauf zielt der Antrag ab.
Um den Öffentlichen Gesundheitsdienst auch nachhaltig stärker in den Fokus zu rücken, wird mit dem Antrag ein Lehrstuhl für öffentliches Gesundheitswesen zum Thema gemacht. Ein solcher Lehrstuhl könnte ein Beitrag zu einer frühen Orientierung der Studentinnen und Studenten hin zum Öffentlichen Gesundheitsdienst fördern.
Eine weitere Forderung des Antrags ist die verpflichtende Teilnahme von Kindern an Präventionsmaßnahmen des Gesundheitsdienstes. ÖGDÄrzte gehen in Kitas und Schulen und untersuchen die individuellen Entwicklungsstände und Förderbedarfe von Kindern, insbesondere von Kindern und Jugendlichen mit Entwicklungsstörungen und Behinderungen. Sie sorgen dafür, dass alle Kinder rechtzeitig und gemäß den Empfehlungen geimpft werden, wenn sie eine Gemeinschaftseinrichtung besuchen. Es handelt sich hier häufig um aufsuchende Arbeit, insbesondere für Kinder aus benachteiligten Haushalten, deren Eltern es manch
mal nicht schaffen, aus eigener Initiative Arzt- und Therapeutenbesuche zu organisieren. Eine verpflichtende Teilnahme kann einen wichtigen Beitrag dazu leisten, dass z. B. ein Massenausbruch von Masern verhindert werden kann.
Ich freue mich daher auf die Beratungen im Ausschuss, die ja das Thema als solches bereits in den Fokus rücken werden. Möglicherweise ergeben sich noch weitere gute geeignete Vorschläge.
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Im Westen nichts Neues! - Keine Sorge, Herr Meyer, ich möchte Ihren Antrag hier nicht mit dem großen Roman der Weltliteratur vergleichen. Ich unterstelle Ihnen auch nicht, dass Sie hier die Absicht hatten. Aber der Titel passt doch schon irgendwie.
Sie als GroKo nehmen sich hier keines neuen, sondern eines alten Problems an - eines Problems, dessen Ursache eigentlich jedem klar ist und dessen Problematik in den letzten Jahren nicht überwunden werden konnte. Der Hintergrund Ihres Antrags wird sicherlich auch eine Feststellung auf der 91. Gesundheitsministerkonferenz im Juni 2018 gewesen sein. Dort hatten die Gesundheitsminister der Länder festgestellt, dass im Öffentlichen Gesundheitsdienst erhebliche Unterbesetzungen von Arztstellen vorliegen. Es wurde ebenfalls festgestellt, dass dies kein vereinzeltes, regionales Problem ist, sondern ein flächendeckendes. Dadurch könnten die Gesundheitsaufgaben nicht mehr in vollem Umfang übernommen werden.
Interessant ist: Schon 2014 veröffentlichte die Bundesärztekammer alarmierende Zahlen. Dort hieß es, dass die Gesamtzahl der berufstätigen Ärztinnen und Ärzte in den Gesundheitsämtern im Vergleich zum Jahr 1996 um rund ein Drittel zurückgegangen ist, obwohl die Gesamtzahl der berufstätigen Ärztinnen und Ärzte in Deutschland im gleichen Zeitraum um rund 21 % gestiegen ist. Weiter hieß es, dass der ÖGD somit ausblutet und die Versorgung der Bevölkerung gerade in Epidemiezeiten nicht mehr gesichert ist. In der Realität
heißt das, dass die Zahl der Fachärztinnen und Fachärzte für das öffentliche Gesundheitswesen zwischen 2000 und 2018 bundesweit um rund 20 % zurückgegangen ist. Jede siebte ausgeschriebene Facharztstelle in den Gesundheitsämtern bleibt länger als sechs Monate unbesetzt.
Als eine wesentliche Ursache - das wurde auch schon angesprochen - für die kritische Personalsituation sieht der Berufsverband die schlechte Bezahlung und die kontinuierliche Blockadehaltung der kommunalen Arbeitgeberverbände. Denn Fachärzte, die aus der Klinik in ein Gesundheitsamt wechseln möchten, werden - Herr Meyer, Sie haben es angesprochen - auf das Gehaltsniveau eines Berufsanfängers zurückgesetzt. Das bedeutet aber in der Praxis, dass es nicht selten zu einem Gehaltsverlust von mehr als 1 000 Euro pro Monat kommt. So wird die Arztsuche aus der Natur der Sache heraus schwierig.
Jetzt fordern Sie in Ihrem Antrag, werter Herr Meyer, dass die Personalentwicklung und die Personalausstattung im ÖGD am Umfang seiner fachlichen Aufgaben auszurichten sind. Ja - aber das ist eine leere Forderung. Das mag sich gut anhören, aber die Personalentwicklung oder -ausstattung kann man nicht an einem Aufgabenumfang ausrichten, solange man gar nicht genug Personal zur Bewältigung aller anfallenden Aufgaben zur Verfügung hat. Dem Umfang der fachlichen Aufgaben werden die Personalentwicklung und die Personalausstattung erst dann gerecht, wenn genügend Ärzte eingestellt werden, und diese kommen nur, wenn sie entsprechend bezahlt werden.
Daher fordern Sie wahrscheinlich auch, mit den Tarifpartnern zu prüfen, wie die Wiederherstellung eines einheitlichen Ärztetarifvertrags umgesetzt werden könnte. Aber seien Sie ehrlich: Das werden Sie auf Landesebene nicht lösen - auch nicht mit diesem Entschließungsantrag, Herr Meyer.
Dass sich die GroKo dieses alten Problems annimmt, ist aber begrüßenswert, und das unterstützen wir gerne. Ein schlechter Öffentlicher Gesundheitsdienst gefährdet die Gesundheit der gesamten Bevölkerung. Daher wird kein Weg an einer Erhöhung der Gehälter zur Lösung der Probleme vorbeiführen. Dies stellten im Übrigen schon die letzten zehn Gesundheitsministerkonferenzen der Länder fest. Das heißt, das Problem wurde auch schon vor 2010 behandelt. Der Ärztemangel und die schlechte Bezahlung wurden festgestellt. Es wurde verhandelt, beschlossen, gefordert - wie heute an diesem Tag. Passiert ist nichts. Daher
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Kollegen und Kolleginnen haben ja schon einiges an Aufklärungsarbeit geleistet. Uns allen ist klar: Wir haben drei Säulen im Gesundheitswesen - die ambulante und die stationäre Versorgung und den Öffentlichen Gesundheitsdienst, der schon seit Langem ein Schattendasein führt. Das Schlimme ist aber bei genauer Betrachtung, dass diese dritte Säule des Gesundheitswesens bröckelt. Wenn man sich vor Augen führt, dass allein in diesem Jahr jeder zweite Arzt im Öffentlichen Gesundheitsdienst in Rente geht, dann wird klar, dass es nicht nur bröckelt, sondern dass gerade mit Ansage ein unverzichtbarer Teil unseres Sozialstaates und damit eine treibende Kraft für gesundheitliche Chancengleichheit der Menschen vor Ort richtig wegbricht.
Jeder Einzelne von uns, der kommunalpolitisch tätig ist - ich weiß, das sind sehr viele -, kennt seinen Öffentlichen Gesundheitsdienst, kennt das Gesundheitsamt mit seinen vielen Aufgaben. Wir alle wissen aus dem Sozialausschuss, aus dem Jugendhilfeausschuss vor Ort auch, wie vielfältig und unterschiedlich die Aktivitäten sind. Wir haben sie immer gemeinsam unterstützt, und wir bauen sie auch weiter aus, weil die Bedarfe immens sind. Wir unterstützen sie auch als Kommunen nicht unerheblich. Aber, wie gesagt: Die Gesundheitsämter sind unterschiedlich aufgestellt. Sie übernehmen Aufgaben im Rahmen der Daseinsvorsorge und damit die öffentliche Verantwortung für die Gesundheit der Bevölkerung. Das Wichtigste sind aus meiner Sicht die zivilgesellschaftliche Orientierung und die partnerschaftliche Zusammenarbeit mit unterschiedlichen gesellschaftlichen Akteuren.
Ich nenne an der Stelle zum einen die Beratung und Koordination der Ehrenamtlichkeit. Fangen Sie doch einfach mal in Ihren Landkreisen an zu zählen, wie viele Selbsthilfegruppen unterschiedlichster Couleur wir haben! Wenn wir die Beratung durch das Gesundheitsamt nicht hätten, dann hätten wir diese ehrenamtlichen Strukturen nicht. Das
Was mich besonders freut, ist, dass wir unter RotGrün die Modellgesundheitsregionen auf den Weg gebracht haben. Der Öffentliche Gesundheitsdienst hat sich dabei den Hut aufgesetzt und ist die treibende Kraft. Das setzt aber auch sozialwissenschaftliche und gesundheitswissenschaftliche Qualifikationen aller Akteure voraus, die dabei tätig sind. Das ist unverzichtbar.
Wir alle kennen die Problemlage. Wir wissen, wie schwierig es ist, fachlich qualifiziertes Personal zu bekommen, vor allem in ländlichen Bereichen, wo wir auf Fachärzte warten und wo die hausärztliche Versorgung ein Problem ist. Hinzu kommt, dass wir für den Öffentlichen Gesundheitsdienst keine Ärzte kriegen. Mehrfachausschreibungen sind an der Tagesordnung usw.
Auch die Bezahlung nach dem TVöD ist ein Problem. Sie ist im Vergleich zu medizinischem Personal in Kliniken einfach nicht attraktiv. Das ist einfach unterbezahlt - unterbezahlt auch vor dem Hintergrund der Herausforderungen.
Es wurde hier auch gesagt: Die Gesundheitskonferenz hat im Juni dieses Jahres ein Leitbild mit einem modernen, zukunftsfähigen ÖGD beschlossen und macht damit deutlich, dass der ÖGD die öffentliche Verantwortung für die Gesundheit der Bevölkerung hat. Die Regelungskompetenz liegt beim Land. Deshalb finde ich es ein bisschen schwierig, hier nach bundeseinheitlichen Lösungen zu suchen. Das wird problematisch.
Auch ein einheitlicher Ärztetarif könnte die finanzielle Benachteiligung im ÖGD ausgleichen. Das ist aber ein Bohren von dicken Brettern. Das wissen Sie selber.
Ich möchte noch eine Forderung aufgreifen. Die Forderung nach einem Lehrstuhl für öffentliches Gesundheitswesen unterstützen wir voll und ganz. Dieses gibt es bundesweit nicht. Es wäre schön, wenn Niedersachsen hier eine Vorreiterrolle übernehmen könnte. Ich habe da zwar wenig Hoffnung, wenn ich mir den Haushalt anschaue. Aber wir brauchen diesen Lehrstuhl für öffentliches Gesundheitswesen und sollten ihn auf den Weg bringen.
eine Weiterbildung zum Facharzt für öffentliches Gesundheitswesen sowie eine abgespeckte sechsmonatige theoretische Weiterbildung, die aber nicht mit dem Facharzt endet.
Es ist also viel zu tun, damit diese dritte Säule des Gesundheitswesens nicht weiter wegbricht. Packen wir es gemeinsam an! Ich bedanke mich für Ihren Antrag und freue mich auf die Beratung.
Vielen Dank, Frau Janssen-Kucz. - Für die FDPFraktion hat nun das Wort der Kollege Björn Försterling.