Dementsprechend entscheidet jede Familie völlig eigenständig darüber, wie sie ihre Erziehung und ihren Alltag gestaltet. Das Wohl jeder Familie und jedes einzelnen Kindes mit allen seinen Begabungen, Fähigkeiten und Bedürfnissen steht für uns im Mittelpunkt. Kindergärten und Krippen sind dabei in nachgewiesener Weise - das hat die Kollegin gut ausgeführt - ein wichtiger Ort der Entwicklung für unsere Kinder. Sie ergänzen das Elternhaus. Sie ergänzen das Elternhaus, aber sie ersetzen es nicht.
Ob Eltern in Vollzeit berufstätig sind oder ein Elternteil über die Zeit des Elterngeldes hinaus seine Zeit der Erziehung widmet, hat nicht in der Entscheidung des Staates zu liegen, sondern ganz allein in der Entscheidung der Familie. Durch das heutige sehr hohe qualitative und quantitative Niveau der Betreuungsangebote bekommen Eltern erst die tatsächliche Wahlfreiheit zwischen diesen beiden Varianten.
Noch vor 15 oder 20 Jahren war die Realität doch ganz anders. Die Unionsfamilie hat in diesem Bereich in den letzten Jahren eine sehr ehrgeizige Politik vorangetrieben, die vielen Eltern die Vereinbarkeit von Familie und Beruf erleichtert. Insbesondere die Einführung des Elterngeldes und des Rechtsanspruches auf einen Betreuungsplatz waren sicherlich Meilensteine deutscher Familienpolitik.
Wir machen uns auch stetig darüber Gedanken, wie wir Familien fördern und unsere Politik in diesen Bereichen weiterentwickeln können. Und es ist auch überhaupt kein Geheimnis, dass es innerhalb der Union Sympathien für ein Betreuungsgeld gibt, das Eltern nach Bezug des Elterngeldes eine Zeit lang unterstützt.
Politik heißt aber - das ist ganz wichtig -, mit den zur Verfügung stehenden Mitteln - sprich: Geldern - Lösungen zu finden, die möglichst vielen Menschen weiterhelfen. Deshalb kommt es bei guter Politik auch immer auf das Setzen von Prioritäten an.
Für uns hat ganz klar der beitragsfreie und grundsätzlich freiwillige Besuch von Kindergärten Priorität. Und wir wollen den Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz überall in Niedersachsen umsetzen. Diese Priorität haben wir uns in Niedersachsen für diese Legislaturperiode mit unserem Koalitionspartner SPD ganz eindeutig gesetzt. Um Familien in Niedersachsen zu fördern, nehmen wir richtig, richtig viel Geld in die Hand.
Gut 1,3 Milliarden Euro werden mit dem beitragsfreien Kindergarten zugunsten niedersächsischer Familien, zugunsten unserer Kinder, zugunsten der Vereinbarkeit von Familie und Beruf eingesetzt. Familien haben dank dieser Priorität ab dem 1. August deutlich mehr Geld im Geldbeutel. Und über künftige Maßnahmen für Familienförderung kann und muss man sich - wie ich bereits gesagt habe - stetig Gedanken machen.
Vergessen darf man dabei allerdings auch nicht die Generationengerechtigkeit, Herr Bothe. Das Kleinkind von heute, dessen Eltern Sie, liebe Kollegen der AfD, 500 Euro zahlen wollen, würde morgen auf einem riesigen Schuldenberg sitzen, wenn wir Ihren Vorschlag so befolgten. In dieser Form ist ein Betreuungsgeld schlicht unfinanzierbar und das Gegenteil von Generationengerechtigkeit.
Wir werden in der Unionsfamilie immer wieder darüber nachdenken, wie wir Politik für Eltern und Familien weiterentwickeln können. Darauf können Sie sich verlassen; das ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Sie können sich aber auch darauf verlassen, dass wir dabei die Generationengerechtigkeit nicht vergessen werden.
Vielen Dank, Kollegin Rebuschat. - Eine Kurzintervention hat der Kollege Emden, AfD-Fraktion, angemeldet.
Frau Präsidentin, vielen Dank. - Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin, ehrlich gesagt, ziemlich erstaunt oder - ich möchte fast sagen - erschüttert, mit welcher Realitätsferne hier teilweise vonseiten der Union und der SPD argumentiert wird.
Sie sagen, es gebe die Wahlfreiheit. Schauen Sie sich einmal an, wie sozial schwache alleinerziehende Mütter
(Eva Viehoff [GRÜNE]: Für die gilt Ihr Antrag doch gar nicht! - Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Welche alleiner- ziehende Mutter profitiert von Ihrem Antrag?)
nicht in der Lage sind, sich um ihre Kinder zu kümmern - auch wenn sie es möchten -, weil sie finanziell nicht auskommen und deshalb arbeiten müssen! Man muss sagen: Es ist ein ganz komisches Ding, dass Sie hier von Wahlfreiheit sprechen, die hergestellt sei.
Es geht im Endeffekt doch darum, dass für diejenigen, die nicht in der Lage sind, die finanziellen Mittel dafür aufzubringen, dem nachkommen zu können, was sie eigentlich möchten, nämlich sich die ersten drei Jahre voll um ihre Kinder kümmern, ein Raum geschaffen wird. Sie sollen ihre Prioritäten entsprechend setzen können, nicht arbeiten zu müssen, sondern die Kinder in den Vordergrund stellen zu können.
streckenweise sehr eigene Logik inne. Das ist Familienpolitik von vorgestern, die die heutige Realität verkennt.
Das ist der Anspruch: Wenn jemand eine Leistung des Staates - in diesem Fall einen Krippenplatz - nicht wahrnimmt, müsse er sich ja auch nicht an den Kosten beteiligen, ja, sie sogar erstattet bekommen. „Nee, is klar“ würden meine Schüler sagen. Nach dieser Logik würde auch gelten: Wenn ich nicht oft ins Schwimmbad gehe, möchte ich gerne meine Anteile an Subventionen für das örtliche Schwimmbad zurückbekommen. Weil ich noch nie festgenommen wurde und die Polizei mit mir selten Arbeit hat, möchte ich Geld ausgezahlt bekommen.
Weil ich noch nie im Gefängnis war, keinen Brand verursacht habe: desgleichen. Alle Menschen ohne Kinder zahlen nicht mehr für Schulen und Kindergärten, weil sie sie ja nicht nutzen können. - So funktioniert eine Solidargemeinschaft nicht! Da ist offensichtlich etwas ganz Grundsätzliches unklar - sehr bedauerlich!
In der Begründung wird auf die Anerkennung und Wertschätzung der Erziehungsleistung der Eltern hingewiesen. Dass Eltern durch die Erziehung ihrer Kinder einen großen gesellschaftlichen Beitrag leisten, wird hier sicher niemand in Abrede stellen. Aber nur so nebenbei: Man bekommt in der Regel nicht Kinder, um der Gesellschaft einen Gefallen zu tun. Meine Motivation war eine andere!
Eltern, die ihre Kinder für ein paar Stunden am Tag betreuen lassen, erziehen ihre Kinder nicht? Soll man das Ansinnen so verstehen? Das wäre eine wirklich abenteuerliche Unterstellung. - Familienpolitik von vorgestern!
Eine Wertschätzung der Erziehungsleistung gilt in diesem Antrag doch offenbar nur für Menschen, die Steuern zahlen, oder? Familien im ALG-IIBezug sollen ja praktisch kein Geld zusätzlich in die Hand bekommen;
denn bei denen wird es ja angerechnet. Tragen diese Menschen etwa nicht zum Funktionieren des Generationenvertrages bei? Soll deren Erziehungsleistung vielleicht nichts wert sein? Was ist die Logik dahinter? Oder soll ihnen vielleicht pauschal unterstellt werden, sie würden nicht erziehen? Ich fasse es nicht!
(Beifall bei der FDP, bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN - Hel- ge Limburg [GRÜNE]: Unerhört ist das!)
Krippenplätze werden eingerichtet und angeboten, um einen vorhandenen Bedarf zu decken. Sie werden niemandem aufgenötigt. Sicher gibt niemand sein Kind in eine Krippe, bloß weil es das Angebot gibt, um ja kein Schnäppchen zu verpassen und um jedes Angebot mitzunehmen.
Auch ich habe meine Kinder nicht in eine Krippe gegeben. Das war vor 20 Jahren leider viel schwieriger, aber ich hätte es auch nicht getan, wenn es einfach möglich gewesen wäre. Es war meine ganz persönliche Entscheidung, die ersten Jahre nach der Geburt meiner Kinder zu Hause zu bleiben. Und als meine Kinder dann aus diesem Alter raus waren, musste ich völlig umschulen und einen anderen Beruf ergreifen.
Das habe ich aber gerne getan: Das war mein Bild, wie ich das einrichten möchte. Wir Freie Demokraten sind ja der Auffassung, dass Menschen frei entscheiden können, wie sie sich ihr Leben einrichten. Wir trauen das den Menschen zu. Das ist so ’ne fixe Idee von uns; ich weiß, damit nerven wir manchmal.
So entscheiden Eltern auch frei, ob sie ihr Kleinkind selber betreuen oder es in einer Krippe oder bei einer Tagesmutter betreuen lassen. Wer sich für eine Krippe entscheidet, tut das vielleicht auch, um Geld verdienen zu können. Derjenige zahlt dann übrigens Steuern und finanziert diese Krippen und Kindergärten wiederum mit.
Der vorliegende Antrag atmet den Familiengedanken der 50er-Jahre. Das ist Familienpolitik von vorgestern, die die Realität verkennt.
Ein kleiner Nachsatz noch, bitte! Ich durfte jetzt übrigens sprechen, weil Sylvia Bruns, unsere sozialpolitische Sprecherin, verhindert ist. Ihre kleine Tochter braucht sie heute Morgen. In unserer Partei arbeiten wir daran, Vereinbarkeit von Familie und Beruf wirklich ernst zu nehmen, möglich zu machen und nicht mit Rezepten von vorgestern zu behindern.