Protocol of the Session on June 8, 2016

(Beifall bei der FDP, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Oetjen. - Für die Landesregierung hat das Wort nun Herr Innenminister Pistorius. Bitte!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es gehört zu den hinlänglich bekannten Erkenntnissen, dass die demografische Entwicklung längst gewaltige Spuren in Deutschland hinterlässt. In immer mehr Branchen fehlen Fachkräfte. Das gilt im akademischen wie im nicht akademischen Bereich. Bestimmte Regionen schrumpfen stark und haben auch deshalb immer schlechtere Zukunftschancen. Das hat erst im vergangenen Mai wieder eine bundesweite Untersuchung eindrucksvoll untermauert.

Alle diese Trends - das wissen wir alle gemeinsam - werden sich in den nächsten Jahren noch einmal verschärfen. Deswegen ist völlig klar: Deutschland braucht Zuwanderung, meine Damen und Herren, und zwar legale Einwanderung.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der FDP)

Für mich steht auch fest: Wer solche Einwanderungswege verhindert oder blockiert, der schadet am Ende Deutschland als Standort insgesamt, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Das gilt vor allem, aber nicht nur für diejenigen, die ständig von Überfremdung faseln, egal, ob bei AfD-Veranstaltungen, bei Pegida-Kundgebungen oder sonst wo. Dort wird regelmäßig mutwillig aus

geblendet, welche Chancen in der Zuwanderung stecken. Oder anders gesagt: Wer Boateng nicht als Nachbarn haben möchte, dem ist auch egal, ob Boateng aufgrund eines Einwanderungsgesetzes oder aus purer Not zu uns gekommen ist, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Die Mehrheit in unserem Land - das ist das Gute - denkt zum Glück nach wie vor anders, wie im letzten Jahr angesichts der überwältigenden Hilfsbereitschaft deutlich geworden ist, die unsere Bevölkerung landauf, landab gegenüber den Flüchtlingen gezeigt hat und sie bei der großen Aufgabe Integration auch weiterhin zeigt.

Wir sollten allerdings differenzieren, anders als dies in mancher Rede auf den genannten Veranstaltungen, aber auch andernorts geschieht; denn ein Einwanderungsgesetz muss losgelöst vom Asylrecht betrachtet werden. Bei einem Einwanderungsgesetz geht es darum, Zuwanderung zu steuern und gleichzeitig den Paragraphendschungel zu lichten und zu ordnen, in dem sich Menschen aus Ländern außerhalb Europas erst einmal zurechtfinden müssen, wenn sie bei uns arbeiten wollen.

Herr Minister Pistorius, ich darf Sie kurz unterbrechen! - Der Kollege Mohr bittet darum, eine Frage stellen zu dürfen.

Einen Moment! Etwas später.

Gleich. - Bitte!

Meine Damen und Herren! Es geht eben nicht darum, liebe Frau Jahns, Tore zu öffnen. Ich kann nur davor warnen, diese Diktion zu gebrauchen oder davon zu reden, ob man nun mehr oder weniger Menschen kommen lassen will.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Und es ist falsch, bei 1,1 Millionen Menschen von „Zugewanderten“ zu sprechen. Das waren Flüchtlinge, aber keine Arbeitsmigranten und keine Menschen, die hier als Arbeitskräfte gebraucht werden. Wir müssen endlich deutlicher und nachhaltiger

differenzieren: Wir brauchen ein Asylrecht für die Menschen, die unseren Schutz brauchen. Wir brauchen ein Einwanderungsgesetz für die Menschen, die wir brauchen. Auf diese einfache Formel kann man es bringen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Deswegen müssen diese Regelungen leichter und transparenter werden, damit hier mehr möglich ist.

Und: Ja, das Integrationsgesetz ist bei allen Schwächen, die ein solches Gesetz im ersten Wurf hat, ein erster Schritt in die richtige Richtung. Es kann aber nur die Vorstufe zu einem Einwanderungsgesetz sein. Deswegen bin ich zwar nicht besonders ausgeprägter, aber doch guter Hoffnung, dass auch die CSU und Teile der CDU irgendwann endlich einlenken. Wir brauchen diese Initiative jetzt, und zwar völlig unabhängig davon, wie hoch die Flüchtlingszahlen sind.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Herr Minister, Sie wollten eine Frage zulassen.

Ich bin noch da.

Wir sehen Sie. Wunderbar. - Bitte, Herr Mohr!

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Sportminister, meines Erachtens haben Sie mit Herrn Boateng eben ein völlig falsches Beispiel gewählt. Sie haben gesagt, es sei egal, ob er als Asylbewerber oder sonst wie zugewandert sei. Ist Ihnen bekannt, dass Herr Boateng in Berlin geboren wurde?

(Johanne Modder [SPD]: Er hat es nicht verstanden! - Weitere Zurufe von der SPD und von den GRÜNEN)

Herr Mohr, ich danke Ihnen. Ich zeige Ihnen gern den Satz, den ich mir aufgeschrieben habe, weil ich mir gedacht habe, dass der eine oder andere nicht aufmerksam zuhört, wenn ich spreche.

(Johanne Modder [SPD]: Er hat es nicht verstanden!)

Ich habe ausdrücklich gesagt: Demjenigen, der Boateng nicht als Nachbarn haben will, dem ist nämlich auch egal, wie Boateng ins Land gekommen ist, ob als Einwanderer, ob als Flüchtling oder ob er hier geboren worden ist. Derjenige hat lediglich rassistische Motive.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor, sodass ich die Beratungen schließen kann.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses folgen und damit den Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Drucksache 17/3124 unverändert annehmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Beschlussempfehlung wurde mit Mehrheit gefolgt.

Ich rufe jetzt auf den

Tagesordnungspunkt 24: Abschließende Beratung: a) Chancen des Repowerings für verträgliche Windenergie an Land wahrnehmen: Flächen effizient nutzen, Rahmenbedingungen verlässlich gestalten! - Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 17/5475 - Änderungsantrag der Fraktion der CDU - Drs. 17/5784 (neu) - b) Konflikte beenden - Windenergieerlass zurücknehmen - Antrag der Fraktion der FDP - Drs. 17/5477 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt, Energie und Klimaschutz - Drs. 17/5713

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen unverändert anzunehmen und den Antrag der Fraktion der FDP abzulehnen.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Der Änderungsantrag der Fraktion der CDU zielt auf eine Annahme des Antrags der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in einer geänderten Fassung.

Ich eröffne die Beratung und erteile das Wort Herrn Kollegen Dr. Hocker, FDP-Fraktion. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich werde heute ausdrücklich nicht über den mit Windkraftanlagen einhergehenden Werteverlust von Immobilien sprechen. Ich werde auch nicht über die unzureichenden Transportmöglichkeiten sprechen, weil der Netzausbau nicht hinterherkommt. Ich werde auch nicht sprechen über Vogelschutz, über Infraschall, über die Zerstörung des Landschaftsbildes. Meine Argumente dazu sind Ihnen bestens bekannt.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Können Sie sie wiederholen? Ich habe sie verges- sen!)

Ich möchte heute einzig und allein über den Besuch sprechen, den eine Delegation des Umweltausschusses am Freitag der vergangenen Woche im Landkreis Aurich absolviert hat und für den ich mich noch einmal ganz herzlich bedanken möchte. Danken möchte ich auch dafür, dass von jeder Fraktion jeweils ein Kollege daran teilgenommen hat.

Meine Damen und Herren, was wir dort zu Gesicht bekommen haben, ist schon einmalig. - Nein, es ist leider nicht einmalig, sondern es gibt in Deutschland sogar eine ganze Reihe von Beispielen. Der Landkreis Aurich erzeugt aus Onshorewindenergie bereits jetzt das Fünffache der Strommenge, die er eigentlich erst im Jahr 2050 erzeugen müsste. Er ist also 34 Jahre im Voraus; denn er erzeugt bereits jetzt - - -

(Zustimmung von Helge Limburg [GRÜNE])

- Ja, Moment, ich wäre da ein bisschen vorsichtiger.

Er erzeugt schon jetzt fünfmal so viel Strom, wie er eigentlich erst im Jahr 2050 erzeugen müsste. Trotzdem wird munter weitergebaut, meine sehr verehrten Damen und Herren. An der Grenze zwischen den Landkreisen Aurich und Wittmund wird in diesen Tagen auf wenigen Hektar Fläche die 200. Windkraftanlage in Betrieb genommen, und Dutzende weitere sind geplant.

Wenn unser Besuch an der Küste eines ganz deutlich gezeigt hat, dann Folgendes: Deutschland braucht keinen zusätzlich volatil erzeugten Strom, Deutschland braucht Speicher, Deutschland braucht Transportmöglichkeiten, aber keine weiteren hoch subventionierten Windmühlen, die Geld

verbrennen, die die Menschen nicht schlafen lassen und die unsere Heimat zerstören, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)