Protocol of the Session on June 8, 2016

Mit einer gewissen Erleichterung konnten wir in den letzten Wochen feststellen, dass sich auch beim BAMF endlich wieder etwas bewegt hat. Dennoch liegt man immer noch weit hinter dem zurück, was man ein zufriedenstellendes Arbeitstempo nennen könnte.

Dass sich die Situation heute zum Teil besser darstellt, liegt vor allem daran, dass die Balkanroute geschlossen wurde. Die mangelhafte Ausstattung des BAMF gerade beim Personal ist und bleibt das zentrale Thema, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Jetzt ist es Zeit, Rückstände peu à peu aufzuarbeiten. Doch was machen wir, wenn die Zahlen wieder steigen? - Ich kann nur hoffen, dass der zuständige Bundesinnenminister nicht die falschen Schlüsse zieht und die Personalstruktur nicht wieder auf das vorherige Maß zurückfährt.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sehen, dass es nach wie vor noch sehr viel zu

tun gibt. Hier in Niedersachsen müssen wir zusammenhalten, um die bereits angestoßenen Bälle am Laufen zu halten.

Der Entschließungsantrag, den ich Ihnen zur Zustimmung empfehle, ist ein Zwischenschritt, der unsere klare Erwartungshaltung auf den Punkt bringt: die einer offenen Gesellschaft mit einer verlässlichen Zukunftsperspektive, und zwar für alle Menschen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Lynack. - Für die CDUFraktion hat nun Frau Kollegin Jahns das Wort. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Thema Einwanderung ist das politische Thema der heutigen Zeit. Es ist leider ein Thema, das die Gesellschaft spaltet. Auf der einen Seite stehen diejenigen, die rufen „Kein Mensch ist illegal!“ und die Zuwanderung ohne jede Einschränkung erlauben möchten. Auf der anderen Seite stehen diejenigen, die jede Form der Zuwanderung ablehnen und am liebsten jeden Zugewanderten aus Deutschland rausschmeißen würden. Das sind die beiden Extreme. Zwischen diesen beiden Extremen müssen wir in Deutschland eine sinnvolle, gerechte und praktikable Lösung finden.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, wenn es etwas gibt, was man an diesem Entschließungsantrag von SPD und Bündnis 90/Die Grünen begrüßen kann, dann ist es, dass man hieran sehr gut die bestehenden Unterschiede und Ansichten in der Zuwanderungspolitik sehen kann.

Schauen wir uns die Details des Antrags an!

Zunächst einmal ergehen Sie sich wieder in Eigenlob und behaupten, das Land würde seinen Aufgaben bei der Aufnahme und Integration von Flüchtlingen gerecht werden.

Sie behaupten, Sie würden eine humanitäre Flüchtlingspolitik betreiben. Tatsächlich haben Sie zu spät reagiert. Angebote des Bundes zur Übernahme von Kasernen wurden viel zu spät angenommen. Sie haben den Juni, Juli und August 2015, als die Landesaufnahmebehörde schon völlig überfüllt war, verschlafen. Sie haben den

niedersächsischen Kommunen mit Ihren neuen Regelungen zur Durchführung von Abschiebungen Knüppel zwischen die Beine geworfen.

(Zustimmung bei der CDU - Filiz Polat [GRÜNE]: Das ist ja unverschämt!)

Im nächsten Absatz begrüßt der Landtag, dass die Landesregierung mit einer Flüchtlingskonferenz die Verbesserung der Aufnahme von Flüchtlingen initiiert hat. - Am Montag tagte erneut eine Flüchtlingskonferenz, von der Staatskanzlei organisiert, unter dem Titel „Niedersachsen packt an!“. Die Konferenz ist gut, der Name ist falsch. Sie packen nicht an. Sie schieben Verantwortung weg und gestalten nicht. Wo ist der große Ansatz der Niedersächsischen Landesregierung zur Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt? Wie viele syrische Flüchtlinge haben Ausbildungsplätze beim Land bekommen?

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Der Antrag ergeht sich dann weiter in Beschimpfung der Bundespolitik. - Das haben wir eben auch wieder gehört. Ich frage Sie: Gibt es im Bund keine Beteiligung der SPD? Regiert die CDU/CSU dort allein?

(Helge Limburg [GRÜNE]: Ob die CSU im Bund regiert oder Opposition macht, ist die Frage!)

Meine Damen und Herren, der größte Unterschied zwischen uns besteht dort, wo es konkret wird. Da wird wieder das Märchen erzählt, dass das deutsche Einwanderungsrecht zu streng und unmodern sei. - Es gibt ein Einwanderungsgesetz. Es heißt „Gesetz über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet“. Dieses Gesetz ist nach Ansicht internationaler Migrationsexperten, beispielsweise bei der OECD, eine der liberalsten Gesetzgebungen weltweit zur Einwanderung. Inzwischen wird es teilweise sogar von klassischen Einwanderungsländern wie Kanada in manchen Punkten kopiert, wie z. B. der Erteilung befristeter Aufenthaltserlaubnisse zur Arbeitssuche. Kanada und andere Länder verabschieden sich mittlerweile von dem Punktesystem, das Sie sich wünschen. Umbenennen und verbessern kann man das Gesetz. Dafür haben wir uns frühzeitig ausgesprochen.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die Kernfrage ist jedoch, ob die Zuwanderung noch weiter erleichtert werden soll oder wie wir sie besser steuern wollen. Wir glauben, dass die Zuwanderung nicht etwa erleichtert werden sollte.

Deutschland - und damit auch Niedersachsen - ist zu einem Hauptziel der weltweiten Migration geworden.

(Ottmar von Holtz [GRÜNE]: Schauen Sie sich einmal an, was in Kenia los ist und in Jordanien!)

Der Zustrom an Flüchtlingen, der im letzten Jahr bei ungefähr 1 Million Personen lag, ist nicht die einzige Form der Zuwanderung. Der Großteil der Zuwanderung erfolgte bis zum letzten Jahr durch europäische Freizügigkeit, durch Familiennachzug oder auch durch Zuwanderung in den Arbeitsmarkt mit der Blauen Karte. Alleine 2014 zogen fast 600 000 Menschen mehr nach Deutschland, als wegzogen. 2015 waren es ca. 1,1 Millionen Menschen. Es ist ein Märchen, dass die Zuwanderung nach Deutschland schwer wäre.

(Ottmar von Holtz [GRÜNE]: Was Sie da erzählen, das sind Märchen! - Un- ruhe - Glocke des Präsidentin)

Meine Damen und Herren von SPD und Bündnis 90/Die Grünen, wenn Sie ein neues Einwanderungsgesetz verlangen, müssen Sie sagen, ob Sie mehr Zuwanderung wollen, gleich viel oder weniger. Sollen die Tore weiter geöffnet werden?

Wir glauben, dass die Tore nicht weiter geöffnet werden sollten. Wir dürfen unsere Gesellschaft bei der Integration nicht überfordern. Wir brauchen ein Zuwanderungsrecht, das auch in wirtschaftlich schlechten Zeiten funktioniert.

Frau Kollegin Jahns, lassen Sie eine Frage der Kollegin Polat zu?

Frau Jahns, bei dieser Gelegenheit: Die Zeitanzeige an Ihrem Pult ist ausgefallen, wie Sie festgestellt haben. Wir haben das aber hier oben im Blick.

Danke. - Wir müssen die Ängste und Befürchtungen der Bevölkerung ernst nehmen und dürfen sie nicht verleugnen.

Bereits jetzt werden die geltenden gesetzlichen Regelungen zu oft nicht durchgesetzt. Zu viele der abgelehnten Asylbewerber bleiben im Ergebnis in Deutschland und vor allem auch in Niedersachsen. Die Menschen verstehen dies nicht. Viele wählen deswegen später vermeintliche Alternativen. Wir müssen aber unterscheiden, ob jemand die Voraussetzungen als Flüchtling oder als Zuwanderer auf den Arbeitsmarkt erfüllt. Tun wir das nicht, zerstören wir den gesellschaftlichen Konsens und fördern politische Extremisten.

Es ist daher falsch, wenn diese Landesregierung bei der Integration nicht danach unterscheiden möchte, ob jemand bleiben kann oder gehen muss. Wenn wir hier nicht unterscheiden, schaffen wir Faktoren, die die irreguläre Zuwanderung fördern. Dann funktioniert auch kein neues Einwanderungsgesetz.

Eine weitere Lockerung des Zuwanderungsrechts ist daher falsch. Wir müssen dazu kommen, dass unsere großzügigen Regelungen auch durchgesetzt werden. Auf diese müssen wir verweisen. Wir dürfen die Asylbewerber ohne Rechtsanspruch nicht hier belassen.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, SPD und Bündnis 90/Die Grünen müssen sich entscheiden, ob sie die bösen Bilder der Abschiebungen in Kauf nehmen und das geltende Recht umsetzen oder ob sie die Zuwanderung noch weiter fördern möchten.

Willkommenskultur an sich ist kein Wert. Ein Wert ist es, wenn wir politisch Verfolgte und Kriegsflüchtlinge aufnehmen, wenn wir Studenten aufnehmen, wenn wir Familien zusammenführen und wenn wir zusammen mit Menschen, die bestimmte Kriterien erfüllen, an einem noch besseren Deutschland arbeiten. Das ist die Zuwanderung, die wir wollen. Eine Zuwanderung, die im Ergebnis wahllos und anspruchslos ist, schafft Parallelgesellschaften und führt zu einer Spaltung der Gesellschaft, die wir nicht wollen können.

Meine Damen und Herren, wenn Sie jeweils immer nur mit dem Finger nach Berlin zeigen, dann kann ich Ihnen nur sagen: Erfüllen Sie hier Ihre Aufgaben! Erledigen Sie hier das, was nötig ist! Führen Sie hier die gesetzlichen Grundlagen aus!

(Widerspruch bei der SPD und bei den GRÜNEN - Ottmar von Holtz [GRÜNE]: Es ist nicht zu glauben, was man sich hier anhören muss! Ei- ne Zumutung!)

In diesem Sinne hoffe ich, dass wir Deutschland gemeinsam besser gestalten.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Zu Ihrer Rede gibt es eine Kurzintervention des Kollegen Oetjen, FDPFraktion. Bitte!

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Eines der Probleme in der Debatte um Zuwanderung ist ja - - -

(Filiz Polat [GRÜNE]: Die CDU!)

- Frau Kollegin, auch das hilft in der Sache nicht. Das sage ich ganz ehrlich.

Eines der Probleme ist, dass immer wieder verschiedene Rechtskreise vermischt werden: Asyl auf der einen Seite, Zuwanderung auf der anderen Seite. Das alles in einen Topf zu werfen, bringt uns nicht weiter.

(Zustimmung bei der FDP, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Verehrte Frau Kollegin Jahns, wenn Sie hier sagen, Deutschland hat schon ein ganz liberales Zuwanderungsrecht, dann stimmt das für den Teil Asylrecht. Ja, wir haben ein - jedenfalls im Vergleich zu anderen Ländern - sehr liberales Asylrecht. Wir sind einigermaßen stolz darauf, dass wir das in Deutschland haben. Aber zu sagen, deswegen brauchten wir kein Einwanderungsrecht mehr, ist natürlich eine falsche Schlussfolgerung.

(Beifall bei der FDP, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Denn das eine ist der Schutz vor Verfolgung, und das andere ist die Ermöglichung von Zuwanderung in unseren Arbeitsmarkt nach den Bedürfnissen unseres Arbeitsmarktes. Der Kollege Thümler hat bei verschiedenen Gelegenheiten gesagt, dass auch er es so sehe, dass wir ein solches Einwanderungsrecht brauchen.

Ich kann wirklich nicht verstehen, dass Sie in Ihrer Rede wieder alles in einen Topf geworfen und gesagt haben: Wir haben hier 1,1 Millionen Menschen, die zugewandert sind. - Auch Sie wissen: Das sind Menschen, die aus ihren Heimatländern vertrieben wurden und die wahrscheinlich - oder hoffentlich - in ihre Heimatländer zurückgehen werden.