Protocol of the Session on February 19, 2016

Ich sage Ihnen ganz eindeutig, dass ich es als Kompromiss akzeptiere, dass ich es aber nicht für zielführend halte, weil wir uns mit einem Thema auseinandersetzen müssen, nämlich dem Nachzug auch bei Minderjährigen, das unser Problem werden kann, aber im Moment nicht unser Problem ist. In Bezug auf die sicheren Herkunftsstaaten kommt ein nächstes Paket. Ich sage Ihnen ganz deutlich: Dieser Ministerpräsident hat mehrfach darauf hingewiesen, dass wir dies gemeinsam entwickeln können.

Aber ganz speziell Sie brauchen wegen der Politik, die Sie seit einigen Monaten gerade bei diesem Thema betreiben, hier nicht über Gemeinsamkeiten zu reden.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Das war die Kurzintervention. Jetzt geht es mit dem Beitrag der FDP-Fraktion in der Debatte weiter. Das Wort hat der Fraktionsvorsitzende Christian Dürr.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Watermann, das, was Sie gerade gesagt haben, war durchaus erhellend. Meine Befürchtung ist, dass uns die gleiche Hängepartie wie im Oktober des letzten Jahres droht, Herr Ministerpräsident.

(Zustimmung bei der CDU)

Damals hatten wir die gleiche Debatte zum Asylpaket I. Am Ende des Tages stand eine Enthaltung

der Landesregierung, weil man sich nicht durchringen konnte.

Ich muss hier die Politik der Bundesregierung nicht verteidigen. Ich habe weiß Gott genug Kritik an dem, was zurzeit in Berlin passiert.

Herr Watermann, das Einzige, was Sie gemacht haben, ist, aufzuzählen, was alles nicht geht. Das Asylpaket II ist sicherlich nicht der große Wurf. Aber es ist ein sehr konkreter Vorschlag, meine Damen und Herren. Aber nicht einmal zu dem kleinen Wurf aus Berlin hat diese Landesregierung eine Haltung. Das ist das eigentliche Problem.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

In Bezug auf das Thema Einigkeit in der Meinung fand ich das Interview des Herrn Ministerpräsidenten gestern in der Magdeburger Volksstimme sehr erhellend, meine Damen und Herren. Darin hat er erklärt: Die SPD ist die loyalste Partei an der Seite der Kanzlerin. - Im nächsten Satz sagte er: Der Kurs der Kanzlerin überfordert uns.

(Lachen bei der FDP)

Es ist genau diese Rhetorik, die nicht zu Ihrem Handeln passt, Herr Weil. Nach rechts zu blinken und nach links abzubiegen, um die eigene Koalition in Hannover zu befrieden, wird auf Dauer nicht funktionieren, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Watermann, ich will Sie noch einmal daran erinnern: Sie sind als Sozialdemokraten Teil dieser Bundesregierung. Es ist der Kompromiss, dem Ihr Parteivorsitzender Sigmar Gabriel in Berlin zugestimmt hat. Mittlerweile hat Herr Gabriel ihn sogar gelesen. Herr Ministerpräsident, Sie müssen sich auch als Person, als Funktionsträger innerhalb der Sozialdemokratie in Deutschland entscheiden: Wollen Sie Opposition sein, oder wollen Sie Regierung sein? - Diese Entscheidung müssen Sie endlich treffen!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Die Debatte am Mittwoch war ja durchaus emotional. Mein Hinweis, der Herr Ministerpräsident geriere sich mittlerweile als der Seehofer des Nordens, hat ja für einige Unruhe in den Reihen der SPD gesorgt. Offen gestanden, war mir am Mittwochmorgen noch nicht klar, wie richtig ich damit liegen würde, meine Damen und Herren. Am Mittwochnachmittag lief über die Agentur: Weil äußerte sich wie der Bayerische Regierungschef Horst Seehofer und fordert ein Ende der Russlandsank

tionen. - Meine Damen und Herren, Seite an Seite mit Horst - das ist die Realität!

(Beifall bei der FDP und Zustimmung von Dirk Toepffer [CDU])

Ich will Ihnen eines sagen: Dieses andauernde Hineingrätschen in die Politik der eigenen Partei auf Bundesebene führt doch nicht dazu, dass die Menschen das Vertrauen in die Fähigkeit der Politik wiedergewinnen, die Probleme in Deutschland zu lösen.

Sie machen keine eigenen Vorschläge in der Sache, Herr Ministerpräsident. Dabei ist klar, was jetzt kurzfristig zu tun ist:

Wir müssen die europäischen Außengrenzen sichern, Frontex ist zu stärken, und das Chaos bei den Asylverfahren bei uns in Deutschland ist zu beseitigen. Wir haben einen konkreten Vorschlag dazu vorgelegt: den vorübergehenden humanitären Schutz. Wir haben Ihnen dazu sogar eine Bundesratsinitiative aufgeschrieben, die Sie nur einzureichen brauchen.

Wir brauchen natürlich die beschleunigten Verfahren, die schnelle Verteilung der Menschen mit Bleibeperspektive auf die Kommunen; auch das ist Teil des Paketes.

Und - das will ich auch deutlich in Richtung der Grünen sagen - wir brauchen eine Einordnung der Maghreb-Staaten als sichere Herkunftsstaaten.

Auch das will ich betonen: Nur dieser Teil ist zustimmungspflichtig im Bundesrat. Dazu kann man doch verdammt noch einmal eine Haltung im Niedersächsischen Landtag entwickeln, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Weil Frau Polat gerade wieder gesagt hat, die Einstufung als sichere Herkunftsstaaten sei nur eine Chimäre, das würde alles gar nicht funktionieren: Bündnis 90/Die Grünen ist in seiner Haltung - mit Ausnahme von Herrn Kretschmann; der hat im Bundesrat ja anders abgestimmt - widerlegt worden. Bei den Staaten des Westbalkans hat es doch geklappt.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Glocke des Präsidenten)

- Ich komme zum Schluss, Herr Präsident.

Wir haben auch die Debattenkultur angesprochen, die langsam, aber sicher zu einem Problem wird, weil keine Lösungen aufgezeigt werden.

Ich habe mittlerweile kein Verständnis mehr dafür, wie sich die Grünen in Deutschland dazu verhalten. In einem Interview im Spiegel hat der grüne Oberbürgermeister von Tübingen, Boris Palmer, in dieser Woche gesagt, er habe Verständnis für Väter, die Angst um ihre blonden Töchter hätten, wenn diese auf arabische Männer träfen. - Diese Dialektik, auch bei den Grünen, ist nicht mehr auszuhalten!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Widerspruch bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Dürr. - Für die CDUFraktion hat sich noch einmal die Kollegin Angelika Jahns zu Wort gemeldet. Sie haben eine Restredezeit von drei Minuten, Frau Kollegin Jahns. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Watermann, bisher habe ich Sie als Kollegen kennen- und schätzen gelernt, der wenigstens die Anträge liest, zu denen er spricht. Aber scheinbar haben Sie unseren Antrag gar nicht gelesen. Denn Sie haben uns vorgeworfen, dass die Punkte des Asylpakets II, deren Festsetzung und Umsetzung beabsichtigt sind, gar nicht in unserem Antrag ständen. - Wir haben diese Punkte 1 : 1 übernommen! Vielleicht sollten Sie sich doch die Mühe machen, den Antrag noch einmal genau zu lesen.

(Filiz Polat [GRÜNE]: Er ist sogar teil- weise falsch!)

Ich bin erstaunt, dass Sie in der Flüchtlingspolitik hier Einstimmigkeit bzw. Gemeinsamkeit fordern. Gerade gestern haben wir das im Rahmen der Diskussion über die Wegweiserkurse gezeigt. Wenn man sich Ihre Politik anschaut, bei der Sie auf der einen Seite Gemeinsamkeit fordern und auf der anderen Seite mit dem Finger ständig nach Berlin zeigen, dann ist es schon fraglich, wie Sie sich in diesem Land verhalten und welche Verantwortung Sie hier in Niedersachsen übernehmen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Bei dem Redebeitrag von Frau Polat ist sehr deutlich geworden, dass Sie als SPD-Fraktion der Auffassung, die von Ihrer grünen Kollegin vorgetragen wurde, überhaupt nicht folgen.

(Filiz Polat [GRÜNE]: Das ist doch nicht meine persönliche Auffassung!)

Denn es ist nicht eine einzige Hand bzw. es sind nicht zwei Hände zum Klatschen erhoben worden.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Es ging hier um eine Einzelmeinung!)

Deswegen, meine Damen und Herren, sollten Sie den Mund nicht so voll nehmen. Herr Limburg, Sie auch nicht. Sie sollten hier für Niedersachsen Verantwortung übernehmen und sollten endlich deutlich machen, dass Sie hinter den Maßnahmen, die jetzt auf Bundesebene umgesetzt werden und insbesondere auf Landesebene gefordert sind, stehen und damit die Bevölkerung in Niedersachsen unterstützen! Denn Sie sind hier diejenigen, die ständig querschlagen und die Maßnahmen nicht unterstützen. Demzufolge werden Sie auf das Abstellgleis geschoben. Ich hoffe, dass der Ministerpräsident sich trotzdem noch mit seinen Kollegen in Berlin zusammentut und entsprechend diese Beschlussfassung unterstützt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Frau Kollegin Jahns. - Für die Landesregierung hat sich Herr Innenminister Pistorius zu Wort gemeldet, dem ich das Wort erteile.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag, den wir hier diskutieren, hat den Titel: „Flüchtlingszustrom reduzieren - Asylpaket II unterstützen und umsetzen!“ Es geht Ihnen also offensichtlich um die Verringerung des Flüchtlingszugangs nach Deutschland.

In diesem Ansinnen unterstütze ich Sie namens der Landesregierung ausdrücklich. Das Land und die Kommunen tragen schwer an einer extrem hohen Herausforderung. Das Thema Flüchtlinge ist ohne Zweifel die größte Herausforderung, mit der es die Bundesrepublik seit der Wiedervereinigung zu tun hat. Allein im vergangenen Jahr haben wir in einer gemeinsamen Anstrengung von Land und Kommunen etwa 100 000 Schutzsuchende untergebracht. Eine Verringerung des Zugangs ist daher richtig und unbedingt notwendig. - So weit die Diagnose.

Was aber nun die Therapie anbelangt, meine Damen und Herren, scheint Ihr Rezept etwas einseitig zu sein. Es ist nämlich fraglich, ob wir den Flüchtlingszugang mit den Maßnahmen, die im Asylpaket II beschlossen wurden, spürbar und vor allem

auf die richtige Art und Weise eindämmen können. Alle Angaben zu der Zahl der voraussichtlich von den neuen Restriktionen betroffenen Personen sind bislang nach wie vor rein spekulativ.

Herr Minister, Frau Kollegin Jahns hat signalisiert, dass sie Ihnen eine Zwischenfrage stellen möchte. Lassen Sie diese zu?