Protocol of the Session on January 22, 2016

gerade im Hinblick auf ihre friedensstiftende Funktion. Ich glaube, es steht uns allen gut an, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass sie diesen Aufgaben auch nachkommen kann und dass ihre interkulturelle Kompetenz, die schon heute sehr ausgeprägt und gut ist, noch weiter gestärkt wird. Wir haben eine ganze Reihe von Möglichkeiten, an dieser Stelle zu agieren. Dazu dient im Übrigen auch dieser Antrag.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Damit sind Kurzintervention und Erwiderung bearbeitet. Wir fahren in der Debatte fort. Das Wort hat

jetzt für die FDP-Fraktion der Kollege Jan-Christoph Oetjen.

Vielen Dank. - Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Verehrter Herr Kollege Becker, allein die Tatsache, dass Sie drei Viertel Ihrer Redezeit darauf verwendet haben, zu kritisieren, was CDU und FDP in ihrer Regierungszeit gemacht haben, und nur ein Viertel darauf, zu analysieren, wie die derzeitige Situation bei der Polizei ist, zeigt, dass Sie in der Realität nicht angekommen sind.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Wiard Siebels [SPD]: Haben Sie das mitgestoppt oder wie? Das stimmt doch gar nicht!)

Klar, unsere Polizei macht einen guten Job. Wir sind unseren Polizistinnen und Polizisten wirklich zu Dank verpflichtet; denn sie stehen sozusagen mit Leib und Leben dafür ein, dass die Menschen in Niedersachsen sicher sind. Wir bedanken uns bei den Kolleginnen und Kollegen der Polizei, die für uns diesen Dienst tun, der so wichtig ist.

Ich will aber auch sagen, sehr geehrter Herr Kollege Becker, dass Sie völlig ausgeblendet haben, wie sich die Situation in bestimmten Regionen in Hannover nachts oder am Wochenende darstellt. Sie können doch nicht so tun, als ob es das nicht geben würde, dass Clubs wie das „Palo Palo“ oder die Clubs am Steintor ihren Gästen anbieten, einen Escortservice bis zum Auto zu organisieren,

(Heiterkeit)

weil die Menschen, die dort in die Clubs gehen, den Eindruck haben, dass sie nicht sicher sind. - Verehrte Kolleginnen und Kollegen, Sie lachen jetzt wegen des Begriffs „Escortservice“; nicht wahr?

Ich finde es sehr bedenklich, dass die Clubs den Eindruck haben, die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit in ihre eigenen Hände nehmen zu müssen. Dafür haben Sie die Verantwortung, sehr geehrter Herr Kollege Becker.

(Lebhafter Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Die DPolG hat heute in ihrer Pressemitteilung ausgeführt, dass die Politik in der Verantwortung steht, sich vor die Polizei zu stellen und ihr nicht die Arbeit zu erschweren. - So weit ist es schon gekommen, verehrte Kolleginnen und Kollegen, dass eine Gewerkschaft, die die polizeilichen Interessen

vertritt, die Politik - Sie, Rote und Grüne - dazu aufrufen muss, den Polizistinnen und Polizisten nicht die Arbeit zu erschweren, sondern sich vor sie zu stellen!

Das Tischtuch zwischen den Kolleginnen und Kollegen der Polizei, die ihre Arbeit tun, und dieser Landesregierung ist zerschnitten. Sie diskutieren über die Einführung der Kennzeichnungspflicht. Sie haben die Beschwerdestelle eingeführt. Jetzt gibt es das Thema der Kompetenz von Polizistinnen und Polizisten mit Migrationshintergrund. Ich sage Ihnen: Die Kolleginnen und Kollegen von der Polizei haben es satt, von Ihnen gegängelt zu werden.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Tatsache ist doch, dass die Kolleginnen und Kollegen von der Polizei derzeit Tausende und Abertausende von Überstunden anhäufen, weil die Anforderungen immens hoch sind und der Personalkörper nicht ausreichend ausgeprägt ist.

In der Mitarbeiterbefragung, die Sie zitiert haben, sehr geehrter Herr Kollege Becker, sagen zwei Drittel der Befragten, dass sie den Eindruck haben, der Personalkörper der Polizei sei nicht groß genug. Sie verlangen von der Politik, dass mehr Kolleginnen und Kollegen eingestellt werden, damit die Arbeit und die Aufgaben der Polizei ordentlich gemacht werden können. Das ist die Wahrheit dieser Mitarbeiterumfrage, die Sie an dieser Stelle nicht ausblenden können.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Wir von der FDP-Fraktion haben das, was die CDU-Fraktion mit diesem Antrag fordert, schon in den Haushaltsberatungen mit einem Haushaltsantrag eingebracht. Wir haben gesagt: Wir wollen zusätzliche Anwärterstellen über das, was Sie in den Haushalt eingestellt haben, hinaus schaffen, weil wir das Ziel haben, den Personalkörper insgesamt um zusätzlich 1 000 Stellen aufzubauen.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, wir haben ein Vollzugsdefizit an dieser Stelle. Es wird zwar allenthalben nach neuen Gesetzen und neuen Befugnissen gerufen. Aber das sind Ablenkungsmanöver, das sind Schaukämpfe. Wir brauchen mehr Kolleginnen und Kollegen bei der Polizei, damit der Vollzug gewährleistet ist. Wir brauchen keine zusätzlichen und schärferen Gesetze. Das muss man einmal deutlich sagen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Das hat auch der Kollege Adasch hier gerade gesagt. Ich bin ihm sehr dankbar dafür, dass er das gesagt hat, weil sich das nämlich in der Debatte am Mittwoch beim Fraktionsvorsitzenden Thümler anders angehört hat. Ich sage das an dieser Stelle sehr deutlich. Dort wurden weitere Befugnisse gefordert. Ich sage: Wir haben kein Gesetzesdefizit, sondern wir haben ein Vollzugsdefizit. Um dieses Vollzugsdefizit abzubauen, brauchen wir in Niedersachsen 1 000 zusätzliche Polizistinnen und Polizisten. Das ist die Forderung, die wir von der FDP an dieser Stelle aufstellen.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Oetjen. - Als Nächstes liegt mir eine Wortmeldung der Abgeordneten Frau Meta Janssen-Kucz für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vor. Sie haben das Wort, Frau Kollegin.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Große Teile aus dem Antrag kennen wir von den innenpolitischen Forderungen der CDU aus drei Jahren Opposition. Jetzt wird die aktuelle sicherheitspolitische Lage zum Anlass genommen, die Punkte in einem ziemlich schlichten Entschließungsantrag erneut einzubringen. Aber die Begründung gibt eigentlich nichts Neues her.

Der Innenminister hat am Mittwoch ausführlich zur Sicherheitslage in Niedersachsen Stellung genommen. Er hat deutlich gemacht, dass nur ein kleiner Teil der Geflüchteten überhaupt durch Straftaten auffällt. Im Gegensatz dazu steigen die rechts motivierten Anschläge und Angriffe massiv an. Das macht uns allen Sorgen.

Aber die niedersächsische Polizei und der Verfassungsschutz leisten eine hervorragende und hoch professionelle Arbeit. Sie stellen tagtäglich ihre Leistungsfähigkeit unter Beweis. Dass sie dabei an ihre Grenzen kommen und die Belastungen gestiegen sind, streitet hier im Raum niemand ab.

Unser Dank für die geleistete Arbeit im vergangenen Jahr und auch in diesem Jahr geht vor allem an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Polizeibehörden, im Innenministerium und auch beim Verfassungsschutz.

Unserer rot-grünen Regierung ist es wichtig, dass wir bei dem, was wir anpacken, unsere Polizei gut und zukunftsfähig aufstellen und dabei auch Wort halten. Wir haben angekündigt, dass wir mehr Geld für die Schutzausrüstung und für Polizeifahrzeuge zur Verfügung stellen. Wir stärken die Polizei kontinuierlich. Aber wir sind nicht für den Zustand beispielsweise des Fuhrparks verantwortlich; das kann man uns nun wirklich nicht zuschieben.

Unser Zauberwort ist „Verlässlichkeit“. Das Tischtuch, lieber Kollege Oetjen, ist nicht zerschnitten.

(Jan-Christoph Oetjen [FDP]: Natür- lich! - Jörg Bode [FDP]: Zerfetzt ist es!)

Der hohe Altersdurchschnitt in Niedersachsen mit 40 plus ist eine der schwersten Erblasten aus schwarz-gelber Regierungszeit und nicht in drei Jahren Rot-Grün entstanden. Sie hätten schon vor zehn Jahren dem demografischen Wandel gegensteuern müssen.

Unsere Polizei kann sich darauf verlassen, dass wir jährlich zusätzlich 150 neue Anwärterinnen- und Anwärterstellen schaffen. Niedersachsens Polizei hatte noch nie so viele Stellen wie jetzt zu rot-grünen Zeiten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Da nützt es auch nichts, ein Vierjahresprogramm mit 1 000 Polizeianwärterstellen zu propagieren. „1 000 Stellen“ hört sich zwar gut an. Aber was die Polizei von uns erwartet, sind Kontinuität und Verlässlichkeit.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, noch einmal zur Erinnerung: Im 2. Nachtragshaushalt wurden Stellen für 70 Beamtinnen und 65 Beschäftigungsmöglichkeiten für Tarifpersonal geschaffen. Für 50 Beamtinnen und Beamte wurde die Option eröffnet, über die reguläre Altersgrenze hinaus freiwillig zu arbeiten. Mit dem Haushalt 2016, den Sie vielleicht gelesen haben, wurden diese Stellen fortgeschrieben. Die Zahl der Anwärterstellen wurde um 210 erhöht, um die altersbedingten Abgänge auszugleichen. Und: SPD und Grüne haben noch einmal die erwähnten 150 Anwärterstellen über die politische Liste draufgesattelt. Das ist mehr, als Sie hier fordern. Beschäftigen Sie sich aber bitte mit dem Haushalt!

Wenn Sie aufgepasst hätten, wüssten Sie bereits, dass jetzt junge Nachwuchsbeamtinnen und -beamten eingestellt wurden und wir nicht bis 2019

warten. Das sind 360 Anwärterstellen in 2016 und nicht nur 250.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Wir werden das fortschreiben. Die Aufstockung ist voll im Gang.

Zu den Mehrarbeitsvergütungen hat der Kollege schon etwas gesagt. Deshalb will ich jetzt noch ein paar Sätze zu Ihren Finanzierungsvorschlägen zum Haushalt sagen.

Die CDU wollte die Beamtinnen und Beamten nicht an den Tarifsteigerungen teilhaben lassen. Die Aus- und Fortbildung stand auf der Streichliste, und 2 Millionen Euro für moderne Technik waren auf einmal auch weg. Ich glaube, diese Vorschläge haben wir zu Recht abgelehnt. Das wäre Innenpolitik auf dem Rücken und zum Nachteil der Beamtinnen und Beamten. Das haben Sie in Ihrer Regierungszeit bewiesen, wofür Sie schließlich abgewählt worden sind.

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Edi- tha Lorberg [CDU]: So ein Quatsch!)

Fakt ist: Rot-Grün wird keine rechtsfreien Räume dulden. Wir sorgen weiterhin für Sicherheit ohne Hektik, ohne Panikmache, ohne Ängste und Misstrauen zu schüren. Dafür aber gehen wir wachsam und aufmerksam auf neue gesellschaftliche Entwicklungen und sicherheitspolitische Herausforderungen ein. Das macht eine verantwortungsvolle Innenpolitik gerade in politisch hektischen Zeiten aus.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Auch auf Ihre Rede hin, Frau Kollegin JanssenKucz, möchte Herr Adasch kurzintervenieren. Sie haben die Gelegenheit dazu. Aber denken Sie bitte daran: Kurzintervention 90 Sekunden. Bitte!