Protocol of the Session on July 14, 2015

Diese Freundschaft bleibt. Das ist sicher.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN und Zustimmung von Lutz Winkelmann [CDU])

Meine Damen und Herren, mit den Abschiedsparaden in Bad Fallingbostel und Bergen vor wenigen Wochen endete offiziell die Ära der britischen Streitkräfte in Niedersachsen. Damit beginnt eine neue Zeit, eine Zeit, die große Herausforderungen für die betroffenen Regionen mit sich bringt. Am spürbarsten sind die beiden Standortkommunen Bad Fallingbostel und Bergen betroffen. In der Anhörung im Ausschuss haben die beiden Bürgermeister nochmals sehr deutlich gemacht, worum es geht.

Bad Fallingbostel und Bergen machen sich auf den Weg. Aber sie werden es nicht alleine schaffen. Sie sind auf partnerschaftliche Unterstützung des Landes und des Bundes angewiesen. Ich freue mich sehr, dass Frau Bürgermeisterin Karin Thorey aus Bad Fallingbostel heute hier ist. Herzlich willkommen im Niedersächsischen Landtag!

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Seien Sie versichert: Wir stehen an Ihrer Seite!

Meine Damen und Herren, wir sprechen hier im Hohen Hause häufig über den demografischen Wandel. Bad Fallingbostel und Bergen bekommen ihn auch zu spüren, allerdings einen der ganz besonderen Art und gleichsam über Nacht. Bergen, eine Stadt mit rund 15 300 Einwohnern, verliert auf einen Schlag 2 500 Mitbürgerinnen und Mitbürger. Hinzugerechnet werden müssen 1 900 Militärangehörige aus dem benachbarten Camp BergenHohne. Bad Fallingbostel hat knapp 16 000 Einwohner. Hier verlassen über 2 300 Einwohner die Stadt und weitere 2 300 das Camp Fallingbostel.

In Summe verlieren beide Städte rund ein Drittel ihrer Bevölkerung innerhalb kürzester Zeit. Damit sind enorme Verluste bei den allgemeinen Schlüsselzuweisungen, vor allem aber bei Aufträgen und Arbeitsplätzen verbunden. Rund 270 Stellen für Zivilbeschäftigte gehen in Bergen, rund 180 in Bad Fallingbostel verloren. Ebenso schwindet erhebliche Kaufkraft. Auf bis zu 65 Millionen Euro wurde der Verlust geschätzt.

Das drängendste Problem sind aber jeweils rund 900 frei werdende Wohnungen, vorrangig im Geschosswohnungsbau. Hinzu kommen zahlreiche Liegenschaften in und um die militärisch genutzten Bereiche. Während woanders Wohnraum knapp wird, steht er hier in Kürze in Masse leer. Man

muss sich das konkret vorstellen. Teile in den beiden Kommunen werden zu Geisterstädten, wenn hier nichts geschieht. Jeder weiß, was das für ökonomischen und sozialen Sprengstoff birgt.

Bad Fallingbostel und Bergen haben nicht die Entwicklungschancen wie andere und weitaus größere Städte, die bisher vom Truppenabzug betroffen waren. Deshalb wäre es schlicht eine Illusion zu glauben, dass diese Bausubstanz vollständig weiter- bzw. umgenutzt werden könnte. Das hat auch das KonRek-Gutachten aufgezeigt, das von der Landesregierung direkt nach Bekanntwerden der Abzugspläne unterstützt worden ist. Alle Experten haben versichert: Hier helfen nur der Ankauf und Rückbau sowie städtebauliche Maßnahmen zur Umgestaltung.

Doch gerade für die ersten beiden Themen, Ankauf und Rückbau, hat es bisher keine Förderkulisse gegeben. Die klassische Städtebauförderung von Land und Bund ermöglicht dies rechtlich nicht. Bad Fallingbostel und Bergen haben dankenswerterweise von unserer Sozialministerin Cornelia Rundt erst kürzlich zusammen rund 2,6 Millionen Euro Städtebaufördermittel erhalten. Aber das ist der zweite Schritt vor dem ersten. Deshalb war es ungemein wichtig, für den ersten Schritt eine Förderkulisse aufzuzeigen. Das ist durch die Änderungen im Bundesgesetz zum kommunalen Investitionspaket möglich geworden. Der Dank gilt den Kolleginnen und Kollegen im Deutschen Bundestag, die dies ermöglicht haben.

Meine Damen und Herren, jetzt können wir loslegen. Mit dem heutigen Beschluss geben wir für Bad Fallingbostel und Bergen jeweils knapp über 4 Millionen Euro frei. Damit wird auch weiteres Kapital ausgelöst. Der Landkreis Celle und die Stadt Bergen haben bereits im Dezember beschlossen, diese Landesförderung um jeweils 4 Millionen Euro zu ergänzen. Im Heidekreis ist am Freitag Entsprechendes beschlossen worden. Dadurch kommt eine Hebelwirkung zum Tragen. In Summe kann nun mit rund 24 Millionen Euro losgelegt werden. Dafür ist es höchste Zeit.

Meine Damen und Herren, ich glaube, ich darf Ihnen auch im Namen der gesamten Region herzlichen Dank dafür sagen. Mein besonderer Dank gilt der kommunalen Familie in Niedersachsen. Nur dank der Solidarität aller niedersächsischen Kommunen und insbesondere der kommunalen Spitzenverbände ist es möglich geworden, von den 327 Millionen Euro im KIP nun 15 Millionen Euro für Konversionskommunen vorab bereitzustellen,

zuvorderst für Bad Fallingbostel und Bergen. Mit dem heute zu beschließenden Gesetz wird dies nun amtlich.

Meine Damen und Herren, ein altes Sprichwort lautet: Wie die Gemeinde beschlossen, so wird die Glocke gegossen. - Deshalb freue ich mich besonders darüber, dass wir diese Unterstützung heute mit größtmöglicher Mehrheit auf den Weg bringen können.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Schmidt. - Das Wort hat jetzt für die CDU-Fraktion Frau Abgeordnete Gudrun Pieper. Bitte, Frau Kollegin!

Danke schön. - Herr Präsident! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Uns liegt nun der Entwurf eines Kommunalinvestitionsförderungsgesetzes der Landesregierung vor. Dieser Gesetzentwurf hat zum Ziel, aus dem Sondervermögen des Bundes in diesem Jahr zur Stärkung der kommunalen Investitionskraft einmalig bereitgestellte Mittel gerade an finanzschwache Kommunen aufzuteilen. Um es gleich vorwegzunehmen: Wir werden dem Gesetzentwurf zustimmen, da er genau die von uns im Jahr 2009 unter Innenminister Schünemann geübte Praxis wiederholt und die vom Bund bereitgestellten Investitionsfördermittel unbürokratisch an die Kommunen weiterleitet. Meine Damen und Herren, das ist gute Praxis. Das ist die Hilfe, die unsere Kommunen brauchen.

(Beifall bei der CDU)

Wir bedanken uns auch ganz herzlich bei den kommunalen Spitzenverbänden, die damit einverstanden waren, auf eine Anhörung zu verzichten, wodurch dieser Gesetzentwurf zügig umgesetzt werden kann.

Insgesamt sind 327,5 Millionen Euro nach einem mit den kommunalen Spitzenverbänden erarbeiteten und abgestimmten Schlüssel zu verteilen, was auf positive Resonanz der Kommunen stößt. Ja - ich will es einmal so sagen -, sie warten förmlich darauf.

Gleichwohl - auch das muss erwähnt werden - gibt es aber auch Kommunen, die hieran nicht partizipieren, da sie nicht unter den Begriff „finanzschwach“ fallen. Dennoch - das betone ich aus

drücklich - ist ein Großteil unserer Kommunen als finanzschwach und förderungsberechtigt anzusehen. Deswegen möchten wir uns besonders bei denjenigen Kommunen bedanken, die bereit waren, auf die 15 Millionen Euro von den 327,5 Millionen Euro zu verzichten, die jetzt für diejenigen Kommunen zur Verfügung gestellt werden, die besonders vom Abzug der Briten betroffen sind.

(Beifall bei der CDU)

Ja, ich gebe Ihnen recht, Herr Abgeordneter Schmidt: Es ist ein historisches Ereignis. Aus Feinden sind Freunde geworden, und diese verlassen uns. Und das ist schmerzlich. Wir alle wissen, dass diese Regionen, diese Kommunen in den nächsten Jahren vor enormen Herausforderungen stehen. Ich will nicht all das wiederholen, was Herr Schmidt gerade gesagt hat. Ich möchte aber einige Daten aus meiner Kommune, der Stadt Bad Fallingbostel, nennen - zur Stadt Bergen wird mein Kollege Ernst-Ingolf Angermann noch einige Ausführungen machen -:

1 033 leerstehende Wohnungen, Kaufkraftverlust von 30,2 Millionen Euro, Umsatzverlust von 4 bis 7 Millionen Euro, Verlust von Schlüsselzuweisungen des Landes in den nächsten Jahren in Höhe von 1 Million Euro. Darauf muss diese Region, die Stadt Bad Fallingbostel, verzichten. Insgesamt werden uns 4 660 Einwohner verlassen. Das, meine Damen und Herren, ist eine unvorstellbare Größenordnung, die jeglicher Unterstützung bedarf.

(Zustimmung bei der CDU)

Um diese Unterstützung haben wir - das muss ich jetzt einmal sehr kritisch anmerken - bei der Landesregierung vielfach gebeten.

(Jan-Christoph Oetjen [FDP]: Ihr habt ja sogar einen eigenen Antrag einge- bracht!)

Doch was haben wir erlebt? - Außer wohlklingenden Worten ist bisher wenig geschehen. Ich will darauf eingehen und dies an zwei Beispielen festmachen: Zweimalige Einladungen des Landrates des Heidekreises und zweimalige Einladungen des damals amtierenden Bürgermeisters der Stadt Bad Fallingbostel an den Herrn Ministerpräsidenten, um die Problemlage zu diskutieren, sind nicht wahrgenommen worden.

(Petra Tiemann [SPD]: Das stimmt doch gar nicht!)

Der Besuch des Innenministers Boris Pistorius am 10. Juli 2013 in Bad Fallingbostel kann ebenfalls unter der Rubrik „wohlklingende Worte“ abgeheftet werden. Ich zitiere einmal aus der Walsroder Zeitung:

„Wir werden unterstützen, wo wir können, einen gesonderten finanziellen Fonds für die Umwandlung der Standorte werde es aber nicht geben.“

Dann der Besuch der Staatssekretärin Honé im Juli 2014. Seinerzeit wurden 150 000 Euro Sofortmittel angekündigt. Jawohl, diese 150 000 Euro sind geflossen. Es sind aber noch Mittel aus dem alten Landeshaushalt, die letztendlich von den KonRek-Mitteln übrig waren und dementsprechend als Überschuss übertragen worden waren. Davon nämlich wurden diese 150 000 Euro bezahlt, und nichts anderes.

Was ist während der Haushaltsberatungen für 2015 am 18. Dezember 2014 geschehen? - Unser Antrag auf Bereitstellung von 30 Millionen Euro für die betreffende Region ist von den Regierungsfraktionen abgelehnt worden, meine Damen und Herren. Das ist die Wahrheit.

(Zustimmung bei der CDU)

Dann lesen wir in den Zeitungen die wohlklingenden Worte unseres Abgeordneten Schmidt: 4 Millionen Euro vom Land für die Stadt Bergen mit dem Konstrukt einer Dienstleistungsgesellschaft. - Tja, für die Stadt Bad Fallingbostel eventuell auch? - Auf meine Anfrage an die zuständige Ministerin bzw. an das zuständige Sozialministerium unter der Drucksache 17/2980 wurde geantwortet - ich zitiere -:

„Eine Beteiligung des Landes als Vertragspartei stand nie zur Diskussion.“

Ja, meine Damen und Herren, so sieht es aus.

Herr Schmidt, bis heute hat diese Landesregierung aus eigener Initiative, aus eigenen Mitteln nur wenig dazu beigetragen, unsere Region zu unterstützen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Jan-Christoph Oetjen [FDP]: So ist es!)

Ein Ministerpräsident, den es scheinbar überhaupt nicht interessiert, was aus dieser Region einmal wird, ein Innenminister, der nur verkünden kann, dass es keine Landesmittel gibt, sowie eine Sozialministerin, die sich nur auf Förderprogramme

bezieht, während ansonsten von der Landesregierung aber null Euro zur Verfügung gestellt werden - das, meine Damen und Herren, ist doch ein Skandal.

Insofern sind wir sehr dankbar und sehr froh darüber, dass wir mit dem heutigen Tage wenigstens eines erreichen können. Das haben wir in erster Linie der Bundesregierung

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

mit dem Investitionsförderprogramm und den Kommunen zu verdanken, die sich mit ihren Partnern solidarisch erklärt haben, diese 15 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen. Das sind die ersten finanziellen Mittel, die jetzt als Anschub fließen. Unser Antrag, ein Niedersächsisches Städtebauförderungsprogramm aufzulegen, hat jetzt Gott sei Dank auch in den gemeinsamen Antrag Eingang und Erwähnung gefunden.

Aber - abschließend - wir als CDU-Fraktion halten es mit den kommunalen Spitzenverbänden. Ich zitiere einmal aus deren Stellungnahme zum Gesetzentwurf:

„Auch wenn damit in keiner Weise die Folgeprobleme durch den Abzug der Truppen komplett beseitigt werden können, stellt diese Regelung einen wichtigen Baustein für die Bewältigung der Problemlage dar.“

Ja, einen wichtigen Baustein. Deswegen sagen wir; denn es ist ja auch ein aktuelles Ereignis: Gestern ließ sich unser Ministerpräsident mit seinen Abgeordneten in der Stadt Bergen sehen. Weil kündigt weitere Hilfen an. - Weiter heißt es - ich zitiere -: