Protocol of the Session on January 22, 2015

Vielen Dank. - Herr Präsident! Herr Kollege Dammann-Tamke, Sie haben eben darauf hingewiesen, dass die Gremien des Tierschutzplans in aller Ruhe und unbeeinflusst von allen anderen zu diesem Thema beraten können sollten. Das ist auch richtig so. Aber würden Sie mir darin zustimmen, dass das nicht heißen kann, dass alle Informationen, die diesen Gremien zugeleitet werden, nirgendwo anders in Erscheinung treten dürfen?

Dieses Gutachten, das seit September vorliegt - Herr Kollege Siebels, ich kenne es nicht im Wortlaut, sondern ich kenne nur das, was mittlerweile an die Öffentlichkeit gedrungen ist -, muss doch nicht zurückgehalten werden, bis die Beratungen im Gremium zum Tierschutzplan abgeschlossen sind. Das ist doch nur eine Grundlage, auf der beraten wird.

Herr Minister, Sie haben Ende 2016 als den ultimativen Termin genannt. Wenn das Ergebnis aber erst im März vorliegen soll, dann ist ein halbes

Jahr stumpf vertrödelt worden, in dem wir uns parallel ein Urteil hätten bilden können. Das heißt: Nach meiner Auffassung torpediert der Minister seinen eigenen Zeitplan.

Würden Sie mir darin zustimmen?

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Herr Kollege Dammann-Tamke möchte antworten. Sie haben 90 Sekunden, Herr Kollege.

Vielen Dank. - Herr Präsident! Lieber Kollege Grupe, wie hier im Haus bekannt ist, bin ich Jäger. Ein Jäger kann warten.

(Heiterkeit)

Ich habe mit großer Aufmerksamkeit zur Kenntnis genommen, dass der Kollege Siebels gesagt hat, dass der Minister nie ein festes Ausstiegsdatum, sondern lediglich ein Ziel genannt hat: Ende 2016.

(Miriam Staudte [GRÜNE]: Ja! Warum haben Sie sich da denn nicht aufge- regt?)

Mich persönlich würde sehr interessieren, ob der Minister das hier in diesem Hause genau so wiederholen würde. Das wäre für mich nämlich ein erstes Indiz dafür, dass wir dann, wenn wir die Ergebnisse aus der Arbeitsgruppe Ringelschwanzprämie mit den entsprechenden Anmerkungen aus der Lenkungsgruppe bekommen, endlich das tun können, wofür wir als Parlamentarier gewählt worden sind, nämlich dafür zu sorgen, dass die Steuermittel, die in diesem Bereich eingesetzt werden, im Interesse der Entwicklung in der Sache verwendet und nicht durch ideologisch vorgeprägte Einstellungen behindert werden.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Jetzt hat das Wort für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen die Abgeordnete Miriam Staudte. Bitte, Frau Kollegin!

Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Als Erstes eine Richtigstellung: Herr Grupe, Sie haben behauptet, Minister Meyer hätte ein grundsätzliches Verbot des Einsatzes von Antibiotika in der Tierhal

tung gefordert. - Das stimmt nicht. Er hat lediglich gefordert, die Nutzung von Reserveantibiotika zu verbieten. Das ist eine ganz wichtiger Unterschied. Wir müssen dafür sorgen, dass sich da keine Resistenzen ausbilden; denn wir brauchen diese Reserveantibiotika für die Humanmedizin.

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Hermann Grupe [FDP]: Er hat es aber allgemein gefordert!)

- Nein, hat er nicht!

(Jörg Bode [FDP]: Dann kann er das ja gleich klarstellen!)

Wir sprechen heute zum wiederholten Mal über das Thema Ringelschwänze, und das wird auch nicht das letzte Mal gewesen sein. Deshalb möchte ich noch einmal grundsätzlich etwas dazu sagen, warum es so wichtig ist, den Tieren die Ringelschwänze zu belassen.

Man könnte ja sagen: Na ja, dieser kurze Eingriff von ein paar Sekunden ist doch vertretbar, schließlich verhindern wir damit das Anbeißen und die späteren Entzündungen. - Aber was Sie dabei nicht erwähnen, ist, dass es auch bei den kupierten Schweinen zum Schwanzbeißen kommt. - Ja, meine Damen und Herren, jetzt nicken Sie. Aber in Ihren Reden erwähnen Sie das nicht, obwohl das zur Vollständigkeit dazugehört.

Außerdem: Ringelschwänze sind Tierschutzindikatoren. Das ist ein seltsames Wort, und deshalb möchte ich es kurz erläutern. Der Landwirt kann seine Tiere ja schlecht fragen, ob sie sich im Stall wohlfühlen. - Nun gut, er kann sie fragen, aber er wird wahrscheinlich keine Antwort bekommen. - Deshalb ist es wichtig, den Tieren die Ringelschwänze zu belassen. Denn wenn sie anfangen zu beißen, dann stimmt etwas nicht, dann muss man etwas an den Haltungsbedingungen ändern. - Aber genau das ist ja auch der Punkt: Sie wollen an den Haltungsbedingungen nichts ändern, und deshalb sind Sie so vehement für das weitere Kupieren der Ringelschwänze.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Nun noch ein Wort zu der bereits erwähnten Machbarkeitsstudie und zum Umgang mit ihr. Herr Professor Blaha hat sich vorab geäußert. Er hat eben nicht abgewartet. Das Verfahren ist üblicherweise so - so haben es CDU und FDP in der letzten Wahlperiode auch beschlossen -, dass zunächst in der Arbeitsgruppe diskutiert wird und

dass dann der Lenkungsausschuss berät und diese Studie freigibt.

Bei dieser Studie scheint das Problem zu sein, dass es Fragwürdigkeiten beim Studiendesign gibt. Wenn man Studien so ausrichtet, dass man nichts an den Haltungsbedingungen ändert, die Schwänze dran lässt und sich dann wundert, dass das Schwanzbeißen weitergeht, dann kann man sich auch nicht auf solch eine Studie berufen. - Diese Fragen müssen geklärt werden.

Der Lenkungsausschuss ist ein parteiunabhängiges Gremium. Sie wissen auch ganz genau, dass diese Informationen dem Ausschuss und dem Parlament nicht vorenthalten werden. Wir haben, meine ich, sogar schon einen Termin für die entsprechende Unterrichtung vorgesehen.

Insofern wundere ich mich schon sehr, dass Sie sich hier immer wieder so echauffieren. Als Herr Lindemann den Tierschutzplan auf den Weg gebracht hat - mit dem Datum 2016!; das wissen Sie ganz genau -, hat sich von Ihrer Seite niemand aufgeregt. Ihnen geht es hier wirklich nur um parteipolitisches Geplänkel und nicht um Tierschutz, nicht um die Sache. Ich kann Ihnen versichern: Wir werden am Tierschutzplan weiter festhalten.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Auf Ihren Redebeitrag sind zwei Wortmeldungen auf Kurzintervention eingegangen. Zunächst der Kollege Helmut Dammann-Tamke, CDU-Fraktion. 90 Sekunden!

Verehrte Kollegin Staudte, ich habe ja Respekt vor Ihrem Versuch, die unglückliche Situation, in der sich Ihr verantwortlicher Minister derzeit befindet, ein wenig auszubügeln. Aber Fakt ist: Es wurde vier Jahre gearbeitet, aber wir haben nach diesen vier Jahren nichts, aber auch gar nichts in der Hand.

Wir haben nicht den nordrhein-westfälischen und auch nicht den schleswig-holsteinischen Weg gewählt, uns dem Ziel über einen Dreistufenplan zu nähern. - Die Ironie bei dieser Geschichte ist, dass Schleswig-Holstein sogar Bezug auf die Ergebnisse nimmt, die in Niedersachsen erarbeitet werden. Die Entwicklung wird also auch in diesen Bundesländern zurückgeworfen, wenn wir hier in einigen Wochen den Offenbarungseid leisten und sagen

müssen: Wir haben über Jahre geforscht, wir haben Versuchsanstellungen auf den Weg gebracht, wir haben viele Steuermittel eingesetzt - aber in der Sache haben wir nichts erreicht.

Frau Kollegin Staudte, mir ist es völlig egal, ob wir zu Verbesserungen bei kupierten oder bei nicht kupierten Schweinen kommen. Für mich ist das Ziel eindeutig: Wir müssen am Ende dieses Weges dahin kommen, dass wir auf das Kupieren von Schwänzen verzichten. Aber das müssen wir gegenüber den Tieren auch verantworten können. Der Tierschutz muss ganz oben stehen. Aber natürlich muss auch das wirtschaftliche Interesse ganz oben stehen. In diesem Zusammenhang zitiere ich gerne die Generalsekretärin der SPD auf Bundesebene, die gesagt hat: Gesunde Lebensmittel müssen für jedermann auch weiterhin erschwinglich sein.

Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Die zweite Kurzintervention kommt von der FDP-Fraktion. Herr Kollege Grupe, bitte! 90 Sekunden!

Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es wäre schön, wenn der Minister - ich glaube, er hat seinen Zettel schon abgegeben - das einfach einmal richtigstellen würde. Ich will es noch einmal sagen: Er wurde in der Presse so zitiert, dass er allgemein Antibiotika in der Nutztierhaltung verbieten und ausschließen wollte.

Herr Minister, wenn dieses Zitat fasch ist, wäre es doch ganz einfach, hier zu sagen: „Das ist nicht meine Meinung. Das ist falsch wiedergegeben worden.“ - Dann hätten wir das Thema doch ausgeräumt. Ich will Ihnen doch nichts anhängen, was Sie nicht wirklich vertreten. Es gibt ja schon genug Meinungen, über die wir uns bei Ihnen äußerst schockiert zeigen.

Liebe Kollegin Staudte, natürlich ist auch das Schwänzekupieren kein hundertprozentiger

Schutz. Das ist überhaupt keine Frage. Natürlich gibt es auch dann noch vereinzelt Tiere, die durch Schwanzbeißen verletzt werden. Es gibt aber auch noch ganz andere Verletzungen, im Schulterbereich usw. Deswegen wollen wir ja auch darüber hinauskommen, durch dieses Schwänzekupieren

das größtmögliche Maß an Sicherheit zu erzielen. Wir wollen mehr erreichen.

Ich habe eben auf die Genetik hingewiesen. Wir wollen weniger aggressive Tiere haben, aber die Wissenschaft ist nicht so weit, dass sie sagen könnte: „Wir haben hier eine Lösung anzubieten, bei der das schon sehr minimiert wird.“ Bei den aktuellsten Versuchen von Professor Blaha wird von 70 % bis 90 % verletzter Tiere gesprochen, d. h. wir haben diesen Zustand nicht erreicht.

Der damalige Minister Lindemann hat immer gesagt, er will nicht Tierleid durch noch größeres Tierleid ersetzen - - -

Herr Kollege Grupe, das war’s. Die 90 Sekunden sind um, und ich gebe Ihnen einen guten Tipp: Gehen Sie bei Ihrer nächsten Kurzintervention direkt auf die Rede der Rednerin ein. Sie hätten dann mehr Zeit gehabt; denn das, was Sie zu Anfang gesagt haben, war nicht Sinn der Kurzintervention. Da soll man auf die Rede der Vorredner reagieren und nicht andere ansprechen.

Bevor der Minister das Wort erhält, hat Frau Staudte jetzt die Gelegenheit zur Antwort, und sie macht davon Gebrauch. 90 Sekunden, bitte!

Vielen Dank, Herr Präsident. - Ich muss sagen, ich habe Ihre beiden Redebeiträge eher so verstanden, dass Sie Ihre eigenen Beiträge von vorher noch einmal ein bisschen richtiggestellt haben. Insofern ist mir nicht ganz klar, was Sie jetzt eigentlich Neues sagen wollten.

Vielleicht einmal zu dem Vergleich mit anderen Bundesländern: Wir sind Agrarland Nummer eins, und deswegen ist es wichtig, dass Niedersachsen auch in der ganzen Sache Tierschutz vorangeht. Natürlich wäre es schön, wenn wir eine bundeseinheitliche Regelung finden könnten, aber ich glaube, es ist nicht richtig und kein engagierter Weg, zu sagen: „Wir müssen abwarten, was die anderen Bundesländer machen.“

Schauen wir einmal ins Ausland. Sie sprechen hier immer von 70 %, 80 % oder 90 % Schwanzbeißen. Warum liegt die Quote in Schweden und Norwegen bei nur 3 %?

Man kann doch auch von den Erfahrungen lernen, die andere im Ausland oder bei den Biobetrieben gemacht haben. Wenn man mit Machbarkeitsstudien immer nur beweisen will, dass es nicht geht,

sollte man sie gleich in „Unmachbarkeitsstudien“ umbenennen.