Protocol of the Session on July 24, 2014

Wir kommen jetzt also zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses folgen und damit den Antrag der Fraktion der CDU in der Drucksache 17/1102 ablehnen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Ausschussempfehlung wurde gefolgt. Damit ist zugleich der Änderungsantrag der Fraktion der CDU abgelehnt.

Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 26: Abschließende Beratung: Netzausbau beschleunigen - Akzeptanz erhöhen - Angemessene Entschädigungszahlungen einführen - Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 17/1103 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung - Drs. 17/1738

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Antrag in geänderter Fassung anzunehmen.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Ich eröffne die Beratung. Es liegt die Wortmeldung des Kollegen Dr. Hocker von der FDP-Fraktion vor.

Herr Dr. Hocker, Ihre Wortmeldung ist die einzige, die vorliegt. Von daher haben Sie jetzt das Wort.

(Unruhe)

Die Kolleginnen und Kollegen, die nicht der Debatte folgen wollen, bitte ich, den Plenarsaal zu verlassen, sodass hier etwas Ruhe einkehrt.

(Anhaltende Unruhe)

Wir warten noch einen kleinen Moment, bis Ruhe eingekehrt ist. - Vielen Dank.

Herr Hocker, Sie haben jetzt das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dass die Energiewende mehr kosten würde als die berühmte Kugel Eis, von der Jürgen Trittin vor einigen Jahren einmal gesprochen hat, das ist mittlerweile jedem klar geworden. Wir sprechen ja mittlerweile nicht mehr nur von höheren Stromrechnungen, sondern auch von vielen anderen Zugeständnissen, die den Bürgerinnen und Bürgern abverlangt werden.

Aber an irgendeiner Stelle, meine sehr verehrten Damen und Herren, hört der Spaß für uns doch auf, nämlich dann, wenn Menschen in ihrer Exis

tenz massiv bedroht sind und diese Energiewende sie in ihrer Existenz massiv gefährdet. Ich spreche insbesondere von zwei Bevölkerungsgruppen, die sehr unter der Energiewende so, wie Sie sie auf den Weg gebracht haben und auch fortzuführen gedenken, leiden.

Ich spreche zunächst einmal von denjenigen Menschen draußen auf dem Land, in den Regionen, die sich vor Jahren darauf verlassen haben, was Politik ihnen gesagt hat, was auch Banken und Versicherungen ihnen gesagt haben, nämlich dass die sicherste Form der Altersversorgung die eigene Immobilie, das eigene Häuschen ist. Viele Menschen, die sich darauf verlassen haben, sehen sich konfrontiert mit immer neuen Windkraftanlagen, immer höheren Nabenhöhen und immer kürzeren Mindestabständen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, diese Menschen haben sich damals auf das Wort der Politik verlassen, selber vorzusorgen in Form einer Immobilie, ihre Altersversorgung so zu gestalten. Die haben sich vielleicht einmal mit dem Gedanken getragen, ihr Häuschen im Alter zu verkaufen, sich zu verkleinern, in eine Eigentumswohnung umzuziehen und ihren Kindern und Enkeln auch etwas zu vererben. Wenn man von Vermögensverlusten von 30, 40 und 50 % in unmittelbarem Einzugsgebiet von Windkraftanlagen spricht, dann haben diese Menschen mit Zitronen gehandelt, und das werden wir Ihnen nicht durchgehen lassen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Die zweite Berufsgruppe, von der ich spreche - wir reden ja heute über den Trassenverlauf -, sind natürlich die Bauern, die Landwirte im Land. Es muss doch eigentlich für jeden nachvollziehbar sein, dass ein Landwirt dafür entschädigt werden muss, wenn man ihm viele Quadratmeter oder sogar Hektar Land entzieht, die für die landwirtschaftliche Nutzung nicht mehr zur Verfügung stehen, die eben nicht mehr als Ackerfläche, als Weideland für Viehwirtschaft genutzt werden können, wenn ein höherer Arbeitsaufwand für den Landwirt entsteht, weil er immer drumherum pflügen muss; denn das kostet Zeit und Geld. Wer das nicht akzeptiert, meine sehr verehrten Damen und Herren, der versündigt sich an einem ganz zentralen Bestandteil unseres Wirtschaftslebens: Das ist der Schutz des Eigentums. Das ist der Schutz der Lebensleistung eines Menschen. Deswegen gibt es für uns gar keinen Zweifel daran: Selbstverständlich müssen die Bauern entschädigt werden,

wenn Trassen über ihren Grund und Boden führen sollen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Natürlich ist es nicht mit einer einmaligen Ausgleichszahlung getan; denn Sie haben ja wahrscheinlich nicht vor, die Trassen ein Jahr später wieder abzureißen und den Landwirten die Möglichkeit der Nutzung zurückzugeben. Wenn die Trassen dauerhaft da stehen bleiben, und das wird der Fall sein, dann entgeht dem Landwirt regelmäßig die Möglichkeit zur Nutzung seines Grund und Bodens. Deshalb muss natürlich auch regelmäßig und wiederkehrend ein Ausgleich für den entgangenen Ertrag erfolgen. Wer das nicht sieht, meine sehr verehrten Damen und Herren, der trägt dazu bei, dass gerade auf dem Lande die Zahl der Fürsprecher dieser Energiewende weiter abnimmt, und das können wir in diesem Hohen Hause alle nicht wollen. Trassen ohne Kompensation für die Grundstückseigentümer,

(Zuruf von den GRÜNEN: Wo gibt es denn das?)

das ist Beschlagnahme. Das ist Zwangskonfiszierung, mit anderen Worten: Raub, und das darf kein Demokrat hinnehmen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Für die CDU-Fraktion hat nun Herr Kollege Deppmeyer das Wort. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen, meine Herren! „Netzausbau beschleunigen - Akzeptanz erhöhen - Angemessene Entschädigungszahlungen einführen“, das ist unser Antrag. Damit wird deutlich gemacht, worum es geht. Netzausbau beschleunigen - warum und welche Netze? Es geht um Stromnetze. Es geht aber auch um Gasnetze. Grund für diesen Antrag ist die Veränderung der Versorgung, die wir zurzeit erleben. Wir stellen um von fossilen Energien auf erneuerbare Energien. Dies ist ein Ziel, das alle Parteien miteinander vereint. Dieses wird gemeinsam verfolgt. Daher muss natürlich auch das, was sich vor Ort verändert, gemeinsam getragen werden.

(Zurufe von der CDU und von der FDP)

Der Ort der Erzeugung weicht immer mehr vom Ort des Verbrauchs ab. Es muss immer mehr transportiert werden. Darum ist es unumgänglich, dass der Netzausbau in den nächsten Jahren eine hohe Priorität hat. Damit ist auch unumgänglich, dass er möglichst so vorbereitet und gestaltet wird, dass es dann auch klappt. Es geht also darum, die Akzeptanz dafür zu erhöhen.

Mit den Veränderungen, die ich eben beschrieben habe, wird es Vorteile bei Verbrauchern, Erzeugern und auch bei den Netzbetreibern geben. Ich werde das im Einzelnen noch begründen. Nachteile jedoch haben die von der Durchleitung Betroffenen, also die Regionen, in denen große Netze gebaut werden, die Landwirtschaft, das Landschaftsbild und auch der einzelne Häuslebauer, der, wenn ein so großes Netz vor seine Haustür gesetzt wird, die Nachteile ganz persönlich zu tragen hat. Deswegen muss die Entschädigungsregelung, die wir zurzeit haben, verändert werden; deswegen muss sie den neuen Gegebenheiten angepasst werden.

(Zustimmung bei der CDU)

Bisher ging man davon aus, dass hier alle Tätigen allein dem Gemeinwohl dienen, dass am Ende Enteignung anstand und dass die Regeln, nach denen entschädigt wurde, eine sehr geringe Entschädigung für die Eigentümer vorsahen, die ihre Flächen zur Verfügung zu stellen hatten. Angemessene Entschädigungen, wie sie z. B. Eigentümer erhalten, die ihre Flächen zur Stromerzeugung zur Verfügung stellen, erhalten die Eigentümer bei einer Durchleitung nicht. Dies ist zwingend zu ändern.

(Zustimmung bei der CDU)

Maßstab für Entschädigungen soll der Vorteil des Begünstigten sein, also des Netzbetreibers. Der Netzbetreiber bekommt zurzeit eine garantierte Rendite von 9,25 %. Das ist eine immens hohe Zahl und versetzt die Netzbetreiber in eine sehr günstige Situation. Dies ist staatlich reguliert und wird sozusagen staatlich garantiert. Diejenigen, die die Nachteile zu erdulden haben, bekommen fast nichts. Die Landeigentümer z. B. bekommen einen Einmalbetrag von 10 bis 20 % des Wertes der Fläche, die in Anspruch genommen wird. Wir sind dafür, dass es in Zukunft eine Abkehr von diesem Betrag gibt, dass also ein regelmäßiger Betrag gezahlt wird, wie ihn auch diejenigen bekommen, die ihre Flächen zur Stromerzeugung zur Verfügung stellen. Dieser Betrag muss sich an der Wert

schöpfung, an den Renditeansprüchen orientieren, die die Netzbetreiber haben.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der FDP)

Begründet wird dieser Anspruch auch dadurch, dass Kommunen z. B. durch die neuen Regelungen zurzeit bis zu 40 000 Euro pro Kilometer bekommen. Die bekommen sie auch für die Kilometer, die über Felder und Wälder gehen und bei denen die Kommunen bei ihrer zukünftigen Planung überhaupt nicht einschränkt sind. Hier hat man also für alle gesorgt, nur nicht für die, die die Nachteile zu erdulden haben.

(Zustimmung bei der CDU)

Meine Damen, meine Herren, für mich ist in diesem Zusammenhang von besonderer Bedeutung, dass eine Steigerung der Kosten bei der Durchleitung durch die weite Natur auch dazu führen wird, dass der sogenannte Raumwiderstand steigen wird und dass es für die Netzbetreiber nicht so leicht sein wird zu sagen: Wir gehen am liebsten dahin, wo grüne Landschaft ist, wo wenige Menschen wohnen; denn der Raumwiderstand ist dort niedrig. Wir gehen also in den ländlichen Raum; denn dort werden keine Rechnungen gestellt. - Dies, meine Damen, meine Herren, muss auch ein Ende haben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wenn Sie jetzt Sorge haben, dass damit der Endverbraucher unverhältnismäßig belastet wird, dann kann ich Ihnen sagen: Es gibt ein Gutachten von Professor Grove, der festgestellt hat, dass die zusätzliche Belastung pro Jahr und Familie bei unter 2 Euro liegen wird. Das ist keine Summe, die irgendetwas aus dem Gleichgewicht bringen wird.

Die Forderung nach Neuordnung der Entschädigung wird seit Jahren diskutiert. Die Agrarministerkonferenz in Deutschland hat im Jahre 2012 diesen Forderungen grundsätzlich zugestimmt und festgestellt, dass die derzeitige Regelung ungerecht ist, dass sie wenig Akzeptanz findet und dass sie dazu führen wird, dass neue Leitungen sehr viel schwerer zu erstellen sein werden. Dauerhafte Nutzungseinschränkungen müssen mit dauerhaften Entschädigungen ausgeglichen werden. Wir müssen dabei natürlich darauf achten - wir können das somit auch besser steuern -, dass das Landschaftsbild nicht zu sehr beschädigt wird; ganz ohne wird es nicht gehen. Die unterirdische Verlegung von Trassen, die immer wieder ins Spiel gebracht wird, ist hier auch keine Lösung; denn

auch sie wird ins Landschaftsbild erheblich eingreifen und dazu führen, dass Akzeptanzen sehr schnell sinken. Außerdem gibt es zurzeit erst ein Pilotprojekt, bei dem man eine solche unterirdische Verlegung prüft. Alles andere sind bisher nur Einschätzungen.

Der CDU-Antrag war der erste Antrag. Er ist sehr umfassend. Die SPD hat, wie ich finde, einen weichgespülten Antrag nachgeschoben.

(Wiard Siebels [SPD]: Das muss ich energisch zurückweisen!)

Positiv jedoch ist, dass dasselbe Ziel verfolgt wird, allerdings nicht in der Deutlichkeit, wie wir uns das wünschen und wie wir es brauchen. Sie verfolgen auch das Ziel, zu wiederkehrenden Zahlungen und zu erhöhten Entschädigungen zu kommen. Das begrüße ich. Unser Antrag ist jedoch tiefer begründet. - Der beschlossene Antrag wird ja nach Berlin gehen. - Unser Antrag macht viel mehr als der SPD-Änderungsantrag deutlich, dass es uns damit ernst ist und dass die Notwendigkeit besteht, etwas zu verändern.

Ich würde mir wünschen, dass unser Antrag die Unterstützung bekommt, um Niedersachsen in Berlin deutlich auftreten zu lassen. Dieses würde der gesamten Bevölkerung dienen, dieses würde mehr Akzeptanz für die Energiewende mit sich bringen, dieses würde eine bessere Steuerungswirkung haben, und der ländliche Raum würde dadurch nicht zum Billigheimer gemacht.

Eine zeitnahe Umsetzung des Gesetzes auf Bundesebene ist wichtig. Dazu soll unser Antrag dienen. Ich hoffe, wir kommen zu einer gemeinsamen Entscheidung in unserem Sinne.

Danke schön.

(Starker Beifall bei der CDU)