Es muss endlich Schluss sein mit einer deutschen Staatsbürgerschaft auf Zeit, es muss endlich Schluss sein mit einer deutschen Staatsbürgerschaft zweiter Klasse.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Staatsbürgerschaft, auch die doppelte, hat sehr viel Symbolkraft. Sie bedeutet auch, dass in unserem Land die verschiedenen Identitäten anerkannt werden.
Deshalb muss ich hier noch einmal darauf hinweisen: Ich hätte mir, ehrlich gesagt, in der Koalitionsvereinbarung von CDU und SPD in Berlin auch eine Würdigung der ersten Generation, der sogenannten Gastarbeitergeneration, gewünscht. Denn nicht die Mesut Özils oder Fatih Akins auf der Showbühne der Bundesrepublik sind die Helden der Integration, sondern diese erste Generation ist es, die an den Werkbänken unserer Nation so viel für dieses Land getan hat.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir werden heute sofortige Abstimmung beantragen. Das tue ich hiermit. Ich habe die berechtigte Hoffnung, dass wir heute ein einstimmiges Votum nach Berlin schicken.
Denn Sie werden sich erinnern: In den letzten Jahren kam dann, wenn es um die Frage „Doppelte Staatsbürgerschaft, ja oder nein?“ ging, oft der
Vorwurf, die doppelte Staatsbürgerschaft führe zu einem Loyalitätskonflikt. Das ist harter Tobak und ein schwerwiegender Vorwurf. Der Vorwurf wiegt umso schwerer, wenn man Ministerpräsident eines Landes war wie David McAllister in Niedersachsen. Ich als gebürtiger Niedersachsen möchte, unabhängig vom Parteibuch, einen ehemaligen Ministerpräsidenten nicht mit einem solchen Makel nach Brüssel verabschieden. Ich hoffe, die CDU-Fraktion zieht da mit. Lassen Sie uns Herrn David McAllister von diesem Makel befreien und ihn so nach Brüssel verabschieden, meine sehr geehrten Damen und Herren!
Das war die Einbringungsrede für die antragstellenden Fraktionen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Jetzt geht es wie üblich im Wechselspiel zwischen Koalitionsfraktionen und Oppositionsfraktionen weiter, sodass jetzt zunächst die Kollegin Angelika Jahns für die CDU-Fraktion das Wort hat. Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mich hat nicht überrascht, was bei der Einbringung gerade von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gesagt worden ist. Aber ich bin schon überrascht über das Verhalten der SPD.
Ich darf an dieser Stelle daran erinnern, wer in Berlin in der Regierungskoalition sitzt. Ist die SPD bei den Koalitionsverhandlungen abgetaucht gewesen?
Die SPD, meine Damen und Herren, hat mit am Verhandlungstisch gesessen, und zwar mit hochkarätigen Vertretern aus dem Land Niedersachsen.
Wo ist denn der Ministerpräsident Herr Weil gewesen, wo ist der Innenminister gewesen? Gemeinsam mit dem ehemaligen Bundestagsabgeordneten Edathy haben sie diese Bestimmungen zum Optionszwang ausgehandelt. Sie haben diese Koalitionsvereinbarung mit abgeschlossen.
Frau Kollegin Jahns, nicht nur die Unruhe, die bei einem aufgrund der unterschiedlichen Sichtweisen so emotionalen Tagesordnungspunkt nahe liegt und verständlich ist, gibt mir die Gelegenheit, Sie zu unterbrechen, sondern auch die Tatsache, dass Ihnen der Kollege Onay eine Zwischenfrage stellen möchte.
Das möchten Sie nicht. Dann haben Sie wieder das Wort. - Aber ich bitte die Kolleginnen und Kollegen, bei aller Engagiertheit trotzdem eine ruhige Debatte zu ermöglichen. - Bitte!
Meine Damen und Herren, die SPD hat diese Koalitionsvereinbarung gemeinsam mit der CDU ausgehandelt. Es ist also nicht nur die CDU, die für die Regelungen zum Optionszwang verantwortlich ist.
Ich darf in Richtung SPD auch darauf hinweisen: Sie haben eine Mitgliederbefragung durchgeführt. 76 % der Mitglieder Ihrer Partei haben dieser Koalitionsvereinbarung zugestimmt. Ich weiß nicht, wo Sie gewesen sind, als dieses Ergebnis verkündet worden ist. Vielleicht haben Sie ja auch geschlafen.
Meine Damen und Herren, beim Thema doppelte Staatsbürgerschaft braucht es sehr viel Fingerspitzengefühl. Wir sind darauf angewiesen, dass wir die Menschen in Niedersachsen, aber auch in ganz Deutschland bei diesem Thema mitnehmen. Wir müssen mit der Frage, wer die deutsche Staatsbürgerschaft bekommt und wer sie eventuell noch nicht bekommt, sehr sorgfältig umgehen.
In Berlin ist zwar festgelegt worden, dass für Menschen mit ausländischen Eltern, die in Deutschland geboren und aufgewachsen sind, der Optionszwang künftig wegfällt. Aber im Übrigen bleiben die bisherigen Regelungen des Staatsbürgerschaftsrechts bestehen. Das steht ganz klar in der Koalitionsvereinbarung, und dies, meine Damen und
Dass die Bedingung, dass man hier geboren und hier aufgewachsen ist, erfüllt ist, ist insbesondere für die Integration wichtig. Wenn Sie als SPDFraktion den Optionszwang entgegen der Koalitionsvereinbarung vorbehaltlos abschaffen wollen, dann konterkarieren Sie damit alle Integrationsbemühungen.
Auch hier in Deutschland hat die Bevölkerung sehr viel zur Integration der Menschen beigetragen, die nach Deutschland zugewandert sind, die hier leben und arbeiten möchten oder die als Asylsuchende hier Zuflucht suchen. Mir ist wichtig, an dieser Stelle auch einmal zu betonen, wie sehr sich die deutsche Bevölkerung für diese Menschen eingebracht hat. Dafür sagen wir als CDU ein herzliches Dankeschön.
Sehr viele Menschen sind gerade deswegen nach Deutschland gekommen, weil wir hier eine Willkommenskultur haben, die sich manche in vielen anderen Ländern wünschen.
Herr Onay, Sie haben gesagt, es sei diskriminierend, wenn man in Deutschland den Optionszwang weiterhin bestehen lässt, und zwar mit Bedingungen, die erfüllt sein müssen, um die doppelte Staatsbürgerschaft zu bekommen. Es gibt hierzu aber auch andere Meinungen, die man sich auch einmal anhören muss. Es gibt auch Menschen in Deutschland, die sagen: Es ist diskriminierend, wenn man als Deutscher dann nur noch eine Staatsbürgerschaft hat; dann sind wir benachteiligt. - Das zeigt, wie sorgfältig man dieses Thema diskutieren muss.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Helge Limburg [GRÜNE]: Was heißt denn hier „ihr“ und „wir“? Das sind al- les Deutsche! - Unruhe - Glocke des Präsidenten)
Das hat auch Ihre SPD-Bundestagskollegin Högl deutlich gemacht. Sie hat gesagt: Wir stehen zu den Koalitionsvereinbarungen, wir stehen zu dieser Regelung. - Auch die Generalsekretärin der SPD hat gesagt: Wir halten an dieser Regelung
Wenn ich bedenke, dass es bereits seit Wochen eine Bundesratsinitiative von drei rot-grün geführten Bundesländern gibt, frage ich mich: Warum haben Sie sich denn da nicht drangehängt? Haben Sie das auch verschlafen, oder warum sind Sie nicht früher aktiv geworden?
(Beifall bei der CDU - Christian Dürr [FDP]: Das ist ein guter Punkt! - Jo- hanne Modder [SPD]: Jetzt wird es ganz schräg!)
Die SPD-Bundestagsfraktion hat deutlich gesagt, dass sie diese Bundesratsinitiative nicht akzeptieren wird. Sie wird keine Änderungen vornehmen. Wir als CDU unterstützen das, auch hier in Niedersachsen. Wir wollen den Menschen die Möglichkeit geben, die doppelte Staatsbürgerschaft zu bekommen, aber für uns ist auch wichtig, dass die Voraussetzungen, die als Bedingungen daran geknüpft werden, erfüllt werden. Ich meine, damit wird man doch auch jedem gerecht. Das ist eine gute Voraussetzung, um hier Integration vorzunehmen.
Meine Damen und Herren, es gibt sehr viele Beispiele dafür, dass die Integration gelungen ist, aber es gibt natürlich auch Beispiele dafür, dass etwas nicht so positiv läuft: Viele Kinder - meistens handelt es sich um Mädchen - werden von ihren Eltern und insbesondere von ihren Vätern in ihre Heimat zurückgeschickt, weil sie nicht in diesem dekadenten weltoffenen Deutschland erzogen werden sollen. Diese Kinder kommen dann im Alter von 16 oder 20 Jahren wieder zurück, ohne Kenntnis der deutschen Sprache. Und dann sollen sie einfach so, ohne irgendwelche Voraussetzungen zu erfüllen, die deutsche Staatsbürgerschaft bekommen?
Ich meine, diese Gedanken müssen wir sehr sorgfältig analysieren. Wir stehen zu der Koalitionsvereinbarung auf Bundesebene und werden uns auch weiterhin dafür starkmachen.
Danke, Frau Kollegin Jahns. - Auf Ihre Rede gibt es zwei Wortmeldungen für eine Kurzintervention. Zunächst spricht für die Fraktion Bündnis 90/Die
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Jahns, zu dem, was Sie zum Schluss ansprachen: Die Mädchen oder Jungen, die nach der Geburt ins eigene Land zurückkehren, werden nicht Deutsche, sondern sie sind es bereits,
und zwar qua Geburt, gemäß § 4 des Staatsangehörigkeitsgesetzes. Ich denke, darüber sind wir uns doch auch einig. Sonst schlagen Sie es bitte noch einmal nach.