Gestern dann, meine Damen und Herren, eine Personalentscheidung, die vor allem eines zeigt: In dieser Regierungskoalition hat die SPD nur numerisch die Mehrheit. Faktisch liegt die Mehrheit bei den Grünen;
denn - ja, Herr Tonne - die Berufung der Landesbeauftragten für den Bereich Lüneburg ist anders nicht zu erklären. Ausgewiesene Kenner der jeweiligen Region sollten zu Landesbeauftragten benannt werden. Weshalb die Kreisvorsitzende der hannoverschen Grünen über einen besonderen Bezug zur Region Lüneburg verfügt, lässt sich auch bei mehrfacher Durchsicht ihres Lebenslaufs nicht erschließen.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Grant Hendrik Tonne [SPD]: Sie müs- sen ein bisschen genauer lesen!)
Wissen Sie, Frau Schiecke kann man europapolitische Erfahrung nicht absprechen. Politisch aktiv war sie aber ausschließlich in Hannover. Der Rat der Landeshauptstadt Hannover ist für vieles gut. Aber über die Region Lüneburg lernt man da gar nichts.
Nun bricht Frau Schiecke auf in eine Region, in der einige der wichtigsten infrastrukturpolitischen Entscheidungen dieses Landes gefällt werden sollen. Herr Ministerpräsident, sehr geehrter Herr Weil, wie können Sie eigentlich die politische Verantwortung dafür tragen, dass Sie in diese Region eine Frau entsenden, deren Partei gegen Ihren Wirtschaftsminister mit allen Mitteln versucht, den Ausbau wichtiger Straßenverbindungen, wie A 20, A 39, zu hintertreiben?
Herr Weil, wenn das Ihre Vorstellung von Regionalförderung ist, leide ich mit den betroffenen Menschen. Die Berufung dieser Beauftragten ist geradezu zynisch.
Zum Hoffnungsträger der betroffenen Menschen wird nun ausgerechnet der Wirtschaftsminister. Während niemand und zuallerletzt die Landesbeauftragten selbst so richtig wissen, was die Beauftragten eigentlich tun sollen, hat Olaf Lies deren Aufgaben in der wirklich bemerkenswerten Pressemitteilung, die Herr Bode heute Morgen schon zitiert hat, klar formuliert. In dieser Pressemitteilung wird die Tätigkeit der Landesbeauftragten endlich einmal konkret beschrieben - ich zitiere -:
„Wenn sie und ihre Teams im Auftrag des Landes Ideen sammeln und daraus Pläne für ihre Region schmieden, wird das dazu beitragen, unsere Politik in der Fläche noch wirkungsvoller zu machen.“
Darum geht es also: Ideen sammeln. - Wer allerdings entscheiden kann, formuliert Herr Lies dann auch ganz deutlich - ich zitiere weiter -:
So ist das also: Die Landesbeauftragten als Jäger und Sammler und der Wirtschaftsminister als Entscheider. Ich finde, Herr Ministerpräsident, deutlicher kann eine Ohrfeige für den Ministerpräsidenten und seine für die Regionalpolitik zuständige Staatssekretärin gar nicht formuliert werden.
Olaf Lies hat gegenüber seinem alten Widersacher klargestellt, wer die Macht in den Händen hält und das Geld verteilen wird. Herr Lies - er ist nicht da -, wir hielten Sie eigentlich schon für völlig entmachtet und aller wichtigen Zuständigkeiten beraubt, und nun das.
Was Infrastrukturvorhaben in der Region Lüneburg angeht, kann man das Aufbäumen dieses so arg gerupften Ministers ja nur begrüßen. Aber einmal ganz ehrlich: Wenn denn diese Beauftragten gar nicht zu entscheiden haben, was soll dann der ganze Aufwand? Kriegt man das Sammeln von Ideen nicht günstiger hin?
Ohne 25 neue Vollzeiteinheiten in der Staatskanzlei, ohne die Verunsicherung Tausender Landesbediensteter im LGLN und ohne den Aufbau eines
neuen Amtssitzes in Hildesheim, welcher das Land im kommenden Jahr 2,4 Millionen Euro kosten soll? Ich mag Hildesheim; das ist eine schöne Stadt. Aber die Begründung, dort nun diesen Amtssitz einzurichten, weil Hildesheim näher an Südniedersachsen liegt als Hannover, nämlich ganze 30 km, ist doch an den Haaren herbeigezogen.
Meine Damen und Herren, da hätte man doch Göttingen nehmen können. Das wäre wenigstens im Ansatz nachvollziehbar gewesen. So bleibt die Umsetzung Ihres großartigen Planes genauso im Dunkeln wie die Frage, warum Sie diesen Plan überhaupt verfolgen.
Sie begründen die Notwendigkeit der neuen Struktur mit dem Hinweis auf die unterschiedliche Entwicklung der verschiedenen Landesteile. Das werden wir gleich wahrscheinlich wieder hören. Als Beleg dafür nennen Sie wiederum die demografische Entwicklung in Südniedersachsen. Da gebe ich Ihnen ja recht. Das steht so auf der Website der Staatskanzlei. Das ist ein wunderschöner Beitrag; muss man durchlesen.
Es ist ja richtig, dass sich das Land unterschiedlich entwickelt hat. Aber das ist doch schon seit vielen Jahrzehnten der Fall. Und schon gar nicht ist es so, dass die Bevölkerung in Südniedersachsen abgenommen hat, seit die Vorgängerregierung die Bezirksregierungen abgeschafft hat. Sie wollen - das haben Sie nun wirklich allen deutlich gemacht - die Schaffung neuer Mittelbehörden, so eine Art Bezirksregierung light, ohne zu sagen, was dadurch konkret besser wird, und ohne zu erklären, weshalb solche Mittelbehörden für eine positive Entwicklung der Regionen unseres Landes notwendig sind.
„Weser-Ems zum Beispiel ist es noch nie so gut gegangen, seit die knöcherne Bezirksregierung fehlt.“
Das ist richtig, und weil wir genau das wissen, werden wir Ihre neue Regionalpolitik auch künftig kritisch begleiten. Wir wollen keine - ich zitiere nochmals aus der NOZ vom 5. Dezember 2013 -
„Regionalfürsten... - gesteuert aus der Staatskanzlei eines Ministerpräsidenten, dessen Amtsführung bisweilen eher der eines Oberbürgermeisters von Niedersachsen“ gleicht.
Frau Staatssekretärin Honé hat bei der Einbringung des Einzelplans im Ausschuss das Thema der Auslandsreisen des Ministerpräsidenten angesprochen. Dafür bin ich ihr sehr dankbar. Dieser Landtag hat am 20. Juni 2013 einen Beschluss gefasst und die Landesregierung gebeten, bei der Durchführung ihrer Delegationsreisen menschenrechtliche Aspekte zu berücksichtigen. Frau Honé hat im Ausschuss konkret die Russlandreise des Ministerpräsidenten angesprochen und Gespräche mit der russischen Zivilgesellschaft über Menschenrechtsverletzungen zugesagt.
Nachdem diese Reise nun beendet ist, sollten wir einmal zurückschauen, in welcher Weise diese Ankündigung umgesetzt wurde. Ich komme zu folgendem Ergebnis: Anders als Umweltminister Wenzel hat dieser Ministerpräsident nicht das kleinste Bisschen Rückgrat bewiesen, um sich offen für die Menschenrechte einzusetzen und unseren Landtagsbeschluss mit Leben zu erfüllen.
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, Herr Weil, bei allem Respekt: Die diesbezügliche Berichterstattung über Ihre Russlandreise war eine einzige Peinlichkeit.
„Viel Wirtschaft, wenig Menschenrechte - diese Verteilung haben schon andere vor ihm geübt. Aber Weil geht noch einen Schritt weiter: Er erklärt sich in Sachen Menschenrechte nur am Rande für zuständig.“
Angeblich gab es ja Gespräche im Verborgenen. Das haben Sie immer wieder deutlich gemacht. Über deren Inhalt erfuhren wir aus der Bild-Zeitung vom 26. November 2013. Dort wird der Ministerpräsident mit folgenden Worten zitiert:
Lieber Herr Weil, aus dieser Aussage wird vor allem eines deutlich: Sie empfinden dieses Thema allenfalls als lästig.
Und wie lästig Ihnen das ist, wird an folgendem Beispiel deutlich: Der taz vom 9. Mai 2013 war zu entnehmen, dass Sie vom Niedersächsischen Lesben- und Schwulenverband gebeten worden sind, sich in Russland für einen Stopp des dortigen AntiHomosexuellengesetzes, eines wirklich schlimmen Gesetzes, einzusetzen. Der Verband hatte diesbezüglich auch andere Politiker angeschrieben und diverse Antwortbriefe erhalten. Aus reiner Neugier haben wir gestern mit dem LSVD telefoniert, um den Inhalt Ihrer Antwort zu erhalten. Folgende Auskunft hat mich nicht überrascht: Man kann sich dort nicht erinnern, überhaupt eine Antwort erhalten zu haben. - So viel zu dem von Frau Honé zugesagten Einsatz für die Menschenrechte!
Vielen Dank, Herr Kollege Toepffer. - Auf Ihre Rede folgt eine Kurzintervention des Kollegen Schremmer von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Bitte!